1 1 6 DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN www.kirchenbote-sg.ch THEMA: Politik und Kirche – zwei ungleiche Schwestern ZUSAMMENARBEIT — NEUES SCHAFFEN — MENSCHENRECHTE WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 1 EDITORIAL IM ANFANG Liebe Leserin, lieber Leser Kirche und Politik sind getrennte Gebiete, sagt der Verstand. Sobald man aber den ganzen Menschen im Blick hat, kommen sich Kirche und Politik näher. Ich bin derselbe Mensch, wenn ich glaube und wenn ich politisiere. Selbst wenn Glaubenserfahrungen und politische Überlegungen sich in meiner Seele widersprechen oder bekämpfen – es ist doch eine Bühne. Die St.Galler Künstlerin Lika Nüssli hat für den Kirchenboten die «Kirche» wie auch die «Politik» als zwei alte Schwestern dargestellt, die sich entfremdet haben, aber neu zusammenfinden. Diese Personifizierung hat Tradition. Israel wurde in der Bibel als Frau beschrieben, die Kirche hat das Bild aufgenommen, später auch Nationen – wer kennt nicht die Helvetia auf unsern Münzen. Lika Nüssli bringt mit ihrem Bilderzyklus sowohl der Kirche als auch der Politik tiefen Respekt entgegen. Beide, Kirche und Politik, haben je auf ihre Weise einen wachen und gütigen Blick auf die irdische Welt und zugleich eine Verbindung zum Himmel. Die Kirche ist nicht auf das Jenseits und die Politik nicht auf das Diesseits fixiert, beide haben das Ganze im Blick – die Kirche belehrt von der Bibel und geleitet im Glauben, die Politik begründet in der Philosophie und bauend auf Empirie und Strategie. In einer Zeit allerdings, in der Religion mit Unvernunft und Gewalt in Beziehung gebracht wird und Politik mit Egoismus und Nationalismus, mutet der Bilderzyklus unserer Künstlerin weltfremd und utopisch an. Kann man den beiden Schwestern trauen? Suchen sie wirklich das Wohl der Menschengemeinschaft? Wenn ja, wer verhindert ihr gutes Zusammenwirken, wer fördert es? Auf Seite 4 öffnet Lika Nüssli den Vorhang. Sie lädt uns ein, am inneren Schauspiel teilzunehmen. Wir sehen die beiden Schwestern, wie sie sich gegenseitig mit ihren Welten und Gaben stärken. Dann mischen sie sich unter die bunte und frohe Menschenschar. Dort reden und handeln Kirche und Politik je auf ihre Art für eine gerechte und friedvolle Welt. Das ist utopisch, aber verheissen. Darum bleiben wir dran, Kirche und Politik. Andreas Schwendener 2 AUSGABE 1/2016 Gespräch zwischen Kirche und Politik: «Liebe Schwester, lass es uns wagen.» — «Ja, aber es braucht Mut.» Kirche, Politik und Bibel Text: Ina Praetorius, Wattwil | Bild: Lika Nüssli, St.Gallen «... Aber es ströme wie Wasser das Recht, und die Gerechtigkeit wie ein unversieglicher Bach.» Amos 5, 24. Zürcher Bibel 1980 Das Wort «Politik» kommt in der Bibel nicht vor. Soll ich daraus schliessen, dass fromme Leute sich aus dem heraushalten sollten, was wir heute «Politik» nennen? Nein. Denn auch Wörter, von denen man selbstverständlich annimmt, sie gehörten zum Kerngeschäft der Kirchen, kommen in der Bibel nicht vor: «Ethik» zum Beispiel, oder «Moral» oder «Religion». Ich muss also einen Schritt zurücktreten und mich fragen: Worum geht es denn letztlich in Nationalratsdebatten oder bei der Klimakonferenz in Paris? – Um Macht, um Einfluss? Nein. Im Kern geht es bei aller Politik um die gute Gestaltung unserer gemeinsamen Welt, in Washington genauso wie in Wattwil, Betlehem oder Korinth. Das zum Beispiel könnten wir Frommen den Leuten, die sich «Politikerinnen» und «Politiker» nennen, wieder einmal deutlich sagen: Ob eure Partei die Wahl gewinnt, ist zweitrangig. Im Kern geht es in der Politik um etwas Anderes, nämlich darum, dass wir alle gemeinsam die Welt menschen- und weltfreundlich einrichten. Dass mir in biblischen Texten eine andere Sprache entgegenkommt als diejenige, die wir heute DER UNVERSIEGBARE BACH Und mit dieser Umschreibung der politischen sprechen, ist manchmal lästig: Wie, zum Beispiel, soll ich mir die altmodischen Wörter «SünAufgabe wären wir dann wieder ganz nah bei der de» oder «Frohlocken» in meinen Alltag hinein Bibel. Was, zum Beispiel, ist mit den Zehn Geboten gemeint? Geht es da nicht um eine Anleitung übersetzen? Was bedeutet es, dass Luther und zur menschenfreundlichen GeZwingli «Haus» oder «Geschlecht» sagen, wo wir «Im Kern geht es bei aller Politik staltung unserer Welt? Und waum die gute Gestaltung unserer rum sollte Jesus meinen, dass heute eher von «Familie» «der Sabbat um des Menschen sprechen? Ganz abgesehen gemeinsamen Welt.» willen und nicht der Mensch davon, dass auch die alten um des Sabbat willen geschaffen ist», wenn es Wörter aus der Reformationszeit Übersetzungen ihm nicht um unser aller Wohlsein ginge? aus dem Hebräischen oder Griechischen sind? Und wie soll ich denn nun wissen, ob die Menschen aus biblischer Zeit sich für «politische» Für mich drückt der Prophet Amos sehr gut aus, Fragen interessiert und engagiert haben, wenn wie sich GOTT selbst unser Zusammenleben sie das Wort nicht brauchten? vorstellt: nicht als eine Ansammlung von Schubladen, in die wir uns stecken, je nachdem ob wir FÜR EINE MENSCHLICHERE WELT gerade in der Kirche, zu Hause oder im GemeinDie Distanz zwischen biblischer und heutiger derat sitzen, ob wir gerade die Bibel, die Zeitung Sprache hat aber auch Vorteile. Denn sie bringt oder einen Liebesroman lesen. GOTT stellt sich mich dazu, mit anderen Wörtern zu umschreiunser menschliches Zusammenleben so vor: als ben, was ich meine, wenn ich «Politik» sage. Geht einen einzigen Strom aus Liebe, Recht und Gerechtigkeit. Spielt es da noch eine Rolle, ob es da um die Debatten im Nationalrat, um Parteiprogramme, Wahl- und Machtkämpfe? Geht es ich mein begeistertes Mittun in dieser einen grossen Bewegung «Politik» oder «Privatleben» um die UNO, die NATO, die «Bilateralen»? All das oder «Religion» oder sonstwie nenne? Ŷ kommt noch viel weniger in der Bibel vor. IM BRENNPUNKT Die Angst der Kirchen vor der Arena Die Kirchen äussern sich häufig vor Volksabstimmungen, haben aber kaum Einfluss Text: Daniel Klingenberg | Foto: zVg. Wenn Initiativen ethische Themen berühren, nehmen die Kirchen in Printmedien regelmässig Stellung. Damit erreichen sie aber nur noch ein Restmilieu. Denn die politische Meinungsbildung läuft heute über Persönlichkeiten, die zugespitzt argumentieren. Am 28. Februar kommen vier Vorlagen zur Abstimmung, drei davon haben direkte ethische Bezüge. In der CVP-Initiative «Gegen die Heiratsstrafe» schwingt die Frage nach dem «richtigen» Modell des Zusammenlebens von Paaren mit, es geht um Humanethik. Bei der Durchsetzungsinitiative der SVP steht mit der Ausländergesetzgebung eine sozialethische Frage im Zentrum. Und die Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» aus Juso- und HilfswerkKreisen will den Hunger in der Welt vermindern und fragt, welche Wirtschaftsethik wir in einer globalisierten Welt wollen. Auch die vierte Vorlage zur zweiten Gotthard-Tunnelröhre hat mit der Umweltpolitik am Rand einen (schöpfungs-)ethischen Bezug. verlust auf der Ebene der politischen Bühne.» Die Studie bescheinigt den Kirchenleitungen also, ihre Hausaufgaben in Sachen politischer Einflussnahme zu machen. Allerdings stellt Judith Könemann, Professorin für Praktische Theologie und bei der Studie leitend beteiligt, fest: «Eine Schwierigkeit wird für die Kirchen in Zukunft grösser werden, nämlich: Inwieweit vertreten ihre Kirchenleitungen ihre Mitglieder? Beim Thema Asyl- und Ausländergesetzgebung folgten beispielsweise die reformierten Mitglieder nicht der Position der Kirchenleitung.» Im Klartext: Während der SEK etwa die Minarett-Initiative ablehnte, stimmten reformierte Kirchbürger durchaus zu. BESCHLEUNIGUNGSSCHÜBE Die NFP-Studie hat allerdings zwei schwerwiegende Mängel: Erstens berücksichtigt sie lediglich Printmedien, zweitens sagt sie nichts über den tatsächlichen Einfluss. Sie untersucht quasi die Kommunikationswelt der Vormoderne. Denn diese hat sich in den vergangenen zwanzig «Ethik ist eine Kernkompetenz der Jahren grundlegend verKirchen, und den Menschen daraus ändert. Ethik ist eine Kernkompetenz der Kirchen, und Sieht das riesige Potenzial der Kirchen — Lukas Golder, den Menschen daraus Politologe und Medienwissenschafter beim gfs.bern Entscheidungshilfen aus Entscheidungshilfen aus christlicher christlicher Sicht zu geGESUCHT: KÖPFE FÜR POLARISIERTE WELT Sicht zu geben ist einer ihrer Kern«In den 1990er-Jahren hat ben ist einer ihrer Kernaufträge.» Das bedeutet: Wer im Konzert der öffentlichen der Aufstieg des Fernseaufträge. Die KirchenleiDebatte gehört werden will, muss nach deren hens zum Leitmedium tungen äussern sich denn Regeln funktionieren. «Weil sich aber die Kirstattgefunden. Damit einauch regelmässig zu polichen dem Polarisierungs-Personalisierungsher ging eine Polarisierung und eine Personalitischen Vorlagen. Bei der Februar-Abstimmung Trend verschliessen, ist ihre Stimme in der sierung in der politischen Berichterstattung», tut dies der Schweizerische Evangelische KirPhase der Meinungsbildung vor einer Abstimsagt der Politologe Lukas Golder von gfs.bern. chenbund (SEK) zur Durchsetzungsinitiative mung mehr oder weniger bedeutungslos. Sie Die politische Bühne wurde damit wie die und der Heiratsstrafe-Initiative, die Schweizerierreichen mit den heutigen Verlautbarungen gleichnamige Fernsehsendung zur «Arena» mit sche Bischofskonferenz (SBK) äussert sich lenur noch ihr Restmilieu», sagt Golder. Und fügt weitreichenden Folgen für die Akteure. «Stimdiglich zur CVP-Initiative. Von Seiten der Hilfsan: «Das ist schade.» Denn: «Die Kirchen haben men ausserhalb dieses Polarisierungs-Personawerke gibt es Stellungnahmen zur Spekulatiein riesiges Mitgliederpotenzial und hätten gelisierungs-Schemas werden kaum wahrgenomonsstopp-Initiative. rade in der Asylpolitik, men.» einem Kernthema des Die Frage ist aber: Welchen Einfluss haben «Um in der öffentlichen AuseinanChristentums, viel zu saMit den elektronischen diese Beiträge auf die Meinungsbildung der dersetzung gehört zu werden, müss- gen.» Wie gross dieses Medien wurde die BeStimmberechtigten? Und wie systematisch ist ten die Kirchen Persönlichkeiten auf- Potenzial ist, zeigt diese richterstattung enorm die Stimme der Kirchen bei der Meinungsbilbeschleunigt. Gegenwär- bauen, die sich von der Polarisierung Zahl: Die Reformierte Kirdung zu politischen Fragen zu hören? che des Kantons St.Gallen tig geschieht mit den so- nicht kopfscheu machen lassen und «SCHAFE» FOLGEN «HIRTEN» NICHT pointierte Positionen vertreten.» hat mit 90 000 Mitgliedern zialen Medien