6 | MM27, 29.6.2015 | MENSCHEN Was halten Sie von E-Bikes auf Wanderwegen? Migrosmagazin.ch Diese Woche Bedrohen E-Bikes die Idylle in den Bergen? Der Markt mit E-Mountainbikes boomt. Auch in den Bergen werden strombetriebene Velos immer beliebter – zum Ärger vieler Wanderer. Michael Roschi, Geschäftsführer von Schweizer Wanderwege, will sich trotzdem nicht für ein Verbot aussprechen. Er fordert ein rücksichtsvolles Mit- und Nebeneinander. Umfrage Letzte Woche fragten wir: Text: Andrea Freiermuth Hält sich die heutige Jugend an Gesetze und Regeln? 29% Ja. Die, die immer wettern, waren früher weit undisziplinierter! 28% Möglich. Aber weil Gesetze sich entwickeln, kann das keiner sagen. 43% Sicher nicht! Gera de in Sachen Respekt und Anstand wird es immer schlimmer! Zahlen zu E-Bikes 13 000 Mountainbikes mit Elektromotor haben Velohändler in der Schweiz im vergan genen Jahr verkauft. davon haben starke Motoren, die den Fahrer bis zu einer Geschwin digkeit von 45 Kilometer pro Stunde unter stützen. 145 schwer verletzte EBike Fahrer gab es im ver gangenen Jahr auf den Schweizer Strassen. 5 Personen fuhren mit dem EBike in den Tod. Quelle: Velosuisse, BFU M an glaubte, das Problem im Griff zu haben: 2010 setzten sich Vertreter der Schweizer Wanderwege, Swiss Cycling und weitere Betroffene zusammen und erstellten das sogenannte Koexistenzpapier für ein «rücksichtsvolles Mit- und Nebeneinander von Wandernden und Moutainbikefahrern» auf dem Wanderwegnetz. Doch jetzt rollt neues Ungemach an: E-Moutainbikes, von denen allein im vergangenen Jahr 13 000 Stück verkauft worden sind. Noch ist erst ein Bruchteil dieser elektrischen Offroad-Velos auf den bei Wanderern und Bikern gleichsam beliebten Pfaden unterwegs. Präventiv fordert der Basler CVP-Nationalrat Markus Lehmann den Bundesrat in einer Motion auf, gesetzliche Vorschriften zur Benützung von E-Bikes auf Wanderwegen, Alpstrassen und in Naturreservaten zu erlassen. Tatsächlich gibt es eine Grauzone. Für die Regeln auf den Wanderwegen sind die Kantone zuständig. In deren Gesetzen sind die Bikes meist nicht explizit erwähnt. Oft ist Velofahren auf für Fahrräder geeigneten Wegen erlaubt. Was aber «geeignet» genau heisst, darüber gehen die Meinungen auseinander. Für Biker sind gerade die technisch anspruchsvollen Pfade interessant. Michael Roschi, Geschäftsführer von Schweizer Wanderwege, hält derzeit nichts von einem Verbot, lehnt jedoch die E-Bikes mit Tretunterstützung von über 25 Kilometer pro Stunde auf dem Wegnetz der Wanderer ab. Damit vertritt er eine liberalere Haltung als manch ein Biker, der ohne Strom unterwegs ist. MM Bild: Stefan Hunziker/Keystone 2/3 MENSCHEN | MM27, 29.6.2015 | 7 Strassenumfrage Experteninterview «Biker sollten sich bemerkbar machen und Wanderern den Vortritt überlassen» Michael Roschi, es kommen immer mehr E-Mountainbikes auf den Markt. Empfiehlt es sich, die Wanderer proaktiv vor diesen zu schützen? Es ist sicher sinnvoll, die Entwicklung im Auge zu behalten. Für ein Verbot möchten wir uns aber zu diesem Zeit punkt nicht aussprechen. Warum nicht? Weil wir eine andere Strategie ver folgen. Und auch, weil wir selber ein Verbot weder erlassen noch durch setzen können. Für die Gesetzgebung sind der Bund und die Kantone zu ständig. Mountainbikes fahren im Graubereich auf den angestammten Wegen der Wanderer: Was ist