grenzüberschreItende geschäftswagen mIt deutschland

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juni 2015
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grenzüberschreitende
geschäftswagen
mit deutschland
(3. Teil)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Geschäftswagen an Grenzgänger abzugeben. Diese können im Ausland verzollt oder nicht
verzollt werden. Der Nutzwert von in Deutschland unverzollten Fahrzeugen ist stark eingeschränkt, die Kosten bei verzollten
Wagen dagegen sind hoch.
Mit Inkrafttreten der bilateralen Verträge am 1. Juni 2002 traten die sogenannten vier Freiheiten (Personenfreizügigkeit, freier Warenverkehr, Dienstleistungsfreiheit sowie freier Kapital- und Zahlungsverkehr) in Kraft. Mit dem Schengener Abkommen Ende 2008
wurden zudem die stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten abgeschafft.
Die Personenfreizügigkeit wird immer wichtiger. So arbeiteten Ende 2014 – gemäss Statistik des Bundes – 287‘146 Grenzgänger in
der Schweiz. Davon kamen ca. 150‘000 aus Frankreich, 68‘000 aus Italien, 59‘000 aus Deutschland und 8‘000 aus Österreich. Viele Grenzgänger kommen mit dem Auto, nicht wenige mit einem Schweizer Geschäftswagen.
Es gab schon seit dem Jahr 2013 gewisse Anzeichen einer Praxisverschärfung (wir haben im BDO Newsletter mehrfach darüber berichtet). Mit der Durchführungsverordnung 2015/234 der EU-Kommission vom 13. Februar 2015 und der Anpassung des Artikels
561 ZK-DVO (Zollkodex-Durchführungsverordnung) auf den 1. Mai 2015, war jedoch klar, dass sich die Regeln grundlegend ändern
würden. Die Auswirkungen sind auch heute noch nicht restlos klar und die Praxis ist „in Entwicklung“ begriffen. Greift die Zollbehörde wirklich durch? Setzt es Strafen und Bussen? Wir stellen den heutigen Kenntnisstand dar. Die Rechtsentwicklung ist auch weiterhin zu verfolgen.
Klar ist, dass diese neuen Regeln die Schweizer Unternehmen mit Kosten und Umtrieben belasten. Auch die Grenzgänger mit Geschäftswagen sind – auf lange Sicht – die Verlierer. Es ist zu vermuten, dass Geschäftswagen entzogen, Leasingverträge nach Ablauf
nicht erneuert und bei Neuanstellungen Geschäftswagen nur noch sehr zurückhaltend an Grenzgänger abgegeben werden bzw. deren Gebrauch massiv eingeschränkt wird.
In der Praxis gibt es unzählige Varianten und Nebenbedingungen zu beachten. So ist die Verzollung von Leasingfahrzeugen zwar
möglich, aber mit zusätzlichen Umtrieben verbunden. Es empfiehlt sich, fachlichen Rat in Anspruch zu nehmen, da jeder Fall einzeln
beurteilt werden muss. Nachstehend führen wir die Grundzüge zum besseren Verständnis auf.
Man kann die neuen Restriktionen beklagen. Wie passt diese Verschärfung zu den hochgeloben „vier Freiheiten“ der EU? Wir konzentrieren uns nachfolgend auf die Darstellung von möglichen Lösungen, um Sie bei der Umsetzung bestmöglich zu unterstützen.
Dabei konzentrieren wir uns auf den häufigsten Fall: Den an deutsche Grenzgänger abgegebene Personenwagen von Schweizer Unternehmen.
Grundlegende Optionen für grenzüberschreitende Geschäftswagen mit Deutschland
Es gibt zwei Möglichkeiten:
▶▶ In Deutschland nicht einfuhrversteuerte Schweizer Geschäftsfahrzeuge
▶▶ Schweizer Geschäftswagen, welche zusätzlich in Deutschland eingeführt und verzollt wurden.
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Bei beiden Konstellationen ergeben sich Konsequenzen auf der Schweizer Seite und in Deutschland. Diese stellen wir nachfolgend
im Detail dar.