ein zweiZur zweiten Frage ist 2009 eine Nationalfondsgleich viel wie die SVP der ter Beschleunigungsstudie erschienen, welche die Beteiligung von gesamten Schweiz. schub, dessen Folgen Religionsgemeinschaften in der Meinungsbilnoch nicht abzuschätzen sind. Information und dung vor Abstimmungen in den 30 Jahren zuWollen die Kirchen ihre Möglichkeiten umsetMeinungsbildung erfolgen in hohem Mass über vor untersucht. Sie kommt zum Schluss, dass zen, müssen sie bei der Kommunikation die Gratiszeitungen und elektronische Medien, dadie Einflussnahme der Kirchen in Vorlagen zu Ängstlichkeit vor der Arena und dem Bouleher gilt für Golder: «In den letzten vierzig JahSchwangerschaftsabbruch, Asyl- und Auslänvard ablegen. «Um in der öffentlichen Auseinren hat ein dramatischer Zerfall von Milieus der und dem Verhältnis Kirche und Staat konsandersetzung gehört zu werden, müssten die stattgefunden, die wesentlich zur politischen tant war. Ein Fazit der Forscher ist daher: «Den Kirchen Persönlichkeiten aufbauen, die sich Meinungsbildung beigetragen haben. Dazu geEntkirchlichungstendenzen in der Bevölkerung von der Polarisierung nicht kopfscheu machen hören auch die kirchlichen Milieus, insbesonentspricht somit bis jetzt noch kein Relevanzlassen und pointierte Positionen vertreten.» Ŷ dere das katholische.» WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 3 THEMA Prophetisches Wächteramt «Die Kirche muss sich auch politisch engagieren, weil Gott die Welt liebt.» Text: lic. theol. und Dr. sc. nat. ETH Eva B. Keller, Uetliburg | Bilder: Lika Nüssli Der Kirche kann das Wohl der Menschen, Völker und Nationen nicht egal sein – wie das gemäss Bibel auch Gott nicht egal ist. Glaube gilt bei uns als Privatsache. Staat und Kirche sind mehr oder weniger getrennt. Der Staat sorgt dafür, dass die Verwaltung der Kirchen modernen demokratischen Grundsätzen genügt, und gibt ihnen dafür die öffentliche-rechtliche Anerkennung. Folgt daraus, dass sich die Kirchen unpolitisch verhalten müssen? Geht es uns als Kirchenmitglieder nichts an, was ausserhalb der Kirche geschieht? Ist Glaube wirklich Privatsache? EIN BLICK IN DIE BIBEL In der Bibel kommt das ganze menschliche Leben in den Blick: religiöse Riten und Feste, Gerechtigkeit im Umgang mit den Mitmenschen, Fürsorge für die Armen, wirtschaftliches Handeln. Im 2., 3. und 5. Buch Mose gibt es eine Menge Vorschriften dazu. Die Sozialgesetzgebung nimmt einen breiten Raum ein. Diese Gebote gibt Gott den Israeliten, die er aus der Knechtschaft in Ägypten befreit hat. Sie dienen dazu, ein Leben als von Gott Befreite zu führen. Viele dieser Vorschriften und Gebote können heute nicht wörtlich umgesetzt werden. Wir ha- ben eine ganz andere Staats- und Wirtschaftsform als damals. Rechtspflege und Armenfürsorge haben sich weiterentwickelt. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen einfliessen. Aber diese Vorschriften und Gebote sind für uns als Einzelne wie als Kirche ein Impuls, dass der Glaube unser ganzes Leben umfasst. Dazu gehört auch die Politik – erst recht in einer Demokratie, in der sich alle politisch einbringen können. Leonhard Ragaz fasst die Grundlinie der Bibel so zusammen: «die Botschaft vom Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit für die Erde». GRUNDLINIEN Gott solidarisiert sich mit der Welt in ihrem Um die biblischen Impulse für unsere Zeit fruchtLeiden. Er solidarisiert sich mit denen, die leibar zu machen, müssen wir nach den biblischen den, mit den Armen, den Hungernden, den AusGrundaussagen und Schlüsgeschlossenen, den Hoff«In der Bibel kommt das ganze selstellen fragen. Zentrale nungslosen. Wo Gott Einmenschliche Leben in den Blick: Aussagen über Gott finden fluss nimmt, reicht es für religiöse Riten und Feste, wir bei der Dornbuschszene alle. Da geht niemand leer Gerechtigkeit im Umgang mit den und im Johannesevangeliaus. Die Welt mit ihrer Mitmenschen, Fürsorge für die um. Aus dem Dornbusch Ungerechtigkeit und Armen, wirtschaftliches Handeln.» sagt Gott zu Mose: «Ich haihrem Unfrieden veränbe das Elend meines Volkes dert sich. Ein Leben in in Ägypten gesehen, und ihr Schreien über Fülle als Geschenk Gottes ist verheissen, ihre Antreiber habe ich gehört, ich kenne seine Gerechtigkeit und Frieden. Schmerzen. So bin ich herabgestiegen, um es aus KONKRETES TUN der Hand Ägyptens zu erretten …» (Ex 3, 7–8). Der Mensch, der im Ebenbild Gottes erschaffen Jesus sagt zu Nikodemus: «So sehr hat Gott die wurde (Gen 1, 27), soll sich Gott als Vorbild Welt geliebt …» (Joh 3, 16) Ein Zelt? Eine Bühne mit geöffnetem Vorhang? – Die Schwestern bringen Ihre Ideen offen zusammen. 4 AUSGABE 1/2016 Jesus hat genau das gelebt: Er sah die Menschen, die litten und seine Hilfe brauchten. Er hörte, wenn jemand um Heilung und Rettung schrie. Er ging auf die Menschen zu, die ausgeschlossen waren, und holte sie in die Gemeinschaft mit Gott hinein. Er teilte mit hungrigen Leuten Brot und Fische und liess alle satt werden. Er verkündete das Reich Gottes, das am Kommen ist, und liess es schon jetzt für die Menschen erfahrbar werden. Er verkörperte die Liebe Gottes zur Welt. Es war eine Gegenkraft der Macht- und Gewaltlosen gegen das Römische Reich, das den «Frieden» mit militärischer Gewalt durchsetzte. THEMA nehmen. Deshalb nimmt die Sozialgesetzgebung einen breiten Raum ein. Der Ruf, auch die Armen gerecht zu behandeln und sich nicht durch Unrecht an ihnen zu bereichern, ertönt in den Vorschriften, durchzieht aber auch die Botschaft der Propheten, v. a. bei Jesaja und Amos. Konkretes Handeln wird von Nehemia berichtet. Nehemia gehörte zu einer judäischen Familie, deren Vorfahren von den Babyloniern verschleppt wurden. Unter der Herrschaft der Perser ging Nehemia nach Jerusalem und organisierte dort den Wiederaufbau der beschädigten Mauer. Viele Einheimische mussten ihr Land und ihre Häuser verpfänden, um die Abgaben an den persischen König zu bezahlen und um Getreide zu kaufen in einer Zeit von Hungersnot. Ihre Existenz war bedroht. Nehemia hörte auf ihre Hilferufe, kritisierte den Wucher, der betrieben wurde, und organisierte einen Schuldenerlass. Er selber verzichtete ebenfalls auf die Rückforderung geliehener Gelder. Nehemia handelte politisch aus dem Glauben heraus (Neh 5). Für Dietrich Bonhoeffer lebt der christliche Glaube aus einem Tun, das den bedrohten Nächsten schützt und rettet. Deshalb setzte er sich gegen das Naziregime und für die Rettung der bedrohten und verfolgten Juden ein. Die Bekennende Kirche, die aus Angst vor politischer Einmischung und deren Folgen sich fast nur noch mit liturgischen Erneuerungen beschäftigte, rüttelte er mit folgenden Worten auf: «Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen.» Bonhoeffer war auch bereit, zusammen mit Leuten gegen Hitler vorzugehen, die nicht kirchlich oder religiös motiviert waren, aber dasselbe Ethos wie er hatten. Heutige Herausforderungen Nach wie vor aktuell sind soziale Fragen. Seit der ersten Generation der Christen ist das diakonische Handeln für die Bedürftigen ein zentrales Anliegen der Kirche. Sie nimmt damit das Wort Jesu ernst: «Was ihr einem dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan.» (Mt 25, 40) Zwingli ging noch einen Schritt weiter. Er führHeute hat die Kirche noch mehr Möglichkeiten, te im Jahr 1525 mit dem Mushafen, der tägliihr prophetisches Wächteramt wahrzunehmen. chen warmen Mahlzeit für Als kirchliche Behörde und «Das politische Handeln beginnt die Armen, die Almosenals Kirchenmitglieder müsin den Predigten, die aufgrund ordnung ein. Damit wurde sen wir politisch aktiv werder biblischen Botschaft die heuauch die Stadt dazu verden, wo es Not tut. Wir tige Zeit in den Blick nehmen.» pflichtet, dem Elend entgemüssen hinsehen und hingenzuwirken. Die Pflicht hören. Wo werden Menzur Versorgung der Armen und Kranken lastete schen ausgegrenzt, weil sie Ausländer, Flüchtnicht mehr nur auf den Schultern der Kirche. linge, Kranke, Behinderte, Sozialhilfeabhängige, Der Grundstein für das heutige staatliche Alleinerziehende, Ausgesteuerte sind? Welche Sozialwesen war dadurch gelegt. Minderheiten werden pauschal verurteilt und damit an den Rand gedrängt? Wo führen Gesetze zu neuen Ungerechtigkeiten und verschärfen die Ausgrenzung? Wie sieht Gerechtigkeit, auch in finanziellen Fragen wie z. B. Steuern oder soziale Unterstützung, konkret aus? Der Befreiungstheologe Urs Eigenmann schlägt dazu eine Reich-Gottes-Verträglichkeitsprüfung für gesellschaftliche Verhältnisse vor. Das politische Handeln beginnt in den Predigten, die aufgrund der biblischen Botschaft die heutige Zeit in den Blick nehmen. Das braucht eine sorgfältige Bibelauslegung mit guten Kenntnissen der damaligen Zeit sowie eine vertiefte Wahrnehmung, was gesellschaftlich und politisch läuft. Aber konkrete Abstimmungsund Wahlempfehlungen sind auf der Kanzel fehl am Platz. Wenn überhaupt, gehören sie in eine Gesprächsrunde, in denen sich alle Anwesenden äussern können. Bei vielen Fragen ist die biblische Sicht nicht immer so klar. Hier gilt es, die Argumente gegeneinander abzuwägen. Zum politischen Handeln gehören auch die Kontakte von kirchlichen mit politischen Behörden. So kann schon früh die Sicht aus dem Glauben eingebracht werden. Öffentliche Verlautbarungen der Kirche zum Schutz der Benachteiligten sind eine wichtige Stimme im Chor der Meinungen. Besondere Herausforderungen stellt die Globalisierung dar. Die Macht verschiebt sich von der Politik zu internationalen Konzernen. Wie soll die Kirche darauf reagieren? Die Kirche muss sich auch politisch engagieren, weil Gott die Welt liebt. Ŷ Die beiden Schwestern treten ein für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 5 FOKUS Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler hat das Sterben wie auch den Tod seiner Geliebten Valentine Godé-Darel in vielen Bildern festgehalten, hier am Todestag, 26. Januar 1915. Selbstbestimmt leben – selbstbestimmt sterben Rapperswil-Jona: Zu einer kontroversen Veranstaltung rund um das Sterben Text: Antoinette Lüchinger, Jona | Bild: Ferdinand Hodler Wo sind die Grenzen zum selbstbestimmten Leben und Sterben? Zu diesem brisanten Thema veranstaltete die evang.