von Hexe Billerbix

Das große Buch
von
Hexe Billerbix
Minuten-Geschichten
zu m V o rl e se n
Anna Benthin • Edda Skibbe
Anna Benthin · Edda Skibbe
Das große Buch
von
Hexe Billerbix
Freiburg · Wien · Basel
Wenn die kleine
Hexe Billerbix erwacht
Tief im Wald, gleich neben dem Brünnlein Trink-dich-satt und
dem Glitzerbach, steht ein dicker, dicker Weidenbaum. Seine
Zweige hängen wie eine grüne Gardine bis auf den Boden. Wenn
der Wind sie nachts zerzausen will, wispern alle Blätter: „Pst! Pst!
Pst!” Denn sie wollen nicht, dass die kleine Hexe Billerbix in ihrer
Hängematte unter dem Blätterdach wach wird.
Dann wird der Wind ganz sanft und schaukelt die Zweige nur ein
wenig. Die Zweige schaukeln die Hängematte. Die Hängematte
schaukelt die kleine Hexe Billerbix. Und am Fußende schaukelt
Muschka, die schwarzbunte Katze, mit.
Raab, der lieber in seinem Vogelnest schläft, wird immer als Erster
wach. Er blinzelt mit dem rechten Auge, blinzelt mit dem linken
Auge und schüttelt seine Flügel aus. Dann sperrt er den Schnabel
auf und gähnt: „Raab-Raab-Raab!”
„Chchch”, faucht Muschka und legt sich die Pfoten über die Ohren.
Aber da blitzt schon der erste Sonnenstrahl durch das Blätterdach
und kitzelt die kleine Hexe Billerbix an der Nasenspitze. „Hatschi”,
niest sie und lacht. Schnell fängt sie den frechen Sonnenstrahl und
bindet eine Schleife daraus. Wie die im roten Hexenhaar funkelt!
„Guten Morgen, lieber Morgen”,
ruft die kleine Hexe Billerbix und bindet
die grüne Baumgardine zurück. Jetzt kann
sie hinaus in den Wald schauen. Die Bäume
sind so hoch wie immer. Der Glitzerbach
plätschert so fröhlich wie immer. Das Brünnlein Trink-dich-satt ist
so voller Wasser wie immer. Zottel, der Hexenbesen, lehnt in seiner
Baumspalte wie immer. Suppentopf und Kochlöffel stehen sauber
und vergnügt in der Küchenecke wie immer. Im Gemüsegarten
summen die Bienen wie immer.
Und der Magen der kleinen Hexe Billerbix knurrt auch wie immer.
„Hab ich Hunger”, ruft sie. „Raab und Muschka, sagt mir an, was
ich heute kochen kann!”
„Mau!”, maunzt Muschka und reckt eifrig den Schwanz in die
Höhe. „Mau!” Aber die kleine Hexe Billerbix schüttelt den Kopf.
„Maus? Maus? Nein, nicht schon wieder. Liebster Rabe, sag mir du,
was ich in den Topf heut tu?”
Der Rabe zieht eine Feder
durch den Schnabel und
putzt sein Gefieder.
Dann hat er eine Idee.
Er zieht das Hexenkochbuch aus dem Versteck
und schlägt es irgendwo
mit dem Schnabel auf.
„Eine Hexensuppe, au ja, fein”, freut sich die kleine Hexe Billerbix.
„Die wird sicher köstlich sein. Was wir brauchen, eins, zwei, drei,
hexe ich uns schnell herbei.”
Raab flattert auf die rechte Schulter der kleinen Hexe Billerbix,
Muschka klettert auf die linke. Sie stecken die Köpfe zusammen
und Raab liest vor: „Um das Kochen anzufangen, musst du einen
Laubfrosch fangen. Kannst du aber keinen kriegen, wird eine
Zwiebel auch genügen.”
„Ein Frosch?” Die kleine Hexe Billerbix muss lachen. „Nichts leichter als das!” Sie schnippt mit zwei Fingern. Gleich stieben Funken
aus ihrem Zeigefinger und der Fingernagel wird so lang wie ein
Zauberstab.
