Mythen Sagen Märchen Wirklichkeiten Wie das Feuer zu den Menschen kam e b o r esep L Geschichten von Feuerstein und Feuerraub, Reibholz, Feuergeschenk, Zündhölzern und anderen Sachen. Widmung Geschrieben für alle, die meinen Lebensweg begleitet oder gekreuzt haben. Die bei mir oder mit mir Spuren hinterlassen haben, statt nur Staub aufzuwirbeln. Ein Geschenk aus Anlass meines 60. Geburtstages an alle die dabei waren. e b o r esep L Vita Norbert Tautorat, Jahrgang 1946. Pfadfinder seit 1962 und dadurch an ungezählten Nächten am Feuer in Zelten (in Kohten und Jurten) und außerhalb von Zelten (an den Camp-Feuern großer Lager) leicht „Pyromanisch“ angehaucht. Bei dem Beruf als Werkstoffprüfer, bei dem „gediegene Arbeit nach neuesten Erkenntnissen zerstört wird“ entstand als Gegenpol ein Hang zum Bauen und Konstruieren. Daher 1989 Gründung einer eigenen Firma die sich mit Feuerzelten wie Kohten und Jurten in besonderen und den Nomadenzelten und ihrer Geschichte im allgemeinen beschäftigt. Über den Freundeskreis „Märchenjurte“ im Jahre 1991 zur Beschäftigung mit dem Themenbereich Märchen gekommen. Die Verbindung von Feuer-Feuerzelt (Jurte) und Märchen-Märchenlager ließ dieses Buch entstehen. Inhaltsverzeichnis Teil 1 Altchinesische Fabel Warum gerade Feuer..... Stein und Feuerstahl Einleitung Woher kam das Feuer Das erste Zündholz „die erste Fackel... Was ist Feuer Warum brennt Holz Definitionen Der Kiesel und der Feuerstein Feuerschlagen Methode Feuerstein Freiherr von Münchhausen Der Zunder Feuerreiben Feuerraub / Feuergeschenk Warum das Wasser und das Feuer.... Seite 9 Seite 10 Seite 12 Seite 13 Seite 16 Seite 19 Seite 21 Seite 22 Seite 23 Seite 26 Seite 27 Seite 28 Seite 29 Seite 30 Seite 31 Seite 32 Seite 34 e b o r esep L Teil 2 Mythologien Die Entstehung des Feuers Der Feuerstein Der erste Zwist Wie der Zaunkönig das himmlische.... Das Feuer und der tanzende Hirsch 5 Seite 35 Seite 39 Seite 41 Seite 45 Seite 46 Seite 48 Wie Yelt der Rabe das Feuer der ... Wie das Feuer gefunden wurde Das Feuer Wie das Feuer auf die Erde kam Der Feuergott Die Feuerstöcke Der Feuerraub Die Entstehung des Feuers Wie das Feuer zu den Menschen kam Wie der Hase das Feuer stahl Der Raub des Feuers Weltuntergang und Raub des Feuers Das Feuer und die singende Sykomore Wie die Eidechse dem Jaguar das F.. Die Alte und das Feuer Prometheus Die ersten Könige Maui der Feuerräuber Das Feuer du Erstefrau Himmel und Feuer Die Löwen hatten früher Feuer.... Haiseb stielt das Feuer Menabuscho Wie zwei Brüder das Licht suchen... Der Feuerraub erzählt von Gauri Peter Wie die Menschen das Feuer fanden Kookaburra weckt die Welt Großmutter Spinne Der Feuerkolibri Die Schöpfung des Raben Tulukanguk Mwuetsis Frauen Schöpfungsgeschichte Die Entdeckung der Frauen Die Herrin des Feuers Wie es wirklich war Vom Feuer speienden Drachen Q und die Geschichte vom Feuerstein Seite 49 Seite 50 Seite 53 Seite 55 Seite 56 Seite 57 Seite 62 Seite 63 Seite 65 Seite 68 Seite 72 Seite 75 Seite 77 Seite 81 Seite 82 Seite 84 Seite 89 Seite 93 Seite 98 Seite 101 Seite 103 Seite 105 Seite 106 Seite 108 Seite 115 Seite 118 Seite 119 Seite 124 Seite 126 Seite 127 Seite 141 Seite 144 Seite 150 Seite 154 Seite 157 Seite 157 Seite 159 e b o r esep L 6 Teil 3 Feuer im Sprichwort Mach mal einer Feuer Feuerschlagen Feuerzeuge Die gar traurige Geschichte... Das