-ref. Kirchgemeinde Rapperswil-Jona einen Vortragsnachmittag mit anschliessender Diskussion und mit zwei kontroversen Referenten seitens Palliative Care und Exit. Das Votum von Pfarrerin Renata Aebi, Beauftragte für Seelsorge in der Palliative Care der St.Galler Kantonalkirche, war klar. Sie sieht in der Forderung von Exit nach einem liberalisierten Zugang zum Altersfreitod für sogenannte «Lebenssatte» ein gefährliches und falsches gesellschaftliches Signal. Dies sei sozusagen eine Bankrotterklärung aller Bemühungen um Humanität und eine alarmierende Entwicklung! Die Diskussion um den Altersfreitod zeige die Verunsicherungen und Ängste einer breiten Öffentlichkeit in Bezug auf Hochaltrigkeit und Pflegeabhängigkeit. Allerdings stellte Renata Aebi nicht in Abrede, dass Menschen nach langem, unheilbarem Leiden an einen Punkt gelangen können, wo sie nicht mehr leben wollen und den Weg der Suizidbeihilfe sozusagen als letzten Ausweg wählen. PALLIATIVE CARE: WÜRDIG STERBEN «Es soll ganz sicher niemand beurteilt oder gar verurteilt werden, der die Suizidbeihilfe wählt», so Pfarrerin Aebi. Doch sollten ihrer Meinung nach Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen Menschen sich auch im hohen Alter, mit Gebrechlichkeit, Invalidität und schwerer Erkrankung angenommen fühlen und ihre Würde gewahrt wird. Die Lancierung der Palliative Care-Strategie 2010–2015 durch Bund und Kantone mit dem Ziel, die Lebensqualität von Schwerkranken und sterbenden Menschen in 6 AUSGABE 1/2016 der Schweiz zu verbessern, sei ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung, so Pfarrerin Aebi, ebenso das Grundlagenpapier des Bundes vom 31. August 2015 für den verstärkten Einsatz von Palliative Care in der Langzeitpflege und Pflege zu Hause. Die Einzigartigkeit jedes Lebens und jedes Menschen habe einen unverlierbaren Wert. Durch solidarisches Teilen von Leben und Leiden lerne man viel. Wenn Menschenwürde mit Gesundheit und Funktionalität verknüpft werde, entstehe ein enormer Druck auf die Schwächsten in der Gesellschaft (Euthanasie-Gefahr). Aus der christlichen Perspektive mache das Leiden durchaus Sinn, und Heil bedeute nicht unbedingt körperliche Unversehrtheit. Palliative Care wahre die Würde und Daseinsberechtigung eines Menschen und unterstütze und begleite ihn. Dies geschehe mittels optimaler Schmerz- und Symptombekämpfung – medizinisch, psychologisch, sozial und spirituell auf seinem Weg in den Tod. EXIT ALS FREIPASS IN DEN TOD Walter Fesenbeckh, Theologe und Freitodbegleiter und ehemaliges Vorstandmitglied Exit, sprach sich für die Sterbehilfe aus. Dies sei keine Hauptstrasse zum Abgang, sondern eine Notlösung. Circa 600 Personen pro Jahr wählten in der Schweiz die Suizidbeihilfe. Eine starke Zunahme sei nicht zu verzeichnen. «Meistens treten die Angehörigen auf die Notbremse», so Fesenbeckh. Exit übe keinen Druck aus. Für die Sterbehilfe gibt es klare Kriterien: Nur wer «aus selbstsüchtigen Beweggründen» jemandem zum Selbstmord Hilfe leistet, wird nach Art. 115 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei der Suizidhilfe geht es darum, dem Patienten die tödliche Substanz zu vermitteln, die der Suizidwillige ohne Fremdeinwirkung selber einnimmt. Das Bundesgericht verlangt zusätzlich eine präzise Abklärung. Ob es sich um keinen Spontanentscheid handelt, muss durch einen Arzt oder zwei Psychologen abgeklärt werden. Es darf keinen Druck von aussen geben, die Urteilsfähigkeit muss vorhanden sein etc. Allerdings können auch psychisch wie körperlich Kranke diesen Dienst in Anspruch nehmen – ohne unheilbar krank zu sein. Exit sieht sich als marginale Ergänzung zu Palliative Care. DAS GESPRÄCH WEITERFÜHREN Der gut besuchte Anlass endete in einer interessanten Diskussion. Jemand liess verlauten: Die fortschrittliche Medizin sei schuld, dass der Tod oft hinausgezögert werde. Die Patientenverfügung wurde als Mittel zur eigenständigen und eigenverantwortlichen Entscheidung erwähnt und befürwortet – dies hinsichtlich des Umgangs mit der medizinischen Versorgung bei einer terminalen Erkrankung, einem schweren Unfall oder dem nahenden Tod. Diese Verfügung könne durchaus eine Suizidbegleitung ersetzen, vermerkte Fesenbeckh. Auch das Sterbefasten sei eine Alternative. Im Hinblick auf die Palliative Care wurden Bedenken laut wegen fehlendem Pflegepersonal, vor allem im Falle von Demenz und unheilbaren Schmerzen. Auch Christus als Wegbegleiter und Helfer kam ins Gespräch und die tragende Rolle des Glaubens. Ebenso standen Fragen nach Möglichkeiten und Grenzen der medizinischen Versorgung und deren Kosten im Raum, ob hohe Pflegekosten mögliche Auslöser für einen Suizid seien oder wann ein Verzicht auf lebensverlängernde Massnahmen angezeigt sei. Wo sind die Grenzen der Selbstbestimmung? Dies seien schwierige Fragen, jeder müsse schlussendlich für sich selber entscheiden, so Diakon Christopher Wellauer. Zum Thema Patientenverfügung sei ein separater Anlass im März 2016 geplant. Ŷ FOKUS «Toggenburger Alpgenossenschaften haben die Reformation ermöglicht» Interview mit Christoph Sigrist, «Nachfolger Zwinglis» am Zürcher Grossmünster Interview und Foto: Philippe Welti Christoph Sigrist (52) ist Botschafter des Zürcher Reformationsjubiläums und predigt heute am Grossmünster, der Wirkstätte des Reformators Huldrych Zwingli. Vorher war Sigrist als Pfarrer im Toggenburg, der Heimat Zwinglis, tätig. Er ist überzeugt, dass die Alpkultur des Toggenburgs der Reformation in Zürich zum Durchbruch verholfen habe. Was bedeutet Ihnen die Leistung des Zürcher Reformators Zwingli? Er war nicht nur ein grandioser Theologe, sondern auch ein Politiker und Diplomat. Zwingli wusste, dass er die Zürcher Kirche nur erneuern konnte, wenn es ihm gelingt, die Mehrheit der Menschen hinter sich zu bringen. Zugute kam ihm dabei, dass er sich nicht in Details verlor, sondern die Dinge auf den Punkt bringen konnte – auch in seinen Predigten. Zwingli hat einst das Betteln verboten. Hatte er kein Herz für die Armen? Bettler wurden in der Geschichte immer wieder vertrieben oder instrumentalisiert. Beides verabscheute Zwingli, da es nicht christlich-reformiertem Denken entsprach. Vor der Reformation waren Bettler Bittsteller und Abhängige, die von der Kirche für ihre Zwecke benutzt wurden. Für Zwingli hatten der Schutz und die Freiheit des Menschen einen ganz grossen Stellenwert. Zwingli hat zwischen echten und unechten Armen unterschieden. Erstere wurden unterstützt, letztere waren die faulen Müssiggänger, die in Arbeitsprogramme kamen. Würde Zwingli syrische Flüchtlinge aufnehmen? Damals gab es keine Flüchtlinge mit einer nichtchristlichen Religion in der Schweiz. Zwingli kannte diese Situation also nicht. Aber für ihn war sonnenklar, dass man diejenigen, die in Not sind, aufnimmt. In der Helferei des Grossmünsters hat Bullinger, der Nachfolger Zwinglis, reformierte Flüchtlinge aus Lugano aufgenommen. Auch heute engagieren wir uns dort diesbezüglich. ZWINGLI ALS REFORMATOR Wie brachte er die Leute für die Reformation hinter sich? Er stellte nicht gleich alles auf den Kopf. Als Gemeindeamman-Sohn aus Wildhaus hatte er Vertrauen in die Instrumente des Staates und der Gesellschaft. Als ihm die Zürcher Obrigkeit ZWINGLI, DER TOGGENBURGER sagte, er habe mit der Erneuerung der Kirche Zwingli war ein Toggenburger. Was hat er aus zwar Recht, die Zürcher seien dafür aber noch seiner Heimat nach Zürich gebracht? nicht reif dafür, führte er die Messe noch einSein Feeling für die Genossenschaftskultur, mit einhalb Jahre nach altem Ritus weiter. Dann dem er der Reformation zum Durchbruch vergab ihm die Obrigkeit grünes Licht für die Rehalf. Wenn man heute in den Selun hinaufgeht, formation. Diese war – im Unterscheid zu dann sieht man dort noch, Luther – eine städtische «Der Glaube des einzelnen Bürgers was ihn geprägt hat: Die Reformation der Obrigwar für Zwingli nicht Privatsache, demokratische Zusammenkeit. Als Theologe war sondern hatte öffentliche Relevanz.» arbeit, wie man sie in den Zwingli sich bewusst, Alpgenossenschaften seit dass die Instrumente jeher lebt. Dann hat ihn auch die Toggenburger der Reformation die Obrigkeit, der Staat und Musikkultur geprägt. Zwingli war ja sehr musidie Gesellschaft sind. kalisch, komponierte und spielte Hackbrett sowie weitere Instrumente. Sein berühmtes Lied Heute gibt es Stimmen, die sagen, die Kirche «Herr, nun selbst den Wagen halt!» ist heute soll sich nicht in Politik einmischen. Was hätte noch im Kirchengesangbuch. Wir verdanken Zwingli dazu gesagt? der Alpsteinkultur viel. Deshalb sollten wir ihr Das hätte er sich nicht gefallen lassen. Für ihn auch die Wertschätzung entgegenbringen, die war das Evangelium öffentlich, die Kirche dessie verdient. halb auch politisch. Der Glaube des einzelnen Bürgers war für ihn nicht Privatsache, sondern Sie waren selbst Pfarrer in Stein im Toggenburg. hatte öffentliche Relevanz. Spürt man den Geist Zwinglis dort auch heute Für Zwingli beinhaltete der Glaube auch Vernoch? antwortung für die Schwächsten der GesellJa. Im Toggenburg macht man keine grossen schaft. Das zeigte sich in der ersten ArmenWorte über den Glauben. Man hat ein Urververordnung, die er am 15. Januar 1525 in Kraft trauen in Gott und ist zuversichtlich, dass alles setzte. Zwingli hat nicht auf den Sozialismus gut wird. Dieses Vertrauen hat Zwingli auch in gewartet, sondern setzte seine eigene Sozialseinem Pestlied thematisiert. ordnung um. Was wünschen Sie sich als Reformationsbotschafter? Dass wir uns 500 Jahre nach der Reformation auf den Geist Zwinglis besinnen. Zwingli hatte den Mut, alte Zöpfe abzuschneiden. Das müssen wir heute auch. Die Welt wandelt sich. Wir müssen darauf reagieren als Reformierte. Gibt es eine Eigenschaft Zwinglis, die Sie gerne haben würden? Ich schätze seine demütige und musikalische Seite. Mit Weggefährten hat er sechs Jahre lang an der Bibelübersetzung gearbeitet. In der Vorrede allerdings erwähnte er sich selbst nicht. Er wusste, dass es andere vielleicht noch besser machen könnten. Ŷ Weiterführende Literatur zu Zwingli • «Ulrich Zwingli – Prophet, Ketzer, Pionier des Protestantismus», Autor: Peter Opitz, 2015. Theologischer Verlag Zürich, CHF 22.80. • «Ulrich Zwingli: Wie der Schweizer Bauernsohn zum Reformator wurde», Autorin: Ulrike Strerath-Bolz, 2013, Wichern-Verlag, CHF 16.80. Will wie Zwingli mit der Zeit gehen: Reformationsbotschafter Christoph Sigrist beim Grossmünster in Zürich WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7 PANORAMA GEMEINDEN Gebetswoche für die Einheit der Christen 2016 Unter dem Motto aus dem ersten Petrusbrief «Berufen, die grossen Taten des Herrn zu verkünden» (1 Petrus 2, 9) rufen Christen aus Lettland zum gemeinsamen Zeugnis auf. Sie haben die Texte für die Gebetswoche für die Einheit der Christen im Januar 2016 vorbereitet. In Lettland gehört jeweils etwa ein Drittel der Bevölkerung den drei Konfessionen protestantisch, katholisch und orthodox an. Die Gebetswoche wird weltweit jedes Jahr vom 18. bis 25. Januar gefeiert. Seit 1973 wird jeweils eine ökumenische Gruppe in einem bestimmten Land um einen Entwurf gebeten. Ŷ 40 Jahre Vielfalt in Ökumene Mit einem bunten Fest, einem Gottesdienst und einem Bazar liess die ökumenische Gemeinde Halden ihr 40-jähriges Jubiläum ausklingen. Vor 40 Jahren wurde die St.Galler Kirche von Katholiken und Protestanten gemeinsam errichtet und über all die Jahre ökumenisch genutzt. Ein Ginkgo-Baum soll an das Jubiläum erinnern. Sevelen: Pfarrteam wieder komplett Text: Reto Neurauter | Foto: Kleber Schildau In Sevelen hat sich das Pfarrteam wieder komplettiert: das Pfarrehepaar Beate und Jörg Drafehn wirken als Verweser. Sie kommen aus Schildau in Sachsen und sind mit ihren beiden Kindern in die Schweiz übergesiedelt und wohnen im Pfarrhaus. Sie sind zu je 50 Prozent angestellt. Das Pfarrehepaar Renata und Richard Aebi ist nach Sargans gezogen und hat ihr Pensum in Sevelen reduziert: er auf 50 Prozent und sie auf 10 Prozent. Das Pfarrehepaar Drafehn kann nach zwei Jahren gewählt werden. Ŷ Pfarrehepaar Beate und Jörg Drafehn mit ihren Kindern. 