60 Jahre NABU Hamm

Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann
60 Jahre NABU Hamm
Sonntag, 02. August, um 11 Uhr im Maxipark
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Weigt,
sehr geehrter Herr Tumbrinck!
Ich möchte heute mit einer Geschichte beginnen. Genauer gesagt mit der Geschichte
vom Wolf und vom Storch: Eines Tages verschlang ein Wolf ein Schaf so gierig, dass
ihm ein Knochenstück im Hals stecken blieb. Er konnte noch so würgen, es half
nichts. Der Wolf drohte zu ersticken. Da erblickte er einen Storch im hohen Gras und
winselte mit letzter Kraft: „Storch, mein Freund, mir steckt ein Knochen im Hals.
Wenn du mich davon befreist, will ich dich reich belohnen.“ Der Storch kam
vertrauensvoll näher und guckte in den aufgerissenen Rachen des Wolfes. „Halte
durch und gleich ist alles wieder in Ordnung.“ Der Storch schob seinen langen
Schnabel in das Maul des Wolfes, packte das Knochenstück und zog es behutsam
heraus. Nach der Rettungstat erinnerte der Storch den Wolf an die versprochene
Belohnung. Der aber antwortete: „Du willst auch noch einen Lohn haben? Dank Gott,
dass ich dir den Hals nicht abgebissen habe. Du solltest mir danken: Wer kann schon
behaupten, lebendig aus meinem Rachen gekommen zu sein?“
Sehr geehrte Damen und Herren,
es gibt nur wenige Tiere, die einen schlechteren Ruf haben, als der Wolf. Vor allem in
Fabeln und Geschichten. Dieses ungerechte Bild will der Naturschutzbund Hamm
gerade rücken – unter anderem mit der Ausstellung „Dem Wolf auf der Spur“, die ab
heute zwei Wochen lang im Gewächshaus des Maxiparks zu sehen sein wird. In der
Ausstellung geht es darum, über die Lebensweise und die Rückkehr der Wölfe zu
informieren, ihre Bedeutung für die Umwelt klar zu machen und bestehende
Vorurteile mit einem Augenzwinkern zu widerlegen. Vorurteile gibt es über Störche
nicht – und dennoch waren die Tiere viele Jahre lang nicht in Hamm zu sehen.
Heutzutage ist das anders: Regelmäßig nisten Weißstörche auf Hammer Stadtgebiet
und das mit Erfolg. Mittlerweile ist der Weißstorch eines der sichtbaren Zeichen für
Umwelt- und Naturschutz in Hamm. Die Geschichte von Wolf und Storch passt aber
auch in anderer Hinsicht zu dem NABU Hamm und damit auch zu unserer Stadt. Bei
vielen Entscheidungen und Diskussionen kreuzen sich die Wege von NABU und
Stadt. Dabei geht es nicht wie in der Fabel um Leben und Tod, aber doch um
unterschiedliche Standpunkte. Dabei geht es mir gar nicht darum, wer Storch und
wer böser Wolf ist. Es geht um gemeinsamen Austausch. Seit mittlerweile 60 Jahren
setzt sich den sich die Mitglieder des NABU Hamm in besonderer Weise für Umweltund Naturschutz ein. Egal ob bei neuen Bauvorhaben oder Abrissen, bei
Verkehrsplanungen oder Landschaftspflege: Das Wort des NABU Hamm hat stets
Gewicht und das ist gut so. Dass wir als Stadt in manchen Dingen anderer Meinung
sind und Prioritäten anders setzen, liegt auf der Hand. Dass die Diskussionen auch
mal lauter und emotionaler geführt werden, ist kein Hindernis. Im Gegenteil: Es ist
wichtig, dass wir uns austauschen, Standpunkte vertreten und letztendlich zu einer
Lösung kommen, mit der alle Beteiligten leben können. Genau das zeichnet die
Zusammenarbeit vom NABU Hamm und der Stadtverwaltung seit vielen Jahren aus.
Es darf diskutiert werden. Es darf auch emotional werden, aber nach Spielregeln:
respektvoll, auf Augenhöhe und im Sinne der Sache. Und das gelingt uns in den
meisten Fällen richtig gut.
Sehr geehrte Damen und Herren,
einige Ehrenamtliche haben vor 60 Jahren den Grundstein für die erfolgreiche Arbeit
des Naturschutzbundes Hamm gelegt. Sie fingen an, Nistkästen aufzuhängen und
Vogelfutter zu verteilen – zu Beginn nur im Stadtteil Heessen. Heutzutage sind die
rund 800 Mitglieder des NABU Hamm im gesamten Stadtgebiet aktiv. Die
ehrenamtlichen Vereinsmitglieder decken den gesamten Bereich des Umwelt- und
Naturschutzes ab. Ich wage gar nicht erst den Versuch, alle Projekte des NABU
Hamm vorzustellen. Vor allem, weil viele Projekte und Partner im Rahmen der
heutigen Feier vorgestellt werden. Ein wichtiges Thema ist der Fledermaus- und
Amphibienschutz sowie Artenschutz im Allgemeinen, für den sich die Ehrenamtlichen
seit Jahren erfolgreich einsetzen. Nicht vergessen möchte ich den Flächenkauf der
Haarenschen Heide, die als ökologisch wichtige Wiesefläche Lebensraum für seltene
Wiesenvögel bietet. Ich könnte an dieser Stelle noch eine ganze Menge über die
NABU-Projekte erzählen. Über das private Waldstück in Pelkum, in dem wertvolle
ökologische Strukturen geschaffen wurden. Über die beiden Biotope, die gemeinsam
mit dem Umweltamt im Pilsholz angelegt wurden. Oder über die Kindergruppe, die
Kindern spielerisch näherbringt, dass ein Leben in und mit der Natur nicht nur wichtig
ist, sondern auch Spaß machen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Thema Naturschutz geht jeden von uns etwas an. Naturschutz geht heutzutage
nicht mehr von allein. Man muss etwas dafür tun. Der NABU Hamm mit seinen rund
800 Mitgliedern ist das beste Beispiel dafür. Es ist allerdings nicht nur
beeindruckend, was der NABU Hamm macht, sondern auch wie er es macht. Der
Naturschutzbund ist kein abgeschotteter Verein, sondern offen für jeden
Interessierten. Wer körperlich nicht mehr so fit ist oder aus Zeitgründen nur einige
Stunden im Monat helfen kann ist ebenso willkommen wie jeder andere auch. Jeder
engagiert sich so, wie er es kann. Ohne Zwang, sondern aus innerem Antrieb
heraus. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum die Arbeit des NABU Hamm so
erfolgreich ist – und warum der Verein so geschätzt wird. Ich persönlich weiß, was
wir am NABU haben. Auch wenn wir an mancher Stelle intensiv diskutieren – und in
Zukunft auch diskutieren werden – so ist es immer eine Auseinandersetzung, die der
Sache dient. Und das ist keineswegs selbstverständlich. Ich wünsche Ihnen allen
eine schöne Jubiläumsfeier. Ich denke, dass Sie viel über den NABU Hamm lernen
und vielleicht auch die Rolle des Wolfes neu sehen werden. Vielen Dank.