Von den süßen Dingen des Lebens

Von den süßen Dingen
des Lebens
Günther J. Wolf
Wo die Sinne parken …
Ein Hort der Sinnlichkeit
Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, der mit dem altgedienten, herkömmlichen Kaffeehaus vergleichbar
wäre – das Heimelige, Romantische, die den Hauch von
gelebter Zwischenmenschlichkeit und geheimnisumwitterter Sinnlichkeit beinhaltende Atmosphäre des
Cafés.
Gewiss, da sind noch die verschiedenen anderen
gastronomischen Einrichtungen, in denen sich auch
alle Menschengattungen treffen – die Landgasthäuser, die Dorf-Beizen, die Stadt-Beiseln, die Bars, Pubs
und Bistros, die berüchtigten Kneipen, die berühmten
Gourmet-Tempel und hypermodernen Lounges.
In all diesen gastlichen Treffpunkten spielt es sich
ab: der Alltag mit seinen Höhen und Tiefen, das mehr
oder weniger impulsive Leben, die gesuchte und gefundene Gemütlichkeit und der Zeitvertreib, die mannigfaltige Unterhaltung sowie der mit Lust und Wonne
oder auch Heißhunger empfundene Genuss von Speis
und Trank mit all seinen Gaumenfreuden.
Und dennoch, das aufgrund der schnelllebigen und
beängstigend laut gewordenen Zeit immer mehr zu
einem Relikt werdende Café hat sich seine Eigenheit
über Jahrhunderte bewahrt und seinen besonderen
Status trotz aller modernen Strömungen konserviert.
Nach wie vor sind es beispielsweise intellektuelle
Kreise, wie die Repräsentanten der schreibenden Zunft,
die Journalisten und Schriftsteller, die Theater-Schauspieler und alle möglichen Kulturschaffenden, die das
Kaffeehaus aufsuchen, um dort in angenehm ruhiger
Atmosphäre ihre Kollegen zu treffen oder einfach, um
nur einen Kaffee zu trinken, dazu etwas Süßes zu essen
und dabei relaxt die Zeitung zu lesen oder ihre Texte zu
schreiben …
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Das Café ist nach wie vor der magische Treffpunkt
von Menschen, die auf ihre Art allein und doch unter
sich sein und bleiben wollen, die Ruhe und Ausgeglichenheit Suchenden, die das belanglose Plauderstündchen in gediegener Atmosphäre Liebenden, die den in
der gehobenen, anspruchsvollen Atmosphäre stattfindenden verbalen intellektuellen Austausch oder
einfach den gemütlichen Tratsch oder den Gerüchteaustausch hinter vorgehaltener Hand wünschen.
Und was dem Ganzen die Krone aufsetzt – das Café
ist schließlich und endlich ein beliebter Treffpunkt
für jene Vielen, die sich an einem Ort des Wohlfühlens
Dinge sagen möchten, die nicht unbedingt an fremde
Ohren dringen sollen. Kurzum, wenn es um das Wichtigste und Schönste der Dinge das Lebens geht – um
die Liebe …
Denn nirgends spielt die Liebe zwischen zwei Menschen in ihren faszinierenden Anfängen, leidenschaftlichen Höhepunkten, aber auch melodramatischen Enden eine größere Rolle, wie oft in den Cafés.
In ungezählten Romanen, tatsächlich stattgefundenen, historischen Begebenheiten, packenden Theaterstücken und Filmen, die sich ausnahmslos mit dem
Thema Liebe befassen, spielen Cafés mehr oder weniger im unübersehbaren Hintergrund eine Rolle.
Einer der Gründe, warum sich die Kaffeehäuser einer magischen Anziehungskraft erfreuen, ist nicht nur
deren außergewöhnliches Ambiente, sondern auch die
Qualität der Angebote, welche dort in Form von exzellentem Kaffee und raffinierten Süßspeisen neben den üblichen Getränken und Stärkungen zur Auswahl stehen.
So hat sich auch das Café Frederick in Schruns mit
seinen Leckereien aus der eigenen Konditorei und
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Torte »Sarah Bernhardt« –
Patissier-Liebeserklärung
an eine »Grande Dame«
Dieses, sinngemäß nach dem V.I.P.-Status geschaffene Konditor-Meisterwerk wird mit viel Liebe, meisterlichem Können und persönlichem Engagement hergestellt und täglich frisch im Schrunser Café Frederick
den anspruchsvollen Gästen – die im wahrsten Sinne
des Wortes ihre Sinne hier parken – angeboten und ist
meistens schon nach wenigen Stunden ausverkauft.
Der Name der weltberühmten Sarah Bernhardt steht
auch hier – fern von der Weltstadt Paris – im Montafon
für das Außergewöhnliche …
Kaum jemand anderer hat der großen
Dame der französischen Schauspiel­
kunst eine größere und nachhaltige
Patisserie­Referenz erwiesen als der
Zuckerbäckermeister Herbert Senn, der
Gründer und erste Inhaber des renom­
mierten Café Frederick in Schruns.
Ausgerechnet im Montafon, der
attraktiven Talschaft im südlichen
Vorarlberg, wurde die weltweite Be­
rühmtheit der Pariser Schauspielerin
Sarah Bernhardt in Form einer phan­
tastisch mundenden Süßigkeit – der
inzwischen international bekannten
und rezept­patentierten Torte »Sarah
Bernhardt« aus der »schokoladigen«
Taufe gehoben.
Schauplatz dafür war – wie könnte
es anders sein – das Café Frederick der
Familie Senn.
Herbert Senn wurde anlässlich sei­
nes längeren Frankreich­Aufenthaltes
auf die berühmte Schauspielerin und
deren bewegtes Leben aufmerksam.