Ihr Lösungsansatz für diesen Konflikt? Die Wanderwege werden heute von über 80 Prozent der Bevölkerung für ihre vielfältigen Aktivitäten genutzt. Für die Abstimmung mit den Bikern setzen wir auf das Koexistenzpapier, das wir gemeinsam mit Swiss Cycling, Schweiz Tourismus, dem Bundesamt für Unfallverhütung und weiteren in volvierten Organisationen entwickelt haben. Koexistenz: Das heisst, sowohl Wanderer als auch Biker haben eine Daseinsberechtigung auf den Wanderwegen? Wir gehen davon aus, dass Wanderer und Biker oft reibungslos aneinander vorbeikommen. Wo Wege stark genutzt werden, setzen wir uns allerdings für eine Entflechtung ein. Das heisst, man führt die beiden Nutzergruppen auf stark genutzten Abschnitten über unterschiedliche Pfade. Dies ist im Interesse beider Parteien. Wege, die von Wanderern stark benützt werden, sind für Biker nicht attraktiv. Man hört aber immer wieder von Wanderern, die sich über Biker aufregen. Es braucht Toleranz, von beiden Seiten. Im Koexistenzpapier geben wir Empfehlungen zum Verhalten ab. Biker sollten sich rechtzeitig bemerk bar machen, am Wegrand anhalten und den Wanderern den Vortritt lassen. Zudem sollten sie moderat bremsen, um die Wege zu schonen. Wanderer hingegen sollten Biker passieren lassen, ohne ihre Fahrt unnötig zu behindern. Sind für die beiden Nutzergruppen unterschied liche Wege ausgeschildert, müssen sich sowohl Biker als auch Wanderer an die Signale halten. Können Biker auf das Koexistenzpapier verweisen, wenn sich ihnen auf dem Pfad ein Wanderer in den Weg stellt? Nein, das Positionspapier ist eine Empfehlung und hat keine Rechts gültigkeit. Geht die Empfehlung auch auf die E-Bikes ein? Wir unterscheiden zwischen EBikes mit schwacher und starker Leistung. EBikes mit einer Tretunterstützung bis zu 25 Kilometer pro Stunde behan deln wir den gesetzlichen Bestimmun gen entsprechend als gewöhnliche Mountainbikes. In diesem Fall gelten die Empfehlungen des Positions papiers. Die Benützung von EBikes mit einer Tretunterstützung über 25 Kilometer pro Stunde hingegen lehnen wir auf den Wanderwegen ab. Gehören E-Bikes auf Wanderwege? Michael Roschi (39) ist Geschäfts- leiter vom Verband Schweizer Wanderwege. Doris Riederer (57), Hortmitarbeiterin, Zürich: «Bereits mit den normalen Bikern hat es sehr viele Velos auf den Wegen. Wenn jetzt noch die E-Biker kommen, dann wird es einfach zu eng.» Valentin Schüssler (36), Währungshändler, Zürich: «Ich finde nicht. Die Trails sind jetzt zum Teil schon stark abgenützt. Zudem sind E-Biker oft untrainiert. Das erhöht die Unfallgefahr.» Wenn Sie könnten, würden Sie sie aber verbieten? Ich weiss gar nicht, ob das momentan notwendig ist. Mir persönlich ist noch nie ein EBike auf einem Wanderweg begegnet. Wir appellieren an den gesunden Menschenverstand und die Toleranz. Ihre Haltung ist recht liberal. Sie könnten als Vertreter der Wanderer auch darauf pochen, dass ein Wanderweg eben ein Wanderweg und kein Biketrail ist. Als Vertreter der Wanderer in der Schweiz setzen wir uns für deren Interessen ein. Die Wanderwege gehören allerdings nicht uns. MM Isabel Straub (32), Projektmanagerin, Zürich: «Wenn sie Rücksicht nehmen, hats für alle Platz. Ich hatte noch nie ein Problem mit E-Bikern – ausser dass sie beim Überholen an meinem Stolz gekratzt haben.»
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