LERNEN AN ECHTEN FÄLLEN LAW CLINICS ALS FACHÜBERGREIFENDES LEHRKONZEPT Praktisch lernen, praktisch wirken: Berufsbezogene Lehrkonzepte im Hochschulstudium 14./15. Januar 2016 Senatssaal, Humboldt-Universität zu Berlin Eine Veranstaltung in der Workshop-Reihe „Studium und Berufswelt“ des Qualitätspakts Lehre von Humboldt Law Clinic www.lawclinic.rewi.hu-berlin.de Dr. Sarah Elsuni Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte (HLCMR) www.hlcmr.de Prof. Dr. Susanne Augenhofer, LL.M. (Yale), Prof. Dr. Reinhard Singer Humboldt Consumer Law Clinic (HCLC) www.lawclinic.rewi.hu-berlin.de/clc/ Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale) Humboldt Law Clinic Internetrecht (HLCI) www.hlci.de 1 LERNEN AN ECHTEN FÄLLEN LAW CLINICS ALS FACHÜBERGREIFENDES LEHRKONZEPT Der Übergang zwischen Studium und Beruf ist für viele Studierende mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Wie sie das Erlernte praktisch anwenden können, erfahren die Studierenden oftmals erst dann, wenn sie in der Arbeitswelt angekommen sind. Gleichzeitig erlernen sie aber bereits während ihres Studiums Fähigkeiten, die – wenn auch noch nicht vollkommen ausgereift – großen praktischen Wert haben. An dieser Stelle hat der Workshop der Humboldt Law Clinic vom 14./15. Januar 2016 angeknüpft. Dieser Workshop war der erste einer Workshop-Reihe, die von fünf im Qualitätspakt Lehre (QPL) geförderten Hochschulen im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Thema „Studium und Berufswelt“ im Frühjahr 2016 ausgeführt wird. Auf Einladung der Humboldt Law Clinic, ein QPL-Projekt an der Humboldt-Universität zu Berlin, sind Teilnehmende unterschiedlicher Studienund Fachrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet nach Berlin angereist. Ausgehend von den drei Law Clinics an der HU – Grund- und Menschenrechte (Dr. Sarah Elsuni), Consumer Law (Prof. Dr. Susanne Augenhofer und Prof. Dr. Reinhard Singer) und Internetrecht (Prof. Dr. Katharina de la Durantaye) – haben sie in Form von Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Gesprächsrunden und im Rahmen einer Postervorstellung über fächerübergreifende berufsbezogene Hochschullehrkonzepte und Ausbildungsformate diskutiert und ihre Erfahrungen ausgetauscht. Der Workshop hat dabei nicht nur die Vorteile praktischer Ausbildungskonzepte für die Studierenden im Blick behalten. Er ist zudem der Frage nachgegangen, welchen gesellschaftlichen Mehrwert solche Modelle bieten können: Wie müssen die Ausbildungskonzepte beschaffen sein, damit sie in die Gesellschaft hineinwirken und die Universitäten stärker mit der Zivilgesellschaft verzahnen? Dieses e-Book enthält Aufnahmen fast aller Beiträge, die auf der Vorstellung präsentierten Poster, sowie Berichte und Fotos zu den einzelnen Themenblöcken. 2 PROGRAMM Donnerstag, 14.01.2016 Prof. Dr. Michael Kämper-van den Boogaart Vizepräsident für Studium und Internationales, HU Berlin Session 2: Clinical Legal Education and Urban Transformation: Law and Architecture Skills to Promote Social Inclusion 14.30: Lernen an echten Fällen Dr. Cecilia Blengino und Silvia Mondino Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte (HLCMR) Moderation: Anne Degner, HLCMR 14.00: Begrüßung Prison and Rights Clinic, Università di Torino, Italien Doris Liebscher, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der HLCMR Ha Mi Le, Teilnehmerin der HLCMR Prof. Dr. Susanne Augenhofer, LL.M. (Yale) Session 3: QMULAC and the SPITE Project (Sharing and Publishing Images to Embarrass): The Distribution of Intimate Images aka “Revenge Porn” Leiterin der HCLC Noreen Uhlig, Teilnehmerin der HCLC Frances Ridout Humboldt Consumer Law Clinic (HCLC) Leiterin der Legal Advice Centre, Queen Mary University of London, Großbritannien Humboldt Law Clinic Internetrecht (HLCI) Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale) Moderation: Sven Asmussen, HLCI Leiterin der HLCI Johannes Lai Jiang, Teilnehmer der HLCI Elmar Willemsen, Teilnehmer der HLCI Session 4: The Harm’s Reduction Section of the University of Warsaw: Pro Bono Legal Help for Drug Users and People Living with HIV 16.00: Kaffeepause 16.30: Podiumsdiskussion – Die Universität als Ort der Praxis Dr. Katarzyna Furman Prof. Dr. Dörte Busch Moderation: Tobias von Nüß, HLCMR Leiterin der Harm’s Reduction Section, Uniwersytet Warszawski, Polen Leiterin der Studentische Rechtsberatung, HWR Berlin Session 5: Die Refugee Law Clinic Berlin Dr. Henrike Hölzer Leiterin des Simulationspatientenprogramm, Charité, Berlin Meike Riebau Vorstandsmitglied der Refugee Law Clinic Berlin, e.V. Prof. Dr. Stefan Kipf Direktor der Professional School of Education, HU Berlin Moderation: Juana Remus, HLCMR Tina Winter, MHE 11.00: Kaffeepause Büroleiterin Urs Tabbert, MdHB 11.30: Podiumsdiskussion – Transfer in die Gesellschaft Moderation: PD Dr. Friederike Wapler Vertreterin der Professur für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien, HU Berlin Dr. Sigrid Arnade 18.30: Postervorstellung praktischer Projekte anderer Hochschulen Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL, Projektpartner der HLCMR 19.30: Abendessen Dr. Tim Engelhardt, LL.M. (Columbia) Rechtsanwalt, Freitag, 15.01.2016 Dr. Maja Murza Rechtsanwalt, Betreuer der HLCI Referentin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Betreuerin der HCLC 09.30: Gesprächsrunden – Interdisziplinäre berufsbezogene Lehrkonzepte Moderation: Prof. Dr. Reinhard Singer, HCLC Session 1: Interdisciplinary v. (Ordinary) Legal Clinics – Goals, Mission and Vision 13.00: Verabschiedung Prof. Dr. Dubravka Akšamovic 13.00: Mittagsimbiss und Ausklang Leiterin der Legal-Economic Clinic, Josip-Juraj- StrossmayerUniversität Osijek, Kroatien Moderation: Tatjana Serbina, HCLC 3 Fotos: Carl Melchers Donnerstag, 14. Januar 14.00: Begrüßung und Vortragsrunde - Lernen an echten Fällen Begrüßung: Begrüßung durch Prof. Dr. Michael Kämper-van den Boogaart Vizepräsident für Studium und Internationales, HU Berlin Audio Referent_innen der Vortragsrunde: Doris Liebscher, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der HLCMR Ha Mi Le, Teilnehmerin der HLCMR Prof. Dr. Susanne Augenhofer, LL.M. (Yale), Leiterin der HCLC Noreen Uhlig, Teilnehmerin der HCLC Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale), Leiterin der HLCI Johannes Lai Jiang, Teilnehmer der HLCI Elmar Willemsen, Teilnehmer der HLCI 4 Dokumentation von Niklas Liebetrau „Brotgelehrter“ vs. „philosophischer Kopf“. Diese Gegenüberstellung innerhalb der akademischen Gemeinschaft traf Friedrich Schiller während seiner berühmten Antrittsvorlesung 1789 in Jena. Eine ebensolche traf auch der Vizepräsident für Studium und Internationales der Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Michael Kämper-van den Boogaart, bei seiner Begrüßung zu dem von der Humboldt Law Clinic ausgerichteten Workshop Lernen an echten Fällen – Law Clinics als fächerübergreifendes Lehrkonzept am 14. Januar 2016. Während es bei dem Fleiß jener Brotgelehrten, so Schiller, lediglich darum gehe, Bedingungen zu erfüllen die sie zu ihren Zielen befähigten, verhielte es sich gänzlich anders mit den philosophischen Köpfen. Deren Bestrebungen seien auf die Vollendung ihres Wissens gerichtet, also auf die akademische Auseinandersetzung mit Themen jenseits von Examens- oder Prüfungsvorbereitungen. Die Teilnahme an einer Law Clinic sei nur etwas für „philosophische Köpfe“, so Prof. Kämper-van den Boogaart. Zwar würden dort praktische Erfahrungen mit dem universitären Studium verknüpft. Die überobligatorische Teilnahme an einer Law Clinic böte den Studierenden aber die Möglichkeit sich in einer wissenschaftliche Tiefe und über die Disziplingrenzen hinweg mit Problemen auseinanderzusetzen, wie es im Jurastudium sonst nicht vorgesehen ist. Das Modell der Law Clinics kommt aus dem anglo-amerikanischen Raum. Ziel der Law Clinics sei erstens die Ausbildung der Studierenden durch Verbindung und Verknüpfung von akademischen Wissen und praktischer Erfahrung, zweitens die Hilfe für konkret Betroffene und damit drittens ein Wirken hinein in die außeruniversitäre Gesellschaft. Im Anschluss an die Begrüßung gingen die drei Stränge der Humboldt Law Clinic, die Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte (HLCMR), die Humboldt Consumer Law Clinic (HCLC) und die Humboldt Law Clinic Internetrecht (HLCI), näher auf das Konzept der Law Clinic sowie ihre einzelnen Projekte ein. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Perspektive der Studierenden, welche Erfahrungen sie in der Law Clinic machten und wie sie die stärkere Einbindung berufsbezogener Lehrkonzepte in ihre Ausbildung bewerteten. 