Bericht der Kirchenzeitung

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Thema
der
Woche
Nr. 9 · 28. Februar 2016
Kirche vor Ort ein junges Gesicht geben
Neue Schulung bereitet Ehrenamtliche ab 21 Jahren auf Geistliche Verbandsleitung vor
J
Langer Vorlauf
„Wir sind überzeugt, dass dieses
Modell für die kirchliche Jugendarbeit und für die Kirche wichtig
ist“, sagt Rowena Roppelt vom
Bischöflichen Jugendamt Eichstätt.
Sie gehört zu einer Vorbereitungsgruppe, die momentan weiter am
Konzept des Kurses feilt, um ihn
2017 erneut anzubieten.
In der Erzdiözese MünchenFreising war Roppelt zehn Jahre lang hauptamtliche geistliche
Leiterin bei den Pfadfindern. Solche Ämter nicht nur Pfarrern und
Kaplänen, sondern auch theologisch
ausgebildeten Laien zu übertragen,
hatte die Deutsche Bischofskonferenz 1997 beschlossen. 2007 gab
sie nochmals Richtlinien für die
Geistliche Verbandsleitung in den
katholischen Jugendverbänden
heraus (siehe Kasten unten). Im
vor Ort. Hier könnte künftig die
Stunde der ehrenamtlichen Geistlichen Verbandsleiter schlagen.
Aber „nicht nur, weil es aus der Not
heraus kommt“, meint Roppelt,
„sondern aus der Taufberufung“.
Das Konzept des BDKJ zählt eine
ganze Menge konkreter Handlungsfelder auf: Gruppenwochenenden
oder Gesprächskreise, soziale oder
schöpfungsbewahrende Initiativen,
Jugendgottesdienste, Früh- oder
Spätschichten, Katechesen und
Filmabende.
Kirche hat
mit Gemeinschaft zu tun.
Ehrenamtliche
Geistliche
Verbandsleiter
auf Pfarr- oder
SeelsorgeeinheitsEbene bilden
diese Gemeinschaft mit.
Bistum Eichstätt sind heute mehrere Laientheologen als Geistliche
Verbandsleiter auf Dekanats- oder
Diözesanebene aktiv.
Und in den Ortsgruppen der
Jugendverbände? Im Herbst 2010
wurde auf der Diözesanversammlung des Bundes der Deutschen
Katholischen Jugend (BDKJ) in
Pfünz beschlossen, auch Nichttheologen für das Amt der
Geistlichen Verbandsleitung auf
lokaler Ebene zu qualifizieren. Ein
Arbeitskreis des BDKJ entwarf
daraufhin das Konzept „gemeinsam – glauben – leben – feiern“.
Dort heißt es: „Kirche hat immer
mit der Gemeinde vor Ort zu tun,
denn hier wird Kirche erlebbar (...).
Eine besondere Herausforderung
liegt darin, jungen Menschen den
Konkrete Bausteine
Foto: vb
edes Jahr lassen sich Dutzende
junger Leute zu Gruppenleitern
ausbilden, um in der Landjugend,
bei Kolping oder in einem anderen kirchlichen Jugendverband
Verantwortung zu übernehmen.
Viele sind als junge Erwachsene
noch begeistert dabei und helfen
mit, dass in ihren Ortsgruppen
nicht nur die Freizeit, sondern auch
der Glaube geteilt wird. Für sie gibt
es jetzt eine Möglichkeit, noch einen
Schritt weiterzugehen: Ein neuer
Kurs im Bistum Eichstätt befähigt junge Leute ab 21 Jahren
zur Geistlichen Verbandsleitung.
Mittlerweile haben die ersten vier
Absolventen ihre Zertifikate erhalten.
Schatz gewachsener Traditionen
nahezubringen und in zeit- und
jugendgemäßen Formen Glauben
erlebbar zu machen.“ Dabei „hat
jemand mit 22 oder 24 Jahren
vielleicht einen besseren Zugang
als ein Hauptamtlicher mit 60“,
überlegt Diözesanjugendpfarrer
Domvikar Christoph Witczak. Er
hat, seinerzeit noch als Dekanatsjugendseelsorger, das Konzept mit
zusammengestellt.
