Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Haftung des Sachverständigen ‐ Verschuldensmaßstab • knüpft an alle Tätigkeiten, die besonderes Können oder Wissen voraussetzen – zB Ärzte, Anwälte, Handwerker, Autofahrer B Ä A äl H d k A f h • Anhebung des Verschuldensmaßstabes (§ 1299) „Objektivierung“ – durchschnittliche Fähigkeiten des jeweiligen Berufsstands – aber keine außergewöhnlichen Fähigkeiten 1 Haftung des Sachverständigen ‐ Auskunftserteilung • § 1300 • „gegen Belohnung“ im Rahmen eines Schuldverhältnisses bzw schuldrechtlicher Sonderbeziehung – hA hA: ohne Rücksicht auf h Rü k i ht f Sachverständigeneigenschaft oder Entgelt – Haftung auch für Fahrlässigkeit • außerhalb schuldrechtlicher Sonderbeziehung – Beeinträchtigung absolut geschützten Guts: Haftung auch für Fahrlässigkeit – Beeinträchtigung bloßen Vermögens: Haftung nur für Wissentlichkeit 2 Schutz Dritter • besonders bei Gutachten – Dritte disponieren aufgrund von Gutachten, das von anderem in Auftrag gegeben wurde • Gutachten ist aber unrichtig • idR bloßer Vermögensschaden idR bl ß V ö h d • Vertrag zwischen Auftraggeber und Gutachter hat Schutzwirkung zugunsten Dritter, wenn – Gutachten erkennbar drittgerichtet – Zweck des Gutachtens ist ausschlaggebend • Neuer Ansatz: obj.‐rechtl. Pflichten wie cic. 3 1 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Haftung für Gehilfen 4 Grundsätzliches • Jeder haftet nur für eigenes Verhalten (§ 1313) • Ausnahme Gehilfenzurechnung • § 1313a: Erfüllungsgehilfe • § 1315: Besorgungsgehilfe 5 Erfüllungsgehilfe ‐ Voraussetzungen • Erfüllung eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses – vertragliche Pflichten – gesetzliches Schuldverhältnis (zB vorvertragliche Pflichten, GoA etc) – öffentlichrechtliche Sonderbeziehung • auch selbständige Unternehmer • Weisungsrecht des Geschäftsherrn notwendig? • gesetzlicher Vertreter eines Geschäftsunfähigen • Anscheinserfüllungsgehilfe – Grundlage im Verhalten des Geschäftsherrn 6 2 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Erfüllungsgehilfe ‐ Konsequenzen • Geschäftsherr haftet für Verschulden des Erfüllungsgehilfen wie für eigenes Verschulden • Gehilfen treffen Pflichten des G hilf t ff Pfli ht d Geschäftsherrn nicht • „Verschulden des Erfüllungsgehilfen“ Verhalten, das schuldhaft wäre, hätte es Geschäftsherr gesetzt 7 Achtung! • Schädigende Handlung muss mit Erfüllung in Zusammenhang stehen • Schaden tritt aufgrund Verletzung einer Pflicht aus Schuldverhältnis ein § 1313a • Schaden tritt nur anlässlich der Pflichterfüllung ein § 1315 8 Besorgungsgehilfe • „Besorgung irgendwelcher Angelegenheiten“ • kein Schuldverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Geschädigtem • Haftung nur für – untüchtigen oder – bekanntermaßen gefährlichen Gehilfen 9 3 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Untüchtigkeit • bezieht sich auf Tätigkeit, die Gehilfe besorgen soll • zur Tätigkeit überhaupt nicht geeignet • habituell untüchtig – mangelnde Ausbildung oder Veranlagung • mehrmaliges, gleichartiges Versagen lässt auf Untüchtigkeit schließen 10 Gefährlichkeit • betrifft menschliche Qualitäten • Haftung des Geschäftsherrn nur bei Kenntnis der Gefährlichkeit • Bekannte Gefährlichkeit muss sich realisiert haben – Gehilfe ist als Dieb bekannt, begeht aber Körperverletzung keine Haftung des Geschäftsherrn 11 Haftungserweiterungen • Haftungsvoraussetzungen des § 1315 erweitert • § 1319a: Halter eines Wegs Haftung für jedes grobe Verschulden seiner Gehilfen • § 19 Abs 2 EKHG: Halter bzw Ab EKHG H lt b Betriebsunternehmer Haftung für jedes Verschulden seiner Gehilfen • § 9 EKHG: Betriebsgehilfe • Juristische Person Haftung für jedes Verschulden der Machthaber 12 4 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Überblick: Haftung des Geschäftsherrn und des Gehilfen • § 1313a – Geschäftsherr haftet aufgrund Verletzung des Schuldverhältnisses – Gehilfe haftet deliktisch – Solidarhaftung • § 1315 – Geschäftsherr haftet deliktisch – Gehilfe haftet deliktisch – Solidarhaftung • Vertrag zwischen Geschäftsherrn und Gehilfen: keine Schutzwirkung zugunsten des Geschädigten 13 Regress • § 1313 • Leistung des Geschäftsherrn an Geschädigten Geschäftsherr verlangt Rückersatz von