Absolute Return - Eine gefährliche Illusion - RMC Risk

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Absolute Return – eine gefährliche Illusion
Von Bernd Rose, geschäftsführender Gesellschafter der RMC Risk Management
Consulting GmbH, Köln/Frankfurt
FRANKFURT, 12 September. In den letzten drei Jahren hat das relativ junge
Segment der Absolute-Return-Fonds - auch Total-Return-Fonds genannt - stark an
Bedeutung gewonnen. Dies betrifft sowohl die öffentliche Diskussion als auch den
Mittelzufluss. Dieser Bedeutungsgewinn hat eine einfache Erklärung, die gleichsam
auch zu denken geben sollte. Seit Anfang 2000 hat sich der Kapitalmarkt scheinbar
gegen die Investoren verschworen. Die Aktienmärkte konnten sich über eine ungewöhnlich lange Zeit nicht aus der Baisse befreien, was die Risikoneigung
zahlreicher Investoren nachhaltig belastet. Parallel zur Aktienkrise ist das internationale Zinsniveau auf historische Tiefststände gefallen. Ebenso sind die Renditedifferenzen am Kreditmarkt deutlich geringer geworden.
Der Anleger muss sich fragen, wo es denn herkommen soll
So gesehen kommt das „neue“ Angebot der Kapitalanlageindustrie zum richtigen
Zeitpunkt und verspricht den Reigen aller notwendigen Attribute einer guten Idee,
die vor allem in dieser „Niedrigzinswelt“ gefordert werden: Hier zu nennen ist vor
allem die Unabhängigkeit des Erfolgs von Marktindices. Die Ertragskraft muss,
unabhängig davon, in welche Richtung und mit welchem Ausmaß sich der Markt
entwickelt, vorhanden sein. Es handelt sich also um ein absolutes Renditeziel.
Ferner ist das aktive Risikomanagement zu nennen, das heißt Wertverluste aktiv zu
vermeiden. Diesem Angebot muss sich der Interessent zwangsläufig zuwenden, da
es etwas zu versprechen scheint, was angesichts der Marktlage dringend notwendig
ist. So einladend die Produktidee auch ist, desto widersprüchlicher verhält sie sich
aber zu den Möglichkeiten und verlangt, kritisch betrachtet zu werden. So muss die
saloppe Frage gestellt werden: „Wo soll es denn herkommen?“
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Abkoppelung von Rahmenbedingungen des Marktes nicht möglich
Bereits mit dem Verweis auf absolute Erfolge setzen sich die Verwalter und Anbieter
der Anlagestrategie offensichtlich über die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines Kapitalmarktes hinweg. Eine Illusion wird geboren, die über die
Ertragsschwäche am Markt hinweghelfen soll. Eine Illusion, da die Wertentwicklung
einer Investition am Kapitalmarkt im Wesentlichen von drei Faktoren abhängt, von
denen sich die Kapitalanlage im Allgemeinen nicht abkoppeln kann. Die ersten
beiden Faktoren sind das reale Wachstum und die Inflationsrate im Währungsraum
der Vermögensanlage. Der dritte Faktor sind die Risikoprämien, die für die verschiedenen Anlageklassen vergütet werden. Diese drei Faktoren zählen zu den
natürlichen, fundamentalen Ergebnissen einer Kapitalanlage und prägen die Rendite der durchschnittlichen Vermögensanlage zu fast 100 Prozent.
Vor diesem Hintergrund verwundert das Versprechen von marktunabhängigen Erträgen sehr. Faktisch wird das Versprechen auch nicht gegeben, denn wenn die
Merkmale von zur Zeit am Markt angebotenen Absolute-Return-Fonds genauer
betrachtet werden, dann wird das absolute Renditeziel stark relativiert. Da heißt es,
die Ergebnisse sollen über eine Periode von drei Jahren mindestens über dem
Geldmarkt liegen. In einem anderen Fall wird erklärt, dass der reale Kapitalerhalt
über eine längere Periode gesichert werden soll. Mit diesen Eigenschaften wird an
die Realität wieder angeknüpft und gleichermaßen eingestanden, dass im Rückgang des nominalen Wachstums kaum hohe Erfolge zu erzielen sind. Ein absoluter
Erfolg wird faktisch nicht in Aussicht gestellt und kann sich auch nachhaltig nicht
einstellen. Sollten wir zum Beispiel japanische Verhältnisse mit einem Geldmarktzins von Null Prozent bekommen, dann bricht allen Anlagemöglichkeiten die Ertragsbasis weg, da wegen leichter Deflation und niedrigen realen Wachstumsraten
die absolute Rentabilität von Investitionen stark einbricht.