Feuerzeug Feuerstein modern Feuerreiben Zündholz Das Zündholz der Urzeit Das Zündholz erzählt Ivar Kreuger Zündholzmonopol Das kleine Mädchen mit den... Prinzessin Morgenrot Es geht auch anders Das Luftfeuerzeug Kapokwatte Chemische Feuererzeugung Moderner Zunder Brennglas und Hohlspiegel Wieviel Feuer(holz) braucht der.... Ausblick Danksagungen Quellen und Stichworte Seite 161 Seite 164 Seite 165 Seite 166 Seite 167 Seite 169 Seite 176 Seite 176 Seite 177 Seite 180 Seite 186 Seite 191 Seite 198 Seite 199 Seite 202 Seite 218 Seite 218 Seite 219 Seite 220 Seite 220 Seite 221 Seite 222 Seite 223 Seite 224 Seite 225 e b o r esep L 7 e b o r esep L 8 Altchinesische Fabeln Mit der Kerze den Feuerstein suchen Eines Tages rief Aizi seinem Schüler zu, er möge doch Feuer schlagen und die Kerze anzünden. Aber nichts geschah. Aizi wiederholte seine Bitte mit lauter Stimme. „Es ist so dunkel, das ich den Feuerstein nicht finden kann“, klagte der Schüler. Dann fügte er hinzu: “Nun gut Meister, zündet Ihr doch die Kerze an, dann werden wir beide den Feuerstein schon finden. e b o r esep L (Aphorisme des Aizi) 9 Warum gerade Feuer.... Wenn ich Angler gewesen wäre, hätte es mich bestimmt mehr interessiert welche Märchen oder Sagen oder auch Mythen dem Fisch eine wichtige Rolle zukommen lassen. Wäre ich bei der Feuerwehr, hätten mich wohl die Geschichte der Brände und des Feuerlöschens interessiert. Aber nichts da, es war das brennende Feuer das mich beschäftigte. Feuer, in das man stundenlang hineinschauen kann und die Seele baumeln lassen. Feuer, das einen entführt in andere Zeiten und Welten, wenn Geschichten und Märchenerzähler anfangen zu erzählen und zu berichten. Man kann sich leicht vorstellen wie an den Feuern der Karawanen erzählt und berichtet wurde. Wie an großen Lagerfeuern palavert und getanzt und gefeiert worden ist. Uralte Legen und Mythen beschworen wurden, die aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit berichten. e b o r esep Bei meiner Pfadfinderisch geprägten Vergangenheit war das Feuer in der Kohte oder der Jurte ein nicht wegzudenkendes Element. In unendlich vielen Nächten habe ich an ungezählten Feuern gesessen. Oft genug geflucht über den Rauch, der ein Leben nur dicht über dem Boden ermöglichte. Geschimpft auf nasses Holz welches einfach nicht anbrennen wollte. Alle möglichen Tricks wurden angewendet von Kerzenresten über Schuhcreme bis Zucker um bei Regen endlich das Feuer in Gang zu bekommen. Der, oft nutzlose, Versuch irgendwelchen jüngeren Pfadfindern klar zu machen, dass Feuerholz nicht gleich Feuerholz ist und das ein verbrennen ganz dicker Baumstämme nicht angebracht ist. Trotz der großen Mühe sie ins Lager zu schleppen. Dabei habe ich erlebt und erfahren das Feuer immer drei mal wärmt. Beim Holz ranschleppen, beim Holz klein hacken und beim verbrennen. Man hat sich damit getröstet, dass es andern auch nicht besser ging und die Probleme so alt sind wie die Menschheit. L Und dann war die Frage da, wie hat es wohl angefangen mit dem Feuer bei unseren Vorfahren, zum Beispiel in der Steinzeit? Die Sache 10 mit dem Feuerstein klingt ja noch ganz plausibel, aber Feuer machen mit Holz... wie denn das? Auf ein Unwetter mit Blitzeinschlag warten und dann aus einem Waldbrand Feuer nach Hause tragen? Keine sehr sichere Methode. Und die Vorstellung, dass sich unsere Urahnen einen