St. Martin steht vor der Tür

Tier
■ BAUERNBLATT l 7. November 2015
Direktvermarktung im eigenen Hofladen
St. Martin steht vor der Tür
Wer zum Hof Ramcke in Pinneberg
fährt, sieht sofort das große Gehege mit den Gänsen und Flugenten
und wird mit lautem Geschnatter
begrüßt. Neugierig recken die
weiß gefiederten Gänse ihre Hälse,
während die ebenfalls weißen
Warzenenten sich eher beobachtend positionieren.
Der Hof Ramcke ist ein Familienbetrieb, und Thorsten Ramcke hat
das Anwesen vor 15 Jahren von seinen Eltern Hilke und Werner Ramcke übernommen. „Früher war das
hier ein reiner Schweinemastbetrieb, Mitte der 1970er Jahre hat
mein Vater die ersten Hühner angeschafft und dann die Eier auch schon
in kleinen Mengen an die Nachbarn
verkauft“, erzählt der Junior. Ein
Versuch, die Eier auf dem Hamburger Fischmarkt zu verkaufen, scheiterte, und so wurde der Hausverkauf
ausgebaut.
Thorsten Ramcke ist gelernter
Tierwirt Fachrichtung Geflügel und
hat nach der Hofübernahme immer mehr Geflügel angeschafft,
die Stallungen nach und nach umgebaut und von der Käfig- auf Bodenhaltung umgestellt. Heute
können sich die Legehennen und
Masthähnchen über Tag in einem
hellen und luftigen Wintergarten
frei bewegen. Die wenigen
Schweine, Schafe und Rinder sind
für die Direktvermarktung im eigenen Hofladen gedacht. Den leitet
Schwester Petra, die Meisterin in
der ländlichen Hauswirtschaft ist.
Außerdem schnattern saisonal die
Gänse und Flugenten auf dem Hof,
wo sie demnächst als Martinsgans
oder Weihnachtsbraten aus der
Kühltheke verkauft werden. „Wir
sind nur ein kleiner Betrieb mit geringen Stückzahlen“, erklärt der
Landwirt. Er achtet auf die Saison,
eine tiergerechte Haltung und
ökologisches Handeln. „Wir sind
nicht bio, aber natürlich“, sagt
Thorsten Ramcke. Er könnte von
heute auf morgen auf Bio umstellen, aber „dann muss ich auch mit
Pferd und Wagen los“. Er sei lieber
„biokonventionell“, verzichtet auf
Antibiotika und Hormone bei der
Aufzucht seiner Tiere, aber auch
auf lange Transportwege für Biofuttermittel, die er dann kaufen
müsste. „Entweder man ist Landwirt, oder man lässt es bleiben“, so
Thorsten Ramcke.
Gänse vom Hof Ramcke in Pinneberg.
Wissen, wo die Produkte
herkommen
Der Familienvater spielt in seiner
Freizeit Theater – „aber nicht mit
meinen Kunden“. Denen erklärt er
neben der Zubereitung seiner Produkte auch die Lagerung von Kartoffeln und Gemüse. Im Hofladen
bietet Familie Ramcke neben frischem Geflügel, Rind- und Schweinefleisch auch selbst gekochte Marmelade, Glückstädter Gemüse, Obst
aus der Haseldorfer Marsch und
Kartoffeln aus dem Neufelderkoog
an. „Ich habe den Anspruch, die Erzeuger zu kennen und zu wissen,
wo die Produkte herkommen.“ Die
Altenteiler Ramcke unterstützen ihren Sohn noch auf dem Hof. Während Vater Werner die frischen Eier
einsammelt, fährt Mutter Hilke einmal wöchentlich nach Wedel auf einen kleinen Wochenmarkt. Ehefrau
Katrin Ramcke organisiert alle zwei
Jahre im Sommer ein großes Hoffest und kümmert sich um die
Homepage.
Hähnchen im Wintergarten.
Fotos: Sabine Kolz
Kochrezepte
inklusive
ensvolle Zusammenarbeit wichtig“,
ist einer der Ramcke-Grundsätze. Bei
dem betriebseigenen Partyservice
läuft das genauso. Was nicht im Hofladen verkauft wird, wird sofort eingefroren, um später zum Beispiel
Sauerfleisch, Suppen oder Frikassee
zu kochen. Auch dabei zeigt sich Familie Ramcke sehr kreativ. Für einen
Polterabend wurde der „SpiegeleiBurger“ kreiert. Dafür werden in
Münster’s Backstube bestimmte Fladenbrote gebacken, die dann aufgeschnitten mit Salatblatt, Kochschinken und selbst gemachter Majo samt
Spiegelei serviert werden.
Thorsten Ramcke merkt, dass die
Kunden auf regionale Produkte
Wert legen und sich den Direktvermarkter und seine Arbeitsweise genau angucken. „Beim Hoffest war
der neue Schweinestall mit Außengehege der Hingucker.“ Aber auch
die Kundenwünsche ändern sich. „Es
wird weniger auf Vorratshaltung geachtet, immer mehr Kunden fragen
Auf der Homepage werden neben
aktuellen Informationen auch das
Rezept des Monats und Anleitungen
für den Enten- und
Gänsebraten gegeben. „Viele Leute
wissen gar nicht, wie
eine Gans oder Ente
zubereitet
wird.“
Deshalb gibt es auf
Wunsch zu der Martinsgans die Kochanleitung gleich mit.
„Unsere
Kunden
wissen mittlerweile,
wie das hier abläuft.“ Es gibt feste
Schlachttage, nach
Rasse geordnet. Das
Geflügel darf RamPetra Ramcke mit dem Hofchef Thorsten Ramcke im
cke selber schlach- Hofladen.
ten, große Tiere
werden im Schlachthof Fülscher in nach Geflügelteilen als nach ganzen
Seestermühe zerlegt. „Ein verlässli- Vögeln“, erklärt Ramcke. Bei den
cher Partner ist mir für eine vertrau- Gänsen stehen die Keulen hoch im
Kurs, die Brüste werden dann zum
Räuchern gegeben. „Aber ich muss
beim Verkauf den ganzen Vogel mit
einberechnen, sonst bleib ich auf der
Strecke.“ Zirka 250 Gänse werden jeden April als Eintagsküken auf den
Hof in Weidemast genommen. Per
Bonsystem können die Tiere ab November bestellt und dann entsprechend abgeholt werden. Weitere Informationen wie Anfahrt und Öffnungszeiten, hält die Internetseite
www.hof-ramcke.de bereit.
Sabine Kolz
freie Journalistin
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