Zoll
Unverzollte Schweizer Geschäftswagen
Bei in Deutschland unverzollten Schweizer Geschäftswagen bestehen starke Nutzungseinschränkungen. Diese Fahrzeuge dürfen nur
wie folgt genutzt werden:
▶▶ Die Nutzung ist auf den Grenzgänger beschränkt
▶▶ Schweiz: Privatfahrten und geschäftliche Fahrten
▶▶ Deutschland: Nur Arbeitsweg – ohne Umwege – und geschäftliche Fahrten
Der Grenzgänger ist verpflichtet, einen Zusatz zum Arbeitsvertrag stets mit sich zu führen, welcher diese Regelung belegt.
Bei einem Verstoss gegen diese Regelung wird das Fahrzeug zwangseinfuhrversteuert. Sollte das EUR-1 beim Grenzübertritt nicht
vorliegen, wird der Zoll fällig. Falls der Grenzgänger der Einführer ist, kann auch die Einfuhrsteuer von 19 % nicht zurückgefordert
werden.
In Deutschland verzollte Fahrzeuge
Fahrzeuge, welche in Deutschland zusätzlich verzollt und versteuert wurden, dürfen in beiden Ländern unbeschränkt für Privat- und
Geschäftsfahrten verwendet werden. In Deutschland ist ein Zoll von ca. 10 % des Zeitwerts des Fahrzeugs zu bezahlen. Falls jedoch
ein Ursprungszeugnis (EUR-1) beigebracht werden kann, welches belegt, dass das Fahrzeug in der EU produziert wurde, fällt kein Zoll
an.
Schweizer Mehrwertsteuer
Die Schweizer MWST ist nur dann zu entrichten, wenn das Fahrzeug mehrheitlich in der Schweiz genutzt wird. Falls die Sachlage
nicht eindeutig ist, empfiehlt es sich, den Mitarbeitenden zu verpflichten, ein Fahrtenbuch zu führen, damit der Nachweis der mehrheitlichen Nutzung anlässlich einer Steuerrevision erbracht werden kann (siehe dazu MWST-Info 08, Privatanteile).
Berechnungsbasis Schweiz und Deutschland (Zahlen in ganzen Franken)
Wir gehen nachfolgend von einem häufig in der Schweiz verwendeten Firmenfahrzeug aus, einem VW Passat Variant zum Bruttolistenpreis von CHF 65‘000 (inkl. 8 % MWST).
Der effektive Kaufpreis in der Schweiz, nach Abzug des Euro- und Flottenrabatts und der MWST von 8 %, beträgt CHF 48‘150. Der
Privatanteil in der Schweiz beträgt 0,8 % pro Monat, berechnet auf dem effektiven Kaufpreis exkl. MWST. Die Berechnungsbasis beträgt somit CHF 4‘622 (CHF 48‘150 x 0,8 % x 12). Der Schweizer Privatanteil beträgt CHF 370 (CHF 4‘622 x 8 %).
Deutsche Mehrwertsteuer (in CHF dargestellt)
Seit dem 1. Juli 2013 haben sich Schweizer Firmen, welche deutschen Grenzgängern ein Fahrzeug für Privatfahrten oder auch nur für
den Arbeitsweg überlassen, in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren zu lassen. Der Privatanteil (deutsche Umsatzsteuer) ist
bedeutend höher als in der Schweiz. Auch ist zu unterscheiden, ob das Fahrzeug nur für den Arbeitsweg oder auch für sonstige Privatfahrten benutzt werden kann (in Deutschland also verzollt ist oder nicht).
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In Deutschland nicht einfuhrversteuerte Schweizer Geschäftsfahrzeuge
Da nur der Arbeitsweg mit diesen Fahrzeugen zurückgelegt werden kann, ist nur dieser Teil der Privatnutzung zu deklarieren. Die
Umsatzsteuer berechnet sich wie folgt:
Anzahl Km einfacher Arbeitsweg vom Wohnort in Deutschland zum Arbeitsort in der Schweiz x 0,03 % der Berechnungsbasis x Anzahl Monate (für ein Jahr somit 12 Monate).
Bei einer Distanz von 46 Km beträgt die Umsatzsteuer somit:
Umsatzsteuer Arbeitsweg: 46 x 0,03 % von CHF 48‘150 x 12 =
CHF
7‘973
Deutsche MWST = CHF 7‘973 : 119 x 19 =
CHF
1‘273
Grundsätzlich muss der Bruttolistenpreis als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Privatanteils verwendet werden. Die
Praxis hat aber gezeigt, dass die deutschen Finanzbehörden die Anschaffungskosten des Fahrzeugs als Bemessungsgrundlage akzeptieren.