feuerspeienden Drachen als Haustier gehalten haben, ist auch nicht so recht bewiesen. Wie war das wohl: ? Wenn man sich mit Märchen und Mythen beschäftigt, da ist es irgendwie nahe liegend bei Märchen und Mythen, in denen Feuer vorkommt, zu suchen. Und in Erfahrung zu bringen was wird den da berichtet, wie das Feuer zu den Menschen kam und wie Sie es sich zu nutzen gemacht haben. Des weiteren gibt es auch noch die Sagen und Schöpfungsmythen der Völker. Es hat mir keine Ruhe gelassen und ich begann zu suchen, zu lesen in Märchenbüchern, in Sagensammlungen und in den Mythen der Völker. Eine der Büchereien, die für meine Sucharbeit eine wichtige Rolle spielt, ist das Deutsche Märchen und Wesersagenmuseum in Bad Oeynhausen. Ein Ort der es sich zur Aufgabe gemacht hat Märchen und Sagenbücher aus aller Welt zu sammeln und aufzubewahren. Ich habe dort sehr viele Geschichten gefunden, die sich damit beschäftigen wie das Feuer auf die Erde und auch zu den Menschen kam. Geschichten die spannend und abenteuerlich sind, von Göttern und hilfsbereiten Tieren, von Raub und Mord sowie von List und Tücke. Dazu kam dann die überraschende Feststellung, es sind weniger die Märchen die sich mit diesem Thema befassen. Viel häufiger findet man dieses Thema im Bereich der Mythen und Sagen. In den Märchen ist viel öfter die Bewahrung und die Anwendung des Feuers ein Thema. e b o r esep L Ich habe viele Fragen gefunden die mich an andere Orte brachten um eine Antwort darauf zu finden. Dazu kamen viele Stunden mit Recherche im Internet um zu neu aufgeworfenen Fragen auch neue Antworten zu finden. 11 Stein und Feuerstahl Der Stein verwunderte sich sehr, als der Feuerstein ihn schlug, und sagte zu ihm mit strenger Stimme: “Was für ein anmaßender Patron bist du, mich zu belästigen. Mir scheint , du warst im Irrtum, als du mich hernahmst. Tu mir nicht Schmerz an; ich vertrug mich doch mit jedermann.“ Da gab der Feuerstahl zur Antwort: „Sei nur geduldig, und du wirst sehen welch wunderbare Frucht ich mit dir erzeuge.“ Auf diese Worte hin raffte der Stein sich zusammen und hielt geduldig der Marter stand. Da sah er, wie aus ihm das Feuer geboren wurde, und sah, wie die wundervolle Kraft des Feuers in zahllosen Dingen wirkte und schuf. Das Gleichnis hierzu will ich euch sagen: Es sind die Lernenden. Zu Anfang ihrer Studien erschrecken sie und verzagen; dann aber nehmen sie sich selbst in Zucht und tun mit Geduld und strengem Fleiße ihre harte Arbeit. Und so wird in ihren Studien wunderbare Kraft sein, und überzeugende Gedanken werden aus ihnen entsprießen. e b o r esep L Leonardo da Vinci 12 Einleitung Die Frage, was war zuerst da, ist bei dem Huhn und dem Ei schon etwas verzwickt. Aber was zuerst da war, bei der Frage der Mensch oder das Feuer, ist recht eindeutig zu beantworten: Das Feuer. So glatt einige hundert Millionen Jahre. In allen Phasen der Menschheitsentwicklung hat das Feuer die Menschen begleitet. Es war eine für unsere Vorfahren gewaltige und unbegreifbare Naturkraft die immer gegenwärtig und in der Regel gefährlich zu sein schien. Doch die Fragestellung ab wann denn die Spezies Mensch in der Lage war ein Feuer auf Wunsch hin zu entzünden, weil Essenszeit war oder es kalt wurde, ist schon etwas schwieriger zu beantworten. Das Warten auf Vulkanausbrüche oder auf einen Blitzeinschlag war keine präzise Methode um