Etwa 5.000 Jugendliche sind in
den Mitgliedsverbänden des BDKJ
organisiert, davon allein rund
2.200 in der Katholischen Landjugend. Zu viele, als dass der
Diözesanpräses den Ortsgruppen
ein ständiger Ansprechpartner sein
könnte. Oft gibt es auch keinen
Kaplan oder Gemeindereferenten
Künftige ehrenamtliche Geistliche Verbandsleiterinnen und
-leiter müssen Erfahrung mit der
Leitung von Jugendgruppen haben und mindestens 21 Jahre alt
sein. „Übers Alter haben wir
lange diskutier t“, berichtet
BDK J-Referentin Stephanie
Bernreuther. „Wichtig ist jedenfalls, dass sie eine stabile
Persönlichkeit mitbringen.“ Und
sie sollten „ein waches Auge und
ein offenes Ohr haben, dass die
geistige Perspektive im Verband
wachgehalten wird“, ergänzt
Dr. Florian Kluger. Der Theologe und Akademische Rat an der
Katholischen Universität EichstättIngolstadt (KU) hat in seiner Heimatdiözese Würzburg Erfahrungen
mit Geistlicher Verbandsleitung
gemacht – zunächst als Teilnehmer
einer Schulung, später dann als
deren Leiter. Auch den ersten
Eichstätter Kurs, für den das Würzburger Schulungsmodell Pate stand,
leitete Kluger mit den Pastoral-
Wor tl aut
lle Gläubigen sind durch Taufe und Firmung gerufen, auf die
ihnen in Jesus Christus entgegenkommende Liebe Gottes ihre
persönliche Antwort zu geben und sie anderen zu bezeugen: in einer
gläubigen Praxis, in einem lebendigen Umgang mit der Heiligen
Schrift und in der würdigen Feier der Sakramente. Dementsprechend
tragen auch in einem Jugendverband alle eine gemeinsame Verantwortung für die geistliche Ausrichtung des Verbandes und für die
Weitergabe des Glaubens. Solche gläubige Verwirklichung der kirchlichen Sendung ist der Vollzug des gemeinsamen Priestertums aller
Getauften und bereitet auch bei anderen den Boden des Glaubens.“
Aus dem Wort der deutschen Bischöfe Nr. 87, „Geistliche Verbandsleitung in den katholischen Jugendverbänden“; Januar 2007.
Foto: Gess
A
Verantwortlich für Konzept und Schulung: Stephanie Bernreuther, Domvikar Christoph Witczak, Cordula Klenk, Rowena Roppelt
und Dr. Florian Kluger (v. l.). Zum Team gehört auch Michael Wiesel.
Thema
Nr. 9 · 28. Februar 2016
assistenten Cordula Klenk und
Michael Wiesel.
Beim ersten Kurswochenende
stand die Reflexion des eigenen
Lebens- und Glaubenswegs auf
dem Programm: Welches Kirchenund Gottesbild trägt mich? „Wir
schauen aber auch auf die Lebenswelten, die unterschiedlichen
Milieus, in denen Jugendliche heute
leben und von denen sie geprägt
werden“, erläutert Klenk. Beim
zweiten Schulungswochenende
bekamen die Teilnehmer konkrete
Bausteine für die Gestaltung jugendgerechter Liturgie an die Hand. In
der
einer weiteren Ausbildungseinheit
wurden verschiedene Jugendverbände und deren inhaltliche Schwerpunkte vorgestellt. Was den angehenden Geistlichen Leitern während
des gesamten Kurses ins Bewusstsein gerufen wurde: Sie sind
Ansprechpartner für Jugendliche
in Lebens- und in Glaubensfragen
– sowohl im Vier Augen-Gespräch
als auch in der Gruppe. Auf beide
Situationen wurden sie vorbereitet.
Auch
für
bandliche Jugendarbeit gedacht,
so kann sie jetzt, mit bischöflicher
Erlaubnis, auch auf PfarrjugendEbene Anwendung finden. Nachdem die Resonanz auf den ersten
Kurs von Seiten der Jugendverbände
noch sehr verhalten war, hoffen
Jugendpfarrer Witczak und sein
Team für die Neuauflage 2017 auf
viele Interessierte. Seine priesterlichen Mitbrüder möchte der
Diözesanjugendpfarrer ermutigen,
Vertrauen in qualifizierte junge
Laien zu setzen. Leitung sei bei der
Geistlichen Verbandsleitung nicht
hierarchisch zu verstehen, sondern
Pfarrjugenden
War die Geistliche Verbandsleitung zunächst nur für die ver-
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im Sinne von Begleitung: „Alle
Getauften sind berufen, das Leben
und die Sendung der Kirche verantwortlich mitzugestalten. Es ist
auch klar, dass vielfältigen Formen
der Leitung, die allen Gläubigen
aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum
Leib Christi grundsätzlich möglich
sind, die Verbindung mit dem
priesterlichen Dienst brauchen,
durch den die Einheit der Kirche
in Christus repräsentiert wird“,
beruft sich Witczak auf das Wort
der Deutschen Bischöfe „Gemeinsam Kirche sein“ zur Erneuerung
der Pastoral“. Gabi Gess
Austausch über Kirchenbild und Bausteine für die Liturgie
G
sind. Allerdings ist Matthias Heim
seit mittlerweile 19 Jahren Domministrant. Außerdem meint er
mit Blick auf seinen zukünftigen
Beruf: „Egal, wo ich hinkomme,
werde ich es mit kirchlichen
Jugendverbänden zu tun haben.“
Jugendliche ein Stück ihres Wegs
zu begleiten, „das macht viel
Freude“, meinen beide übereinstimmend. „Natürlich will man
ihnen nichts überstülpen“, erzählt
Heim über religiöse Besinnungstage. Andererseits „merkt man oft,
wie viel da ist, wenn man sie gut mit
ins Gespräch hineinnimmt“. Wertvoll war für Heim die Schulungseinheit zur Gesprächsführung.