In Deutschland verzollte und einfuhrversteuerte Schweizer Geschäftswagen
Bei der Einfuhr ist eine Steuer von 19 % des Fahrzeugwerts zu entrichten, welche von registrierten Unternehmen als Vorsteuer wieder zurückgefordert werden kann.
Es sind zwei Komponenten zu deklarieren: Der Arbeitsweg (siehe vorstehend) und sonstige Privatfahrten (Feierabend, Wochenende, Ferien).
Berechnung Umsatzsteuer Deutschland: CHF 48‘150 X 12 % = CHF 5‘778
Berechnung Umsatzsteuer der Privatnutzung ab Wohnort: CHF 5‘778 : 119 X 19 = CHF 922 (sonstige Privatfahrten)
Umsatzsteuer für Fahrten zwischen Wohnung/Arbeitsstätte
CHF
1‘273
Umsatzsteuer sonstige Privatfahrten
CHF
922
Umsatzsteuer Deutschland
CHF
2'195
Zum Vergleich: Privatanteil Schweiz
CHF
370
Lohnausweis
Unverzollte Schweizer Geschäftswagen
Es gibt keinen in Ziffer 2.2 zu deklarierenden Privatanteil, da nur der Arbeitsweg mit dem Fahrzeug zurückgelegt werden darf. Das
Feld „F“ – Unentgeltliche Beförderung zwischen Wohn- und Arbeitsort – ist anzukreuzen.
In Deutschland verzollte Schweizer Geschäftswagen
Da das Fahrzeug privat unbeschränkt verwendet werden darf, ist der geldwerte Vorteil unter Ziffer 2.2 im Lohnausweis zu deklarieren (CHF 4‘622 in diesem Beispiel). Feld „F“ – Unentgeltliche Beförderung zwischen Wohn- und Arbeitsort – ist zusätzlich anzukreuzen.
AHV
Bei der AHV muss in beiden Fällen (in Deutschland verzollt oder nicht) der geldwerte Vorteil von 0,8 % des Fahrzeugpreises pro Mo-
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nat abgerechnet werden (siehe Rz 2062, 3007ff Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV - WML). Aus Sicht der AHV
ist schon nur die Nutzung für den Arbeitsweg eine zu deklarierende geldwerte Leistung.
Das bedeutet, dass für Geschäftswagen in Deutschland, welche nur für den Arbeitsweg verwendet werden dürfen, in der Lohnbuchhaltung eine neue Lohnart „Geschäftswagen Grenzgänger“ eröffnet werden muss, welche die AHV-Basis korrekt steuert. Der Arbeitnehmende trägt 50 % der entsprechenden AHV-Beiträge.
Wenn auf die korrekte Abrechnung der AHV-Beiträge verzichtet wird, besteht das Risiko, dass der geldwerte Vorteil Geschäftswagen anlässlich einer AHV-Revision aufgerechnet wird. In diesem Fall bezahlt der Arbeitgeber den ganzen AHV-Beitrag.
Fazit und Ausblick
Die Neuregelung der EU bringt den Arbeitgebern in den Grenzregionen Umtriebe und vor allem hohe Kosten. Die ausländischen
Steuerverwaltungen können – zu Lasten der betroffenen Unternehmen in der Schweiz - wesentliche Zusatzeinnahmen verbuchen.
Es ist jedoch absehbar, dass diese Geldquelle - infolge der absehbaren wesentlichen Abnahme der grenzüberschreitenden Geschäftswagen - mit der Zeit deutlich weniger ergiebig sein wird.
Für Rückfragen zur MWST in Deutschland oder wenn Sie Hilfe bei der umsatzsteuerlichen Registrierung benötigen, steht Ihnen unsere Spezialistin, Frau Sylvia Moser, (Tel: 044 444 35 24, E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Gerne unterstützen wir Sie auch bei grenzüberschreitenden Geschäftswagen in der EU allgemein.
Autoren
Hanspeter Baumann, dipl. Treuhandexperte, Partner, BDO AG Liestal, Tel: 061 927 87 00, E-Mail: [email protected]
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