Der Hamburger im Herbst | Seite 79 Bloß nicht mit jeder Mode gehen: Nach Ansicht von Christine Uhlendorf passen die angesagtesten Brillen zu den wenigsten Menschen. Viele ihrer Kunden verlassen sich deshalb gern auf den Geschmack der gelernten Optikerin Hamburg & Sehen Selbstbewusste Sehnothelferin Wer das Geschäft von »Optic Walter« betritt, kommt nicht, um einfach nur eine Brille zu kaufen. Davon ist Christine Uhlendorf fest überzeugt. Die Geschäftsführerin schwärmt von ihrer ganz besonderen Kundschaft, gibt sich absolut stilsicher und traut sich so manch flotten Werbeauftritt Foto Marcelo Hernandez | Text Alexandra Maschewski Die pinkfarbene Bulldogge vor der Tür trägt eine Schwimmbrille, lässt schnell erahnen, dass dieses Geschäft im Souterrain ein wenig anders ist als andere. »Uns kennen alle, die eine Brille tragen, die nicht alle kennen.« So lautet ein Werbespruch von »Optic Walter« und dafür steht das Geschäft am Mühlenkamp nun schon seit 35 Jahren. Als Winterhude noch nicht so angesagt und laut Geschäftsführerin Christine Uhlendorf ein wenig »trutschig« war, da verkaufte sie dort schon Augengläser aus England, die mit buntem Stoff hinterlegt waren. Trendige Teile mit Glitzerpartikeln, manche gar mit Perlen. Der Laden befand sich damals noch ein paar Hausnummern weiter, dort, wo heute »Weinlust« liegt. »Eine kleine Hutzelbude, in der sich oft die Kunden drängten, um bedient zu werden.« Ganz so extravagant wie in den Achtzigern sind die Stücke nicht mehr, die heute angeboten werden. Ebenso sorgfältig ausgesucht werden sie trotzdem. »Wenn ich heute auf einer Messe unterwegs bin, dann gehe ich nicht zuerst zu den großen Herstellern, sondern suche nach kleinen Designern, nach Marken ohne auffällige Vermarktungsstrategie.« So wie Suzy Glam aus Holland, Oscar Magnuson aus Schweden, Onkel Ferdi aus Berlin. Christine Uhlendorf sieht es als Herausforderung, sich von anderen abzuheben. Vielleicht ist es sogar eine Frage der Ehre. Optiker gibt es einige am Mühlenkamp – zu ihr aber kommen noch immer diejenigen, die nicht bloß nach einer Sehhilfe suchen. Selbstbewusste Kunden, die sich ziemlich regelmäßig ein neues Teil anschaffen, weil sie sich und dem Gegenüber die Abwechslung gönnen. An einer Wand hängt ein Bild von Roger Willemsen. An einer anderen eine Zeichnung mit Widmung von Horst Janssen, der hier seine bekannte randlose Brille kaufte: »Und danke für Ihre Zuständigkeit.« »Optic Walters« Otto-Walkes-Brille, geformt nach dem Vornamen des Komikers, schaffte es sogar bis ins Otto-Museum in Emden. Wie viele Gestelle sie selbst zu Hause hat, kann Christine Uhlendorf gar nicht sagen. An diesem Tag trägt sie ein helles, dezentes Modell, das gut zu ihrem zarten Gesicht und dem blonden Haar passt. Ihren Stil hat sie längst gefunden, mit schwarzer, kreisrunder Fassung auf der Nase würde man sie niemals antreffen. »Wenn jemand ins Geschäft kommt, erkenne ich sofort, was zu ihm passt und was nicht«, sagt sie. Mit ihrer Meinung hält sie dann auch nicht hinterm Berg. Die Stammkunden, die sie alle mit Namen kennt, schätzen das und verlassen sich ganz und gar auf die gelernte Optikerin. »Mit meterhohen Brillenwänden, wie sie woanders stehen, kommt keiner klar«, ist sie sich sicher. »Sechs oder sieben Brillen, mehr verkraftet niemand. Deshalb ist es meine Aufgabe, vor dem Probieren die richtige Vorauswahl zu treffen.« Parameter wie der Gesichtsschnitt oder der Hautton spielen eine zentrale Rolle, nicht die jüngste Mode. »Die Pilotenbrillen, die man überall sieht, stehen aufgrund der tropfenförmigen Gläser wirklich fast niemandem. Außer man fährt eine Harley«, sagt Christine Uhlendorf. Wenn sie von bunt verspiegelten Exemplaren spricht, nimmt ihr Gesicht kurz einen widerwilligen Ausdruck an. Auch die großen schwarzen Nerd-Brillen seien zwar unglaublich beliebt, aber in den seltensten Fällen vorteilhaft. Und der Trend, sich die passende Brille einfach im Internet zu bestellen? Fragezeichen in den Augen von Christine Uhlendorf, die sich kurz das Prozedere erklären lassen muss. »Mit so etwas beschäftige ich mich nicht.