8 AUSGABE 1/2016 Beim Kick-off in der Offenen Kirche St.Gallen informierte Theodor Pindl, Intendant des WirkRaumKirche, über die Aufgaben und Aktivitäten des interkonfessionell getragenen und neu begründeten Vereins. Raum für mehr Experimente Text: pd | Foto: as Im November 2015 präsentierte sich der ökumenische Verein WirkRaumKirche St.Gallen der Öffentlichkeit. WirkRaumKirche, Nachfolger des Vereins Offene Kirche St.Gallen, bildet die Plattform für spirituelle, kulturelle und soziale Projekte in der Stadt und im Raum St.Gallen. Er strebt «niederschwellige und überraschende Angebote» an, die «zur Lebenssituation, zum Lebensgefühl und zum Lebensstil» der Menschen passen, wie es im Leitbild heisst. Unter seinem Dach finden sich künftig Angebote und Projekte der Offenen Kirche St.Gallen, der «Kirche in der City» sowie des Projekts für junge Erwachsene «safranblau». Neu im Gespräch ist die Kirche St.Mangen als Standort für die Offene Kirche. Die Umorientierung ist notwendig, da das derzeitige Gebäude der Offenen Kirche wegen der Neugestaltung des Platztor-Areals spätestens 2020 schliesst. Die Kirche St.Mangen ist ein bedeutender Kraftort in der Stadt St.Gallen und könnte in Zukunft als «Kirche der Stille» vermehrt als solche genutzt werden. INNOVATIVE HANDLUNGSIMPULSE Der Verein WirkRaumKirche, der von den Landeskirchen getragen wird und gemäss Statuten interreligiös offen und politisch unabhängig ist, sieht seinen Auftrag auch darin, in engem Kontakt zu den bestehenden Kirchgemeinden und Pfarreien innovative Handlungsimpulse zu setzen. «WirkRaumKirche will Räume öffnen, will möglich machen, heute etwas auszuprobieren, was morgen vielleicht Standard ist», sagt der Intendant des WirkRaumKirche, der Philosoph und Theologe Theodor Pindl. Der Anspruch, ein zukunftsweisendes «Pionierprojekt» zu beginnen, das über die Stadt hinausausstrahlt, verbindet Pindl mit dem Anliegen, eingeschliffene Kirchenklischees abzubauen und alte Schätze ohne Berührungsängste zu entdecken. In diese Richtung geht ein weiteres neues Projekt des WirkRaumKirche, das «Stattkloster St.Gallen», das schon im Namen Neues mit Altem in eine spannungsreiche Beziehung setzt. BREITE TRÄGERSCHAFT Als Adressaten des WirkRaumKirche sind vor allem diejenigen angesprochen, die in den herkömmlichen Kirchenstrukturen zu kurz kommen, die aber dennoch auf der Suche sind: «Passende und Unpassende, Eigene und Fremde, Etablierte und Benachteiligte, Sichere und Unsichere», wie es im Leitbild des WirkRaumKirche heisst. Präsidiert wird der Verein von Rachel Diem-Rohrer, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Straubenzell. Der Vorstand ist aus Seelsorgenden und Behörden der katholischen, evangelischen und christkatholischen Kirche zusammengesetzt. Gründungsmitglieder des 2014 gegründeten Vereins sind die christlichen Kirchen der Stadt und des Raums St.Gallen: die Evangelischreformierten Kirchgemeinden Straubenzell, Centrum und Tablat, die Katholische Kirchgemeinde St.Gallen, die Christkatholische Kirchgemeinde St.Gallen sowie die Evangelischreformierte Landeskirche beider Appenzell. HOT SPOTS Als Hot Spot für den WirkRaumKirche wurde das Projekt «Zusammenklang» von Natalja Marchenkova Frei und Karl Schimke vorgestellt. Das Kompositionsprojekt mit allen Kirchenglocken der Stadt St.Gallen ist als Weltpremiere für den Sonntag, 21. August 2016, geplant – als Ausklang des St.Galler Festes. Die aus Wien stammende bildende Künstlerin Katharina Mayrhofer hat die Offene Kirche St.Gallen aktuell mit ihrer Installation «golden delicious» ausgestattet. Zum anschliessenden Apéro und Jazz mit Claude Diallo waren alle Gäste herzlich eingeladen. Ŷ PANORAMA KANTON PANORAMA KANTON 500 Jahre Reformation ist wichtig Text: as| Foto: ack Jeweils am ersten Montag im Dezember trifft sich die Synode, das Parlament der St.Galler Kantonalkirche, im Grossratssaal in St.Gallen. Die diesjährige Wintersynode diskutierte, ausgehend vom Budget 2016 und einer Interpellation aus Grabs, Fragen rund um die Kommunikation. Zur Finanzierung des Reformationsjubiläums 2017—2018 wurden eine Million Franken aus dem Wartenseefonds bewilligt. Ein letztes Mal vor seiner Ablösung durch Diakon Urs Meier, St.Gallen, führte der Rebsteiner Pfarrer Renato Tolfo als Präsident der Synode durch die Geschäfte. Kirchenrat Heinz Fäh hat die Synodalen mit einer adventlichen Besinnung aufgefordert, sich von der Not anderer bewegen zu lassen und so die Ankunft Christi, den Advent, aktiv zu begehen und zu feiern. KIRCHENBOTE SOLL BILLIGER WERDEN Klar wurde das Budget 2016 der Kantonalkirche genehmigt. Bei 21,4 Millionen Franken Einnahmen rechnet die Kantonalkirche mit einer ausgeglichenen Rechnung. Beim Finanzausgleich geht der Kirchenrat von Einnahmen in der Höhe 8,3 Millionen aus. Davon gehen rund 7,1 Millionen an finanzschwache Gemeinden. Weil der Kirchenbote direkt der Synode unterstellt ist, wurde dessen Budget gesondert behandelt. Hans-Paul Candrian, Präsident der Verlags- und Redaktionskommission, konnte nach Jahren mit Verlusten für das Jahr 2016 einen Überschuss präsentieren. Dies habe damit zu tun, so Candrian, dass die Kirchgemeinden neuerdings ihre Gemeindeseiten über ein Online-Redaktions-Tool (ORT) selber gestalten und die Aufgabe der Lokalredaktionen entfalle. Das ORT sei noch zu verbessern und die Verantwortlichen in den Gemeinden würden den Umgang damit optimieren können. Den Vorwurf, der Kirchenbote habe Arbeit an die Gemeinden ausgelagert, konterte Hans-Paul Candrian mit dem Versprechen, allenfalls schon im Jahr 2017 den Abonnementspreis von 13 auf 12 Franken reduzieren zu können. Zudem informierte Hans-Paul Candrian die Synode darüber, dass der Studienurlaub des Redaktors auf den Sommer verschoben wurde. Seelsorge an Spitälern unter neuem Dach Text und Bild: Andreas Ackermann EIN STARKES REFORMATIONSJUBILÄUM Dann hatten die Synodalen ein ambitioniertes Programm zum Reformationsjubiläum zu bewilligen, finanziert durch den Wartenseefonds, den Lotteriefonds und weitere Einnahmen. Den 20-seitigen Antrag des Kirchenrats hatten die Delegierten aus den Gemeinden studiert. Nun begründete Kirchenratspräsident Martin Schmidt die Eckwerte dieser Zeit des Feierns. Es gehe einerseits darum, sich zu erinnern, woher wir als Reformierte kommen und wer wir sind, dann aber gelte es, in einem gemeinsamen Prozess auf der Ebene der Kirchgemeinden, der Regionen und des Kantons zu zeigen, dass wir eine Kirche seien, die sich stets reformiert und in die Zukunft blickt. Schmidt betonte, dass für die Jubiläumsaktivitäten keine speziellen Stellen geschaffen wurden, sondern alle Arbeitsstellen mitwirken. Auch seien Kirchgemeinden und freie Anbieter aufgefordert, Ideen zum Jubiläum einzureichen. So bewilligte die Synode mit keiner Gegenstimme, dass aus dem Wartenseefonds eine Million Franken zur Finanzierung des Jubiläums gesprochen werden. KOMMUNIKATION BÜNDELN Ein Postulat, das vor allem die Finanzierung von Hochzeiten in fremden Kirchgemeinde regeln soll, wurde aufgenommen und auf Taufen und Beerdigungen ausgedehnt. Der Kirchenrat will eine Regelung erarbeiten – allerdings eine, die nur für die St.Galler Kantonalkirche gültig ist. Für eine Schweizer Lösung, so Martin Schmidt, wären die Hürden zu hoch. Kirchenratspräsident Martin Schmidt erläutert die Eckwerte zum Reformationsjubiläum. Vertretungen von Spitälern, Regierung und Kirchen an einem Tisch zur Unterzeichnung der Vereinbarung. Weiter forderte eine Interpellation aus Grabs, dass die Kommunikation der St.Galler Kirche «einheitlicher, effizienter und effektiver» werde. Kirchenratspräsident Martin Schmidt betonte, dass die Synode die Entscheidungskompetenz habe über den Kirchenboten wie auch über die Stellenprozente für die kirchenrätliche Kommunikation, die aktuell nur bei 50 Prozent liege. Schon in den Vorsynoden wurde betont, dass der Kirchenbote der Synode unterstellt bleiben soll. Ein Toggenburger Synodaler meinte, dass ihm die Rede von der «Einheitlichkeit» Angst mache. Der Lebendigkeit im Kanton könnten damit künstliche Schranken gesetzt werden. Ŷ Mitte Dezember haben die CEOs der Spitalregionen, Martin Schmidt, Präsident des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen, Bischof Markus Büchel und Hans Wüst, Präsident des Administrationsrates des katholischen Konfessionsteils St.Gallen, eine Vereinbarung unterzeichnet, welche die Zusammenarbeit der Seelsorge an den Spitälern neu regelt. Die Seelsorge erfolge grundsätzlich ökumenisch und in einem interreligiös offenen Geist, heisst es in der neuen Vereinbarung. Denselben offenen Geist habe er auch bei den Verhandlungen zur neuen Vereinbarung zwischen den Kirchen und den CEOs der Spitalregionen gespürt, sagte Martin Schmidt bei der Unterzeichnung. SEELSORGE INTEGRIEREN «Zu einer ganzheitlichen Betreuung gehört die Seelsorge selbstverständlich dazu», sagte Daniel Germann, Direktor des Kantonsspital St.Gallen. «Darum ist es wichtig, dass die Patientinnen und Patienten die Seelsorge als Teil des Angebotes des Spitals wahrnehmen». Dies ist bereits in vielen Spitälern der Fall. Mit der neuen Vereinbarung soll die Zusammenarbeit vereinheitlicht werden. Dies gilt einerseits für die Rahmenbedingungen der Seelsorgerinnen und Seelsorger an den Spitälern, andererseits für Entschädigungs- und Abrechnungsfragen. So regelt die Vereinbarung etwa den Umgang mit Patientenlisten oder die Mitwirkungsrechte und -pflichten. Die Anstellung obliegt wie bisher den beiden Kantonalkirchen. HÖHERE PENSEN Mit der neuen Vereinbarung einher geht auch eine Pensenerhöhung. Die Pensen werden je nach Ausrichtung und Art der Spitäler berechnet. So steht etwa einem Spital mit einer Akutgeriatrie oder einer Palliativabteilung mehr Seelsorgepensum zu. Somit sind in den vier Spitalregionen über zwanzig Spitalseelsorgerinnen und -seelsorger mit neu insgesamt 900 Stellenprozenten (bisher 840 Prozent) tätig. Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9 IN KÜRZE PANORAMA SCHWEIZ Prototyp der neuen Kirchenzeitung «Réformés» Glasfenster im jüdischen Gemeindehaus St.Gallen Neue Kirchenzeitung für die ganze Westschweiz Burkhalter: gegen «Normierte Antisemitismus Kinder» – nein! Text: ref.ch | Foto: protestinfo/Joël Burri Die Conférence des églises romandes (CER) hat auf ihrer Generalversammlung die Schaffung einer gemeinsamen Mitgliederzeitung für vier Westschweizer reformierte Kirchen beschlossen. Das neue Produkt «Réformés» soll ab Herbst 2016 «Vie protestante» und «Bonne nouvelle» ersetzen. Heftig diskutiert wurde das redaktionelle Leitbild. Die Genfer Kirche (EPG) verlangte nicht weniger als acht Änderungen. Im Mittelpunkt stand die Frage, inwieweit die neue Zeitung einen bekennenden Charakter haben solle. «Wir können uns kein protestantisches Kulturjournal mehr leisten. Unsere Zeitung muss der Mission der Kirche dienen, das Evangelium zu verkünden», sagte EPG-Präsident Emmanuel Fuchs. «Es ist schon problematisch, wenn im Leitbild einer Kirchenzeitung die Worte Bibel, Evangelium oder Jesus Christus nicht vorkommen.» Schliesslich einigten sich die Kirchen auf die Erwähnung des «kirchlichen» Charakters der Zeitung. Ŷ Aus der «Reformierten Presse» wird «bref» 18 Organisationen reichten das Referendum ein Text: ref.ch | Bild: as Text: ref.ch | Bild: Marius Schären/reformiert.info An einer Tagung des EDA vom 1. Dezember forderte Bundesrat Burkhalter eine verstärkte Zusammenarbeit von Behörden und Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung des Antisemitismus. Das Referendum gegen das neue Fortpflanzungsmedizingesetz steht. Über 60 000 Schweizerinnen wollen eine Neufassung. Das Volk muss nochmals über medizinische Untersuchungen an Embryonen entscheiden. In seiner Eröffnungsrede erinnerte Bundesrat Didier Burkhalter daran, dass die jüdische Gemeinschaft seit dem Mittelalter in der Schweiz ansässig und ein Bestandteil der Schweizer Gesellschaft ist. Burkhalter betonte, dass der Bundesrat darüber informiert sei, dass die antisemitischen Vorfälle in diesem Jahr in Europa zugenommen hätten und dass sie für die Menschen jüdischer Religion und für ihre Institutionen in der Schweiz eine Bedrohung darstellten. Er versicherte, dass die schweizerischen Behörden wenn nötig entsprechende Massnahmen ergriffen, um der jüdischen Gemeinschaft Schutz vor Angriffen zu bieten. Die Stimmbürger haben 2015 bereits den Verfassungsartikel 119 gutgeheissen. Dieser ermöglicht die sogenannte Präimplatationsdiagnostik (PID). Das Gesetz dazu war bereits vor der Abstimmung in den eidgenössischen Räten gutgeheissen worden. Es trat jedoch noch nicht in Kraft, da eine halbjährige Referendumsfrist galt. Auch Michele Galizia, Leiter der Fachstelle für Rassismusbekämpfung, riet dazu, wachsam zu bleiben: Rassismus und Antisemitismus träten in immer neuen Erscheinungsformen auf und bedürften daher ständiger Beobachtung. Text: ref.ch | Bild: bref ZU WEIT GESTECKT 18 Organisationen haben nach Annahme des Verfassungsartikels mit der Unterschriftensammlung gegen das Gesetz begonnen, darunter die Evangelischen Frauen Schweiz, EFS, der Katholische Frauenbund (SKF) sowie Vertreter verschiedenster Parteien, Gentechnologiekritiker und Behinderten-Organisationen. Sie kritisieren, dass PID auf Wunsch bei allen in vitro gezeugten Kindern angewendet werden kann. KEINE NORMIERUNG Darin sehen die Frauenverbände eine Gefahr: «Da sollen Menschen, die nicht der Norm entsprechen, aussortiert werden», sagt Dorothea Forster, Co-Präsidentin des EFS. Diese Möglichkeit erhöhe den Druck auf Paare, alles zu unternehmen, damit sie ein Kind bekommen, das den gesellschaftlichen Normen entspreche. Ŷ Die neue Zeitschrift «bref» ersetzt zu Jahresbeginn die «Reformierte Presse», wie es in der «Reformierten Presse» vom 20. November heisst. Auch Herbert Winter, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) referierte. Er zog Bilanz über die Situation der Jüdinnen und Juden in der Schweiz, die vor 150 Jahren als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger anerkannt wurden. Ŷ Der Titel stehe in der Nachfolge der «Reformierten Presse» und vereine Journalismus aus den reformierten Landeskirchen mit längeren Erzählstücken, Meinungen und Unterhaltung. «bref» setze auf die «klassischen Stärken eines Magazins», wird Thomas Gehrig zitiert. Gehrig ist Herausgeber und Geschäftsführer der Reformierten Medien. Pfarr-Ausbildung neu geregelt Das 24-seitige, vierfarbige Magazin lege grossen Wert auf Gestaltung, Bild und Sprache. Die Schwerpunkte bilden Themen aus Religion, Theologie, Philosophie, Kultur und Gesellschaft. Ein eigener Teil im Magazin werde kompakt über die Ereignisse in den jeweiligen Deutschschweizer Kirchen berichten. Weitere Informationen: www.brefmagazin.ch Ŷ 10 AUSGABE 1/2016 Text: ref.ch Neue Inhalte für die Ausbildung von Pfarrpersonen sollen ab 2018 umgesetzt werden. Damit würde die Pfarr-Ausbildung den Herausforderungen in Zeiten grosser kirchlicher Umbrüche angepasst, wie das Konkordat für die Ausbildung der reformierten Deutschschweizer Pfarrer in einer Mitteilung schreibt. Damit werden die Ausbildungsinhalte den heutigen Herausforderungen in Zeiten grosser kirchlicher Umbrüche angepasst: Das Mentorat wird aufgewertet und erhält eine höhere Verbindlichkeit. Das Ekklesiologisch-praktische Semester wird modular aufgebaut und thematisch stärker mit den Fakultäten verknüpft. Im Lernvikariat werden Pioneer-Kompetenzen wie Teamfähigkeit, theologische Deutungskompetenz des Kontexts oder Förderung der Beteiligungs-Kirche stärker als bisher gewichtet. Ŷ PANORAMA SCHWEIZ / WELT Schweizer Kirchen veröffentlichen Erklärung zur Religionsfreiheit PANORAMA WELT Russland fordert Rückgabe der Hagia Sophia Text: kath.ch/ref.ch Text und Bild: ref.ch Abgeordnete der russischen Staatsduma haben die Rückgabe der einstigen Kathedrale Hagia Sophia in Istanbul an die orthodoxe Kirche gefordert, wie der Wiener Orthodoxe Informationsdienst (OID) berichtete. Anlässlich einer Solidaritätsreise in den Libanon für die Christen im Nahen Osten haben Kirchenbundspräsident Gottfried Locher und der Präsident der Bischofskonferenz, Markus Büchel, eine Erklärung zur Religionsfreiheit veröffentlicht. Gottfried Locher und Markus Büchel bereisten Ende November mit einer ökumenischen Delegation den Libanon. Sie besuchten mehrere christliche Hilfsprojekte und Flüchtlingsfamilien im Bekaa-Tal nahe der syrischen Grenze, trafen Führer verschiedener libanesischer Religionsgemeinschaften und Vertreter der evangelischen Synode des Nahen und Mittleren Ostens. Vor allem die Audienzen bei drei muslimischen Würdenträgern (der Sunniten, der Schiiten und der Drusen) wurden von den libanesischen Medien gut beachtet. PARALLELEN SCHWEIZ – LIBANON Bei einer Pressekonferenz nahe von Beirut veröffentlichten Büchel und Locher eine gemeinsame Erklärung zur Religionsfreiheit. Darin wird sie als wichtige Ressource für die Zukunft einer multikulturellen Gesellschaft bezeichnet. Ein dauerhafter Frieden sei nur möglich, wenn die Religionsfreiheit gewährleistet sei. Diese müsse auf gegenseitigem Respekt basieren. Gottfried Locher und Bischof Markus Büchel auf Besuch beim Oberhaupt der Drusen. An der Pressekonferenz wurden auch die Parallelen zwischen der Schweiz und dem Libanon unterstrichen: Beide Länder lebten in einer vielfältigen, multikulturellen und multikonfessionellen Gesellschaft, auch wenn Orient und Okzident unter Religionsfreiheit nicht genau das Gleiche verstünden. Gerade christliche Werte wie Glaube, Liebe, Hoffnung seien für das Zusammenleben essenziell. Vergleichbare Werte seien aber auch in anderen Religionen zu finden. Die Delegation betonte an der Konferenz zudem, wie wichtig der Augenschein vor Ort sei, um die Probleme und Herausforderungen des Libanons und des Nahen Ostens zu verstehen. Ŷ Kirchenbundspräsident Gottfried Locher über seine Eindrücke im Libanon Text: ref.ch, Matthias Böhni Sie haben zwei syrische Flüchtlingsfamilien besucht im Bekaa-Tal. Was hat Sie am meisten beeindruckt? Der Schrecken in den Augen des Familienvaters, der von der Flucht mit Frau und Tochter erzählt hat. Wie über Nacht alles verloren war, was er aufgebaut hatte. Nun sind sie zwar knapp mit dem Leben davongekommen, aber eine Zukunft sieht er nicht. Es gibt keine Arbeit im Libanon, und keiner hat auf die Flüchtlinge gewartet. Sie haben mehrmals auf der Reise gesagt, die Christen sollen im Nahen Osten bleiben. Wie können Sie das sagen, angesichts der Situation hier? Ich verstehe jeden und jede, der hier weg will. Ohne Hilfe wird es auch so kommen, dass bald kein Christentum mehr hier ist. Deshalb müssen wir unbedingt alles tun, um die zu unterstützen, die nicht auswandern. Ein Naher Osten ohne Christentum ist auch für Europa nicht gut. Das Wichtigste ist, dass es bald wieder Frieden gibt in der Region. Es braucht deshalb nicht nur finanzielle Hilfe für Flüchtlinge, sondern auch politisches Engagement. Die Reise war ökumenisch. Warum ist das gerade für den Libanon wichtig? Dass wir gemeinsam kamen, Katholiken und Protestanten, wurde hier stark wahrgenommen. Wir wollten damit zeigen, dass es so etwas wie Einheit in Vielfalt gibt. Die Vielfalt ist gewährleistet, im Libanon wie in der Schweiz. Nicht gewährleistet sind konkrete Zeichen der Einheit, und ein solches wollten wir setzen. Bischof Markus und ich sind in den vier Tagen immer nur gemeinsam vor die Medien getreten. Dazu meinte der Leiter des Duma-Ausschusses für Eigentumsfragen und Koordinator der parlamentarischen Gruppe für den Schutz christlicher Werte, Sergej Gavrilov, dass «freundschaftliche Initiativen und Angebote» von besonderer Bedeutung seien, «insbesondere jetzt, da die russisch-türkischen Beziehungen einen Härtetest durchmachen». «Die russische Seite erachtet es als möglich, zur Frage der Hagia Sophia zurückzukehren, dem historischen Heiligtum der christlichen Welt mit Standort in Konstantinopel; einer historischen byzantinischen Kathedrale, verbunden mit der Geschichte der universellen christlichen Kirche», so der Abgeordnete. GUTER WILLE SOLL ÜBER POLITIK STEHEN «Wir erwarten einen freundschaftlichen Schritt von der türkischen Seite, nämlich die Rückgabe der Hagia Sophia von Konstantinopel an die Christenheit.» Russland sei bereit, sich finanziell zu beteiligen und «die besten russischen Architekten und Wissenschafter» für die Restaurierung zu engagieren. «Dieser Schritt würde der Türkei und dem Islam zeigen, dass guter Wille über der Politik steht», so Gavrilov. HEUTE WELTKULTURERBE UND MUSEUM Die Hagia Sophia, die über Jahrhunderte grösste Kirche des Christentums, wurde nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahr 1453 in eine Moschee umgewandelt. 