regelmäßig warm essen zu können oder nicht frieren zu müssen. Die Frage ab wann der Mensch über das Feuer herrschte, ist auch ein wichtiger Teil Wissenschaftlicher Forschung. Wobei die erste Streitfrage schon ist, ob der Umgang mit dem Feuer gemeint ist. Oder die Fähigkeit es bei Bedarf zu entzünden. e b o r esep L Nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft ist der Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse betreffend der Gene sehr gering. Nur 1,2 % aller Gene sind unterschiedlich. 98,8 % sind identisch. Das sollte uns zu denken geben, denn in diesen 1,2 % steckt die Fähigkeit der Sprache und somit der komplexen Kommunikation untereinander. Folglich ist die Fähigkeit mit dem Feuer umzugehen nicht genetisch bedingt. Aber sie unterscheidet den Menschen von allen anderen Tieren auf diesem Planeten. Die Sprache, hat im Gegenzug dazu beigetragen dieses für die Menschen so wichtige Ereignis, an die Nachkommen zu übermitteln. Die Wissenschaft geht davon aus, dass unsere Vorfahren schon seit 500 000 Jahren sehr gezielt und planmäßig mit dem Feuer umgehen konnten. Seit einigen 1000 Jahren konnte man diese erzählten Geschichten sogar aufschreiben um Sie für die Nachkommen zu erhalten. Wie das Feuer zu den Menschen kam ist in den Mythen, Sagen und auch den Märchen einiger Völker noch sehr lebendig beschrieben. Wie das Feuer jedoch in der rauen Wirklichkeit unserer Vorfahren 13 entzündet und gehütet wurde, wissen wir durch die Erkenntnisse der Archäologie. So wollen wir versuchen einen Bogen zu schlagen von den Märchen und Mythen bis zur Kunst des Feuerschlagens oder Feuerreibens. Das Bestreben der Menschen sich das Leben zu erleichtern und auch das Feuermachen zu vereinfachen, hat zu den vielfältigsten Erfindungen geführt. Dabei ist kein Bereich der Physik und Chemie ausgelassen worden, denn letztendlich hat Feuer immer etwas mit Chemie und Physik zu tun, egal ob Steinzeit oder modernste Technologie. Feuer machen, ein Klick und es ist da, das ist für uns heute selbstverständlich. Wir beherrschen es und können es hervorzaubern wann immer wir wollen. War das eigentlich immer so? Klare Antwort, nein man musste in grauer Vorzeit sogar Götter oder auch Tiere zur Hilfe holen um ein Feuerchen zu entzünden. Das verlangte nach viel planmäßiger Überlegung, List und Geschicklichkeit. Manchmal half auch ein den Menschen wohlgewogener Freund aus der Welt der Götter und Helden. Die „Götter“ waren allerdings oft nicht so recht überzeugt davon, dass die Menschen schon reif wären für so etwas wichtiges wie das Feuer. Die Alternative zum Göttergeschenk war eine Technik, die viel Erfahrung, gute Materialkenntnis und einiges an Geschick abverlangte, bis es endlich da zündelte, wo es gewünscht war. Dementsprechend sorgfältig ging man mit dem Feuer um. Ein erloschenes Feuer konnte schnell den Tod durch erfrieren oder verhungern bedeuten. Es fehlte ein mächtiger Schutz vor Raubtieren für die der frühe Mensch nur eine Bereicherung der Speisekarte war. Ein unbeaufsichtigtes Feuer führte schnell zur unfreiwilligen Aufgabe eines Nomadenlagers oder zu Flächenbränden die ganze Landstriche und damit die Nahrungsgrundlage vernichteten. Die Fähigkeit ein Feuer zu entzünden und damit auch umzugehen war in der Geschichte der Menschen schon ein gewaltiger Schritt nach vorn. e b o r esep L 14 Die Archäologen gehen davon