Senn verbrachte in Paris, als Kondi­
tor arbeitend, eine schöne, an Eindrü­
cken reiche und überaus lehrreiche Zeit
in einem renommierten Betrieb. Man
kann sich lebhaft vorstellen, was in der
Weltstadt Paris auf den jungen Mann
aus dem ländlichen Montafon alles
einströmte.
Sein aufgeschlossener Chef »Mon­
sieur Marc« (keiner der Angestellten
Jahre später in Schruns …
Eine feine Dame aus Paris weilte zu Gast im renommierten Kurhotel Montafon.
Bei einem ihrer regelmäßigen Besuche im Café Frederick erklärte sie dem Cafetier-Ehepaar Irmgard und
Herbert Senn in gutem, mit Elsässer Dialekt gesprochenem Deutsch, dass ihr Vater die »Grande Dame«
des französischen Theaters gar nicht so elegant fand,
wie man sie immer beschrieb.
Er hatte nämlich als Student die Ehre, Sarah Bernhardt privat am Klavier zu begleiten, während die
Schauspielerin, nur mit einem Morgenrock begleitet,
dazu sang.
Nun, so hat denn jeder seine eigenen Ansichten.
Doch das tat der künstlerischen Größe und der Beliebtheit von Sarah Bernhardt keinen Abbruch.
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nannte ihn bei seinem Familiennamen
Camenisch) führte ihn in das pulsieren­
de Leben der Weltstadt ein und zeigte
ihm natürlich auch so manches Etab­
lissement mit den berühmten »leichtbe­
kleideten« schönen Pariserinnen.
»Le Patron« Monsieur Camenisch
(die Vorfahren stammten aus dem
Ostschweizer Kanton Graubünden)
und seine Frau, »La patron« genannt,
hatten den jungen Mann aus Österreich
ins Herz geschlossen und dieser nahm
aus seiner Pariser Zeit als Konditor vie­
les aus der Welt der Patisserie mit, was
schön und gut, klein und fein war …
Monsieur Marc nahm seinen
Schützling Herbert Senn auch fast
regelmäßig mit in die »marché«, den
»Bauch von Paris«, wie der berühmte
Pariser Markt bezeichnet wurde.
Senn erinnert sich besonders an den
fast rituellen Butterkauf, bei dem aus
fünf bis sechs verschiedenen Buttersor­
ten ausgesucht wurde, nachdem man
diese probiert hatte.
Da waren unter anderem die etwas
salzige Butter aus der Normandie, die
etwas zähere aus der Bretagne und
die aus den Vogesen mit dem feinen
Geschmack.
Die »beurre« (Butter) war besonders
wichtig für die beiden weltberühmten
französischen Spezialitäten, die feine
»crème au beurre«, die Buttercreme und
den »côte feuilleté«, den exzellenten,
berühmten französischen Blätterteig.
Etwas später, als er wieder zuhau­
se wirkte, erinnerte sich Herbert Senn
an Paris und den Namen der weltbe­
rühmten französischen Schauspielerin
Sarah Bernhardt. Und es kam ihm die
Idee, seine schöne und lehrreiche Zeit in
Frankreich mit der besonderen Kreation
einer Torte in Verbindung zu bringen.
Und was lag näher, als eine Torte
mit dem klingenden Namen »Sarah
Bernhardt« zu kreieren – eine, wie sich
bald zeigte, glänzende Idee.
Mit einem daran interessierten Mit­
arbeiter namens Walter aus dem nie­
derösterreichischen Senftenberg ging
Herbert Senn schließlich ans Werk.
Man hatte in der Backstube in der
Produktion stets einen Überschuss an
Eiklar und dem Trend der Zeit folgend,
wurde etwas Leichtes, verbunden dem
Auftreten der Tänzerin und Schauspie­
lerin Sarah, nachempfunden.
Aus Japonaise­Böden (Eiklar mit
feinen Nüssen) gefüllt mit Mocca und
Schoko­Obers (von der französischen
Lieferfirma Valhrona wurde eine der
besten Schokoladen Europas verwen­
det) entstand eine mit Finesse beendete
Spezial­Torte.
Diese kam und kommt auch weiter
bestens an und läuft und läuft zur Ehre
der französischen Freunde von Herbert
Senn und natürlich in süßer Erinne­
rung an Madame Sarah Bernhardt.
In der Tat eine bleibende »Süße
Hommage«, an die unvergessliche
französische Schauspielerin …
Café Frederick Schruns
Das Café Frederick ist eine der ersten
Adressen in der Bodenseeregion – und auch
darüber hinaus –, wenn von Patisserie die
Rede ist.
Vor 50 Jahren wurde die Café-Konditorei
ins Leben gerufen und steht seitdem für
höchste Ansprüche und Qualität. Sie wurde
zu einem Ort, wohin die Menschen kommen, um erlesene Patisserieprodukte zu
genießen, sich von außergewöhnlichen
Kreationen des Meisterbetriebs erstaunen
zu lassen und – wie der Autor Günther J.
Wolf es im Titel des Buches ausdrückt –
ihre Sinne zu parken.
Das Buch »Wo die Sinne parken …« erzählt
die Erfolgsgeschichte des Cafés und taucht
damit auch in die mit dem »Frederick«
untrennbar verbundene Region Schruns / Montafon mit ihren Besonderheiten und
erzählenswerten Geschichten ein.
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Softcover
23 x 27 cm | 152 Seiten
eur 19,90 | chf 24,–
ISBN 978-3-99018-329-8
Bucher Verlag | Hohenems – Wien – Vaduz | T +43-5576-7118-0 | [email protected] | www.bucherverlag.com