In den achtziger und bis Mitte der neunziger Jahre lagen die Portfoliorenditen in der
Regel deutlich über 8 Prozent. Mit Aktien konnte man durchschnittlich 12 bis 14
Prozent pro Jahr verdienen. Diese Niveaus wurden damals auch für die nächsten
Jahre erwartet. Das geschah nicht ohne Grund, da am Geldmarkt bereits Zinsen
von deutlich über 6 Prozent, zeitweise sogar 9 bis 10 Prozent, gezahlt wurden. Die
Geldmarktzinsen für Deutschland ließen sich aufgrund eines realen Wachstums
(mehr als 2 Prozent p.a.) und einer durchschnittlichen Inflationsrate (rund 3 Prozent)
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fundamental begründen. Die aus heutiger Sicht attraktive Kapitalmarktzinsrendite
erreichte ein fundamental begründetes Niveau. Dieses Ertragsfundament ist seit
Ende der neunziger Jahre stark zurückgegangen. Der Rückgang lässt sich gut
nachvollziehen, da das nominale Wachstum der deutschen Volkswirtschaft auf eine
Rate von insgesamt rund 2 Prozent zusammengeschmolzen ist. Demzufolge stellte
sich unter Zutun der Geldpolitik im Euro-Raum ein Geldmarktzins ein, der seit vielen
Monaten nur leicht über 2 Prozent liegt.
Die Messung von Risikoprämien ist schwierig
Die Messung von Risikoprämien, dem dritten Renditebaustein, ist nicht so leicht
möglich, dennoch wird auch hier von einem leichten Rückgang ausgegangen. Indikationen für das Niveau der Risikoprämie und ihrer Veränderung sind über die
Steilheit der Zinsstrukturkurven und auf Basis der Credit-Spreads zu erhalten.
Risikoprämien werden für Anlageklassen vergütet, die besondere Investitionsformen
repräsentieren.
Diese
Formen
können
vor
allem
aufgrund
der
Kontrakt-
spezifikationen differenziert werden und hängen teilweise auch vom Investitionsobjekt ab. Eigenkapital- und Fremdkapitalinvestitionen sowie Immobilienanlagen
sind die wichtigsten Klassen, die an Aktien-, Zins- Kredit- und Immobilienmärkten
gehandelt werden. Wenn nach Analyse der beschriebenen „Renditeanatomie“ festgestellt wird, dass die heutigen Renditeziele der Absolute-Return-Fonds in Größenordnungen von rund 4 bis 5 Prozent p.a. liegen, dann haben diese sich offensichtlich der Realität angepasst. Mitte der neunziger Jahre hätte man mit solchen
Versprechen kein Vermögen akquirieren können. Der Schluss liegt nahe, dass es
sich hierbei wohl kaum um marktunabhängige Erträge handelt.
Vorteilhafte Kombination von Fondsmanagern ist anspruchsvoll
Es gibt eine weitere Ertragsquelle, die in der Aufzählung nicht zu den natürlichen
oder fundamentalen gezählt wurde. Dies sind die Ergebnisse aus Timing und
Selektion. Diese Ergebnisse werden häufig auch als Alpha bezeichnet und stehen
damit für den Zusatzerfolg oder Misserfolg aufgrund der Markteinschätzung des
Portfoliomanagers. Auch wenn dem einzelnen Manager hier eine besondere
Profession bescheinigt werden kann, so muss allerdings festgestellt werden, dass
bei Betrachtung einer genügend großen Zahl verschiedener, unabhängiger
Vermögensverwalter von dieser Ergebnisquelle nichts mehr verbleibt. Das
Eigentümliche des Alphas ist, dass es unter dem Gesetz der großen Zahl wieder
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verschwindet. Im Hinblick auf diesen Aspekt kann im Börsengeschehen ein
Nullsummenspiel beobachtet werden. Denn die verschiedenen Portfolio- bzw.
Fondsmanager kannibalisieren sich in der „Alpha-Produktion“ und schneiden sich
gegenseitig den Vorteil ab. Es verbleiben am Ende die fundamentalen, hier als
natürliche Ergebnisquellen bezeichneten Renditefaktoren, auf die jeder nachhaltig
vertrauen darf, solange die Volkswirtschaften diese auch produzieren. Ein seriöses
Portfoliokonzept muss die richtigen Prioritäten setzen und dann stehen die nachhaltigen Faktoren an erster Stelle. Es wird zudem deutlich, dass die Wahl des
richtigen Alpha-Managers und vor allem die Zusammensetzung einer diversifizierten, sich sinnvoll ergänzenden Portfoliomanagerkombination sehr anspruchsvoll
ist. Hier kann die Güte des Erfolgs nicht mehr aufgrund des klassischen Prinzips der
„naiven Diversifikation“ erreicht werden.
