Kluge Taktiken fürs Weiden am Hang

Im Frühling ist das Weiden ein Wettrennen gegen das Rispenschieben: Auch mit dem zweiten Umtrieb darf nicht lange gewartet werden.
Kluge Taktiken fürs
Weiden am Hang
Wer rechtzeitig und sanft mit dem Weiden beginnt, bekommt auch
Problemflächen in Hanglagen in den Griff. Gerade im Berggebiet
muss der Betriebsleiter der Vegetation gedanklich immer einige Tage
voraus sein .
N
och liegt der letzte Schnee in
den höheren Lagen. Doc.h für
Weideprofis im Berggebiet hat
di e Saison bereits begonnen. Die
Zäune werden ausgebessert, die Samen für die Übersaat bestellt. Denn
wenn die Vegetation in den Hanglagen erwacht, ist schnel1es Handeln
angesagt. «Ein früher und gut vorbereiteter Start in die Weidesaison ist die
Ausgangslage für eine gute Futterqualität über den ganzen Sommer», erinnert Futterbauexperte Ernst Flückiger. Der Bergbauernsohn und Leiter
des Inforama Emmental weiss aber,
die grüne I Nr. 612015
dass es mit dieser Weisheit alleine
nicht getan ist. «Das Weidemanagement im ßerggebie t stellt sehr hohe
Anforderungen an die Betriebsleiter ~1
sagt Flü ckiger. Aber es lohne sich,
diese Herausforderung anzupacken.
Für «die grüne)! fasst er zusammen,
worauf es bei einer erfolgreichen
Weideführung ankommt.
Die Grasnarbe
• schone n
Im Frühjahr sind die Hänge von der
Schneeschmelze noch nass, die Grasnarbe empfindlich. ~Es wäre aber
1
falsch, mit Weiden zuzuwarten, um
den Boden zu schoncl1>I, mahnt Ernst
Flückige r. Die Grasnarbe passe sich
dem frühen Beweiden a n und profitiere davon. Der Futterbauexperte
empfiehlt aber, die tägliche Weidezeit in den ersten Wochen auf zwei
bis drei Stunden zu beschränken. iiSO
nimmt die Grasnarbe kaum Schaden,
die Bestockung der guten Gräser wird
gefördert, und die Kühe gewöhnen
sich ans Weidefutter. »
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Das Rispensch ieben
• hindern
Im Frühling geht es sehr schnell , bis
die frühen Gräser wie die Weiche
Trespe und das Geruchgras ihre Rispen geschoben haben. «Da nn ist der
Sommer quasi gelaufen)!, sagt Ernst
Flückiger. Die ha rten Sa menstä nde
fressen die Tiere ni cht mehr, das
Weidebeginn I PFLANZENBAU 23
empfiehlt Ernst Flückiger. In dieser
Zeit muss das Wachstum in den Koppe ln besonders aufmerksam beobachtet werden. «M erkt man, dass einem das Gras davonwächst, kehrt
man heber etwas früher in die ersten
Koppeln zurück und mäht die noch
ni cht beweideten." Insofern sol1te
man eher die Koppeln auf Reserve
halten, die sich gut mähen lassen.
Den Futterberg
• bezwi ngen
Gerade an den Südhängen fällt im
Berggebiet der Wachstumspeak noch
extremer aus als im Flach land. In
dieser Zeit kann es zu einem rege lre chten futterberg kommen. Daher
empfiehlt Ernst Flückiger jedem
Bergbauern, zumindest während der
ersten drei Umtriebe auf Voll weide
zu setzen. «Nur so kann der nötige
Weidedruck erreicht werden)" ist der
Futterbauexperte überzeugt. Zudem
rät e r, die überzähligen Koppeln
rechtzeitig m it dem Ju ngvieh zu bestossen oder sie zu mähen. c.-Aber
auch mit der Düngung kann viel gewonnen werden", weiss Ernst Flückiger. Er empfiehlt, die Gülle zumindest auf einem Teil der Weiden noch
im Herbst auszubringen. ~Al1f Frühjahrsgülle reagieren die Weiden
mit viel stärkerem Wachstum ...
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Futter verliert an Wert, und die minderwertigen Gräser versamen. Nur
ein zeitigerWeidebeginn im Frühling
reicht allerdings nicht, um die frühen
Gräser am Rispenschieben zu hindem: Der zweite Umtrieb muss ebenso frühze itig erfolgen. «Zwischen dem
ersten und zweiten Umtri eb darf also
ni cht zu viel Zeit verstreichen ~ je
nach Wetter etwa 12 bis 15 Tage .. ,
Kennt die Tricks für erfolgreiches Weiden
in Hanglagen: Ernst Flückiger, Leiter des
Inforama Emmental und passionierter
Futterbauer.
Lücken m it g uten
• Gräsern füllen
flOie Übersaat muss zu r Hand, noch
bevor der Schneepflug versorgt ist ...