Darin wurden Situationen, vom
Liebeskummer bis zur Scheidung
der Eltern, im Rollenspiel geprobt.
Groß fand den Austausch über
das individuelle Kirchenbild
spannend. Selbst in einer kleinen
Gruppe von kirchlich durchwegs
aktiven Leuten gebe es Unterschiede, bemerkte sie: „Nochmal
Im Jugendhaus
Pfünz sind
Annika Groß und
Matthias Heim
(oben)
Stammgäste.
Die beiden sind
dort seit
mehreren Jahren
im Auftrag
der diözesanen
Schulpastoral
bei Besinnungstagen im Einsatz.
Foto: privat
leich im ersten Semester
des Theologistudiums an der
Eichstätter Uni hat es im Sprachkurs Bibelgriechisch gefunkt zwischen Matthias Heim und Annika
Groß, die im Juni im Eichstätter
Dom vor den Traualtar treten
werden. Aber nicht nur das Studienfach verbindet den 28-jährigen angehenden Pastoralassistenten und
die 25-jährige künftige Realschullehrerin für Religion und Deutsch.
Die beiden haben jetzt auch gemeinsam die Ausbildung zur Geistlichen
Verbandsleitung absolviert.
Weil beide seit mehreren Jahren
als freie Mitarbeiter der diözesanen
Schulabteilung Besinnungstage für
Schulklassen in Pfünz betreuen,
treffen sie regelmäßig Diözesanjugendpfarrer Christoph Witczak.
Der legte ihnen die Teilnahme an
dem vom Bund der Deutschen
Katholischen Jugend (BDKJ) angebotenen Kurs ans Herz, auch
wenn die beiden nicht in einem
kirchlichen Jugendverband aktiv
Planungen fürs Firmlingswochenende: David Hink (M.) und
Christoph Härtl (2. v. r.) mit weiteren Ehrenamtlichen.
ganz anders ist es dann, mit Leuten
zu arbeiten, die vielleicht ein
negatives Kirchenbild haben.“ Im
Rückblick auf den Kurs findet
das junge Paar nur schade,
„dass wir so wenige waren“. Denn
grundsätzlich sei die Initiative toll.
Das fanden auch David Hink
(25) und Christoph Härtl (21)
von der katholischen Jugend der
Pfarrei St. Elisabeth in PostbauerHeng bei Neumarkt. Hink, der
Beamter bei der Stadt Nürnberg
ist, engagiert sich seit zehn Jahren
als Gruppenstundenleiter, hat
als Teenager auch entsprechende
Fortbildungen besucht. Nun ging
es ihm in erster Linie „um das
Spirituelle, das Liturgische“. Bei der
Vorbereitung von Gottesdiensten
„fühle ich mich jetzt sicherer“,
stellt er fest.
„Wir sind ja keine Theologen“,
meint Härtl, der in Regensburg
Foto: Gess
Absolventen des ersten Kurses ziehen ein positives Fazit / Der Pfarrer unterstützt die Pläne
Politik und Kunstgeschichte studiert. Aber durch den Kurs „kriegt
man einfach nochmal einen
anderen Blickwinkel“.
Dass sie jetzt mit mehr Selbstvertrauen an spirituelle Aufgaben
herangehen, zeigten die beiden
Ehrenamtlichen beim jüngsten
Mini-Zeltlager ihrer Pfarrei:
Früher hatten sie die täglichen Abendimpulse vom Zettel abgelesen,
nun gestalteten sie diese frei.
Übereinstimmend berichten die
zwei über das positive Feedback,
das sie von ihrem Ortspfarrer bekamen. „Er hat uns dazu geraten
und auch die Kosten für den Kurs
übernommen“, erzählt Hink und
zeigt sich gleichzeitig froh, dass
der Ortsgeistliche die jungen
Ehrenamtlichen nicht allein lässt:
„Ich möchte, ehrlich gesagt,
nicht missen, dass wir auch einen
Pfarrer dafür haben.“ Gabi Gess