1935, nach der Ausrufung der laizistischen Türkischen Republik, erhielt die Hagia Sophia den bis heute gültigen Status eines Museums. Die Unesco erklärte das Bauwerk 1985 zum Weltkulturerbe. Ŷ YouTube bei 12- bis 19-Jährigen vor Facebook und WhatsApp Text: APD Sie haben in Beirut an einer Pressekonferenz eine ökumenische Erklärung zur Religionsfreiheit veröffentlicht. Hätte man die Pressekonferenz nicht besser in der Schweiz durchgeführt? Die ökumenische Erklärung geht beide Länder an, die Schweiz und den Libanon. Das Medieninteresse war erstaunlich hoch, es waren mehrere libanesische TV-Sender und Journalisten aus beiden Ländern da. Die libanesische Zeitung «L’Orient le jour» hat beispielsweise einen guten Artikel dazu veröffentlicht. Siehe www.kirchenbund.ch. Ŷ 61 Prozent der deutschen Jugendlichen benennen YouTube als liebstes Internetangebot. Mit weitem Abstand folgen Facebook (36 Prozent) und der Messenger-Dienst WhatsApp (29 Prozent). Mit 94 Prozent zählen fast alle Zwölf- bis 19-Jährigen generell zu den Nutzern von YouTube, vier von fünf Jugendlichen (81 Prozent) sehen sich mindestens mehrmals pro Woche Videoclips auf YouTube an, jeder Zweite nutzt die Videoplattform nach eigenen Angaben sogar täglich (52 Prozent). Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11 PALETTE Tanzen, Singen NEUJAHRSTANZTAG — VERWANDLE DIE ZEIT Samstag, 16. Januar, 10—17 Uhr Einmal aus dem Alltag heraustreten, sich lösen vom Lärm der Tage und sich eine kleine Atempause gönnen. Wir schenken uns einen Tag mit wohltuendem Innehalten, mit verschiedenen Kreistänzen zu fröhlicher, beschwingter und besinnlicher Musik. Ort: Ökum. Kirche Halden, St.Gallen Info und Anmeldung: Krisztina Sachs, Reherstrasse 8a, 9016 St.Gallen, Tel. 071 288 31 92 E-Mail: [email protected], Homepage: www.meditatives-tanzen.ch OFFENE MEDITATIONSANGEBOTE RINGEN MIT GOTT Ökumenische Kirche Halden: – jeden Freitagmittag 12.15–13.15Uhr (am ersten Freitag im Monat gibt es um 12.45 Uhr eine Lichtmeditation) – Stille am Abend, 18.30–20 Uhr: 7. und 25. Januar, mit Margrit Wenk Reformiertes Kirchgemeindehaus Riethüsli: – jeden Montag, 8–9 Uhr – jeden Dienstag, 18–19.30 Uhr, mit Gabrielle Bregenzer 27. Januar, 19.30 Uhr HEILMEDITATION Ein Abend mit dem neuen St.Galler Rabbiner Tovia Ben-Chorin; Thema: «Ringen mit Gott, die Gottesvorstellung eines modernen Rabbiners» Ort: Jüdische Gemeinde St.Gallen Veranstalter: CJA St.Gallen/Ostschweiz Mittwoch, 13. Januar, 14.30 Uhr Mit Hedda Schurig Ort: Offene Kirche St.Gallen HEILSINGEN IN DER GALLUSKRYPTA 7. Jan. / 4. Feb. / 3. März, 18—18.35 Uhr Am 1. Donnerstag des Monats wird die Galluskrypta unter dem Chor des St.Galler Doms geöffnet. Hildegard Aepli, Pastoralassistentin, lädt zum Heilsingen an diesem Kraftort ein: einfache Lieder, Gebet, Lesung, Stille, Zuspruch und Segen. Mithilfe: Marianne Kundt, Pfarrerin, St.Gallen. Eingang rechtes Chorgitter. Info: [email protected] Meditieren Konzerte MITTWOCH-MITTAG-KONZERTE KIRCHE ST.LAURENZEN IN ST.GALLEN MEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN) NACH VIA INTEGRALIS Mittwoch, 6. und 20. Jan., 18—20.30 Uhr Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist ein persönlicher Erfahrungsweg und macht uns lebendiger und echter. Mit Input und Schulung. Schnuppern erwünscht. Ort: evangelische Kirche Riethüsli-Hofstetten, Gerhardtstrasse 11, St.Gallen Anmeldung und Auskunft: Werner Frei, Tagelswangen, Kontemplationslehrer [email protected], www.meditation-sg.ch 3 TAGE DER STILLE NACH VIA INTEGRALIS 28. Jan., 18.30 Uhr bis 1. Feb., 9 Uhr Offen werden für das, was wir im Lärm des Alltags oft überhören. So mehr zu uns selbst kommen. Dadurch beschenkt, kehren wir dann zurück ins normale Leben. Und gestalten es mit neuer Energie, Klarheit und Freude. Ort: Sonneblick, Güetli 170, 9428 Walzenhausen Anmeldung: Werner Frei (siehe Kurs oben) KONTEMPLATION Do., 28. Jan., 9—16.30 Uhr Kontemplation Aufbau: 28. bis 31. Januar Mit Margrit und Charlie Wenk, Kontemplationslehrerin/Theologe, St.Gallen, Tel. 071 288 65 88. Ort: Fernblick, Teufen www.meditation.margritwenk.ch 12 AUSGABE 1/2016 1. Februar, 19.30 Uhr 12.15—12.45 Uhr 6. Jan.: Neue Lieder 13. Jan.: Mittagsblues 20. Jan.: Canciones y Danzas 27. Jan.: SoulFood 3. Jan.: Bach Solo, Violine Bildung SITZEN IN DER STILLE Dienstags, 12—13.15 Uhr Schweigemeditation. Mitten im Alltag aus Anspannung und Stress heraustreten. Kollekte. Ort: Offene Kirche St.Gallen DIE CHRISTLICHE BOTSCHAFT DER ST.GALLER KATHEDRALE FÜHRUNGEN VON WALTER FREI www.stgaller-geschichten.org Auskünfte: Tel. 071 278 12 64 7. Jan., 14.30–16 Uhr: Toleranz bei unseren Vorfahren. Wo gab es in St.Gallen Differenzverträglichkeit, wie wurde gestritten? 17. Jan., 14.30–16.30 Uhr: St.Galler Hexen im 17. Jahrhundert. 20. Jan., 14.30–16 Uhr: Was unsere Vorfahren über die Moslems wussten und dachten. 26. Jan., 14.30–16 Uhr: Geschichten von Juden in St.Gallen. Alte Judengasse, Gemeindegründung, Judenkrawall, Wienercafé Neumann etc. «ES GEHT DOCH!» Donnerstag, 14. Januar, 8.15—14 Uhr Impulsvortrag von Ibrahim Ismail, Verein Paidaia e.V. über Grundlagen, Haltungen und Leitlinien zur Förderung junger Menschen. Wie lassen sich junge Menschen motivieren, für sich und die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und dazu erforderliche Kompetenzen auszubauen? Gute Strukturen zur Förderung alleine reichen oftmals nicht aus. Wie erreichen wir das Bewusstsein dieser Menschen? Wie können wir sie in ihrem Persönlichkeitsprozess fördern, damit sie zu handelnden Gestaltern ihres Lebens werden? Ort: Gossau, Fürstenlandsaal, Bahnhofstrasse 29 Anmeldeschluss: 8. Januar, Tel. 071 227 05 60 E-Mail: [email protected] Im Innern der St.Galler Kathedrale zeigt sich das künstlerische Programm der katholischen Theologie vor der Aufklärung. Mit allen Mitteln der darstellenden Kunst und mit den besten Künstlern des zu Ende gehenden Barocks wurde die biblische Heilsgeschichte sichtbar gemacht. Markus Kaiser, früher Archivar am Staatsarchiv, gibt einen Überblick. Ort: Saal von St.Katharinen, St.Gallen Veranstalter: www.erf-sg.com WENN KIRCHEN ÜBERFLÜSSIG UND DOCH NEU ENTDECKT WERDEN 8. Februar, 19.30 Uhr Sonja Keller, Pfarrerin in Zürich, hat ihre Doktorarbeit über die Umnutzung von überflüssig gewordenen Kirchen geschrieben. Anhand von konkreten Auseinandersetzungen in der Zürcher Kantonalkirche wird sie die Kriterien der damaligen Bauherren mit heutigen Bedürfnissen in Beziehung bringen. Ihr Beitrag wird auch für St.Gallen aktuell sein im Zusammenhang mit der Kirche St.Leonhard oder St.Mangen. Ort: Saal von St.Katharinen, St.Gallen Veranstalter: www.erf-sg.com JAHRESKONFERENZ GEISTLICHE BEGLEITUNG Samstag, 20. Februar, 8.30—16.45 Uhr Die Jahreskonferenz 2016 befasst sich mit der geistlichen Substanz unserer Begleitung, der Spiritualität und dem Glauben. Veranstaltende: Arbeitsstellen der geistlichen Begleitung der Evang.-ref. Kirche des Kantons St.Gallen Ort: Kirchgemeindehaus Grossacker, St.Gallen PALETTE Eine Welt Junge Erwachsene IMPULSTAGUNG ZUR KAMPAGNE VON BROT FÜR ALLE UND FASTENOPFER 2016 «RISE UP»-GOTTESDIENST Samstag, 23. Januar, 9—16 Uhr Ort: Zentrum St.Mangen, St.Gallen «VERANTWORTUNG TRAGEN — GERECHTIGKEIT STÄRKEN» Impulsreferate: Dr. Mark Herkenrath, Geschäftsleiter Alliance Sud: «Transnationale Konzerne und ihre gesellschaftliche Verantwortung» Pfrn. Katharina Leser, Kirchgemeinde Unteres Toggenburg: «Weltweite Gerechtigkeit – Wunschtraum oder gelebte Hoffnung?» Nachmittag: Workshops Infos: www.oekumenischekampagne.ch Anmeldung bis 14.1.2016: [email protected] TOGGENBURGER IMPULS Mittwoch, 27. Januar, 14.15—17.15 Uhr Ort: Kath. Pfarreizentrum, Wattwil Impulsreferat: Dr. theol. Thomas Wallimann, Sozialethiker. Nur ein Zahnrädchen in der Wirtschaftsmaschinerie? Ich und die grossen Unternehmen. Workshops zu Religionsunterricht und Vertiefungs-Workshop zum Referat. KINDERARTIKEL GESUCHT KOALA ermöglicht finanziell benachteiligten Familien unentgeltlich eine Erstausstattung für ihr Baby. Gesucht werden gut erhaltene Kinderbettli und Kinderwagen (keine Buggys). Melden kann man sich bei Ursula Odermatt: Tel. 071 288 49 13, [email protected] BENEFIZANLASS: TRAUMATISIERTEN FLÜCHTLINGEN EINE STIMME GEBEN 31. Januar, 17 Uhr, St.Laurenzen, St.Gallen Die Schauspielerin Diana Dengler und der Pianist Xoán Elías Castiñeira erzählen in Wort und Klang von Menschen im Asylverfahren; von der Angst, die diese Menschen begleitet, von den quälenden Wartezeiten und von verwaltungsrechtlichen Entscheiden, die über ihre Zukunft bestimmen. Der Erlös geht an die Erstellung des Fachberichts «Traumatisierte Personen im Asylverfahren», der von der Beobachtungsstelle für Asylund Ausländerrecht Ostschweiz erarbeitet wird. Die Schwierigkeiten, mit welchen traumatisierte Personen im Asylverfahren konfrontiert sind, werden von den Behörden immer noch zu wenig beachtet. Der Bericht soll Politik und Behörden für die Problematik sensibilisieren und einen Beitrag leisten, damit Traumata frühzeitig erkannt und im Asylverfahren berücksichtigt werden und der Zugang zu deren Behandlung verbessert wird. ZIMMER GEGEN ZEIT Haben Sie ein freies Zimmer und möchten Sie dies einer Studentin oder einem Studenten gegen zeitliches Engagement zur Verfügung stellen? Weitere Auskünfte bei Benevol St.Gallen unter: Telefon 071 227 07 60 oder per E-Mail: [email protected] oder www.benevol-sg.ch/benewohnen TIPPS DES MONATS Sonntag, 3. Januar, 10 bis 11 Uhr Die «Rise Up»-Gottesdienste verweben aktuelle Lebensthemen mit modernen Melodien, Rhythmen und Texten. Ort: Kirche Feld Veranstalter: Kirchgemeinde Flawil ST.GALLER STADTGEBET Donnerstag, 14. und 28. Januar Einsingen 19.15 Uhr, Beginn 19.30 Uhr Das St.Galler Stadtgebet für junge Leute ist eine Ermutigung zur