Das sei eine goldene Regel fürs Berggebiet, sagt Ernst Flückiger. Denn
die Samen müssen dann keimen ,
wenn die übrigen Pflanzen zu wachsen beginnen. Das geht nur, wenn sie
bei Vegetationsbeginn ausgebracht
werden. «.leden Frühling über die
Weiden gehen und Saatgut auf die
nackten Stellen bringen lohnt sich»,
ist der Futterbauexperte überzeugt.
Für raigrasfähige Lagen empfiehlt er
die AGFF-Mischung U440, für ni cht
raigrasfähige, stark feuchte Standorte
die Mischung U444 mit Wiesenfuchsschwanz, für die übrigen Stando r te
die Mischung U462 mit Rohrschwingel.
Häufig würden allerdings die Standorte überschätzt. Wo der Schnee lange
liegen bleibt oder der Nährstofffehlt,
geht das Raigras über die .lahre hin
zurück. tlDa setzt man lieber von Beginn an auf Rohrschwingel oder Wiesenfuchsschwanz ...
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In sch lechten Bestä nden
• We idedruck erzwi ngen
Auffastjedem ßergbetrieb kommen sie
vor: Die schattigen, feuchten Flächen,
auf denen sich Farn, Sauergräser oder
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Der Futterberg im Frühling ist nur mit hungrigen Kühen zu bezwingen.
Nr. 6120151 die grüne
24 PFLANZENBAU
I Weidebeginn
So werden Sie das Moos los
Moos ist ein schlechter, aber gerade am Hang ein häufiger Lückenfüller. Die
weichen Pölsterchen auf der Weide haben keinen FuttelWert und verschlechtern
die Trittfestigkeit der Grasnarbe. «Im Frühling neigt man darum dazu,
moosige Parzellen als letzte zu weiden», weiss der Futterbauexperte Ernst
Flückiger. Aus Angst vor Trittschäden oder weil vermooste Bestände den
Anschein erwecken, mit dem Wachstum im Rückstand zu sein. Das sei ein
grosser Fehler, meint Flückiger. Denn
am besten liesse sich Moos mit einer
7.
«Die Trittschäden sind erwünscht,
denn schliesslich will man das Moos
ja los sein.» Zum Beweiden sei also
eine gleichzeitige Übersaat mit einer
geeigneten Mischung unabdingbar,
so Flückiger
Zudem könne so mit wen ig Auhvand
Land vor der Vergandung be,",Yahrt
werden. Der Futterbauexperte empfiehlt mit dem Weiden solch nasser
Flächen im Frühling eine Übersaat
mit der AGFF-Mischung U444 oder
für die weniger nassen Standorte
die Mischung U462.
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N ur hungrige Kü he
• we iden gut
Kühe, die mit vo11em Magen auf die
Weide gehen, fressen weniger - und
selektiver. Der nötige Weidedruck ist
Die Grösse und Gestalt der Koppel
ist entscheidend dafür, wie das Futter
gefressen wird, ob Trittschäden entstehen und ""rie sich die Nährstoffe in
der Parzelle verteilen. «Die Koppel
in Hanglage ist schmal und vertikal,
damit die Tiere keine Gehwege schaffen . Im Idea lfall hat die Weidekoppe1
den Eint r ieb unten und den Austrieb
oben und ist so gross, dass die Herde
zwei hi s maximal vier Tage darin
Futter findeb, erklärt Ernst Flückiger.
Aber jedes Gelände hat seine Eigen heiten. So sind bei der Koppelgestaltung immer auch KreativiUit und
Köpfchen gefragt. «Wichtig ist, dass
es in jeder Koppel Wasser hat und
dass sie direkt zugänglich ü;1. Notfalls über einen extra angelegten
Auftriebsweg - aber nie über andere
Koppeln! »
I UrsinQ Galbusera
Schmale, ve rtikale Koppeln - jede mit einem direkten Eingang - schonen die Grasnarbe am Hang.
die grüne I Nr. 612015
Koppeln mit
• Köpfc hen gestalten
sehr frühen Weide zurückdrängen.
andere Unkräuter breit machen. «Ein
früher und starker Weidedruck i1)t
die heste Kur für solche Flächen», ist
Ernst Flückiger überzeugt - und fügt
an: «Aber der Weidedruck muss erzwungen we rd en.» Die Kühe weiden
nur im schlechten Gras, wenn sie
kein gutes tinden. «Es lohnt sich, für
einen Tag die Herde nur in elen
schlechten Abschnitt e iner Koppel
zu
zäunen.» Auch wenn die
Milchtanks am Abend etwas weniger
voll seien: Über die .Jahre hinaus
rechne sich die Aktion im Frühling.
nur l11it hungrigen Tieren zu erzielen, lautet ein weiterer Fachtipp. Ein
weiter er Vorteil der hungrigen Kü he:
Sie verbringen mehr Zeit mit Weiden
am Hang und liegen weniger auf den
flachen «Lagerplätzen». So vt:rtci lt
sich der Nährstoff in den Koppeln
besser.
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