Die Formeln der Sockel-Überschuss

Braun, von Wyss & Müller
Value Investing
Die Sockel-Überschuss-Methode
Die Formeln der Sockel-Überschuss-Methode, die Logik
dahinter und ein Beispiel
Die Idee hinter der Methode
Die Idee hinter der Sockel-Überschuss-Methode
ist, dass es einen fixen Betrag gibt, den man
jedes Jahr konsumieren kann, ohne das Vermögen
vorzeitig aufzuzehren. Wir nennen diesen Betrag,
der im Prinzip eine Rente ist, den Sockelbetrag. Er
verändert sich jedes Jahr um die Inflation. Er wird
mittels eines Prozentsatzes des Vermögens zu Beginn der Verbrauchsphase bestimmt. Durch «Trial
and Error» haben wir für jede Anlagekategorie
einen solchen jährlichen Mindestprozentsatz ausgemacht, den wir den Sockelsatz nennen. Dieser
hat die eingangs erwähnten Ziele in allen Sparund Verbrauchszyklen seit 1899 erreicht. Die
Summe der noch nicht konsumierten Sockelbeträge nennen wir die Sockelsumme. Diese reduziert sich mit der Zeit.
Ein für alle Verbrauchsphasen gleicher Sockelsatz
muss auf den schlechtesten historischen Zyklus
seit 1899 ausgerichtet sein. Weil vor allem die
Aktien, manchmal aber auch die Obligationen,
wesentlich mehr rentierten als im schlechtesten
Zyklus, würde sich in den meisten Verbrauchsphasen sehr viel Vermögen anhäufen, wenn man
nur den Sockelsatz beziehen würde. Wir haben
wiederum experimentell festgestellt, dass man
den Mehrertrag eines guten Börsenjahres, den
Überschuss, konsumieren darf, aber nur, wenn
das effektive Vermögen die Sockelsumme übertrifft. Sonst muss der Überschuss dazu dienen, ein
zu kleines Vermögen wieder aufzubauen. Unsere
Tests haben ergeben, dass man die Höhe des
Bezugs aus dem Überschuss mit einer Bezugsobergrenze limitieren muss, damit das Vermögen
nicht vorzeitig aufgebraucht wird. Jede Strategie
hat ihre eigene Bezugsobergrenze.
RVI: Indikator für die langfristige
Entwicklung der Börse
Dank der langen Dauer des Spar- und Verbrauchszyklus lässt sich die Tatsache, dass Börsenrenditen
zu ihrem langfristigen, steigenden Mittelwert
tendieren, ausnutzen. Je tiefer zum Beispiel die
Börse am Anfang einer Verbrauchsphase liegt,
desto wahrscheinlicher ist eine Erholung während der Verbrauchsphase – und umgekehrt.
Entsprechend liegen der Sockelsatz und die Bezugsobergrenze bei tiefem Börsenstand höher und bei
hohem Börsenstand tiefer.
Die Höhe der Börse relativ zum mittleren Trend
bestimmen wir mit einem eigens entwickelten
Börsenindikator, dem RVI (Realer Vermögensindex), definiert als der arithmetische Durchschnitt
der Gesamtrenditen der letzten 20 Perioden (d.h.
des letzten Jahres, der letzten zwei Jahre, etc.).
Der RVI entspricht dem realen Ergebnis einer
20-jährigen Sparphase, allerdings ohne Belastung
für Steuern und Bankgebühren. In normalen Börsenzeiten lagen die RVIs für den Weltaktienindex
in Franken in den letzten 93 Jahren bei 1.89 (Median) und 2.0 (arithmetischer Durchschnitt). Wenn
die Börse besonders hoch war, konnte der RVI
Werte von 5 erreichen. Die Tiefs lagen bei 0.69.
Unsere Strategie für Aktien setzt den Sockelsatz
in Abhängigkeit vom RVI fest – hohe RVIs bedingen tiefe Sockelsätze und umgekehrt.
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Die Regeln für die Verbrauchsphase
im Detail
Die Berechnungen und Bezüge erfolgen Anfang
Jahr.
• Am Anfang der Verbrauchsphase einen
Sockelbetrag (Sn ) entsprechend dem
Vermögen am Anfang der Verbrauchsphase
(V0) und dem Sockelsatz (s) der gewählten
Strategie berechnen und konsumieren.
S1 = s*V0
• Den Sockelbetrag zu Beginn jedes neuen
Jahres um die Inflation (in ) adjustieren und
konsumieren. Wir benutzen (n) um die
einzelnen Jahre der Verbrauchsphase zu
identifizieren und N für die gesamte Länge
der Verbrauchsphase (n = 1 ...N).
Sn = Sn−1*(1+in−1)
• Falls im gerade fertigen Jahr die Sockelsumme (SVn ), definiert als der Sockelbetrag
des neuen Jahres multipliziert mit der
Anzahl Jahre bis zum Ende der Verbrauchsphase, SVn = Sn * −(N− n –1), höher ist als
Vn−2, den folgenden Bezug aus Überschuss
(BUn ) beziehen:
BUn =Min(r*Vn−2; Vn−1 −Vn−2 )
r ist die Bezugsobergrenze. Sie wird je
nach Strategie festgelegt und variiert von
15-100 %.
Die Berechnungen, die hier beschrieben sind, lassen sich auch online auf www.bwm.ch ausführen.
Beispiel
1. Eine Aktiensparerin geht Ende 2004 in
Pension. Das Vermögen beläuft sich zu diesem Zeitpunkt auf CHF 200’000. Sie wählt
eine 30-jährige Laufzeit. Die Verbrauchsphase dauert also bis 2034.
2. Der RVI liegt bei 1.66. Somit kommt ein
Sockelsatz von 3.7 % zur Anwendung.
3. Anfang 2005 bezieht sie den Sockelbetrag
von CHF 7’400 (CHF 200’000 x 0.037).
4. Weltaktien haben 2005 nach Abzug von
Steuern und Kosten 27.1 % rentiert. Das
Vermögen beträgt Ende 2005 CHF 244’795.
Das ergibt einen Überschuss von CHF
44’795, berechnet als die Differenz
zwischen den Vermögenswerten am Ende
der beiden Jahre: 244’795 – 200’000 =
44’795.
5. Es ist nun Anfang 2006. Der Sockelbetrag
muss um die Inflation erhöht werden. Diese
betrug 2005 1.01 %. Die Anlegerin bezieht
daher CHF 7’400 * 1.0101 = 7’475.
6. Darf die Anlegerin auch den Überschuss
beziehen? Die noch bevorstehende Anzahl
Jahre der Verbrauchsphase ist gleich 2034 –
2005 = 29. Anfang 2005 lag das Vermögen
bei CHF 200’000. Das ist weniger als die
Sockelsumme, definiert als der neue Sockelbetrag multipliziert mit der Anzahl Jahren:
7’475 * 29 = 216’775. Die Anlegerin darf
den Überschuss deshalb nicht beziehen.
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