5 Den Anfang machten Doris Liebscher, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Ha Mi Le, Studierende der HLCMR. Als erste der drei Humboldt Law Clinics und als eine der ersten Law Clinics deutschlandweit startete die Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte im Oktober 2010. Die HLCMR arbeite projektorientiert: Gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartnern, insbesondere NGOs oder Ministerien, arbeiteten die Studierenden an konkreten Fragestellungen. Sie schrieben unter anderem Gutachten, Leitfäden und amicus curiae Briefe. Ziel der HLCMR sei es dabei stets, den grundund menschenrechtlichen Diskurs zu sozialen Ungleichheitsverhältnisse wie Rassismus und Geschlechterverhältnissen voranzutreiben. Ein konkretes Beispiel für die Arbeit der HLCMR zeigte Ha Mi Le. In ihrem HLCMR-Projekt befasste sie sich mit rechtlichen Möglichkeiten, um die Gesundheitsversorgung für geflüchtete Kinder zu verbessern. Sie untersuchte insbesondere die Voraussetzungen und Erfolgsaussichten einer Individualbeschwerde vor dem Ausschuss für die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen sowie einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Unterstützt und begleitet wurde das Projekt dabei unter anderem von der Kindernothilfe e.V. und dem Netzwerk für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V. Die Humboldt Consumer Law Clinic folge einer etwas anderen Struktur, so Prof. Dr. Susanne Augenhofer, LL.M. (Yale), Leiterin der HCLC. Zwar bestünde ein Zyklus auch hier aus zwei Semestern, einem theoretischen und einem praktischen Teil. Anders als die HLCMR und die HLCI würden die Teilnehmenden der HCLC aber nicht an Projekten arbeiten, sondern Mandant_innen ganz konkrete Rechtsberatung erteilen. Die HCLC funktioniere letztlich wie eine kleine Anwaltskanzlei. Neben diesem praktischen Teil hörten die Studierenden eine Ringvorlesung zum Verbraucherrecht und könnten in ergänzenden Praxistagen Institutionen wie die Verbraucherzentrale Bundesverband oder die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr kennen lernen. Das Verbraucherrecht böte einen optimalen Anknüpfungspunkt für die Arbeit in einer Law Clinic, so Prof. Augenhofer. Wegen der geringen Streitwerte würde sich der Gang zum Anwalt nämlich meistens nicht lohnen. Die kostenlose Beratung durch die Studierenden schlösse so eine Rechtsschutzlücke. Beispielhaft stellte die Studierende Noreen Uhlig anschließend Fälle vor, die sie in der HCLC behandelt hat. Dabei ging es unter anderem um die Beratung von Mandant_innen wegen überhöhter 6 Forderungen eines Inkassobüros, unbezahlter GEZ-Gebühren und Gewährleistungsansprüchen beim Möbelkauf. Vortragsrunde Lernen an echten Fällen Audio Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale) stellte schließlich die von ihr geleitete Humboldt Law Clinic Internetrecht vor. Das Internetrecht sei eine Querschnittsmaterie, die unzählige verschiedene Rechtsgebiete miteinander verbinde. Viel mehr als in anderen juristischen Bereichen käme es beim Internetrecht zudem auf interdisziplinäres Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Rechtswissenschaft und Informationstechnologie an. Einerseits versuche das Recht, die technische Entwicklung zu steuern, andererseits stelle ebendiese Entwicklung das Recht vor immer neue Herausforderungen. Diese Dynamik biete den Studierenden die wunderbare Möglichkeit, durch ihre Arbeit tatsächlich Einfluss auf die Rechtsentwicklung zu nehmen. Der Anspruch der HLCI sei es daher nicht nur konkrete Projekte mit Kooperationspartnern, wie NGOs, öffentlichen Institutionen, Startups und Kultureinrichtungen durchzuführen. Über das Blog HLCI_kontrovers, regelmäßiges Twitter oder verschiedenste öffentliche Veranstaltungen nähmen die Studierenden zudem aktiv am netzpolitischen Diskurs teil. Die Studierenden Johannes Lai Jiang und Elmar Willemsen stellten anschließend ein Beispiel für die Arbeit der HLCI vor. Gemeinsam mit der britischen Menschenrechtsorganisation Privacy International haben sie ein Gutachten erstellt, das sich mit strategischer Prozessführung gegen Unternehmen befasst, die Massenüberwachungstechnologien produzieren und an totalitäre Staaten und Regime liefern. 7 16.00: Kaffeepause 8 16.30: Podiumsdiskussion - Die Universität als Ort der Praxis Diskutant_innen: Prof. Dr. Dörte Busch Leiterin der Studentischen Rechtsberatung, HWR Berlin Dr. Henrike Hölzer Leiterin des Simulationspatientenprogramms, Charité, Berlin Prof. Dr. Stefan Kipf Direktor der Professional School of Education, HU Berlin Tina Winter, MHE Büroleiterin von Urs Tabbert, MdHB Moderation: PD Dr. Friederike Wapler Vertreterin der Professur für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien, HU Berlin 9 Dokumentation von Johanna Jaspersen Am Nachmittag fand die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Die Universität als Ort der Praxis“ statt. Unter der Moderation von PD Dr. Friederike Wapler tauschten sich vier Diskutant_innen aus drei verschiedenen Disziplinen aus: Medizin, Rechtswissenschaft und Didaktik. Prof. Dr. Dörte Busch, Juristin und Leiterin der studentischen Rechtsberatung der HWR Berlin begann nach der Begrüßung und Vorstellung durch PD Dr. Wapler die Diskussion mit der Vorstellung ihrer Arbeit als Leiterin der studentischen Studienberatung. Dr. Henrike Hölzer arbeitet in der Medizin, ist selbst aber studierte Kulturwissenschaftlerin, die über das Lehr- und Prüfungssystem an Universitäten forscht. Außerdem ist sie an der Charité zuständig für Patientensimulationen. Anschließend stellten sich Prof. Dr. Stefan Kipf und Tina Winter vor, die beide in der Didaktik beheimatet sind. Ersterer war zunächst Gymnasiallehrer und ist nun Direktor der Professional School of Education an der HU Berlin und letztere ist Juristin und Hochschuldidaktikerin und leitet unter anderem einen Kurs zur Examensvorbereitung in Hamburg. Neben den Erfahrungsberichten aus den unterschiedlichen Projekten der Diskutant_innen kam die Debatte schnell zu grundsätzlicheren Fragestellungen von praxisbezogenem Studium, wie es durch Law Clinics oder Patientensimulationen ermöglicht wird. Die beschriebenen positiven Erfahrungen sind zahlreich und reichen von den Eindrücken anderer Lebensrealitäten, wie bei der studentischen Rechtsberatung, deren Teilnehmer_innen andere Studierende – z.B. auch zahlreiche ausländische Studierende – beraten, bis zu Studierenden die in der Praxis auf neue Fragestellungen stoßen, die sie mit zurück an die Uni nehmen und dort wissenschaftlich bearbeiten. Dadurch trainiert sich Empathie und Ernsthaftigkeit gegenüber den Klient_innen, denn viele Praxisprojekte erfordern ein hohes Maß an Eigenengagement, in Form von Klienten-Akquise, Koordination und Reflexion, sowie Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit auch über längere Zeiträume hinweg, so ein Podiumsgast. Einfühlungsvermögen sollen auch die Patientensimulationen vermitteln, die Dr. Hölzer an der Charité organisiert. Schauspieler_innen ermöglichen Studierenden der 10 Medizin Patientengespräche zu simulieren und erlauben so z.B. die Reflexion auf komplizierte Kommunikationssituationen. Sie berichtete von Beispielfällen, in denen der Analphabetismus der Patient_innen die korrekte Medikamenteneinnahme erschwert. Die hohe Verbindlichkeit und Verpflichtung die die Studierenden eingehen, kann aber auch zu einem Problem werden, da Studierende eh schon einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind. Die daran anschließende Forderung der Runde war, praxisbezogene Veranstaltungen noch enger ins Curriculum einzubinden und als regulären Teil des Studiums zu begreifen. Das erfordert sowohl Engagement und die vorangegangene Qualifizierung der Dozent_innen, als auch Maßnahmen, praxisnahe Veranstaltungen durch Prüfungen anrechenbar zu machen. Ein ungelöstes Problem bleibt die Frage, wie solche Programme großen Massen von Studierenden zugänglich gemacht werden können, da die erforderte Betreuung intensiv und deswegen nur für einen Bruchteil der Studierenden zugänglich ist. Ausreichende Finanzierung und Institutionalisierung waren die Stichwörter, aber auch Tandems aus Studierenden wie in der studentischen Rechtsberatung von Prof. Busch oder ein Kaskadenmodell wie durch Frau Winter vorgeschlagen, haben sich bewährt. Podiumsdiskussion Die Universität als Ort der Praxis Audio Zuletzt wendete sich die Diskussion der grundsätzlichen Frage zu, welches Verständnis von Praxis der Debatte eigentlich zu Grunde liegen würde und wie sich Universität, bzw. Wissenschaft im Verhältnis zu dieser Praxis wahrnimmt. Prof. Kipf machte die Unterscheidung zwischen Praxis und Praktizismus stark und forderte die enge Rückbindung der Praxiserfahrungen an den Wissenschaftsbetrieb, bspw. durch Forschungsfragen, die in der Praxis aufgeworfen und an der Universität bearbeitet werden können. In der Universität soll die Reflexion der Erfahrungen aus der Praxis stattfinden. Es geht gerade nicht darum an der Hochschule Anleitungen zu bekommen, die später angewendet werden sollen, auch wenn Studierende das zunehmend fordern würden. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung und Kontextualisierung bleibt zentrales und gleichzeitig verbindendes Moment. Aus der Erfahrung bereits implementierter Praktika im Curriculum ist die kontinuierliche Reflexion von Wissenschaft und Praxis und umgekehrt zwingend notwendig, wie Prof. Busch unterstreicht. Sie kann nur gelingen, wenn über ein Qualitätsmanagement der institutionalisierte Rahmen dafür an der Universität geschaffen wird. Die Diskussion schloss mit der Forderung, die Finanzierung, Institutionalisierung und Qualifizierung voranzutreiben, aber auch dem Wunsch, den Austausch zwischen einzelnen Universitäten zu intensivieren. Die Veranstaltung hat nämlich gezeigt, dass gerade beim Thema „Die Universität als Ort der Praxis“ eine disziplinübergreifende Zusammenarbeit wichtig und sinnvoll ist, sowohl methodisch, als auch um Ressourcen zu sparen. Wo sich die Praxis anbietet als Ergänzung, besteht ein Kooperationsgebot – sowohl zwischen Universitäten und bspw. Schulen, wie Prof. Kipf betonte, als auch zwischen Studierenden und Dozent_innen, deren respektvolles Zusammenarbeiten essentiell ist, um die nötige Langfristigkeit und Verbindlichkeit aufrecht erhalten zu können. 11 18.30: Postervorstellung praktischer Projekte anderer Hochschulen Das Projekt „LOB | Lehren – Organisieren – Beraten“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz besteht aus den Teilprojekten Lehren, Organisieren, Beraten, Berufsorientierung am Fachbereich 03: Rechts- und Wirtschaftswissenschaften die auf dezentraler Ebene durchgeführt werden. Praktikum im Studium Welche Praktika kann ich absolvieren? Was kann ich anrechnen lassen? An wen muss ich mich wenden? Welche Wahlmöglichkeiten gibt es? Master, Direkteinstieg oder doch erst ein Praktikum... Bachelor! Und jetzt…? Flexibel einsetzbare Themenkarten (Warum? Wann? Wo? Wie?) und Zusatzkarten (Links, Literatur, weitere Angebote) Verbindung von Informationen (Vorderseite Themenkarte) und Beratungsmethoden (Rückseite Themenkarte) Individuelle, aber geleitete Einzelberatung Zweiteiliger Workshop in Kleingruppen Wo stehe ich, was habe ich erreicht? Was sind meine nächsten Ziele? Welche Optionen stehen zur Verfügung? Identifikation eigener Werte, Ziele, Kompetenzen und individueller Kriterien für die Berufswahl Kennenlernen verschiedener Berufsfelder durch Steckbriefe und weitere Informationsmaterialien Vorstellung verschiedener Einstiegsmöglichkeiten und der konsekutiven Masterstudiengänge Einführung in die Methode der kollegialen Beratung Praktikum im Studium Let's talk about… Vorträge von PraxisvertreterInnen zu bestimmten Berufsfeldern (z.B. Employer Branding) Moderierte Talkrunden mit verschiedenen ExpertInnen (z. B. Marketing) Vorträge von ExpertInnen im Bereich Berufseinstieg und Karriereplanung Das Projekt „Prof | Studierende professionell beraten“ des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ist im Teilprojekt „Beraten“ (LOB-Projekt s.o.) angesiedelt. Ziel des Projekts ist es ein bedarfsgerechtes, professionelles und an den Fachkulturen orientiertes Beratungsangebot zur Verfügung zu stellen, das die Studierenden während des gesamten Studienverlaufs unterstützt und ihre zunehmende Heterogenität berücksichtigt. Schwerpunkte sind dabei die Etablierung von spezifischen Angeboten für die Studieneingangsphase, der Aufbau einer Praktikumsberatung sowie die Einführung einer Vortragsreihe, um die Studierenden bei der Berufsorientierung zu unterstützen und die Verzahnung von Theorie und Praxis zu fördern. Die Studierenden erhalten durch die Vortragsreihe die Möglichkeit verschiedene Berufsfelder kennen zu lernen. Darüber hinaus haben die Studierenden jeweils im Anschluss an die Veranstaltungen die Möglichkeit mit den Praxisvertreterinnen und -vertretern ins persönliche Gespräch zu kommen. Bilder designed by Freepik.com. Johannes Gutenberg-Universität Mainz Haus Recht und Wirtschaft (alt) Jakob-Welder-Weg 4 55128 Mainz Fax: +49 (0)6131 / 39 - 25531 [email protected] Daniela Förster Renate Magerl Telefon: +49 (0)6131 / 39 - 24425 Telefon: +49 (0)6131 / 39 - 24070 Förderkennzeichen 01PL12055 12 RAKHH Kooperationspartner Ratsuchende Anwälte Sozialberater (Dolmetscher) LegalAdviser LegalAdviser Anwälte Beratungstag Beratungsstellen Rechtliches AufenthR/AsylR Curriculum Orgateam Leitungsteam Presse/ÖffArb Netzwerk Koordination Wiss.Leitung Beirat Förderer Dunkelrot=Gruppen/Institutionen–Hellgrau=RessortsimOrgateam–Stand:2016-01-01 13 Grüne Stadt - Gerechte Stadt Interdisziplinäres Impact Lab – „Forschendes Lernen“ an echten Fällen Untersuchung der rechtlichen Grundlagen nachhaltiger Stadtentwicklung zusammen mit Akteuren aus Zivilgesellschaft und Verwaltung Urbanisierung und Recht – Implikationen eines Megatrends Urbanisierung ist eines der bestimmenden Themen des 21. Jahrhunderts. Städte sind die Kristallisationspunkte der großen ökologischen und sozialen Probleme unserer Zeit. Dabei sind besonders in den global vernetzten Metropolen traditionelle Konzepte von Staatlichkeit einem Wandel unterworfen: Es etablieren sich neue Formen von governance, die überkommene Staat-Bürger-Schemata hinter sich lassen. Außerdem wird Städten sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene mehr und mehr eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung ökologischer und sozialer Probleme zugewiesen. Hier ergeben sich spannende Forschungsfragen, aber auch vielfältige praktische Gestaltungsmöglichkeiten. . Die Ernährung der Großstadt – soziale und ökologische Nachhaltigkeit Ein sozial und ökologisch besonders brisantes und dynamisches Politikfeld ist die urbane Ernährungspolitik: Auf der Expo 2015 verpflichteten sich die Bürgermeister von 117 globalen Metropolen, von Abidjan bis Zürich, im Milan Urban Food Policy Pact zur Entwicklung nachhaltiger Ernährungssysteme. Die rechtliche Qualität dieser Vereinbarung ist offen. Deutlich wird aber, dass sich die Städte berufen sehen, nach dem Klimaschutz (C40, Covenant of Mayors), ein weiteres bedeutendes Nachhaltigkeitsthema anzugehen. In Berlin trifft die Initiative auf das Engagement zahlreicher öffentlicher, privatwirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure: Regionales Essen in Schulen, diverse Formen urbaner Landwirtschaft, wie Gemeinschaftsgärten und Aquaponik, Lebensmittelverschwendung, … Im Jahr 2016 planen wesentliche Schlüsselakteure die Gründung eines Ernährungsrats, um ihre Anliegen in Zukunft fundierter und wirkungsvoller durchzusetzen. Auch die Senatsverwaltung hat einen Rat für gutes Essen ins Leben gerufen, in dem u.a. Handel, Landwirtschaft und Wissenschaft vertreten sind. Die genauen Einflussbereiche dieser Strukturen werden sich erst herausbilden und bieten ein spannendes Forschungs- und Handlungsfeld für das Impact Lab. Das Impact Lab – interdisziplinäre Forschung und Beratung Das Impact Lab richtet sich besonders an Studierende der Juristischen Fakultät, des Geographischen Instituts und der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät. In interdisziplinären Teams werden konkrete Rechtsfragen der urbanen Ernährungspolitik wissenschaftlich erfasst und praktisch umgesetzt: Roadmap für ein nachhaltiges, vielfältiges und gerechtes Ernährungssystem: Kompetenzen, Rechtliche Instrumente, Behördenstrukturen, … Beratung eines Projektes zum Direktvertrieb regionaler Lebensmittel (LebensMittelPunkt Spandau): Bau-, Lebensmittel-, Gesellschaftsrecht, etc. Strukturfragen der urban governance: Wie kann sich die Zivilgesellschaft inklusiv aber wirkungsvoll organisieren? Wie kann die Stadtverwaltung mit neuen Steuerungsinstrumenten mehrdimensionale Probleme bewältigen? 