aus, dass sich die Vorfahren des modernen Menschen von Afrika aus über die Welt verbreitet haben. Mit etwas Fantasie lassen die Geschichten über das Feuer einen Weg nachvollziehen. Einen Weg, den das Feuer mit den Menschen gemacht hat. Die Geschichten beginnen in Afrika, gehen über den heutigen Iran nach Armenien. Von dort aus über den Kaukasus bis Sibirien. Weiter nach Nordamerika, Mittel- und Südamerika um dann über Polynesien nach Australien und Neuseeland zu gelangen. Dieses könnte auch der Ausbreitungsweg der Menschen gewesen sein. Richtiger ist aber davon auszugehen, das die Anwendung und die Beherrschung des Feuers an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden hat. Wobei der Begriff Zeit hier recht großzügig zu verstehen ist, denn einige 1000 Jahre sind da nicht so bedeutsam. Will man die Geschichten vom Feuer in Gruppen teilen, gibt es zwei Hauptgruppen. Die Jäger und Sammlergruppe und die Bauerngruppe. Jäger und Sammler berichten wie das Feuer zu Ihnen gekommen ist. Bauern erzählen über den Erhalt und das Bewahren des Feuers im heimischen Herd. e b o r esep L Die Bewahrung des Feuers ist schon ein eigenes Thema, über das es viele Märchen und Sagen gibt. Es würde ein eigenes Buch ergeben, welches aber erst noch geschrieben werden müsste. Bei der Frage, wie ist das Feuer zu den Menschen gekommen, landet man zuerst bei der Kulturstufe der Jäger und Sammler. Hier spielte wohl eine große Rolle, welche Technik des Feuermachens zur Anwendung kam. Denn daraus ergab sich die Frage, wieso steckt Feuer in Steinen oder in Holz? Wer hat den Ahnen gezeigt wie man es anstellen muß, um das Feuer aus dem Stein oder Holz herauszulocken. Eine gedankliche Verbindung herzustellen von der Hitze der Sonne zum Feuerbrand war gewiss nicht sehr schwierig. Da waren die Vögel als Vermittler geradezu die logische Schlussfolgerung. Da wo Blitzschläge, die Wälder in Brand setzten, und zur Lebenserfahrung der Menschen gehörten, sind auch Vorstellungen darüber entwickelt worden, welcher Art von Wesen so mächtige Fähigkeiten haben. Und die Frage ob das eine Bedrohung oder ein Geschenk war dürfte sehr unterschiedlich ausgelegt worden sein. 15 In Gegenden, in denen der Vulkanismus noch eine besondere Rolle spielt, konnte es gewiss nur ein auserwählter Held oder Gott sein der aus den tiefen der Erde das Feuer heraufbrachte. In diese Vorstellung passt dann auch gut hinein, dass es oft besonders listige Tiere waren die das Feuer von gefährlichen und geheimnisvollen Orten beschafft haben. Obwohl es für uns aufgeklärte Menschen eine sehr seltsame Vorstellung ist, das Tiere lange vor den Menschen über das Feuer verfügten und es zu nutzten verstanden. Auffallend ist aber die Vielzahl der Geschichten über Feuerraub und Feuergeschenke, so wie danach die Häufigkeit der Geschichten zur Technik des Feuerreibens und die sehr wenigen Geschichten über das Feuermachen mit dem, für die Zeit so bekannten, Feuerstein. e b o r esep Woher kam das Feuer In allen Stadien der Menschheitsentwicklung war das Feuer ein ständiger Begleiter. Sicherlich haben auch das Wasser, der Wind und die Erde als die klassischen Elemente die Entwicklung des Menschen beeinflusst, und unsere Vorfahren mussten sich mit Wasserfluten, Stürmen und Erdbeben auseinandersetzen. Das Feuer aber war eine Bedrohung die recht plötzlich hereinbrach, der man kaum