Begegnung mit der eigenen Spiritualität. Mitten in unserer hektischen Welt ist es eine halbe Stunde, in der man der Sehnsucht nach inneren Kraftquellen nachgeht. Ort: Kathedrale St.Gallen, Chorraum (vorne) Veranstalter: Safranblau GO2BE 17. Januar, 18.30—19.30 Uhr Eine frische Form des Feierns! Im Mittelpunkt stehen das Lob Gottes (mit modernen, populären, englisch- und deutschsprachigen Liedern), die Zeit zum Beten und Hören auf Gottes Wort. Ort: evang. Kirche Buchs, Kirchgasse 1 Veranstalter: Kirchgemeinde Buchs .8 Freitag, 22. Januar, 20 Uhr Ein unkonventioneller Abendgottesdienst mit zeitgemässer Gottesdienstkultur (moderne Musik, Theater, Predigt mit Kreuzverhör, kreativer Segnungsteil). Im Anschluss Apéro riche. Ort: evang. Kirchgemeindehaus Altstätten Veranstalter: Kirchgemeinde Altstätten THEATER WORKSHOP Jeden Mittwoch vom 20. Januar bis 5. März, jeweils 19.30—21.45 Uhr Eintauchen in die Welt des Theaters. Experimentell und spielerisch lernen, sich in andere Rollen zu begeben. In Fantasiewelten eintauchen, sich und andere ganz neu kennenlernen. Theatererfahrung ist nicht erforderlich. Ort: St.Gallen, Veranstalter: Safranblau Beratung GESPRÄCHSGRUPPE «TRAUER NACH SUIZID»: EIN INFORMATIONSABEND Mittwoch, 27. Januar in St.Gallen Ein Suizid erschüttert das Leben von Angehörigen und weiteren Betroffenen. Nichts ist mehr so wie es war. Erfahren, dass man nicht allein ist mit diesem Schicksal, Verständnis finden, über alles reden können, sich gemeinsam über gelungene Schritte freuen, das hilft, das Geschehene zu akzeptieren und neuen Lebensmut zu fassen. Information und Anmeldung: Barbara Stehle, Fachstelle «Trauer nach Suizid Ostschweiz» 071 351 43 69, [email protected] www.trauer-nach-suizid.ch Max Lingner, «Ceux de Gurs», Mai 1941, © Archiv für Zeitgeschichte / Elsbeth-Kasser-Stiftung Ausstellung: Museum im Lagerhaus, St.Gallen «Die von Gurs» — Kunst aus dem Internierungslager der Sammlung Elsbeth Kasser 26. Januar bis 10. April 2016 Im berüchtigten Internierungslager Gurs in Südfrankreich, in dem sich auch Juden aus Konstanz und Baden befanden, war die Schweizer Rotkreuzschwester Elsbeth Kasser von 1940–1943 tätig. Gegen den Willen der Lagerleitung baute sie auf eigene Initiative ein Hilfsprojekt auf, organisierte Nahrungsmittel und bemühte sich um eine – soweit möglich – menschenwürdige Atmosphäre im Lager. In Gurs waren viele Kunstschaffende und Intellektuelle interniert. Ihre Zeichnungen und Aquarelle geben Einblicke in das Lagerleben, sie beschreiben die Not, die Qual des Eingesperrtseins mit der Angst vor der Deportation nach Auschwitz; sie sprechen von Kälte, Hunger und Tod. Am Mittwoch, 27. Januar um 19 Uhr referiert Therese Schmid-Ackeret über Elsbeth Kasser. Diese Veranstaltung findet im Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte an der Florastrasse 6 in St.Gallen statt. Ŷ Begleitprogramm: www.museumimlagerhaus.ch Meditation für eine friedlichere Welt Am 27. Januar, 19.15 Uhr, findet im Bildungshaus Fernblick, Teufen, der Auftakt statt für das Projekt «Meditation für eine friedliche Welt». Jeden Tag von 7 bis 8 Uhr und von 19.15 bis 20.15 Uhr – ausser 2.–21.7. – sind alle eingeladen zu diesen Friedensmeditationen. Sie werden geleitet von LehrerInnen der Lassalle-Kontemplation via integralis. Die Stunden der Stille möchten einen spirituellen Beitrag leisten zu mehr Frieden und Gerechtigkeit. Der Fernblick bietet auch Tage der Stille für den Frieden an: Do., 28.1; Sa., 19.3.; Sa., 30.4.; Do., 30.6.; Mo., 5.9. und Do., 20.10. – jeweils von 9–16.30 Uhr. Als Abschluss des Projektes Meditation für eine friedlichere Welt findet ein Wochenende statt vom 2.–4. Dezember 2016. Info: Tel. 071 335 09 19 [email protected] Charlie u. Margrit Wenk-Schlegel, Tel. 071 288 65 88, [email protected] Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13 LESERZUSCHRIFTEN Was hat der islamistische Terror mit dem Islam und dem Koran zu tun? «Auch der Koran braucht Interpretation» Texte: ref.ch/Karin Müller | Foto: Claude Giger Der islamistische Terror habe nichts mit dem Islam zu tun, so hört man oft. Wie kann das sein, wenn die Attentäter das Töten mit Zitaten aus dem Koran legitimieren? Die Islamwissenschafterin Rifa’at Lenzin erklärt, dass man die islamischen Schriften vor dem Hintergrund ihrer zeitlichen Entstehung interpretieren müsse. Sie begrüsst die Ausbildung von Imamen. Nach den Anschlägen in Paris distanzieren sich Muslime in der ganzen Welt von den Terroristen. Immer wieder heisst es wie beim türkischen Aussenministerium oder beim Islamischen Zentralrat Schweiz, das habe nichts mit dem Islam zu tun. Inzwischen regen sich auch Stimmen, die zeigen, dass der islamistische Terror mit dem Islam zu tun hat, nämlich damit, wie man ihn interpretiert. Das zeigt etwa die Stellungnahme der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz. Die Terroristen handelten «fälschlicherweise im Namen einer Religion», heisst es da. Und Mahmoud El Guindi, der Präsident der Zürcher Muslime, sagte gegenüber dem «Tagesanzeiger», man müsse die Koranstellen, die zu Gewalt gegen Ungläubige aufrufen, im geschichtlichen Zusammenhang sehen. «Diese Suren beziehen sich auf kriegerische Zeiten, wie sie der Prophet erlebt hat – nicht auf heute.» Das würde bedeuten, dass man vieles, was im Koran steht, heute nicht mehr wörtlich nehmen darf. RELIGIÖSE BILDUNG FÖRDERN «In den Schriften finden sie alles und man kann immer Stellen aus dem Zusammenhang reissen», betont Rifa’at Lenzin. Die Islamwissenschafterin ist Dozentin am Zürcher Lehrhaus und Präsidentin der Interreligiösen Arbeits- Die Islamwissenschafterin Rifa’at Lenzin am Podium «Gibt es eine islamistische Bedrohung Europas?» vom 5. November in Basel. 14 AUSGABE 1/2016 gemeinschaft Iras Cotis. Sie vertritt den gleichen Ansatz wie El Guindi. Das Lehrhaus beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit der Interpretation der jüdischen, christlichen und islamischen Schriften. Aufgrund des gemeinsamen Studiums fördert die Bildungsinstitution das Verständnis und den Dialog zwischen den drei abrahamitischen Religionen. Dass man den Koran im historischen Kontext auslegt, sei keine neue Erkenntnis, sagt Rifa’at Lenzin. Die islamischen Gelehrten hätten das bereits lange vor dem Westen praktiziert. Da der Koran viel jünger ist als die Bibel, lasse er sich zeitlich gut einordnen. «Das nimmt dem Ganzen die Schärfe», meint Lenzin. Als Beispiel nennt sie die Rolle der Frau. Niemand habe die patriarchale Gesellschaft zu Zeiten des Propheten Mohammed in Frage gestellt. Heute sei man gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen. Allerdings werde dieses Interpretations-Potenzial des Korans durch fundamentalistische Lesarten wahabitischer Herkunft in den Hintergrund gedrängt, bedauert die Islamwissenschafterin. AKADEMISCHE ANGELEGENHEIT Lenzin weist darauf hin, dass die Interpretation der Schriften, egal ob Koran oder Bibel, vor dem historischen Hintergrund eine akademische Angelegenheit sei. «Wer weiss wirklich, welche Lebenswelt die Bibel spiegelt?» Sie hat darum Verständnis dafür, wenn Muslime sich vom Terror distanzieren, indem sie sagen, er habe nichts mit dem Islam zu tun. «Sie meinen damit, die Gewalt habe nichts mit der Religion zu tun, wie sie sie verstehen und leben.» Eine staatliche Ausbildung von Imamen würde Rifa’at Lenzin begrüssen. Das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg sei ein guter Anfang. In ihren Augen wäre es für den interreligiösen Dialog wichtig, sowohl Theologen auszubilden, die sich der Auslegung des Korans annehmen und ihn für europäische Verhältnisse übersetzen, als auch Imame, die ähnlich wie «Gemeindepfarrer» für die Seelsorge und die religiöse Bildung in den muslimischen Gemeinden zuständig sind. ERZIEHUNG ALS PRÄVENTION Wie wichtig die religiöse Erziehung bei der Prävention gegen radikale Entwicklungen ist, betont auch Georg Schmid immer wieder. Denn Jugendliche, die sich den Salafisten anschliessen, zeigten oft enorme Defizite in der Glaubensbildung, so die Erfahrung des Leiters der Evangelischen Informationsstelle Kirchen-Sekten-Religionen. Ŷ Titelbild vom Kirchenboten 9/2015: Kulturgut Predigt Was erwarte ich von einer Predigt? Stimmen zum Kibo 9/2015: «Die reformierte Predigt» BEZÜGE HERSTELLEN Die Predigt sollte für meinen Glauben ein Gewinn sein, wie es Paulus ausdrückt. Ich mag es sehr, wenn das Wort Gottes ausgelegt wird auch mit Bezügen zu anderen Bibelstellen und sich dabei die Wahrheit tiefer erschliesst. Yvonne Lenzin, Wil IM GLAUBEN WEITERBRINGEN Ich erwarte von einer Predigt, dass sie mich intellektuell herausfordert, mich zum Nachdenken anregt und auch dazu ermutigt, eine Stelle in der Bibel nachzulesen oder einen Bibelkommentar anzuschauen. Ich möchte aus der Predigt neue Ideen mitnehmen, die mich im Alltag begleiten und im Glauben weiterbringen. Ich profitiere gerne von den theologischen Kenntnissen des Pfarrers, um die Bibel besser zu verstehen. Dr. med. Monika Diethelm-Knoepfel, Uzwil «CHRIST, DER RETTER, IST DA» Für mich ist die Predigt wichtig, denn der Glaube kommt aus der Predigt. Es ist nicht gleich, was oder an wen ich glaube. Glaube ich an Jesus Christus oder an die allgemeine christliche Kirche. Jesus spricht: «Glaubet an Gott und glaubet an mich.» Jesus spricht: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich.» Lasst uns singen «Christ, der Retter, ist da.» Gerda Bühler, Widnau Zum Kibo 11/2015: Sterben Die Artikel von «Sterben – Hinübergehen» sind wertvoll. Aber ich vermisse die stärkste Aussage, die wir Christen zum Thema Tod kennen, nämlich das Wort, wo Jesus sagt «Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.» Weil er auferstanden ist, haben wir diese Hoffnung, dass auch wir dereinst auferstehen werden, weg aus dieser irdischen, vergänglichen Dimension hinüber in die Dimension von «seinem Reich», auch wenn wir uns das noch nicht so richtig vorstellen können. Aber glauben daran, das dürfen und wollen wir doch. Ruedi Gafner, Walenstadtberg MONATSPORTRÄT «Geld ist doch nicht das Wichtigste» Text und Foto: Reinhold Meier, Wangs Kantonsrat Hans Oppliger passt in kein Raster. Für die einen ist der ETH-Agronom ein Öko-Phantast, für andere ein verkappter Linker und für die Dritten ein weltfremder Frommer. Doch er passt in kein Klischee. Seine Prinzipientreue, Menschenliebe und Uneigennützigkeit sind aber sprichwörtlich. «Das Gelingen meines Einsatzes lege ich in Gottes Hand.» Herr Oppliger, warum gehört der christliche Glaube in die Politik? Er ist fundamental für unsere