Golf lässt ihn strahlen

Jeder Golfspieler kennzeichnet seine Bälle. Kevin Bäse hat auf seine jeweils einen Smiley gemalt. Passender hätte es der 32-jährige Langener, der in
Cuxhaven Golf spielt, nicht machen können.
Fotos Lütt
Golf lässt ihn strahlen
Auf dem Golfplatz fühlt sich Kevin Bäse so richtig
wohl. Der 32-jährige Langener, der das Down-Syndrom
hat, wurde gerade deutscher Vizemeister. Aber auch für
die Eisbären kann sich Bäse begeistern. VON FRANK LÜTT
D
er 32-jährige Kevin Bäse
aus Langen ist geistig behindert, er hat das sogenannte Down-Syndrom. Dadurch
leidet er auch an einer Muskelschwäche. Aber er hat einen starken Charakter, einen großen Ehrgeiz und viele Talente: Eines davon ist Golf. Das Mitglied des
Küsten-Golfclubs Hohe Klint aus
Oxstedt feierte erst kürzlich den
Gewinn der deutschen Vizemeisterschaft in seiner Kategorie der
Golfer mit Behinderung.
Sein Strahlen ist ansteckend, er
ist immer gut drauf. Seine freundliche und fröhliche Art ist allseits
bekannt. Seine Mitmenschen
freuen sich automatisch, wenn sie
ihn sehen. Die Lebensfreude
springt über. Die Oxstedter Klubkollegen begrüßen den 32-Jährigen herzlich. Klub-Vorsitzender
Werner Lüken berichtet, dass es
aber auf dem Platz während des
Spiels dann auch mal ganz anders
aussehen kann. „Dann schimpft
Kevin schon mal mit seinem Caddy.“ Wenn Kevin Bäse seine Runde dreht, dann ist sein Vater Dieter an seiner Seite, seit vielen Jahren schon. Der 74-Jährige trägt
nämlich die Schläger für seinen
Sohn.
Wenn die beiden dann auf dem
Platz stehen, kann es auch durchaus schon einmal zu heißen Diskussionen
kommen.
„Kevin
schnauzt mich dann auch mal
an“, so Dieter Bäse, der freimütig
zugibt, auch dementsprechend zu
antworten. Aber unterm Strich
handelt es sich um ein eingespieltes Team. Und die Entscheidung,
wie und mit welchem Eisen oder
Holz der Schlag ausgeführt wird,
trifft sowieso der Spieler. Er ist
verantwortlich, der Caddy nur
Ratgeber und Helfer.
Zwischen den Bäses herrscht
größtes Vertrauen. Die beiden
Männer leben
Kevin
zusammen in
einem Haus in schnauzt mich
Langen. Kevin dann auch
ist durch die schon mal
Familie in den an.
Golfsport hi- DIETER BÄSE, VATER
VON KEVIN UND
neingewachsen. Alle Fami- SEIN CADDY
lienmitglieder
spielten Golf, Bruder Stefan war
am stärksten, erreichte das Handicap 6 (das heißt er benötigte
durchschnittlich nur 78 Schläge
auf einen standardmäßig für 72
Schläge ausgelegten Platz). Kevins bestes Golf-Handicap war
einmal 16,5, liegt aktuell aber bei
20,2 – ein Wert, den viele in Oxstedt gar nicht erreichen. Vater
Dieter, der nicht mehr aktiver
Spieler ist, kam auf Handicap 23.
Auch die Mutter Susan, eine gebürtige Irin, war golfbegeistert.
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Sieben Jahre durch Europa
„Wenn man viel übt, dann läuft es auch“ – das ist das Erfolgsrezept von
Kevin Bäse, der von seinem Vater Dieter als Caddy unterstützt wird.
Kevin ist seit Frühjahr 1990 Mitglied im Golfklub. „Am Anfang
ist er so mitgegangen“, erzählt
sein Vater, „mit 17 Jahren legte er
richtig los.“ Als Kevin 18 Jahre alt
wurde und die Schule beendet
hatte, folgten aufregende Jahre.
Mit dem Wohnmobil sind Vater
und Sohn quer durch halb
Europa gefahren, längere Zeit
hielten sie sich in England,
Schottland und Irland auf. Sie
nahmen an unzähligen Turnieren
teil, auch als Caddy waren sie
dann ständig im Einsatz. Insgesamt hat diese „Europa-Tournee“
sieben Jahre gedauert.
Dabei erlebte das Duo eine
Menge. Beim Erzählen über
Monte Carlo glänzen Kevins Augen. „Im Casino haben wir erst
einmal Wodka-Martini getrunken, geschüttelt und nicht gerührt“, berichtet der leidenschaftliche James-Bond-Fan. Zwischen
all den Nobelkarossen parkten
Bäses das Wohnmobil mit CUXKennzeichen.
Als 1995 der Behinderten-GolfClub in Deutschland gegründet
wurde, stieg die Zahl der Turniere
für Golfer mit Behinderung
enorm an. Mittlerweile hat Kevin
Bäse nur noch zwei Wettbewerbe
für Behinderte auf dem Zettel, die
er jährlich bestreitet: das Turnier
in Bremen-Lilienthal zu Pfingsten
und die deutsche Meisterschaft,
die diesmal in Hamburg-Treudelberg stattfand. Als Zweitplatzierter erzielte er dort beim Zählspiel
nach Stableford 26 Bruttopunkte
auf zweimal 18 Loch, der Meister
war nur zwei Punkte besser. Bäses Erfolgsrezept: „Wenn man viel
übt, dann läuft es auch.“
Ansonsten spielt er gern die
Turniere im Oxstedter Klub. Hier
gehört er auch einer Herren-Runde an, die sich Amigos nennt und
jeden
Mittwoch
zusammenkommt. „Bald haben wir Amigos
unser Weihnachtsessen, am 7.
Dezember, an meinem Geburtstag“, freut sich der Langener.
Kevin Bäse hat noch viele weitere Interessen. So gehört er seit
2006 dem Fanclub der Eisbären
an und ist stolzer Besitzer einer
Basketball-Dauerkarte.
Am
Dienstag stehen Poolbillard und
Kino auf dem Programm. An den
anderen Wochentagen ist Kevin
als Hausmann aktiv. „Ich koche
gern, so mit allem Drum und
Dran“, schildert der 32-Jährige.
Aber eins bleibt seine Passion:
Nur Golf lässt ihn auf einmalige
Weise strahlen.
slosung
n.de