ausweichen konnte und dem nichts entgegenzusetzen war. Auf der anderen Seite, nachdem ein Steppen oder Waldbrand vorüber war, fiel oft die Nahrungsbeschaffung für den Menschen leicht. Umgekommene Tiere in allen Bratzuständen waren leichte Beute. Vielleicht hatten die späteren Geschichten, in denen es Zeiten gab bei denen den Menschen die gebratenen Tauben in den Mund flogen, hier ihren Anfang haben. Die Urgewalt des Feuers war immer gegenwärtig und scheinbar nicht zu bändigen. Die gezielte Nutzbarmachung des Feuers für die Menschen war eine Leistung die nicht zu unterschätzen ist. Denn die natürlichen Feuerquellen waren nicht immer leicht anzuzapfen . Vulkane hat es schon immer gegeben und die haben auch schon immer Feuer gespuckt. Doch für die frühen Menschen dürfte eine andere Naturerscheinung etwas leichter anzuzapfen gewesen sein. Blitzschlag ist wohl die häufigste Ursache von natürlichen Bränden gewesen aus L 16 denen sich der Mensch bedient hatte um Feuer zu bekommen. Die Kunst bestand dann darin, diesen Brand an das heimische Lager zu bringen und das Feuer dort zu erhalten und auch bei Ortswechseln mitzuführen. Blitzschlag war zwar ein immer wieder auftauchendes Ereignis, aber nicht jedes Mal folgte ein Wald oder Steppenbrand. Ganz sicher bestimmt nicht dann, wenn das Feuer gerade wieder ausgegangen war, weil die Feuerwache geschlafen hatte. Zu den natürlichen Feuern, neben Vulkanismus und Blitzschlag, zählen auch die welche durch spontane Entzündung von faulenden organischen Stoffen hervorgerufen werden. Durch lang anhaltende Schwelbrände organischer Substanzen wie Holz, Kohle oder Ölschiefer können solche Feuerstellen in der Natur über sehr lange Zeit brennen. Es gibt Pflanzen mit besonders ölhaltigen Fruchtständen, die sich bei anhaltend großer Hitze selber entzünden können. Wie z.B. die Pflanze Dictamnus alba oder der Kinasbaum im Malaischen Archipel. e b o r esep Eine andere Art Brände auszulösen ist noch 1938 in Transvaal/Südafrika beobachtet worden. Ein abstürzender Steinblock aus Diabasgestein in einem Steilhang hat so starke Funken erzeugt, dass es zu einem Brand gekommen ist. Andere Berichte beschreiben ähnliches mit Quarzfelsen. Man kann sich leicht vorstellen dass die frühen Jäger und Sammler so etwas auch beobachte haben und dass es dann bei einigen klickt gemacht hat. Sie fingen an zu probieren und zu entdecken. L Die Wissenschaft geht davon aus, dass sich vor etwa 2 bis 2,5 Millionen Jahren die Jäger und Sammler der Altsteinzeit die natürlich entstandenen Feuer nutzbar machten. Das war wohl einer der entscheidenden Schritte in der Entwicklung der Menschen. Damit standen ganz andere Möglichkeiten zum Überleben zur Verfügung. Neue Nahrungsquellen konnten erschlossen werden die vorher nicht zu nutzbar waren. Es gab Wärme in kalten Höhlenverstecken und nicht zu vergessen Licht in Form von Fackeln. Mit denen ließen sich die Höhlen erkunden, ob nicht unangenehme Untermieter in ihnen wohnten, die einen neuen Höhlenmieter als Frischfleischreserve betrachteten. Raubtiere wie Leoparden, Löwen und Hyänen wurden abgeschreckt, denn der frühe Mensch stand bei allen Raubtieren 17 unteranderem auch auf der Speisekarte. Der Mensch musste sich nicht mehr auf Bäume zur Nachtruhe zurückziehen. Ein Feuer in einem Höhleneingang zum Beispiel gab Schutz und Wärme. Feuer half bei der Jagd, wenn es