Bolenge-Echo Nr. 29 Nachrichten aus unserem Partnerkirchenkreis Bolenge/Kongo Juni 2015 Oscar Pekombe zu Besuch in Dortmund Das war ein totaler Glückfall, Oscar Pekombe für eine Woche zu Gast in Dortmund zu haben. Eingeladen von der VEM, trotz aller Hürden mit Visum vom Schengenhaus in Kinshasa ausgestattet, war er vom 23. bis 31.Mai 2015 hier, um aus erster Hand zu berichten über die aktuelle Situation in unserm Partnerkirchenkreis Bolenge und vor allem über das Ambulanzbootprojekt, das er als Geschäftsführer entscheidend mit gestaltet und weiterentwickelt. Er hat in dieser Woche eindrucksvoll bei vielen Gelegenheiten berichtet – so in den Gottesdiensten in Schüren, Wellinghofen, Hombruch, Eichlinghofen, Fritz-Heuner-Heim. Nicht oft genug kann er es sagen: Das Ambulanzboot hat bereits tausende von Menschenleben gerettet – dafür sind euch die Menschen an Kongo, Ubangi und Ngiri unendlich dankbar. Dann berichtet er, wie gut das Ambulanzboot inzwischen ausgestattet ist: Sehr engagierte, gut ausgebildete Ärzte, eine Hebamme, die fachkundig Geburten begleitet, Operationszelt, Ultraschallgerät, EKG-Gerät, viele Medikamente. Er nennt eindrucksvolle Zahlen: Mittlerweile sind rund 20.000 Menschen behandelt worden, 928 Operationen hat es gegeben. Er berichtet weiter, dass durch das Ambulanzboot die Mütterund Kindersterblichkeit in der Region drastisch gesunken sei – von bisher 13 % auf 1%. Seit Ende 2011 haben 19 mehrwöchige Fahrten stattgefunden. 1 Oscar Pekombe betont, dass der Partnerschaftskreis und alle Spenderinnen und Spender stolz sein können auf dieses erfolgreiche Projekt in einer Region, in der der Staat seine Aufgaben überhaupt nicht wahrnimmt, die Krankenhäuser und Gesundheitsstationen weder ausstattet noch für Medikamente sorgt. Und immer bittet er darum, dass wir für Dr. Bosolo und sein Team beten. Seine Bilanz: Was 2011 angefangen hat als ein Abenteuer, ist inzwischen eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Detaillierter Bericht von Oscar Pekombe im Bolengekreis am 27.5. und dem anschließenden Gemeindeabend in Wellinghofen: - - - - - Durch das Ambulanzboot hat sich die medizinische Struktur in unserm Partnerkirchenkreis entscheidend verbessert: die Besucherzahl der kleinen Gesundheitszentren in den Flussdörfern, die weitgehend ohne Ausstattung und ohne Medikamente waren und deswegen kaum aufgesucht wurden, ist inzwischen von 15% auf 70% gestiegen Das Ambulanzboot verfügt über eine Ausstattung, die selbst die Krankenhäuser in der Provinzstadt Mbandaka ( 1 000 000 Einwohner) nicht haben. Inzwischen ist das Ambulanzboot zu einer Art Fortbildungszentrum für andere Ärzte geworden – sie wollen mitfahren, um zu lernen. Bisher waren Behandlung und vor allem Medikamente weitgehend kostenlos – jetzt werden, wenn möglich, minimale Beiträge erbeten – für Operationen z.B. 10 Dollar, für Medikamente wenige Cent bis 1 Dollar. Aus diesen Beträgen werden örtliche Krankenpfleger und kleine Reparaturen am Ambulanzboot bezahlt, wie aktuell der notwendige neue Anstrich, für den 800 Dollar an lokalen Beiträgen zusammenkamen. (Übrigens nennt Oscar als max. Haltbarkeit der 3 Einbaumboote, auf denen die Konstruktion ruht, fünf Jahre) Wie sehr die Bevölkerung inzwischen das Ambulanzboot ansieht als ihr Eigentum, für das sie Verantwortung tragen, zeigt die Rettungsaktion der beiden Fischer, die im Dezember 2014 das Boot nachts auf dem Kongo treibend entdeckt hatten. Nachdem sie laut mehrfach Dr. Bosolo gerufen hatten und merkten, dass niemand an Bord war, haben sie mit aller Kraft das Ambulanzboot an Land gezogen, sind dann sofort über 20 km zu Fuß gelaufen, um in Mbandaka Dr. Bosolo zu informieren. Eine Belohnung haben sie strikt abgelehnt, es sei schließlich ihr Ambulanzboot, das sie gerettet hätten. Nach längerem Zögern haben sie sich dann doch einladen lassen zu einem kleinen Essen mit der Ambulanzbootbesatzung und haben Fischernetze und T-Shirts mit Ambulanzbootlogo als Geschenke akzeptiert.. Diese kleine Begebenheit zeigt, so betont Oscar Pekombe, wie sehr die Bevölkerung über das Boot wacht und übrigens auch über die Sicherheit von Dr. Bosolo und der Besatzung. Die Kooperation innerhalb der Bootsbesatzung (2 Ärzte, 1 Hebamme, 2 Hilfskrankenpfleger, 1 Techniker, 2 Bootsführer) ist sehr eng und basiert auf absolutem Vertrauen. Ein Hilfskrankenpfleger wurde inzwischen entlassen, weil er mit den Frauen an Bord nicht respektvoll umging. An seiner Stelle ist jetzt eine Krankenschwester