14 Service Learning an der Universität Bremen: „Legal Clinic“ Fachbereich Rechtswissenschaft Referat Lehre und Studium Prof. Dr. Christine Graebsch Philipp Wronker Email: [email protected] Email: [email protected] Telefon: ++49 (0) 421 218 60356 http://www.uni-bremen.de/lehre-studium Aufbau Sommersemester Semesterferien Wintersemester Beratung von Gefangenen Möglichkeit zur Weiterführung der Beratung im Rahmen eines Praktikums Seminar: Vertiefung und Rückkoppelung an Theorie Begleitseminar (inkl. Abschlusspräsentation) → Leistungsnachweis Schlüsselqualifikationen 3CP) → Grundlagenschein oder Wahlpflichtschein für Schwerpunkt „Strafrecht“ Das bundesweit älteste studentische Beratungsprojekt (seit 1977) Kooperation mit dem Verein für Rechthilfe im Justizvollzug des Landes Bremen e. V. Inhalt Rechtsberatung für Gefangene Heterogene Studierenden-Teams suchen Gefangene auf (im Strafvollzug, in der forensischen Psychiatrie, in der Abschiebungshaft) Unterschiedliche Beteiligungsformen (je nach Wissensstand und Erfahrung: vom Zuhören bis zur eigenständigen Beratung) Unterstützt durch Volljuristen Studierende… Ergebnis …lernen, sich mit einem realen Gegenüber auseinanderzusetzen und juristisch relevante Sachverhalte zu erfragen und im Gespräch herauszuarbeiten …lernen die Realitäten von Gefängnissen und die Rechtswirklichkeit aus Sicht der Betroffenen kennen …lernen, juristische Inhalte in eine einfache Alltagssprache zu übersetzen …können medial vermittelte Bilder von Kriminalität korrigieren und mit eigenen Erfahrungen kontrastieren …werden mit den realen Folgen juristischer Entscheidungen (z.B. für das Leben der Gefangenen und deren Angehörigen) konfrontiert Fazit / Erfahrungswert für die Zukunft Rechtsberatung für Gefangene lohnt sich für Studierende, Gefangene und Gefängnisse Legal Clinic fängt vorhandenen Beratungsbedarf auf Gefangene können Problemlagen kommunizieren, werden vor Abschiebung bewahrt und ggf. sogar aus der Haft entlassen Konflikte in Haftanstalten können eher kommunikativ gelöst werden Beschränkter Zugang zu der geschlossenen Institution Gefängnis Hoher Absprachebedarf mit den Haftanstalten Service Learning – Lernen durch Engagement. Von der Idee zur Umsetzung Eine Veranstaltung organisiert vom Projekt nexus – Konzepte und gute Praxis für Studium und Lehre 27. und 28. Mai 2014, Köln 15 Kooperatives/Duales Studienmodell KOSMO – Hochschule Kaiserslautern Studierende verzahnen in ihrem gesamten Studium Theorie und Praxis. Sie studieren gemeinsam mit konventionell studierenden Kommilitonen. Unternehmen bieten Fach- und Führungskräften von morgen frühzeitig die Chance, sich in der Praxis zu entwickeln und sie kennenzulernen. Die Hochschule Kaiserslautern gestaltet aktiv Kooperationen mit der Wirtschaft und sichert akademische Nachwuchskräfte für die Region. Studieren anAN der HS KL HS KL STUDIEREN DER In allen Fachbereichen praxisintegriert studieren • Angewandte Ingenieurwissenschaften • Angewandte Logistik und Polymerwissenschaften • Bauen und Gestalten • Betriebswirtschaft • Informatik und Mikrosystemtechnik Fachkräfte für die Region • kooperatives/duales Angebot als Standortfaktor für Unternehmensentscheidungen • Identifikation der Studierenden mit der Region und den Partnerunternehmen • Übergang Studium – Beruf aktiv gestalten LERNORTWECHSEL FACHKRÄFTESICHERUNG Stetiger Wechsel zwischen Hochschule und Unternehmen • Ansprechpartner aus Theorie und Praxis • Praxisprojekte • Abschlussarbeiten mit Unternehmen • Wissens- und Technologietransfer • Überfachliche Kompetenzen mit Unternehmen erwerben Zeit im Partnerunternehmen • vorlesungs-/freie Zeit • Vorpraktikum • Projektarbeit • Praxisphase • Abschlussarbeit PRAXISBEZUG Kontakt: 16 Hochschule Kaiserslautern, Referat Wirtschaft und Transfer Anja Weber, Telefon: +49 (0)631/3724-2723, E-Mail: [email protected] Elisabeth Krämer, Telefon: +49 (0)631/3724-2705, E-Mail: [email protected] www.hs-kl.de Training Programm (in cooperation with Leipzig University) Winter Semester 1st. Summer Semester Theoretical Training Program for Counselor • • • • Lecture by judges of the Constitutional Court (weekly) Tutorials in Administrative Law for non-lawyers Seminars open by cooperating lawyers for all those interested Exam - module crediting possibility Practical consulting Training Programme • • • • • Competitions through Application Internships Case discussions with lawyers Commencement of co-counseling Additional in depth lectures 2nd Summer Semester Start new training program • Joint supervision and • Training for already active (Co) Consultants and Translators (+ tutored by experienced Consultants and Translators) Verlauf der Ausbildung zur Berater*in im Asylverfahren SoSe: - Besuch der Vorlesungen "Asyl- und Aufenthaltsrecht – Rechtliche Grundlagen der Flüchtlingsberatung" - Teilnahme an Tutorien zum Verwaltungsrecht Hospitation (bereits beratende Personen zur Beratung begleiten) WiSe: Teilnahme an den Fallbesprechungen (in AGs mit ca. 25 Leuten) Besuch der Vorlesungen: Montags 17:00 – 19:00 Burgstraße 21, Raum 4.33 Anwesenheitspflicht (bis zu 3 Fehltage sind in Ordnung) Tutorien zum Verwaltungsrecht: Anmeldung am 27.04.15 von 18:45 Uhr – 19:15 Uhr, im Raum der Vorlesung 3 Kurse à 20 Personen, 5- 7 Termine (genauere Informationen dann in der Vorlesung) Fallbesprechungen: Werden für diejenigen, die schon im SoSe 2014 die Vorlesung besucht haben auch im SoSe 2015 stattfinden! Hospitation: Für Fortgeschrittene im SoSe 2015 möglich (Anfragen momentan noch an: [email protected]) 17 Beratung § 18 HUMBOLDT LAW CLINIC INTERNETRECHT Ablauf Die Ausbildung dauert ein akademisches Jahr. Im ersten Semester erlernen die Studierenden die Grundlagen des Internetrechts anhand von konkreten Fällen in einem BZQ I-Kurs. In der vorlesungsfreien Zeit absolvieren sie ein Praktikum bei einem unserer Kooperationspartner. Im zweiten Semester erhalten die Studierenden vertiefte Kenntnisse im Internetrecht. Das Seminar wird als wahlobligatorische Veranstaltung im Schwerpunkt 4a anerkannt. Außerdem setzen sie gemeinsam mit den Kooperationspartnern ihre Arbeit an den Projekten und Fällen fort. Lehrinhalte Die HLCI vermittelt juristische Grundlagen verschiedener Rechtsgebiete und technisches Grundwissen. Zudem üben die Studierenden in Workshops juristisches Schreiben. Unterrichtet werden unter anderem: - Technische Grundlagen des Internet - Urheberrecht - Haftungsfragen im Internet - Presse- und Äußerungsrecht - Internationales Privatrecht - Informationsstrafrecht - Datenschutzrecht - Domainrecht - Markenrecht - E-Commerce-Recht - Start Up-Beratung Projekte Im Clinic-Zyklus 2014/2015 arbeiten die Studierenden mit unseren Kooperationspartnern an folgenden Projekten: Sie unterstützen das Fab Lab Berlin u.a. bei der lizenzkonformen Verwendung von Open-Source-Software-Modulen. Sie helfen bei der Umsetzung von Forschungsprojekten und bearbeiten konkrete informationsrechtliche Fragen. Unterstützt von RA Tim Engelhardt untersuchen sie Möglichkeiten, die Ausfuhr von Überwachungstechnologie an totalitäre Staaten zu verhindern. Sie entwickeln zwei intelligente Muster für einen Webdesign- sowie einen Lizenzvertrag für *UD¿NHQXQG Videos, die Anwender online anpassen können. Sie überprüfen die Lizenzverträge für den edoc-Server der HU und übertragen die Lösungen auf Forschungsprimärdaten. Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale) Juniorprofessur für Bürgerliches Recht, insbesondere Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Juristische Fakultät Bebelplatz 1, 10117 Berlin [email protected] 19 Blog Die Studierenden verfassen Beiträge zu aktuellen Themen des Internetrechts für unseren Blog hlci-kontrovers.de und twittern unter @HLCI_DE. Sie haben beispielsweise über die Haftung für illegales Filesharing und das Verfahren Mosley gegen Google geschrieben. Auf dem Blog berichteten sie von öffentlichen Anhörungen des Bundestages und von mündlichen Verhandlungen in internetrechtlichen Verfahren. Veranstaltungen Mit dem Haus der Kulturen der Welt und dem Modellprojekt Fiktion organisierte die HLCI den Kongress Literatur Digital. Der Clinic-Zyklus schließt mit einer öffentlichen Veranstaltung ab. Sie ist einem aktuellen internetrechtlichen Thema gewidmet. Zudem stellen die Studierenden ihre Projekte vor und erhalten ihr TeilQDKPH]HUWL¿NDW www.hlci.de Freitag, 15. Januar 9.30: Gesprächsrunde – Interdisziplinäre berufsbezogene Lehrkonzepte Session 1: Interdisciplinary v. Ordinary Legal Clinics – Goals, Missions and Visions Referentin: Prof. Dr. Dubravka Akšamović Leiterin der Legal-Economic Clinic an der Josip-Juraj-Strossmayer-Universität Osijek, Kroatien Moderation: Tatjana Serbina, HCLC Dokumentation von Tatjana Serbina Prof. Dr. Dubravka Akšamović, ließ sich von ihren Erfahrungen an der Columbia University inspirieren und brachte im Jahre 2003 die Law Clinic Idee an die juristische Fakultät der Universität Osijek. In diesem Jahr gründete sie dort die erste „Live Client Clinic“. Dies war ein voller Erfolg, sodass bereits fünf Jahre später nach einer Studienreform die Law Clinic Ausbildung 20 zu einem Pflichtteil des Studiums wurde. 