gezielt eingesetzt wurde. Geplante Flächenbrände trieben nicht nur das Wild in Abgründe und die im Feuer gehärteten hölzernen Speerspitzen gaben den verendenden Tieren den Todesstoß. Ein anderer Effekt war das die Brände die Wälder vom Unterholz und Gestrüpp lichteten und somit auch die Jagdmöglichkeiten verbesserten. Auf der anderen Seite wurden Raubtiere eher erkannt und man konnte ihnen gezielter ausweichen. Aber das Feuer hatte auch noch ganz andere Auswirkungen. Zum Beispiel auf die Kommunikation der Menschen untereinander. Der Rauch eines Feuers war ein deutliches Zeichen dafür, hier ist schon wer. Die Pflege und der Unterhalt sowie auch der Transport des Feuers erforderte eine Kommunikation innerhalb einer Gruppe. Es wird davon ausgegangen das dadurch die Entwicklung der Sprache stark gefördert wurde. Feuer, als Kochfeuer einzusetzen für die Ernährung, bedeutet die möglichen Nahrungsquellen zu vermehren. Pflanzen und Pflanzenteile wurden durch die Behandlung im Feuer, durch rösten oder braten, überhaupt erst einmal genießbar. Ein ganz wichtiger Punkt war sicher, dass sich gebratenes Fleisch länger hält als rohes. Dieses hat auch zur Folge, dass der Aktionsradius der frühen Menschen erweitert wurde. Es waren weitere und ausgedehntere Jagdzüge möglich. Ohne das die Heimische Höhle aufgegeben werden musste. e b o r esep L Man geht auch davon aus, dass die Beherrschung des Feuers den Menschen mehr Zeit verschaffte und sich somit, neben der zum Leben und Überleben notwendigen, mehr Zeit blieb sich auch mit anderem zu beschäftigen. Die neuere Forschung ist der Auffassung, das das Feuer vom Menschen seit etwa 790 000 Jahren kontrolliert nutzbar gemacht wurde. Er konnte es entfachen, wo er es wollte und war nicht mehr auf die natürlichen Feuerquellen angewiesen. Im Norden Israels sind diesbezügliche Spuren gefunden worden. Es ist recht gut vorstellbar, dass der Mensch der Steinzeit am Feuer hockend die Kunst der Steinbearbeitung für Werkzeug und Waffe ausgeübt hat. 18 Ein Zeichen dafür wie wichtig das Feuer für die Menschen war ist daran zu erkennen, dass in vielen Schöpfungsmythen und Sagen über die Entdeckung und den Ursprung des Feuers berichtet wird. Ein Gefühl dafür, wie bedeutend der Besitz von Feuer gewesen sein könnte für eine Gruppe und auch für den Einzelnen der sich dieser unheimlichen Kraft bemächtigt hat, zeigt die nachfolgende Geschichte. Das erste Zündholz: — «Die Fackel der Kultur» Nach der biogenetischen Regel durchläuft jeder Mensch in der kurzen Geschichte seines Lebens die lange Geschichte des ganzen Menschengeschlechts. Auch für die Menschheit war das «Zündholz» eines der ersten Erlebnisse. Mit der Entzündung des Holzes hat die Geschichte der Zivilisation begonnen. «Die Flamme der Kultur ist entzündet worden» ist mehr als eine Metapher. Es ist Geschichtsschreibung. Die Geschichte der Menschheit ist eine Entwicklungsgeschichte, nicht von Organen, sondern von Prothesen, und Freud hat den modernen Menschen den «Prothesengott» genannt. Er hat seinen Arm verlängert — durch den Speer, seine Faust gestärkt durch den Hammer, den Haarpelz ließ er verkümmern, weil er den Schafpelz anzog. Er läuft nicht, denn die Räder laufen für ihn, die Mühlen kauen das Korn, und im Kochtopf löst das Wasser der Leitung seine Speisen in der Wärme des Feuers. Feuer! Das ist eines der ersten Werkzeuge, die