Falsche Weichenstellungen können zu irreparablen Schäden führen
Es stellt sich abschließend die Frage, warum sich Investoren kritisch mit diesen
neuen Anlageprodukten bzw. deren Vermarktung auseinandersetzen sollten. Eine
relative Betrachtung im Kapitalanlageprozess führt zwangsläufig zu einer wichtigen
Auseinandersetzung mit den Verpflichtungen und Zielen der Vermögensanlage. Vor
allem Banken, Versicherungsunternehmen und Altersvorsorgeeinrichtungen sind
Verträge und damit Verpflichtungen eingegangen, die garantiert verzinst und ausfinanziert werden müssen. Die Ausfinanzierung ist unter bestimmten Entwicklungen
des Kapitalmarktes gefährdet, wenn das Portfolio nicht relativ zur Struktur der
Verpflichtungen aufgebaut wird.
Falsche Weichenstellungen in der Kapitalanlagestrategie können zu dauerhaften
und irreparablen Schäden führen, die meist erst in einigen Jahren zu erkennen sind.
Gleiches gilt für zahlreiche private und andere institutionelle Investoren, die im
Sinne Ihrer Zielsetzungen und Verpflichtungen eine relative Kapitalanlagestrategie
entwickeln müssen. Es ist wichtig, die eigene Benchmark kennen zu lernen und zu
verstehen, wo das Risiko der Kapitalanlage beginnt und aufhört. Vor allem die
Wertentwicklung des Vermögens relativ zur sorgfältig selbst ausgewählten und
festgelegten (intrinsischen) Benchmark ist entscheidend und muss risikogerecht
erwirtschaftet werden.
Den Anlagekonzeptionen mangelt es an Transparenz
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Diffuse Anlagekonzeptionen der Investmentgesellschaften können dies nicht leisten
und sollten auch niemanden verleiten, vom Pfad der konzeptionellen Strategieplanung abzukommen. Am Ende ist es die verführerische Unbekannte der Konzepte, die zur Investition lockt. Doch gerade die mangelnde Transparenz der
Absolute-Return-Anlagen ist der zweite wunde Punkt, den es kritisch anzumerken
gilt und der für das Gros der Investoren nicht akzeptabel sein dürfte. Der Glaube an
einen absoluten Ertrag und die damit einhergehende Illusion, mit den Strategien
unter allen Umständen und „unabhängig“ vom Markt Erfolge zu erzielen, ist
gefährlich. Sollte es nämlich nicht gelingen, den erforderlichen Ertrag zu erzielen
und sind am Kapitalmarkt die zu erwartenden Ertragsraten weiter abgesunken, dann
kann eine nachhaltige Solvenz nicht mehr über den Kapitalanlageprozess erreicht
werden.
Seit Jahren fallen die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt. Warnungen, auch die
Wiederanlagerisiken zum Gegenstand heutiger Kapitalanlageentscheidungen zu
machen, wurden oft ausgesprochen. Genau genommen ist der starke Rückgang
des Zinsniveaus trotz der daraufhin angestiegenen Anleihekurse dramatischer für
die überwiegende Mehrheit der Anleger, als die Aktienbaisse zu Beginn des Jahrhunderts. All dies findet sich in den Überlegungen zum sogenannten Asset-/LiabilityManagement, die so aktuell und wichtig sind, wie nie zu vor. Vor diesem
Hintergrund wirkt das aufgekommene Produktangebot eher befremdlich, zumal es
mit Leichtigkeit über die wahren Probleme hinwegtäuscht. Es ist nicht auszuschließen, dass die Absolute-Return-Fonds einen nachhaltigen Schaden hinterlassen, der erst in vielen Jahren identifiziert wird. Dies gilt zumindest für den Fall
weiter sinkender Kapitalmarktrenditen.
* * *
Abdruck honorarfrei
RMC Risk Management Consulting GmbH: Das 1995 gegründete Unternehmen mit
Büros in Köln und Frankfurt ist einer der führenden Asset Management-Berater in
Deutschland. RMC beschäftigt 23 Mitarbeiter. Das unabhängige Unternehmen, das
von den drei Partnern Patrik Bremerich, Hans-Jürgen Reinhart und Bernd Rose
geführt wird, berät institutionelle Anleger in allen Fragen von Analyse, Planung,
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Organisation und Risiko-Controlling von Kapitalanlagen einschließlich Immobilien.
Für die Auswahl geeigneter Portfoliomanager greift RMC auf eine eigene ManagerDatenbank zurück, in der 700 Investmentprodukte regelmäßig überprüft und
ausgewertet werden.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Bernd Rose
RMC Risk Management Consulting GmbH
Eschersheimer Landstr. 25 – 27
60322 Frankfurt am Main
Telefon: 069 5050825 – 0
Telefax: 069 5050825 – 11
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