2012 folgte eine Kooperation mit der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, die ein Jahr später in die interdisziplinäre Legal-Economic Clinic mündete. Die Idee einer solchen interdisziplinären Clinic resultierte daraus, dass in vielen Fällen festgestellt wurde, dass die Rechtssuchenden eine umfangreichere Rechtsberatung brauchen. Zu den Mandant_innen zählen Existenzgründer_innen, kleinere und mittelständische Unternehmen, Start-up-Pionier_innen, NGOs etc. Dabei beschränkt sich die Legal-Economic Clinic nicht auf Fälle mit einem geringen Streitwert, sondern operiert in dieser Hinsicht frei. Kritik seitens der konkurrierenden Anwaltschaft kam bisher nicht vor. Die Studierenden arbeiten innerhalb der Legal-Economic Clinic in Teams von drei Personen, die jeweils nach dem Schwerpunkt des Falls besetzt werden (entweder zwei Jura-Studierende und ein Studierende der Wirtschaftswissenschaften oder umgekehrt). Zu deren Betreuer_innen zählen Professoren der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Richter_innen, Notar_innen, Arbeitsvermittler_innen etc. Durch diesen Zusammenschluss ließ sich zunächst dem Problem begegnen, dass sich die Studierenden gutes theoretisches Wissen aneignen, dieses aber bisher nicht in die Praxis umsetzen konnten. Zudem konnte viel fachübergreifendes Wissen erlangt und Sozialkompetenzen geschult werden. Ihrer gesellschaftlichen Aufgabe versucht die Legal-Economic Clinic noch besser gerecht zu werden, indem sie ihre Dienstleistungen auch in der Region von Osijek anbietet und Kontakt zu den lokalen Regierungen in der Region aufnimmt und teilweise auch diesen bei Vertragsentwürfen hilft. Session 1: Interdisciplinary v. Ordinary Legal Clinics – Goals, Missions and Visions Audio Ein Anknüpfungspunkt ist zudem die Tatsache, dass in vielen europäischen Staaten die Länge von Gerichtsverfahren sich über mehrere Jahre erstreckt und dies für ein Unternehmen u.U. von existenzieller Bedeutung sein kann. In solchen Fällen können Law Clinics anknüpfen und auch die Mediation in Erwägung ziehen, die häufig für die Parteien zu einer win-win-Situation führt. Es wurden auch Beispiele anderer innovativer Law Clinics gebracht, wie Juss-Buss aus Norwegen (www.jussbuss.no), die EU Law Clinics (Brüssel, Paris) und The Microcredit Clinic for Migrants (Turin). Prof. Akšamović konnte ihre Begeisterung für die Law Clinic Arbeit gut vermitteln, sodass die Session viel Inspiration bot. Eine so rasche Bewegung hin zur verpflichtenden Teilnahme an einer Law Clinic Ausbildung in Deutschland wird evtl. auf Schwierigkeiten stoßen, doch für die inhaltliche Ausgestaltung der aktuellen Lehrkonzepte konnten die Teilnehmenden viel mitnehmen. 21 Session 2: Clinical Legal Education and Urban Transformation: Law and Architecture Skills to Promote Social Inclusion Referentinnen: Dr. Cecilia Blengino und Silvia Mondino Prison and Rights Clinic, Universitá di Torino, Italien Moderation: Anne Degner, HLCMR Dokumentation von Anne Degner 1. Die Legal Clinic „Prison and Rights“ der Universität Turin In der Legal Clinic Prison and Rights arbeiten Jurastudierende zu dem Thema des Strafvollzugsrechts und zu den Rechten von Inhaftierten. Es besteht eine Kooperation mit zwei Gefängnissen und verschiedenen Anwaltskanzleien. Neben der Teilnahme an einem wissenschaftlichen Seminar leisten die Studierenden auch Rechtsberatung für Inhaftierte. In der Session haben Dr. Blengino und Frau Mondino das aus der Clinic entstandene Projekt Spaziviolenti vorgestellt, das sich durch eine besondere interdisziplinäre Zusammenarbeit von Jurastudierenden und Architekturstudierenden sowie der Zusammenarbeit mit dem Gefängnis Turin auszeichnet. 22 Die Studierenden haben in der ersten Phase des Projektes gemeinsam mit den Inhaftierten des Gefängnisses einen Plan für einen Gemeinschaftsplatz im Innenhof des Gefängnisses entworfen, der als Aufenthaltsplatz für Besuche der Familien dienen soll. Dabei mussten die Interessen der Inhaftierten (hohes Maß an Privatsphäre) mit den rechtlichen Vorschriften sowie den Vorgaben der Gefängnisleitung (Möglichkeit der Überwachung) und Kostenerwägungen in Einklang gebracht werden. In einer zweiten Phase wurde der Platz in Zusammenarbeit von den Architekturstudierenden und Inhaftierten realisiert und mit ökologisch nachhaltigen und kostengünstigen Materialien erbaut. 2. Herausforderungen und Chancen der interdisziplinären Arbeit Das Projekt der Clinic hat Herausforderungen und Chancen von interdisziplinärer Arbeit auf drei Ebenen aufgezeigt: (1) Die Kooperation unter den Studierenden unterschiedlicher Disziplinen, (2) die Zusammenarbeit von Lehrenden unterschiedlicher Fachbereiche sowie (3) die Kooperation mit dem Gefängnis und den Inhaftierten. (1) Die größte Herausforderung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Jura- und Architekturstudierenden bestand darin, dass die Studierenden sehr unterschiedliche Sprachen verwendeten, andere Werte, Normen und unterschiedliche Arbeitsweisen im Studium erlernt hatten. Nach Überwindung der Schwierigkeiten ließ sich jedoch eine ideale Ergänzung von Kreativität und Formalismus feststellen. Der Gewinn der Kooperation liegt nicht nur darin, dass ein umfassenderes Ergebnis erzielt wird. Den Studierenden wird es auch ermöglicht die Kompetenz der interdisziplinären Zusammenarbeit, der Flexibilität und der Kommunikation zu erlernen, die in der späteren Praxis benötigt werden. (2) Für die Lehrenden ergaben sich ähnliche Herausforderungen wie für die Studierenden, die dadurch überwunden werden konnten, dass man im Vorfeld über didaktische Ziele übereingekommen ist und ein gemeinsames Konzept entwickelt und verfolgt hat. Positiv hervorzuheben ist die einhergehende Perspektivenerweiterung und Selbstreflektion. (3) Die Zusammenarbeit mit dem Gefängnis als „totale Institution“ hat zunächst das Problem aufgeworfen, dass es zwei verschiedene „Klient_innen“ des Projektes gab. Während in der Planung des Projektes nur die Inhaftierten als Klient_innen mit zu berücksichtigenden Interessen angesehen wurden, stellte sich in der Durchführung heraus, dass vielmehr die Gefängnisleitung mit ihren Interessen die größere Rolle als Klientin einnahm. In zukünftigen Projekten soll diese Divergenz einkalkuliert und sichergestellt werden, dass die Inhaftierten und ihre Bedürfnisse den Schwerpunkt ausmachen. Herausforderung der Zusammenarbeit von Studierenden und Inhaftierten stellte insbesondere eine fokussierte Kommunikation dar, da die Inhaftierten bei der Möglichkeit des Kontaktes zu Menschen außerhalb des Gefängnisses ein hohes Kommunikationsbedürfnis aufweisen. 23 Der direkte Austausch ermöglicht es jedoch, auf die wirklichen Bedürfnisse der Inhaftierten einzugehen. Sie in die Planung und Umsetzung miteinzubeziehen, erzeugt eine Verantwortlichkeit für das Arbeitsergebnis (siehe auch Stichwort „Autocostruzione“ unter 3.). 3. Übertragbarkeit des Clinic Konzeptes Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Studierenden und Lehrenden im Projekt hat ein Konzept hervorgebracht, das sich auf verschiedene interdisziplinäre Zusammenhänge übertragen lässt: Es ist wichtig, sich im Vorfeld auf eine Zielstellung für das Projekt zu einigen und diese festzulegen. In einem frühen Stadium ist es zu empfehlen, einen mehrtätigen Workshop zu veranstalten, in dem die Studierenden in fachlich gemischten Gruppen zu einer bestimmten Aufgabenstellung ein Ergebnis erarbeiten und präsentieren sollen. Dabei können sich die Studierenden kennenlernen, eine gemeinsame Basis schaffen, sich gegenseitig verstehen und die Fähigkeiten der anderen schätzen lernen. Weiterhin hat sich bewährt, dass sich die Gruppen von Studierenden gegenseitig in Form von Vorträgen oder Workshops Wissen des jeweils eigenen Fachbereiches vermitteln. Session 2: Clinical Legal Education and Urban Transformation: Law and Architecture Skills to Promote Social Inclusion Audio Eine Besonderheit des vorgestellten Projektes liegt in dem mit der Abkürzung „R.E.A.L.