Gehilfen • Verletzung des Innenverhältnisses – Vertrag zwischen Geschäftsherrn und Gehilfen • Leistung des Geschäftsherrn uU höher als Rückersatz – zB § 349 UGB: Ersatz des entgangenen Gewinns bei leichter Fahrlässigkeit – DHG 14 E‐Commerce 15 5 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Grundsätzliches • ECG (E‐Commerce‐Gesetz) • keine eigenen Haftungstatbestände • Haftung nach allg Zivilrecht – zB § 1330 • ECG enthält Befreiungstatbestände 16 Inhalt einer Website • Rechtswidriger Inhalt einer Website Haftung des Betreibers (Content‐Provider) • keine Haftung – AccessProvider (Durchleitung von Daten) – Suchmaschinenbetreiber S h hi b t ib – Caching (kurzfristige Zwischenspeicherung) • Haftungsprivilegierung: Nur bei Kenntnis von Umständen, aus denen Rechtswidrigkeit hervorgeht – Host‐Provider (Speicherplatz) – Linksetzer (elektronischer Verweis) 17 Dienstnehmerhaftung 18 6 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit DHG • Dienstnehmerhaftpflichtgesetz 1965 • verdrängt Vorschriften des ABGB • Ratio der Haftungserleichterungen für DN – fortschreitende Technisierung große Gefahrenquellen – geringe Fehlleistung großer Schaden – DG kann Schaden leichter tragen und zieht aus Einsatz des DN verhältnismäßig größeren Nutzen 19 Anwendungsbereich • wirtschaftlich unselbständige Personen – privatrechtl. oder öffentlichrechtl. Dienstverhältnis – Ausnahme: DN, die Hoheitsgewalt ausüben (O (Organe) AHG, OrgHG ) AHG O HG • Schlechterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten: – DN schädigt DG bei Erbringung der Arbeitsleistung – DN schädigt Dritten bei Erbringung der Arbeitsleistung 20 Schäden des DG • entschuldbare Fehlleistung keine Haftung – leichtester Grad von Fahrlässigkeit, für den nach ABGB noch zu haften wäre • leichte Fahrlässigkeit Erlass oder Mäßigung des Ersatzes • grobe Fahrlässigkeit Mäßigung des Ersatzes • Kriterien des Erlasses bzw Mäßigung – – – – Ausbildung des DN Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts Entlohnung des DN mit Tätigkeit verbundene Verantwortung 21 7 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Schäden eines Dritten • DG haftet für Schaden aufgrund Gehilfenzurechnung • DG leistet Ersatz an Dritten Ersatzanspruch des DG gegen DN entfällt bzw wird gemäßigt • DN leistet Ersatz an Dritten Ersatzanspruch des DN gegen DG besteht, wenn er Schaden aufgrund von entschuldbarer Fehlleistung bzw Fahrlässigkeit nicht tragen muss 22 ASVG • Schädigung eines DN durch – DG oder – anderen DN 23 Schädigung durch DG (§ 333 ASVG) • Arbeitsunfall oder Berufskrankheit von DG verursacht • Körperschäden Haftung des DG nur bei Vorsatz (Haftungsprivileg) • Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit: DG muss Sozialversicherungsträger die erbrachten Leistungen ersetzen • Ratio des Haftungsprivilegs – DG zahlt Beiträge für Sozialversicherung des DN 24 8 Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletečka WS 2011 VO Schadenersatzrecht 8. Einheit Sonderprobleme • verschuldensunabhängige Risikohaftung des DG (§ 1014) Haftungsprivileg gilt auch hier • Arbeitsunfall mit Verkehrsmittel Haftungsprivileg entfällt, wenn P Personenschaden durch Kfz‐Haftpflicht‐ h d d h Kf H ft fli ht versicherung gedeckt (§ 333 Abs 3 ASVG) • § 3 Z 3 EKHG: verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung gilt nicht für beim Betrieb tätige Personen Können sich diese auf § 1014 berufen? 25 Personelle Erweiterung • § 333 Abs 4 ASVG • Haftungsprivileg gilt auch für • gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter des Unternehmers • Aufseher im Betrieb – Selbständigkeit und Verantwortlichkeit für Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte • § 335 Abs 3 ASVG • Schulen und Universitäten bzgl Auszubildenden • Einrichtung zur Gesundheitsvorsorge oder Rehabilitation bzgl Patienten 26 Schädigung durch anderen DN • Arbeitsunfall oder Berufskrankheit von anderem DN verursacht • Legalzession: Schadenersatzanspruch des Geschädigte geht auf Sozialversicherungsträger über • § 332 Abs 5 ASVG • Sozvers kann Anspruch nur geltend machen – grobes Verschulden des schädigenden DN oder – Unfall durch Fahrzeug, für das Gefährdungshaftung besteht 27 9
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