sich der Mensch geschaffen, und das Zündholz, nicht das kleine mit der lila Kuppe, in den manikürten Fingerchen einer Zigarette rauchenden Diva, sondern ein Zündholz, so grob, so klobig, so urgeschichtlich massiv wie der Frühmensch, der es schuf, war eine, war vielleicht die größte aller Errungenschaften jener ersten Jahrmillionen, in denen der Übergang von Tier zu Mensch geschah. Da schlurfte er dahin nach Affenart mit eingeknickten Knien und schleppte den brennenden Ast hinter sich her. Da trottete er mit dem ersten «Zündholz», der Riesenkerl, der größte und massigste der Sippe. Er, der den Mut und den Fürwitz besaß, einen der brennenden Stämme aus dem Waldfeuer zu holen, das ein Tropengewitter in der vergangenen Nacht entfachte. Da zog er es ächzend aus dem dämmrigen Wald auf die Halde, auf der sich das Rudel für die Nächtigung zusammengefunden hatte, und wurde mit Grunzen und Geheul begrüßt — und geachtet. Er aber e b o r esep L 19 wischt sich den Schweiß von der Stirn und schüttelt die Funken, die sengenden, von seinem Pelz und verjagt jene, die er nicht leiden konnte. Jetzt sitzen seine Favoriten, seine Favoritinnen um den schwelenden Stamm, er schüttet Laub darauf, und sie johlen ihm Beifall: so ist er, Vorbild für viele Jahrzehntausende, der erste «Priester des Feuers». So mag es zugegangen sein in jenen ersten Tagen des «Zündholzes» — nicht Homer, Dante und Shakespeare zusammen wären imstande, die gelebte Wahrheit jener Urzeit nachzudichten. Wie viele Kämpfe mögen ausgefochten worden sein um den Besitz eines brennenden Lavasees ? Wie viele Ölkriege mögen geführt worden sein, hunderttausend Jahre bevor es das Wort «Öl» gegeben hat, um Provinzen, in denen aus Erdquellen die ewigen Feuer lohten? Wie viel Totschlag mag es gegeben haben, weil jemand das Feuer nicht hütete, und der Besitzer bei der Heimkehr statt der Flamme einen Aschenhaufen fand. Wie viel Rache mag sich daran gekühlt haben, dass man einer Sippe ihr Feuer löschte und nun bei Nacht die Wölfe in das Lager brachen, und man kein Feuer und kein Licht besaß, ihnen zu wehren, und sie unter dem Wehgeschrei der Mütter die Kinder zerfleischten und alles im Dunkel durcheinander schlug! Wer weiß, ob nicht Kain den Abel erschlagen, weil dieser ein Feuer besaß, und er nicht? «Und der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, und Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an...» Wie viele Blutrache mag Feuerrache gewesen sein! Sicherlich wurde das Lagerfeuer sorgsam gehütet, in die Hände und Pflege der Älteren gegeben, die nicht mehr zum Kampf mit Tier und Feinden fähig waren. Diese hüteten es an geschützter Stätte und gaben davon an die Angehörigen der Sippe ab. So wurde die Feuerstätte zum Altar, der Flammenplatz zum Tempel, der Hüter des Feuers zum Priester und die geforderte Bezahlung zum Opfer. So mag die Flamme in den Mittelpunkt des Kultes gekommen sein. Das Wachslicht, das heute vor dem Altar brennt, das ewige Flämmchen in der Ampel, die Kerze, die in der Prozession getragen wird, der Leuchter auf dem Sabbathtisch, die Lichter am Weihnachtsbaum und das Sonnenwendfeuer auf der Bergkuppe, das sind die zivilisierten, in den Reliquienschrein der Verehrung eingeschlossenen, zu Kerzenschein verblassten Erinnerungen an das Zündholz der Urzeit. e b o r esep L 20
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