Gesellschaft, weil er in jedem Einzelnen ein gleichwertiges Geschöpf Gottes sieht. Er ist auch subversiv und darum unverzichtbar, weil er nicht akzeptiert, dass manche einflussreicher sind als andere, nur weil jemand zum Beispiel reicher ist. In der Politik geht es um Macht und Einfluss, da braucht es einen Kontrapunkt, der von der Überzeugung des Dienens getragen ist. Welche christlichen Überzeugungen leiten Sie? Die Vergebung und die Wahrhaftigkeit. Ich finde, es kommt darauf an, aktiv zu werden, statt passiv zu bleiben. Nicht das Rechnen und Reden ist wichtig, sondern das Handeln, gerade den Schwächsten gegenüber. Es gibt zu viele, die wissen, wie alles geht, aber zu wenige, die was machen. Mein Ziel ist nicht, fehlerfrei zu bleiben, sondern mich zu engagieren. Das Gelingen meines Einsatzes lege ich in Gottes Hand. Wenn ich was falsch mache, gestehe ich das ein und suche Vergebung. Ich bin dazu auch selbst bereit. Vielleicht nähert man sich dem 58-jährigen Projektleiter vom landwirtschaftlichen Zentrum Rheinhof in Salez am besten über seine Vita. «Ich finde es besser zu handeln, statt zu reden», betont er. Und das gilt. Nach dem Studium ging er drei Jahre ins bolivianische Hochland, um Landwirte zu schulen. «Bei den Aymara-Indianern haben wir junge Leute befähigt, ihre Lebensgrundlage zu entwickeln.» Später war er vier Jahre im pakistanischen Swat-Tal, um ein Forstprojekt umzusetzen. In den 90er-Jahren arbeitete er im Kosovo und in Nordkorea. «Ich war immer in internationalen Projekten aktiv, speziell in Krisenregionen.» Das hat sein Weltbild geprägt. Denn der überzeugte Christ hält zentrale Aussagen der Bibel für verbindlich und wundert sich, dass es Christen geben soll, die unverbindlich bleiben. «Jeder einzelne Mensch ist doch Gottes Geschöpf.» Deshalb kann er nicht gegen Flüchtlinge sein. Er sagt es mit entwaffnender Offenheit. Punkt. Und verweist auf Bibelzitate, die Respekt und Rechtsgleichheit für Fremde fordern. Wenn die Finanz- und Handelswege globalisiert würden, globalisierten sich halt auch die Menschen. «Beides gehört zusammen», erklärt er für weniger Bibelfeste. INTERVIEW Hans Oppliger, kompromisslos in seiner Bibeltreue wie auch in seiner Menschenfreundlichkeit. UNTERSCHIEDLICHE ZELLEN, EIN GANZES Darum betätigt er sich auch politisch, vertritt die Evangelische Volkspartei im Kantonsrat seit 2002. «Früh haben mich gesellschaftliche Fragen interessiert.» Christen müssten «der Stadt Bestes zu suchen», sagt er und verweist auf den Propheten Jeremia. Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, dafür setze er sich ein. Aber nicht mit grossen Worten, sondern konkret, in der Ethikgruppe des Kantonsrates etwa, auch in der parteiübergreifenden Andacht und in all den politischen Vorstössen, für die er aus vielen, oft gar allen Fraktionen Unterstützung erhält. BESCHEIDEN LOSLASSEN Und er legt nach: «Über Geld zu reden, ist nicht das Wichtigste.» Geld solle man verwalten, nicht anhäufen. Geldverdienen sei in Ordnung, aber man müsse es auch sinnvoll ausgeben. Schon Jesus habe gemahnt, sich lieber Schätze Oder in den vielen landwirtschaftlichen Projekim Himmel zu sammeln, statt irdische Güter. ten des Rheinhofs, für die er Verantwortung Er habe auch appelliert, dass niemand zwei trägt. Leiter der Fachstelle für Bienenhaltung ist Herren dienen könne, entweder diene man er und Mitarbeiter der FachGott oder dem Mammon. «Ich finde es besser zu handeln, stelle für Marketing. Regio«Loslassen ist wichtig.» nale Klassiker wie der Ribelstatt zu reden» mais, der Bloderkäs oder die Oppliger sagt das so entBratwurst stehen dabei im Fokus. spannt, mit einem so ehrlichen Lächeln auf Der begeisterte Imker hat dabei immer das Bild dem Gesicht, dass ihm niemand böse ist. Er vom Organismus vor Augen: «Jede Zelle darf wirkt nicht wie ein sturer Kapitalismuskritiker, sich schützen und muss zugleich offen sein, sondern eher wie einer, der über den ökonomidenn sie lebt von der Andersartigkeit der andeschen Zwängen den Kopf schüttelt. ren». Ein biblisches Bild, es beschreibt seine Dass die Akzente heute so falsch gesetzt Grundhaltung: «Ich habe es gerne, wenn Menwerden können – kaum zu glauben für ihn. schen verschieden sind.» So fühlt sie sich also Er glaubt lieber an Gott, der sich dem Armen an, kompromisslos gelebte Nächstenliebe. Ŷ zuwendet. «Ich bin für Bescheidenheit.» Wo liegt die Grenze der Religion in der Politik? Dort, wo Religion für Macht und Einfluss missbraucht wird. Das ist ganz gefährlich. Mit einem Beispiel aus dem Irakkrieg gesagt: Am Vorabend des Krieges ging der Atheist Saddam in eine Moschee und George Bush in eine Kirche zum Beten, beide unter der Beobachtung von Fernsehkameras. Das ist ein Missbrauch. Und heute: Viele reden nun von den Werten des christlichen Abendlandes, die so sehr bedroht seien. Aber das ist eine Instrumentalisierung, wenn man nur davon redet, statt wirklich danach zu handeln. Es geht darum, Nächstenliebe praktisch zu üben, gerade bei Schwachen, Armen, Heimatlosen. Wer das wirklich tun, braucht keine Debatte zu führen um bedrohte abendländische Werte. Welches sind Ihre politischen Vorbilder? Chaim Weizmann gehört dazu, der Staatsgründer Israels. Als gläubiger Jude hatte er die Vision eines friedlichen Zusammenlebens in Israel und Palästina. Aber dann übernahmen die Kriegsherren um Ben Gurion das Szepter und wollten mit Macht und Armee Probleme lösen. Das Resultat kennen wir. Mit Gewalt lässt sich kein Problem lösen. Auch der baptistische Prediger und Menschenrechtler Martin Luther King oder Bischof Romero, der Armenbischof von San Salvador, sind Vorbilder. Selbst wenn sie gescheitert sind, haben sie etwas Grossartiges hinterlassen, ihren selbstlosen Einsatz für Unterdrückte. Wie der mazedonische Präsident Boris Trajkowski, ein bekennender methodistischer Christ, der sich für das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen einsetzte – bis sein Flugzeug abgeschossen wurde. Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15 BIBLISCHE NAMEN Josua – Eroberer im Namen Gottes Text: Markus Walser, Wil Der hebräische Name Josua wurde auch mit Jeschua oder Jehoschua wiedergegeben. Im Namen liegt die Bedeutung Heil, Rettung, «Gott hilft». Dies weckt bei uns Christen die Erinnerung an eine andere biblische Gestalt mit diesem Namen und seiner Bedeutung. Wir spüren auch Unbehagen: Erobern im Namen Gottes? Ist nicht im Namen Gottes zu viel Gewalt angewendet worden? Ein biblisches Buch trägt den Namen von Josua. Er wächst wohl auf der langen Wanderung des Volkes Israel auf, wird zum Diener und Vertrauten des Mose, und, da Mose wegen seines hohen Alters nicht mehr selber kämpft, immer mehr zum Anführer in Kämpfen. Als Mose stirbt, wird Josua von Gott zum Nachfolger bestimmt und bekommt den Auftrag, das verheissene Land in Besitz zu nehmen. So berichtet das Buch Josua von der Eroberung Kanaans. Glückliches Gelingen wird durchwegs als Folge des Gehorsams gegen Gott und sein Gesetz beschrieben: «… dass du genau tust, was darin geschrieben steht, dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst Glück haben.» (Jos 1, 8) Eher als eine historische Person ist Josua in der Glaubensgeschichte des Volkes Israel eine zentrale Gestalt. Josuas Rolle ist die des militärischen Führers. Ein Krieger und Eroberer in göttlichem Auftrag. Dass wir heute Mühe haben, Göttliches und Kriegerisches zusammenzubringen, folgt auch aus der jüngsten Geschichte. Wir werden mit diesem Zwiespalt beim Lesen des Alten Testamentes oft konfrontiert. Der hebräische Name Jeschua ist zugleich der Name Jesu. «Gott ist Retter, er hilft.» Es beeindruckt, wie dies 1300 Jahre nach Josua in der Gestalt Jesu von Nazareth eine ganz andere Bedeutung bekommt. Ŷ Josua führte das Volk gemäss biblischer Erzählung über den Jordan und leitete die sogenannte Landnahme. Im Bild die Eroberung Jerichos mit Hilfe der Bundeslade. Bild: Lutherbibel, Lucas Cranach, 1472—1553. Ich heisse Josua, Joschua JOSUA WALT Meine Eltern wollten mir einen nicht alltäglichen Namen geben, einen mit biblischem Hintergrund und mit Anklängen an die hebräische Sprache. Ich selber habe mich immer gefreut über diesen speziellen Namen. Abkürzungen wie «Tschösi» habe ich problemlos akzeptiert. Der biblische Josua hat mit der Übernahme des Heiligen Landes Grosses vollbracht, er hat viel bewegt. Ich habe Respekt vor der speziellen Berufung dieses Mannes. Die Berichte in der Bibel über sein Wirken mit Gott sind sehr lesenswerte Kapitel. Ŷ JOSUA BÜRKI, UZNACH Mir gefällt mein Name sehr gut. Auch von andern Leuten höre ich hin und wieder: «Oh, so ein schöner biblischer Name.» Wenn mich jemand Joschua mit «sch» nennt, korrigere ich es manchmal. Für mich klingt «Josua» schöner. Vom biblischen Josua weiss ich, dass er Nachfolger von Mose war. Er führte die Israeliten in das verheissene Land. Josua war ein Anführer und auch ein Kämpfer, was ich von mir im Moment kaum sagen kann. In kleiner Runde kann ich schon Führung übernehmen, aber kämpfen tue ich lieber nur mit Worten. Ŷ JOSCHUA MARGRETH, BUCHS Meine Mutter hat bei meiner Geburt ein Buch über biblische Namen gelesen. Da fand sie, dass ich Joschua heissen soll. Der Name ist selten, ich kenne keinen anderen Joschua. Meine Freunde nennen mich Jojo oder Joschi, was ich cool finde. Aber meine Eltern nennen mich bei meinem richtigen Namen Joschua. Ein Mädchen hat mich immer wieder Josua genannt. Ich habe sie drei Mal darauf aufmerksam gemacht, dass ich Joschua heisse. Mir gefällt an meinem Namen, dass er mit «J» beginnt und ich im Alphabet erst spät drankomme. Ŷ Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde im Mittelbund Zum Titelbild Titelbild und Themenbilder auf den Seiten 2 und 4—5 stammen von der St.Galler Künstlerin Lika Nüssli. Die Bilder verstehen sich als eigener Beitrag und als Bilderfolge zum Thema «Politik und Kirche». 16 AUSGABE 1/2016 Impressum Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen. www.kirchenbote-sg.ch Redaktion für Februarausgabe Claudia Schmid, Tel. 071 223 58 60 [email protected] Katharina Meier, Tel. 071 980 06 00 [email protected] Nächste Nummer Brot für alle Erscheint am 5. Februar 2016 Redaktionsschluss: 16. Januar 2016 Pfr. Andreas Schwendener (as) Rehweidstrasse 2, 9010 St. Gallen Tel. 071 244 34 64 [email protected] Druck galledia ag 9442 Berneck, www.galledia.ch Altpapieranteil: mind. 50 %, Auflage: 71 000 Gestaltungskonzept Tomcat AG 9014 St.Gallen www.tomcat.ch Abonnementspreis 11 Ausgaben: Fr. 13.— 1 1 6
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