« Und tatsächlich passt dieses Geschäftsmodell irgendwie auch nicht zum Berufsethos der gebürtigen Niedersächsin, die noch heute alle Werkstattarbeiten selbst macht. Eigentlich aber wollte Christine Uhlendorf zum Theater. Bühnenbildnerin, das wäre ihr Traumberuf gewesen. So erklärt sich wohl, dass sie nebenbei auch immer als Mode-Stylistin gear- beitet hat. Und Sponsorin des Hamburger Filmfestes ist. Ihrem Gespür für filmreife Inszenierungen ist wahrscheinlich auch zu verdanken, dass vor allem die frühen Werbekampagnen, die sie zusammen mit ihrem Kompagnon Karl Walter erfunden hat, KultStatus erreicht haben. An den Wänden ihres Büros hängen noch ein paar großformatige Motive in SchwarzWeiß. Christine Uhlendorf, ganz die Grande Dame mit dramatisch umrandeten Augen und ausladendem Hut, ausgelassen lachend im Arm ihres damaligen Geschäftspartners, der »Optic Walter« vor ein paar Jahren verlassen hat. Das Blättern in einem großen Ordner kommt dann einer kleinen Reise in die Vergangenheit gleich: Sie mit Badeanzug, Hut und Zigarette, ganz lasziv im Liegestuhl. Er mit Tablett daneben. Mal beide ganz mondän im »Hotel Adlon«, dann wieder im Ganovenlook mit Trench und ein paar Seiten weiter mit Schneebrillen. Es gab Leute, die die halbseitigen Anzeigen aus Szene und Tango ausschnitten und sammelten. Wahrscheinlich auch das Motiv, das damals für einiges Aufsehen sorgte. Christine Uhlendorf, wie Gott sie schuf, auf einem schweren Motorrad. »Damals haben mir die Feministinnen das Schaufenster rot bemalt.« Sie muss schmunzeln, wenn sie daran denkt. So etwas würde heute niemanden mehr aufregen. Freche Werbesprüche mag sie noch immer. Und in ihrem Geschäft, das einmal eine Galerie beherbergte, stellt sie auch Kunst aus. Ganz ohne festes Konzept, einfach das, was ihr gefällt. So wie bei den Brillen eben. Aus dem Augenwinkel erkennt Christine Uhlendorf, dass in einer Auslage etwas nicht stimmt. »Da fehlt doch eine Brille«, sagt sie mehr zu sich selbst, greift zielgerichtet nach einem eleganten Modell und arrangiert es wieder an seinem ursprünglichen Platz. Inszenierung liegt ihr eben. Mal schauen, in welchem Look die pinkfarbene Bulldogge beim nächsten Mal grüßt. Jubiläum für »Elbe«, »Foftein« und Co. Im nächsten Jahr feiert das Brillenlabel »Hamburg Eye Wear« seinen 10. Geburtstag. Es wurde 2005 von Wolfgang Kampf sowie Dietmar Kleis und Christian Eydam vom »Optiker Glassgo« in Eppendorf gegründet. Die hochwertigen Acetat- und Titanbrillen zeichnet vor allem ihre typisch norddeutsche Zurückhaltung aus – ein protziges Logo lässt sich an keinem der Modelle finden. Und auch die Namen wie »Elbe«, »Foftein«, »Voss« oder »Loki« verraten etwas über die Herkunft. Seine Fans hat das Label aber längst nicht mehr nur in der Hansestadt, sondern selbst in Island oder sogar Paraguay Optiker Glassgo Eppendorfer Weg 259, 20251 Hamburg www.hamburg-eyewear.de Erste Adresse für viele Sportler Brillenträger und Motorradfahrer? Dann lohnt sich eine Tour nach Großhansdorf zu Michael Schmidt. Vor rund fünf Jahren spezialisierte sich der 54-Jährige neben dem Verkauf herkömmlicher Modelle auf BikerBrillen mit geschliffenen und gebogenen Gläsern – auf Wunsch auch selbsttönend. Im eigenen »Windkanal« und mit dem Helm auf dem Kopf lässt sich bei ihm der optimale Sitz testen. Aber auch andere Sportler – wie beispielsweise Radfahrer oder Golfer – nehmen inzwischen sogar längere Wege auf sich, um hier ihre Sehhilfe anfertigen zu lassen Schmidt Brillen und Contactlinsen Eilbergweg 9, 22927 Hamburg www.schmidt-brillen.com Feines Ambiente für spezielle Modelle Der Name »Optic Volker Johannsen« steht schon seit 1969 für besondere und exklusive Brillenmode in Hamburg. Heute leitet ein dreiköpfiges Team, das aus den Augenoptikern Rolf Boldt, Stefan Schmeidler und Marion Liese besteht, das Geschäft, das seine Kunden seit ein paar Jahren in den ehemaligen Räumlichkeiten des »Inge-Meysel-Cafés« an der Milchstraße berät. Im gediegenen Interieur warten zum Teil ganz spezielle Exemplare, so wie die handgemachten Holzbrillen der Firma Rolf aus Tirol, auf ihre neuen Besitzer Optic Volker Johannsen Milchstraße 23, 20148 Hamburg www.optic-johannsen.de Für alle, die das Besondere mögen »Nur einmal in Hamburg«, heißt es auf der Internetseite des Familienunternehmens, das sich bereits seit über 45 Jahren mit der qualifizierten Beratung und Hilfe rund um bestes Sehen beschäftigt und das heute von Marcus Carl geleitet wird. Auch wenn das sicher nicht für jede Brille gilt, die in dem schmucken Geschäft in Eppendorf im Angebot ist, so wird dem Kunden hier doch in jedem Fall eine exklusive Betreuung und stets das ganz besondere Modell garantiert. So wie mit der Neuinterpretation der Pilotenbrille »Okinawa« (Foto) von »Retrosuperfuture«, deren Sonnenbrillen derzeit absolut Kult und bei vielen internationalen Stars schwer angesagt sind. Optik Martin Carl Eppendorfer Baum 11, 20249 Hamburg www.optik-martin-carl.de Perfekter Schutz und topmodisch: Die »Okinawa« mit goldfarbenem Metallrand und braunen Gläsern von »Zeiss«
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