“ (kurz für engl.: Reintegrate degraded spaces, Ecosustainability, Autocostruzione/ Self-construction, Labour market for disadvantaged workers) bezeichneten Konzept. Dieses beschreibt die Elemente, mit denen die Zielsetzung des Projektes erreicht werden soll: Die Transformation von Räumen der Exklusion in Räume der sozialen Inklusion. Während einige Elemente insbesondere auf die Resozialisierung von Inhaftierten eines Gefängnisses, das hier die stärkste Form eines Raumes der Exklusion darstellt, abzielen, sind die Grundgedanken auf alle Projekte übertragbar, die von der Gesellschaft benachteiligten Menschen zu ihren Rechten verhelfen möchten. Hervorzuheben ist hier der Aspekt der „Autocostruzione“, ein italienischer Begriff aus der Architektur, der sich mit „Selbstbau“ übersetzen lässt und in diesem Fall beschreibt, dass die Inhaftierten den mit den Studierenden entwickelten Plan selbst umsetzen und den Gemeinschaftsplatz selbst erbaut haben. Die Inhaftierten fühlen sich für das Projektergebnis mitverantwortlich und haben die Möglichkeit Fähigkeiten zu erlernen, die wiederum den Zugang zum Arbeitsmarkt in der Außenwelt erleichtern. Der dahinterstehende Gedanke, dass die Menschen der Zielgruppe eines Projektes zu Hauptakteur_innen gemacht werden sollten, um Räume der Exklusion zu transformieren, lässt sich auf verschiedene soziale Projekte übertragen. 24 Session 3: QMULAC and the SPITE Project (Sharing and Publishing Images to Embarrass): The Distribution of Intimate Images aka “Revenge Porn” Referentin: Frances Ridout Leiterin des Legal Advice Centre, Queen Mary University of London, Großbritannien Moderation: Sven Asmussen, HLCI Dokumentation von Sebastian Dworschak In der Gesprächsrunde „Law and Privacy“ wurden am Beispiel des SPITE Projekts Möglichkeiten diskutiert, durch berufsbezogene Lehrkonzepte der gegenwärtigen Gefahr für Persönlichkeitsrechte im Internet zu begegnen. Im Vordergrund standen Ansätze an der Schnittstelle von Recht, Pädagogik und Informatik. Mit SPITE stellte Frances Ridout eines von neun Law-Clinic Projekten an der Queen Mary University in London vor. SPITE ist ein Akronym für “Sharing and Publishing Images to Embarrass”. Ziel des Projekts ist es, Personen vor der Veröffentlichung intimer Bilder ohne ihre Zustimmung – ein Phänomen, das unter dem Schlagwort „Revenge-Porn“ bekannt wurde – zu schützen bzw. Opfern zu helfen. 25 In ihrer Vorstellung ging Frau Ridout zunächst auf das Phänomen „Revenge Porn“ ein. Mit der zunehmenden Digitalisierung und Verbreitung von Smartphones hätten entsprechende Persönlichkeitsverletzungen eine völlig neue Dimension erreicht. Smartphones – inklusive Kamera und Internetzugang – seien heutzutage immer greifbar, die Anzahl an intimen Bildern steige erheblich. Einmal geschossene Fotos könnten mit ein paar Klicks mit der ganzen Welt geteilt werden. Und: Die zunehmende Verbreitung von Dating-Portalen aber auch der Trend zu Fernbeziehungen förderten das Risiko entsprechender Vorfälle. Die Fälle, mit denen das SPITE Projekt zu tun hat, sind dementsprechend vielfältig. Intime Aufnahmen würden nicht nur – wie es der Begriff „Revenge-Porn“ nahe legt – von frustrierten (Ex-)Partner_innen veröffentlicht. Immer mehr Hacker-Angriffe zielten auf solche Bilder und Videos ab, wie nicht zuletzt unzählige Beispiele von prominenten Opfern wie Jennifer Lawrence, Kirsten Dunst oder Rihanna zeigten. Intime Bilder würden zudem aus Dating-Portalen oder Social Media Plattformen entnommen und in einem anderen, diffamierenden Kontext gestellt. Viele Vorfälle ereigneten sich im Umfeld von Universitäten und Schulen. Jüngere Menschen gingen mit den modernen Medien oft noch unbedarfter um als ältere, was für die große Verbreitung von Taten in diesem Umfeld spreche. Nichtsdestotrotz ziehen sich die Fälle durch alle Altersschichten. Betroffen sind zudem nicht nur Frauen, knapp ein Drittel der Mandant_innen von SPITE sind männlich. 16 Prozent der Fälle von SPITE stammten aus einem gleichgeschlechtlichen Zusammenhang. Etwa ein Viertel haben einen Zusammenhang mit früheren gewaltsamen Übergriffen. Die gesetzliche Regelung, die zentrale Rechtsgrundlage für die Arbeit von SPITE ist, ist brandneu. Anfang letzten Jahres wurde der „Criminal Justice and Courts Act 2015“ erlassen und ein entsprechender Tatbestand eingeführt: Mit bis zu 2 Jahren wird bestraft, wer private sexuelle Fotographien oder Videos mit Bedrängungsvorsatz preisgibt. Dies sei zwar – so Ridout – ein Schritt in die richtige Richtung. In der praktischen Arbeit ergeben sich aber erhebliche Probleme. Manipulierte Bilder etwa sein nicht vom Straftatbestand erfasst. Der häufige Fall, dass eine Veröffentlichung nur angedroht werde, sei vom Tatbestand zudem auch nicht berücksichtigt. Schließlich unterliegen die Strafverfahren nicht den besonderen Opferschutzregelungen, die das britische Recht in anderen Fällen kennt. Es kann daher sehr frei über das Verfahren und dessen Hintergründe berichtet werden. Von den juristischen Problemen ließen sich die Teilnehmenden allerdings nicht abschrecken. Sie seien vielmehr schon zu anerkannten Expert_innen mit dem neuen Gesetz geworden und führten beispielsweise Fortbildungen für Rechtsanwälte durch. Neben der rechtlichen Auseinandersetzung sei vor allem der Umgang mit den Mandant_innen in diesem sensiblen Bereich eine besondere Herausforderung für die Studierenden. Ein wesentlicher Aspekt des Projekts sind Angebote zur Prävention. Eines davon ist „SPITE for School“ – eine Workshop-Reihe für Schulklassen, die das Bewusstsein für die Probleme schaffen und zukünftige Taten verhindern soll. SPITE organisiert zudem regelmäßige Konferenzen für Schulen, Sozialarbeiter_innen und Polizeibeamt_innen. 26 Session 3: QMULAC and the SPITE Project Audio In der Diskussion wurde kurz auf einen Vergleich zwischen der deutschen und der englischen Rechtslage eingegangen. Darüber hinaus wurden Ansätze aufgegriffen, wie man das SPITE Projekt durch interdisziplinäre Konzepte erweitern könnte. Angeregt wurden insbesondere Kooperationen mit Informatiker_innen. Zwar sei das Problem wohl allein technisch nicht in den Griff zu bekommen. Eine Zusammenarbeit könnte aber in vielen Fällen helfen, rechtsverletzende Bilder und Videos schneller zu sperren bzw. die für die Veröffentlichung verantwortlichen zu finden. 27 Session 4: The Harm’s Reduction Section of the University of Warsaw: Pro Bono Legal Help for Drug Users and People Living with HIV Referentin: Dr. Katarzyna Furman Leiterin der Harm’s Reduction Section, Uniwersytet Warszawski, Polen Moderation: Tobias van Nüß, HLCMR Dokumentation von Tobias van Nüß Die Gesprächsrunde mit Dr. Katarzyna Furman hatte zum Gegenstand die Konzeption und Methodologie der Law Clinics in Polen sowie die persönlichen Erfahrungen von Dr. Furman als Koordinatorin der in Polen und Europa einzigartigen Harm´s Reduction Section, die Drogenabhängigen/ Drogen-konsument_innen und Menschen mit HIV rechtliche Beratung zukommen lässt. Im Folgenden sollen die wesentlichen Diskussionslinien der Gesprächsrunde für die interessierte Leserschaft nachgezeichnet werden. Zunächst wird, um die Arbeit der Harm´s Reduction Section in einen angemessenen Kontext zu stellen, kurz auf die geschichtliche Entwicklung des Legal Clinics Movement in Polen eingegangen (I.) Sodann werden das einzigarti- 28 ge Konzept der Harm´s Reduction Section der Universität von Warschau vorgestellt und Erfolge und Herausforderungen - auch in interdisziplinärer Hinsicht - herausgearbeitet (II.) I. Geschichtliche Entwicklung des Legal Clinics Movement in Polen Law Clinics weisen in Polen eine lange Tradition auf. Die erste studentische Rechtsberatung wurde 1997 an der Jagiellonian-Universität in Krakau gegründet. Seitdem haben sich in Polen an jeder juristischen Fakultät studentische Rechtsberatungen etabliert. Mithin können gegenwärtig 25 Rechtsberatungen gezählt werden, die jährlich 11.000 Personen helfen und an denen mehr als 2000 Studierende mitwirken(1). Zum Vergleich: In Deutschland wurde die studentische Rechtsberatung überhaupt erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG) am 01. Juli 2008 ermöglicht. Ab 2010 richteten Universitäten oder studentische Eigeninitiativen erste Law Clinics auch in Deutschland ein. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland momentan 35-40 nachhaltig agierende Law Clinics bestehen(2), wobei die Zahl der Neugründungen jedes Jahr steigend ist. (1) Hannemann, Jan-Gero Alexander / Czernicki, Filipp, Eine rechtsvergleichende Analyse der „Clinical Legal Education“ – studentische Rechtsberatung in Polen und Deutschland“, in: German Journal of Legal Education (GJLE), Vol. 2 2015, S. 36. (2) Ebendort, S. 29. Die polnische Konzeption der Law Clinics war von Anfang auf die studentische Rechtsberatung eines oder einer „echten“ Mandant_in (live clients) ausgerichtet. Ursprünglich waren die Law Clinics ein akademisches „Importprodukt“, welches junge polnische Universitätsprofessor_innen und Wissenschaftler_innen aus ihrer juristischen Ausbildung in den USA mitbrachten. Am 03. Juni 2002 wurde dann der Dachverband studentischer Rechtsberatungen Fundacja Uniwersyteckich Poradni Prawa (FUPP) (im Deutschen: Stiftung der universitären Rechtsberatungsstellen)(3) gegründet. Die Stiftung hat zum Ziel, die Arbeit der 25 Law Clinics zu koordinieren und Studierende mit Anwält_innen zu vernetzen, die ihrerseits unentgeltliche Beratungsarbeit (pro bono legal services) leisten. Ein großer Erfolg der Stiftung ist die Verabschiedung von gemeinsamen Standards in der Beratungsarbeit, die unter anderem eine Versicherungspflicht aller Law Clinics für Haftungsfälle vorsieht. II. Die Harm´s Reduction Section der Law Clinic an der Universität von Warschau – Erfolge und Herausforderungen aus interdisziplinärer Sicht Die Law Clinic an der Universität von Warschau ist mit 1000 Fällen und mehr als 120 Studierenden die größte in ganz Polen. Sie wurde 1998 eingerichtet und zählt damit gleichzeitig zu den ältesten Projekten im ganzen Land. Sie unterteilt sich in elf verschiedene Tätigkeitsbereiche, in denen die Studierenden Fälle aus unterschiedlichen Rechtsbereichen bearbeiten. (3) Zur Geschichte des Legal Clinics Movement in Polen und der FUPP siehe auch den instruktiven Beitrag unter http://www.fupp.org. pl/en/legal-clinics/history (in englischer Sprache). Die Harm´s Reduction Section ist einer dieser Bereiche. Die Section hat in der Vergangenheit auch HIV-positive Menschen betreut, jedoch liegt der Fokus mittlerweile auf Menschen, die in schädlichen Kontakt mit Drogen kommen. Die Klientel reicht dabei von Personen, die wegen des Besitzes, des Umgangs mit und der Herstellung von verbotenen psychoaktiven Substanzen verhaftet und/oder strafrechtlich belangt wurden oder nur gele- 29 gentlich Drogen konsumieren. Es gibt aber durchaus auch Mandant_innen, die teilweise jahrzehntelang Drogen konsumiert haben und deren soziale Existenz zerstört ist. Diese Menschen haben sich oft so sehr von der Gesellschaft (beziehungsweise die Gesellschaft von ihnen) entfernt, dass sie sich angesichts fehlender finanzieller Mittel oder anderweitiger psychosozialer Barrieren nicht an Anwält_innen wenden können oder wollen. Für diese Menschen bietet die Harm´s Reduction Section eine letzte Möglichkeit, unkompliziert und kostenlos ihr Recht zu erhalten. Dabei arbeitet die Klinik in einem interdisziplinären Kontext: Sie kooperiert mit Nichtregierungsorganisationen, die sich der medizinischen und sozialen Betreuung der Drogenkonsument_innen widmen. Es besteht beispielsweise ein enger Kontakt zu dem Office of the Ombudsman for Drug Users, welcher der Section die Mandant_innen vermittelt. Dieser Ansatz korrespondiert mit einer in ganz Polen verbreiteten Praxis, dass Law Clinics entsprechend ihrer ursprünglichen Konzeption unentgeltliche Rechtsberatung für mittellose Mandant_innen anbieten. Die Studierenden fühlen sich bei ihrer Arbeit dem Harm´s Reduction-Ansatz verpflichtet (im Deutschen: Schadensminderung), der im Umgang mit Drogenkonsument_innen mittlerweile weitverbreitet ist. Er geht davon aus, dass das Ziel der Arbeit mit den betroffenen Menschen nicht primär die Abstinenz vom Drogengebrauch ist, sondern vielmehr die Verhinderung unmittelbarer gesundheitlicher Schäden und den eventuellen Tod des oder der Drogenkonsument_in. Dieser Ansatz ist von seiner Grundkonzeption her ein interdisziplinärer, da er insoweit von einer Interdependenz der verschiedenen – vor allem medizinischen, juristischen und sozialen - Implikationen des Drogenkonsums ausgeht. Die Harm´s Reduction Section wird seit nunmehr vier Jahren von Dr. Furman koordiniert. Jura-Studierende können ab dem dritten Studienjahr an dem einjährigen Klinikzyklus teilnehmen. Zur Bewerbung müssen sie einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben einreichen. Sie verpflichten sich im Falle einer erfolgreichen Bewerbung zu der Teilnahme an einem umfangreichen Vorbereitungsprogramm: Zunächst werden sie durch einen Psychologen in der Gesprächsführung mit den Mandant_innen geschult und gleichzeitig mental auf schwierige Situationen vorbereitet, die der Kontakt zu der Klientel bereiten kann. Auch während des gesamten Klinikzyklus stehen die Studierenden in einem engen Kontakt mit dem Psychologen. Insoweit ist bemerkenswert, dass nicht nur den Mandant_innen psychologische Hilfe angeboten wird, sondern dass bei Bedarf auch eine Unterstützung der Studierenden in anspruchsvollen Beratungssituationen abrufbar ist. Auch in juristischer Hinsicht besteht ein umfassendes und partizipatives Ausbildungskonzept. Während des Zyklus sind Seminare zur juristischen Rechtsberatung mit der Klinikkoordinatorin und Kolloquien zu aktuellen juristischen Fragestellungen mit Expert_innen aus der Praxis verpflichtend. Besonders auffällig ist auch die enge Zusammenarbeit zwischen den Studierenden und der Koordinatorin Dr. Furman, die die Rechtsberatung an- 30 leitet und überwacht und den Studierenden mit ihrer juristischen Expertise teilweise auch nachts zur Verfügung steht - insbesondere, wenn eilbedürftige Entscheidungen (zum Beispiel eine Antragstellung vor dem Fristablauf mit Tagesende) getroffen werden müssen. Wenn sich Mandant_innen aus anderen Städten Polens an die Harm´s Reduction Section wenden, wird mitunter auch eine Beratung ausschließlich via E-Mail vorgenommen – eine unkonventionelle Methode, die jedoch den Vorteil hat, eine möglichst große Anzahl von bedürftigen Menschen gerade außerhalb der großen Ballungsgebiete zu erreichen. Insgesamt stellt sich die Arbeit der Harm´s Reduction Section als recht arbeitsintensiv für die Koordinatorin und die Studierenden dar. Als Herausforderungen für die Harm´s Reduction Section benannte die Referentin insbesondere die vermeintlich fehlende Attraktivität für Studierende. Dies sei insbesondere auf die Situation der Mandant_innen zurückzuführen, die Außenstehende und eben auch Studierende oftmals als selbstverschuldet qualifizierten. Es bestehe im Falle von Drogenkonsument_innen die Gefahr, diese vorzuverurteilen. Jedoch könne gerade diese Arbeit mit besonders marginalisierten Gruppen wie den Drogenkonsument_innen die soziale Sensibilisierung von Jura-Studierenden fördern. Um ein niedrigschwelliges Beratungsangebot gewährleisten zu können, arbeitet die Harm´s Reduction Section mit dem Office of the Ombudsmann for Drug Users zusammen. Die Gespräche mit den Mandant_innen finden teilweise auch in den Räumen dieser Nichtregierungsorganisation statt. III. Resümee (4) Zu den Aktivitäten von ENCLE zählt die Organisation von regelmäßigen Konferenzen zur Entwicklung des Legal Clinical Movement. Zuletzt fand vom 26. bis zum 27. Oktober 2015 eine Konferenz zum Thema „(R)evolution of clinics in Europe“ an der Universität von Budapest statt. Nähere Informationen zu bevorstehenden Veranstaltungen sind unter http://encle.org/ about-encle abrufbar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Harm´s Reduction Section mit ihrem einzelfallorientierten Ansatz der Betreuung von live clients und in der Kooperation mit anderen Akteuren, die die negativen Folgen des Drogenkonsums in sozialer, medizinischer und juristischer Hinsicht abmildern oder beseitigen wollen, Vorbildcharakter hat. Um einen Austausch über die verschiedenen Law-Clinic-Ansätze auf europäischer Ebene voranzubringen und neue interdisziplinäre Modelle zu entwickeln, gründete die Referentin Dr. Furman im Jahr 2013 gemeinsam mit anderen Fachleuten das European Network of Legal Clinical Education. Gerade der fachliche Austausch schafft die Möglichkeit, innovative Klinikkonzepte stärker bekannt zu machen(4). Es bleibt zu wünschen, dass bestehende, interdisziplinäre Law-Clinic-Formate und grenzüberschreitende Kooperationen in der studentischen Rechtsberatung ausgebaut werden und viele neue hinzukommen. 31 Session 5: Die Refugee Law Clinic Berlin Referentin: Meike Riebau Vorstandsmitglied der Refugee Law Clinic Berlin, e.V. Moderation: Juana Remus, HLCMR Dokumentation von Juana Remus Die Refugee Law Clinic Berlin e.V. ist - anders als die Humboldt Law Clinics, die ein Lehrangebot der juristischen Fakultät der Humboldt Universität sind - eine Initiative von Studierenden und Promovend_innen der Humboldt-Universität zu Berlin aus verschiedenen Fachrichtungen. Die Refugee Law Clinic Berlin verfolgt drei Ziele: Studierenden Kenntnisse des Asyl- und Aufenthaltsrechts zu vermitteln, kostenlose und kompetente Rechtsberatung für Geflüchtete und Migrant_innen in Berlin anzubieten sowie einen Beitrag zur migrationspolitischen Debatte zu leisten durch Zusatzveranstaltungen. Durch eine Kombination aus theoretischer und praktischer Ausbildung sollen Studierende schon während ihrer universitären Ausbildung in die Lage versetzt werden, echte rechtliche Hilfe anbieten zu können. Mit der Vermittlung der Kenntnisse im Asyl- und Aufenthaltsrecht schließt die Refugee Law Clinic eine Lücke zwischen Ausbildung und Anwendung schließen. 