dabei. Die Bootsbesatzung schätzt sehr die regelmäßige Bezahlung (ein Ausnahmefall im Kongo!) Zusammen mit dem WWF vor Ort ist geplant, Familienplanung mit in die Arbeit des Ambulanzbootteams einzubeziehen (s.u.) 2 Zwei Tage in Berlin – beim WWF und im Reichstag WWF-Afrikareferent Johannes Kirchgatter hat Oscar als Partner zum Gespräch eingeladen Dabei konnte Folgendes vereinbart werden: - - - Der WWF hat das Ambulanzbootprojekt in die weitere Planung seines Ngiri-Projekts einbezogen – die Finanzierung der 3. Projektphase ist gesichert. Nach Vertragsabschluss mit der kongolesischen Naturschutzbehörde ICCN (für Oktober 2015 geplant) wird der WWF bis zu 6 jährliche Fahrten des Ambulanzbootes unterstützen (Gehälter Bootsführer, Außenbordmotoren, Treibstoff- wenn möglich, auch Medikamente - deren Kauf in Kinshasa soll noch mal geprüft werden) Für die drei Fahrten der Zwischenzeit schlägt Kirchgatter die Fortsetzung der Interimsfinanzierung gemäß unserer Kooperationsvereinbarung vom Februar 2015 vor (Geld von USAID). Wir schicken die Planung der drei Fahrten. Der WWF finanziert ferner ein Projekt zur Familienplanung: Das Ambulanzbootteam wird um eine in Familienplanung ausgebildete einheimische Krankenschwester oder Ärztin aufgestockt. Wir werden gezielt nach der Möglichkeit einer Ausbildung über die belg. Organisation Ärzte ohne Urlaub suchen, die der WWF dann finanziert. Der WWF im Kongo (Dr. Didier Mazongo) wird um Bereitstellung von geeignetem Material zur Familienplanung gebeten. Der von der Deutschen Welle 2014 produzierte Film über das Ambulanzboot etc. soll in etwas längerer Form auch in Lingala übersetzt und dann in den Dörfern gezeigt werden. Oscar war sehr beeindruckt von diesem Gespräch – nicht nur wg. des positiven Ergebnisses und der freundlichen Atmosphäre in der Zentrale des WWF in der Reinhardtstraße, sondern auch, weil Kirchgatter als „Chef“ sich selbstverständlich um Getränke und Bewirtung für uns gekümmert hat. (Ähnliches hat Oscar übrigens mit großem Erstaunen auch bei der Stadtmission in Berlin beobachtet, wo wir übernachtet haben. Der Vorstandssprecher der Stadtmission, Martin Zwick, mit dem wir seit seiner Dortmunder Studienzeit verbunden sind, nahm sich in seiner Mittagspause Zeit für ein Gespräch mit uns, stellte sich aber vorher wie alle anderen in die Essensausgabe-Schlange und bezahlte sein Essen wie alle anderen. Oscar kam aus dem Staunen nicht heraus – für einen Chef im Kongo undenkbar! ) Reichstag Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch im Reichstag. Dr. Jochen Guckes, zuständig für das Jugendaustauschprogramm des Bundestages, hat uns durch die verschiedenen Häuser geführt, in perfektem Französisch und mit viel Hintergrund- und Insiderwissen. Rundgang durch Paul-Löbe-Haus, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Reichstag mit Plenarsaal und Kuppel – nicht nur Oscar, sondern auch wir waren sehr beeindruckt! Der Zusammenhang von Transparenz und Demokratie ist Stein gewordene Realität und mit Händen zu greifen – und Oscar sagte immer wieder: Hierher müssten unsere Politiker mal kommen! Wir haben natürlich die Gelegenheit zu Stadtrundfahrt (Schiff) und -rundgang genutzt. Dass wir uns ungehindert dem Bundeskanzleramt nähern und dort Fotos machen konnten – gerade wurde der Rote Teppich für Cameron ausgerollt – unglaublich! Im Kongo käme jetzt die Securité und steckte uns ins Gefängnis, nachdem sie den Fotoapparat zertrampelt hätte, war Oscars Kommentar. 3 Genossen hat Oscar als BVB-Fan auch die vielen Fans, die sich schon vor dem Championsleague- Spiel in Berlin eingefunden und an der Gedächtniskirche versammelt hatten. In jedem Fall: Die beiden Tage waren für ihn wie auch für uns ein großes Erlebnis! Was bringt so ein Besuch? Das Echo auf die Begegnungen in dieser Woche mit Oscar Pekombe zeigt, dass es immer wieder wichtig und nötig ist, solche persönlichen Begegnungen zu ermöglichen. Er hat die Gabe, Menschen zu beeindrucken, weil er authentisch aus eigenem Erleben berichten kann. Er selber hat sich vielfach bedankt für die Möglichkeit, hier bei uns zu sein und lässt auf diesem Weg noch einmal alle herzlich grüßen. Beladen mit viel Gepäck, das meiste für das Ambulanzboot (Feldbett, 15 Regencapes, chirurgische Instrumente etc.), ist er inzwischen wohlbehalten wieder im Kongo angekommen. Möge Gottes Segen ihn und seine Arbeit begleiten! Dorothea Philipps, 10.06.2015 4
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