Mehr... - Skulpturhalle Basel

Skulptur des Monats Januar 2016
SH 1511
Grabrelief der Zowaleima
Original
Datierung:
Material:
Fundort:
Standort:
Höhe:
um 150 – 120 v. Chr.
Kalkstein
Pamphylien (Kleinasien)
Antikenmuseum Basel und Sammlung
Ludwig, Inv. BS 246
58, 5 cm
Abguss
Herkunft:
Inv.-Nr.:
Material:
A. M. Ritzmann (1977)
SH 1511
Kunstsstoff
Das Grabrelief ist als Naiskos (kleiner Tempel) gestaltet. Einfache Pilaster dienen als seitliche Rahmen, während die Bekrönung als ein mit Figuren verzierter Giebel zu ergänzen ist. Es handelte sich wohl um die Büsten von drei Mädchen, die ihren Kopf auf einer Hand
aufstützen. Die Identifizierung der Personen ist nicht
gesichert. Es sind aber wohl die drei Schicksalsgöttinnen, die Moiren, die über das Schicksal der Menschen
bestimmen und gelegentlich im sepulkralen Kontext
dargestellt sind (Abb. 3). In der Mitte des Bildes befinden sich zwei Frauen vor einer verschlossenen Tür auf
einem Podium. Die Tür gibt wahrscheinlich ein Grabportal wieder, oder aber – auch wenn dafür in hellenistischer Zeit klare Belege fehlen – die Pforte zum Hades, zur Unterwelt. Links sitzt die Verstorbene auf
einem reich gearbeiteten thronartigen Stuhl. Die Stütze
der Armlehne ist als sitzende Sphinx gearbeitet. Eine
Inschrift auf der Standleiste weist sie als Zowaleima,
Tochter des Deiweidorus aus (ΖΩFΑΛΕΙΜΑ
∆ΕΙFΕΙ∆ΩΡ[Υ]). Beide Namen sind griechischen Ursprungs und kommen nur in Pamphylien vor, einer
antiken Landschaft an der mittleren Südküste von
Kleinasien. Rechts steht eine weitere Frau neben der
Sitzenden. Beide tragen einen langärmligen Chiton,
eine Haube und ein langes über den Kopf gezogenes
Schleiertuch. Die Verstorbene greift mit der rechten
Hand zum Tuch, was an die Entschleierungsgeste einer
Braut erinnert. Sie drückt damit ihre Sittsamkeit und
Würde aus und ist als anständige verheiratete Frau
verewigt. Die stehende Frau hat ihre rechte Hand als
Zeichen ihrer Trauer unter das Kinn gelegt. Sie ist
wohl nicht die Dienerin der Verstorbenen, wie sie oft
als Hinweis auf den gehobenen sozialen Status auf
Grabreliefs dargestellt werden (Abb. 3), ihr verhülltes
Haupt deutet auf eine – ebenfalls – verheiratete Verwandte hin. Die etwas früher zu datierende, auch aus
Kleinasien stammende Grabstele SH 1200 gehörte
ebenfalls einer Angehörigen der provinziellen Oberschicht. Ihr Bildfeld zeigt ebenfalls zwei Frauen mit
denselben Gewändern und Armhaltungen (Abb. 2).
Auch sie sind als ehrbare Ehefrauen mit verhülltem
Kopf verewigt. Während die Sitzende die Verstorbene
ist, wird die Stehende als Mutter, Schwester oder
Tochter gedeutet, die sich vielleicht als Stifterin der
Stele neben der Toten darstellen liess. Die beiden
Knaben im rechten unteren Bildfeld, sind wohl die
Kinder der Verstorbenen. Sie wenden sich wehmütig
ihrer Mutter zu und sind mit einem riesigen Schmetterling beschäftigt, der nur zur Hälfte erhalten ist. Er
steht für die Seele der Mutter, die sich nach deren Tod
hoch. Wahrscheinlich ist es die Personifikation der
Erde, in die die Verstorbene bei ihrer Beerdigung gelegt wird.
Abb. 2: Grabrelief mit Frauen und Kindern, angeblich aus Lykien;
Kalkstein; um 170 – 140 v. Chr.; Antikenmuseum Basel und Sammlung
Ludwig, Inv. Lu 245.
entfernt. Das Kästchen, auf dem die Knaben sitzen,
könnte auch eine Aschenurne darstellen. In diesem Fall
wären auch die Knaben verstorben und der Schmetterling symbolisierte ihre eigenen entschwundenen
Seelen. Auch auf dem Relief SH 1511 ist die Seele der
Verstorbenen in Gestalt einer weiblichen Figur mit
Schmetterlingsflügeln dargestellt. In flachem Relief ausgeführt steht sie im Dreiviertelprofil nach rechts in der
linken unteren Zone. Sie trägt ebenfalls Chiton und
Mantel. Sie stützt ihren Kopf auf den in den Mantel
gehüllten rechten Arm, während sie den linken quer
über den Bauch gelegt hat. Der auf den Arm gestützte
Kopf ist ein gängiger Trauergestus, der jedoch wohl
nicht ihre eigene Trauer, sondern stellvertretend die
Trauer der hinterbliebenen Angehörigen zum Ausdruck bringt. Halb im Boden versunken erscheint im
rechten unteren Bildrand eine grosse weibliche Gestalt, die zur Sitzenden hinaufblickt. Sie trägt einen
Peplos und hält den Überschlag mit beiden Händen
Abb. 3: Grabstele der Sbardia Tateis aus Pamphylien; Marmor;
Mitte 1. Jh. v. Chr.; Privatbesitz. Die Verstorbene sitzt mit verhülltem
Haupt auf einem Stuhl. Auf der linken Seite stützt sich eine in Frontalansicht dargestellte Dienerin mit einem Fächer auf die rückwertige
Armlehne. Darüber schwebt die Psyche der Toten mit Schmetterlingsflügeln. Im Giebel des Naiskos sind die drei Moiren wiedergegeben.
Anna Laschinger
Auswahl an Literatur:
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R. Känel, Hellenistische Grabreliefs aus Pamphylien, in: E. Berger (Hrsg.), Antike Kunstwerke aus der Sammlung
Ludwig III (1990) 289–293 Nr. 246
P. Blome, Kat. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig (1999) 118 Abb. 162
Hermes statt SMS. Kommunikation in der Antike (Ausstellungsbroschüre Basel 2010) 72 Nr. 60