„Raab”, krächzt Raab. „Burr”, schnurrt Muschka. „Raburr”, ruft
die kleine Hexe Billerbix und dreht sich auf den Zehenspitzen, bis
der Wald zu tanzen beginnt. „Liebes Stöckchen, eins, zwei, drei,
schaff mir einen Frosch herbei!”
„Quaak!” Im Moos vor den Füßen der kleinen Hexe Billerbix sitzt
ein grüner Frosch. Mit goldenen Augen schaut er zu ihr auf.
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mein Schwein nicht.
Aber wenn du es fangen kannst, sollst du zehn Schweine
geschenkt bekommen. Verlierst du, gibst du mir 100 Taler.” Der alte Mann kicherte. „Der Handel gilt.”
Mein Herr gab mir also ein Zeichen, dass ich losrennen
sollte. Das hatten wir schon oft so gemacht. Aber
diesmal war etwas anders. Ich konnte nicht losrennen. Ich roch etwas: einen Duft, so köstlich, dass
mir das Wasser im Maul zusammenlief.
„Los, Schwein, renn!”, schrie mein Herr.
Und ich lief. Aber nicht weg vor dem alten
Mann, sondern schnurstracks zu ihm hin, denn
der Duft kam aus seiner Manteltasche.
Der alte Mann zog einen Trüffel heraus, meine
Leibspeise, und hielt ihn mir hin. „Friss nur,
kleines Schwein”, kicherte er böse.
„Lauf weg, Schwein!”, schrie mein Herr. Aber ich hörte nicht auf
ihn. Der Trüffel war so groß und duftete so verlockend. Ich konnte
nicht anders. Ich musste ihn fressen.
Als ich gerade zubeißen wollte, ließ mein Herr den Hofhund von
der Kette. Da bekam der alte Mann mit dem spitzen Hut große
Angst. Er rannte mitsamt dem Trüffel davon und wurde nie mehr
gesehen. Ich aber war gerettet.
Die kleine Hexe Billerbix nimmt das Schwein in die Arme. „Nein,
nimmermehr und nun, kann ich dein Ohr in die Suppe tun. Komm,
bleib für immer hier daheim. Du sollst mein liebes Hausschwein
sein. Und in die Suppe zack, zack, zack, streu ich Kräuter nach Geschmack.”
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„Halt, halt!”, schreit die Spinne abermals in größter Angst. „Wenn
du ein Bein von mir verspeist, wird dir übel. Ich habe nämlich
heute Nacht zwei fette Fliegen gefangen, die frisch von einem Misthaufen kamen, und mir noch nicht die Füße gewaschen!”
„Igitt!”, ruft die kleine Hexe Billerbix und lässt ihren Zauberfinger
blitzschnell wieder schrumpfen.
Die Spinne will sich schleunigst aus dem Staub machen. Doch
Muschka hält sie fest. „Erst eine Geschichte”, maunzt sie empört.
„Genau”, sagt die kleine Hexe Billerbix, „soll ich dich verschonen,
musst du mich belohnen.”
Und die Spinne erzählt.
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Die Geschichte
von der Königsnudel
Weil ihr ja unbedingt eine Suppe kochen wollt, werde ich eine
Kochgeschichte erzählen, die ich als junge Spinne erlebt habe. Damals wohnte ich zusammen mit einem armen Jungen in einem
Schloss. Der Junge beschützte mich vor den Putzfrauen, die meine
Netze zerstören wollten, und ich beschützte ihn vor den
Stechmücken. Eines Tages war er sehr betrübt. „Was fehlt dir, Junge?”, fragte ich. „Ach”, sagte er, „der König hat einen Wettbewerb
ausrufen lassen. Wer die köstlichsten Nudeln erfindet, soll
Hofkoch werden. Du weißt, wie gern ich Hofkoch wäre.
Und nun habe ich keine Idee.”
