abrechnung einer pauschalsumme nach massenverschiebungen

VOB-STELLE –
ABRECHNUNG EINER PAUSCHALSUMME NACH MASSENVERSCHIEBUNGEN
Der VOB-Stelle lag folgender Sachverhalt zur Beurteilung vor:
Ein öffentlicher Auftraggeber hat auf der Grundlage der VOB, Ausgabe 1992 mit Ergänzungsband 1996,
Maler- und Lackierarbeiten zu einem Pauschalfestpreis in Höhe von 106.024,00 DM vergeben.
Grundlage der Ausschreibung war eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis.
Die Gesamtleistung Maler- und Lackierarbeiten bestand aus verschiedenen Einzelleistungen mit folgenden
Titeln:
1.2 Gerüste
1.3 Gasbetonflächensanierung
1.4 Fugensanierung
1.5 Fensterverfugung und Verleistung
1.6 Anstriche Sockel/Geländer
1.7 Betonsanierung
Nach Abschluss der Arbeiten erstellte der Auftragnehmer die Schlussrechnung in Höhe von 106.024,00 DM
pauschal. Daraufhin ermittelte der Auftraggeber die Massen der tatsächlich ausgeführten Leistung neu
(Aufmaß). Gegenüber dem ursprünglichen Leistungsverzeichnis stellte er Massenverschiebungen fest. Im
Wesentlichen handelt es sich dabei um Massenminderungen.
Auf der Grundlage des selbst erstellten Aufmaßes und den ursprünglichen Einheitspreisen berechnet der
Auftraggeber die Schlussrechnungssumme neu. Er bestimmt dafür 91.241,22 DM. Dieser Betrag entspricht
86 % der Pauschalsumme. Der Auftraggeber möchte diese geringere Summe abrechnen.
Fragen:
1. Wie ist die Vorgehensweise des Auftraggebers nach der VOB zu beurteilen?
2. Ist im vorliegenden Fall eine Anpassung (Reduzierung) der Pauschalsumme gerechtfertigt und die
Abrechnung nach den ursprünglichen Einheitspreisen zulässig?
-2-
Die VOB-Stelle gab folgende Stellungnahme ab:
Zu Frage 1.:
Gemäß § 2 Nr. 7 VOB/B bleibt die Vergütung unverändert, wenn als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart ist. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung
so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 242 BGB), so ist auf
Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die
Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen. Nrn. 4, 5 und 6
bleiben unberührt.
Das heißt, dass es jeder Vertragspartei freisteht, gegebenenfalls einen Ausgleich zu verlangen. Insofern
entspricht die Vorgehensweise des Auftraggebers den Bestimmungen der VOB.
Zu Frage 2.:
Grundsatz ist, dass auf Verlangen ein Ausgleich zu gewähren ist, wenn die ausgeführte Leistung so
erheblich von der vertraglich vorgesehenen Leistung abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme
nicht zumutbar ist.
Dazu hat das OLG Düsseldorf 1994 festgestellt, dass eine Anpassung des Pauschalpreises in der Regel erst
dann in Betracht kommt, wenn Mehr- oder Minderleistungen mehr als 20 % der Gesamtauftragssumme
betragen.
Der BGH hat in der Revision dazu im November 1995 folgenden Leitsatz aufgestellt: “Es gibt keine starre,
der Beurteilung gemäß § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B zu Grunde zu legende Risikogrenze in Gestalt eines
bestimmten Prozentsatzes des vereinbarten Pauschalpreises. Der angegebene Prozentsatz in Höhe von
20 % kann daher lediglich als Orientierungswert betrachtet werden.“
In demselben Urteil schließt der BGH aber eine anschließende Abrechnung nach den ursprünglichen
Einheitspreisen aus. In der Begründung heißt es, dass sinnvollerweise nur auf gleicher Berechnungsgrundlage ermittelte Beträge verglichen werden können, also entweder auf der Grundlage der Einheitspreise ermittelte Beträge oder Beträge, die beide entsprechend dem Verhältnis Angebotspreis / Pauschalpreis
herabgesetzt sind.
Nach den Angaben des vorliegenden Falles würde eine Neuberechnung, aufgrund von Minderleistungen,
ein Abrechnungsergebnis in Höhe von 86 % des ursprünglich vereinbarten Pauschalpreises hervorbringen.
Die Pauschalsumme bleibt deshalb, wie vom Auftragnehmer gefordert, unverändert. Dies ist auch
zumutbar; insbesondere weil die Planungsverantwortung dem Auftraggeber oblag und Leistung und
Vergütung nicht entgegen von Treu und Glauben unverhältnismäßig voneinander abweichen. Die
Abrechnung nach den ursprünglich angebotenen Einheitspreisen ist nicht zulässig.