32 Meike Riebau, die selbst die Vorlesung der Refugee Law Clinic im Wintersemester 2014/2015 leitete, berichtete über die Entstehung der Refugee Law Clinic und die Entscheidung, zunächst einen Verein zu gründen. Die Konstruktion als Verein statt als ein am Lehrstuhl angeschlossenes Lehrkonzept hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite sind die Zuständigkeiten unklarer, es besteht eine hohe Fluktuation der Verantwortlichen und der Teilnehmenden und die Finanzierung ist ungesichert und weniger planbar. An diesen Faktoren hängt nicht zuletzt auch die Qualitätssicherung. Gleichzeitig ist die Refugee Law Clinic dadurch freier in der Gestaltung und Ausrichtung, arbeitet mit flachen Hierarchien, hat geringere Kosten durch einen kaum existierenden Verwaltungsüberbau und kann den Studierenden mehr Mitbestimmung bieten. Als privater Verein hat die Refugee Law Clinic zudem einen größeren politischen Spielraum. Besonders am Konzept der Refugee Law Clinic ist der fächerübergreifende Ansatz. Am kompletten Zyklus, bestehend aus einer Vorlesung im Wintersemester, einem Praktikum in den Semesterferien und einer Vertiefungsvorlesung im Sommersemester können alle Studierenden der Humboldt-Universität sowie andere Interessierte teilnehmen, unabhängig von ihrer Studienrichtung. Insbesondere im Wintersemester 2015/2016 stammte ein nicht unerheblicher Teil der Vorlesungsteilnehmer_innen aus anderen, nicht-universitären Kontexten. Um dennoch die juristischen Grundlagen vermitteln zu können, werden jene Teilnehmenden der RLC Berlin, die sich für eine Beratungsarbeit entschließen, noch einmal gesondert geschult in den Grundlagen des Verwaltungsrechts. Session 5: Die Refugee Law Clinic Berlin Audio Die Vorteile des interdisziplinären Austausches liegen nach Meike Riebau auf der Hand. So wurde letztes Jahr viel Zeit auf eine Diskussion über Privilegien und Herrschaftsverhältnisse gewendet, eine Diskussion, die in einem juristischen Ausbildungsprogramm für Jurist_innen selten geführt wurde und von der Studierendenschaft angestoßen wurde. Um die interdisziplinäre Seite zu stärken, würde aber nicht nur auf die Kompetenzen der Studierenden gesetzt, viel mehr würden in die Vorlesung auch andere Expert_innen eingeladen, eine Traumaexpert_in, Rechtsanwält_innen, NGO-Mitarbeiter_innen etc. In der Fragerunde und Diskussion zeigte sich vor allem, dass andere Refugee Law Clinics wissen wollten, wie die Finanzierung langfristig gesichert werden kann. Zudem wurde darüber gesprochen, wie psychologische und juristische Supervision die Studierenden und Unterrichtenden in der Arbeit unterstützen kann. 33 11.00: Kaffeepause 34 11.30: Podiumsdiskussion - Transfer in die Gesellschaft Diskutant_innen: Dr. Sigrid Arnade Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL, Projektpartner der HLCMR Dr. Tim Engelhardt, LL.M. (Columbia) Rechtsanwalt, Betreuer der HLCI Dr. Maja Murza Referentin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Betreuerin der HCLC Moderation: Prof. Dr. Reinhard Singer Leiter der HCLC Dokumentation von Tatjana Serbina Nach der Vorstellung des Podiums wurde zur Reflexion an die Grundidee der Law Clinics erinnert, i.e. den Schwächeren in der Gesellschaft zu helfen, womit in einen Erfahrungsaustausch der anwesenden HLC-Betreuer_innen übergegangen wurde. 35 Zunächst übernahm Dr. Sigrid Arnade das Wort und schilderte die Art der Kooperation der HLCMR mit der ISL. Den Law Clinic Teilnehmenden werden zu einem bestimmten Thema Working Papers in Auftrag gegeben, wenn die ISL juristischer Argumentationshilfe bedarf. Die Reichweite solcher Arbeiten erstreckt sich so weit, dass ein Working Paper seitens des Bundesbehindertenbeauftragten bei einer Pressekonferenz Erwähnung fand und innerhalb eines Prozesses von anwaltlicher Seite als Argumentationsvorlage verwendet wurde. Somit äußerte sich der Transfer in die Gesellschaft in diesem Fall auch durch Resonanz in der Presse. Eine Berücksichtigung seitens des Gesetzgebers hat jedoch in diesem konkreten Fall nicht stattgefunden. Bei einem anderen Fall innerhalb dieser Kooperation konnte man jedoch feststellen, dass das von den Studierenden verfasste Gutachten voraussichtlich rechtliche Beachtung in der Novellierung eines Bundesgesetzes auf dem Gebiet des Antidiskriminierungsrechts finden wird. Dr. Tim Engelhardt erinnerte an die zwei Dimensionen der Law Clinics, von denen neben dem gesellschaftlichen Aspekts die zweite insbesondere nicht zu vernachlässigen ist, nämlich der Lernfaktor für die Teilnehmenden, die persönliche Entwicklung und die Vision, dass das Arbeiten in einer Law Clinic während des Studiums bessere oder jedenfalls andere Jurist_innen mit besonderen Fähigkeiten und besonderer Sensibilisierung hervorbringen wird. Dr. Engelhardt vervollständigte diese Vision mit der Hoffnung für die Zukunft, dass die Rolle der Law Clinics mit neuen Studierendengenerationen größer werden wird. Dr. Maja Murza hob die Bedeutung des Mehrwerts auch für die Betreuer_innen der Law Clinics hervor. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Betreuerin der HCLC wurde ihr Blick auch für die kleineren Alltagsfälle wieder geschärft und dafür, dass mit der Law Clinic Tätigkeit eine gewisse Rechtsschutzlücke z.T. geschlossen werden kann, die insbesondere im Verbraucherrecht dadurch entsteht, dass Verbraucher_innen aufgrund des Deltas zwischen Aufwand bzw. Kosten einer Rechtsverfolgung und der Höhe typischer Verbraucherschäden öftmals auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten. Den HCLC-Teilnehmenden gelingt es in solchen Fällen sehr häufig dieser Diskrepanz dadurch zu begegnen, dass Probleme außergerichtlich gelöst werden. Dr. Murza betonte auch den Mehrwert einer solchen praktischen 36 Ausbildung, bei der die Studierenden die Perspektive wechseln, weg von Theorie, hin zur Praxis. Dadurch werden nicht zuletzt auch Soft Skills geschult. Seitens der Moderation wurde der Verteilungskampf bzw. die mögliche Kritik der praktizierenden Anwaltschaft ins Gespräch gebracht. Die Podiumsteilnehmenden stellten jedoch fest, dass eine solche kaum vorhanden ist. Was insbesondere der Tatsache geschuldet ist, dass die Law Clinics sich mit kleineren Fällen beschäftigen, die für die praktizierenden Anwält_innen aufgrund des geringen Streitwerts kaum von Interesse sind. Für die Studierenden ist es hingegen äußerst befriedigend auch einen kleinen Fall in seiner Gänze zu lösen. Gelingt dies einmal nicht, so ist auch dies eine Lehre und schult die Frustrationstoleranz. Zudem wurde hervorgehoben, dass die Law Clinics durch die intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Fällen auch Ressourcen aufwenden, die der Rechtssuchende für gewöhnlich nicht geboten bekommen kann. Podiumsdiskussion Transfer in die Gesellschaft Audio Der Aspekt der Qualitätskontrolle fand anschließend Erwähnung. Diese erfolgt durch die Betreuer_innen, die regelmäßig beeindruckt davon sind, was Studierende leisten können. Dr. Arnade bemerkte zudem, dass durch die Kooperation mit ihrer Organisation, in der ausschließlich Menschen mit Behinderung tätig sind, Berührungsängste abgebaut werden und derart zum Zusammenhalt der Gesellschaft beigetragen wird. Bezüglich der Zukunftsaussichten und -hoffnungen äußerte sich das Podium dahingehend übereinstimmend, dass die praktische Ausbildung einen größeren Platz im Studium finden müsste. Die Law Clinics sollten weiterhin und vermehrt am politischen Diskurs zur aktuellen Gesetzgebung teilnehmen. Zudem wurde der Wunsch geäußert, die Law Clinic Ausbildung zum offiziellen, obligatorischen Teil des juristischen Kurrikulums zu machen. Durch eine Optimierung der Öffentlichkeitsarbeit könnte zudem ein größeres Publikum angesprochen und erreicht werden. 37 Unser Dankeschön für die erfolgreiche Durchführung dieses Workshops gilt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für dessen Initiative für diese interdisziplinär angesetzte Workshop-Reihe, sowie vor allem den vortragenden Expert_innen und allen Teilnehmenden, die mit uns ihr Wissen und ihre Erfahrung geteilt haben. 38
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