„Wenn es weiter nichts ist”, sagte ich. „Ich will dir
schon helfen. Geh und hole ein wenig feinen Nudelteig. Dann lass mich nur machen.”
Der Junge tat, wie ich ihn geheißen hatte
und legte sich aufs Ohr. Ich aber verspeiste
den Nudelteig. Alsdann spann ich hundert goldgelbe Nudelnetze,
nicht zu weich, nicht zu fest, sondern gerade recht.
Ich gehorchte. Da wurden alle Blätter zu goldenem Haar. Und ich
wurde so froh, dass ich tanzen und singen musste. Die Leute aber
nannten mich seitdem nur noch ‚Prinzessin Goldhaar‘.
„Weil die Nuss du hast verschont, wirst du jetzt von mir belohnt”,
sagt die kleine Hexe Billerbix und klatscht zweimal fest in die Hände. Gleich fühlt die Prinzessin, wie ihr goldenes Haar ein wenig zu
wachsen beginnt. „Dankeschön! Dankeschön!”, ruft sie. Doch die
kleine Hexe Billerbix lässt schon ihren Zeigefinger Funken sprühen
und zaubert: „Schnurrelburrelwutsch, Prinzessin, du bist futsch!”
„Mau-miau?”, maunzt Muschka kläglich und zeigt auf den Suppentopf. Die kleine Hexe Billerbix lacht. „Jetzt gibt‘s kein Haar in
unserer Suppe, doch das ist mir nun wirklich schnuppe. Viel lieber
mag ich Schnippelböhnchen. Die geben später feine Tönchen.”
Die Geschichte von der Maus
Die Suppe duftet immer verlockender. Der Kochlöffel singt und
pfeift beim Umrühren. Die kleine Hexe Billerbix blinzelt ihm fröhlich zu, während sie aus dem Kochbuch vorliest. „Für Wohlgeschmack sorgt voll und ganz von einer Maus der lange Schwanz.”
„Mau! Mau! Mau!” Muschka ist begeistert. Sie schärft ihre Krallen
am Weidenbaum und übt auch gleich noch ein wenig das Anschleichen. Zu dumm, dass Raab keine Maus ist. „Raab!”, schimpft er, als
Muschka ihn anspringt, und flattert in einen Strauch.
„Damit der Zank sogleich vorbei, hex selbst ich mir die Maus herbei”, ruft die kleine Hexe Billerbix und lässt Zauberfunken aus
ihrem Zeigefinger sprühen. „Kuddeldaddeldaus, hex hex, die
Maus!” Im Nu sitzt eine Spitzmaus vor ihr.
„Chchch!”, faucht Muschka und will auf sie springen. Doch Raab
ist wachsam und zieht sie am Schwanz zurück. Dabei muss er sich
kräftig mit beiden Beinen abstemmen, um Muschka festzuhalten.
Die kleine Hexe Billerbix kann sich das Lachen nicht verkneifen.
Sie nimmt das Mäuschen vom Waldboden hoch und setzt es in ihre
Hand. „Mein Zauberspruch war schlecht gemacht”, meint sie. „Ich
hab nicht richtig nachgedacht. Was soll ich mit ’ner Maus am Stück,
wenn ich den Schwanz nur brauch zum Glück?”
„Schnirkelschnurkelschneckenschleim, so glücklich
will ich ewig sein.<
Die dichtende kleine Hexe Billerbix freut sich am
Ende eines jeden Buches – und die vielen großen
und kleinen Fans freuen sich mit ihr.
Mit Fantasie und Herzlichkeit hext sich die sym-pathische kleine Hexe und ihre beiden Freunde
Muschka und Raab durch viele spannende
Abenteuer. Und ganz nebenbei erzählt Billerbix
viele Geschichten, Reime und Rätsel.
Ein unwiderstehlicher Lesespaß für Groß und Klein.
Das Buch enthält zwei Bände:
Kleine Hexe Billerbix
Hexe Billerbix und ihre Freunde
Zum Vorlesen und Selberlesen
für Menschen ab 4 Jahren.