Das Handwerk als Bildungschance begreifen In etlichen Äußerungen zur Bildungsdebatte (zuletzt in einem Leitartikel von Peter Nindler) wird unter „Bildungschance“ und „erfolgreicher Bildungslaufbahn“ offensichtlich nur der Weg zu Matura und Studium verstanden. Warum können wir nicht endlich auch die Ausbildung zum Facharbeiter und das goldene Handwerk als „Bildungschance“ und „höhere Bildung“ begreifen? Hier wäre ein Umdenken in den Köpfen und in der Sprache dringend erforderlich. Eine weitere Irreführung ist die Behauptung, durch die gemeinsame Schule würden mehr Schüler zur Matura gelangen. Mitnichten! Das wäre nur der Fall, wenn die Plätze an den maturaführenden Schulen erhöht würden. Ob es allerdings im Sinne der Volkswirtschaft wäre, die Zahl der Lehrlinge weiter zu senken und jene der (arbeitslosen) Akademiker zu steigern, ist mehr als fraglich. Und schließlich ist die Behauptung, mit der gemeinsamen Schule könne das Problem der Aufnahme in die fünfte Schulstufe beseitigt werden, eine gefährliche Falle. Dieses Problem ließe sich nämlich nur dann lösen, wenn es eine Zwangszuweisung der Kinder in die jeweiligen Sprengelschulen gäbe. Das würde aber das Ende der freien Schulwahl für die Eltern und das Aus der Schwerpunkte an den einzelnen Schulen bedeuten, weil jede Schule einen allgemein verträglichen Bildungseintopf anbieten müsste. Diese Konsequenz muss den Eltern klar vor Augen geführt werden. Allerdings: Eltern mit gefüllter Brieftasche könnten dieser Zwangsbeglücken ausweichen und ihre Kinder in Privatschulen schicken. Damit würde genau jene soziale Schere aufgehen, welche die Gesamtschulbefürworter verhindern wollen. Ein Blick in Gesamtschulländer wie England bestätigt dies eindrucksvoll. Dr. Thomas Plankensteiner (AHS-Landesschulinspektor) Tiroler Tageszeitung, 2.3.2016
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