Leserbrief Apotheken Umschau

An Herrn
Peter Kanzler
Chefredaktion Apotheken Umschau
Konradshöhe 1
82065 Baierbrunn
München, den 03.02.2016
Sehr geehrter Herr Kanzler,
mit Interesse habe ich den in Ihrer Zeitschrift vom 15.01.2016B abgedruckten Bericht
über Implantate zur Kenntnis genommen. Ich erlaube mir, Ihnen dazu einige kritische
Gedanken mitzuteilen, da ich mit dem dort publizierten Inhalten teilweise nicht
einverstanden bin.
Christian Krumm, der sich für den Artikel verantwortlich zeichnet, zitiert als
Gesprächspartnerreferenz Herrn Prof. Dr. Edelhoff und Herrn Dr. Wolfgang Kirchhoff.
Herr Prof. E. wird mit der Aussage betreff Keramikimplantate aus Zirkondioxod
folgendermaßen zitiert: „Es gibt noch zu wenige an Patienten durchgeführte
wissenschaftliche Untersuchungen zu Implantaten aus dieser Hightech-Keramik.
Deshalb empfehlen wir sie zurzeit nicht.“ (S. 18)
Diese Aussage trifft nicht zu, da seit etlichen Jahren wissenschaftliche Daten in
international anerkannten Peer Review Journalen publiziert werden, die sich mit
Langzeituntersuchungen an Keramikimplantaten aus Zirkoniumdioxid befassen und
diese mit Titan vergleichen. Herr Edelhoff läßt in diesem Zusammenhang auch die
Patientengruppen mit nachgewiesenen Titanunverträglichkeiten außer Acht, die
explizit mit keramischen Implantaten versorgt werden möchten.
Der Nachsatz: “Gezeigt hat sich inzwischen jedenfalls, dass sie nicht besonders
bruchstabil sind.“, ist nicht eindeutig Herrn Prof. E. zuzuordnen, es könnte sich also
bei dieser Aussage auch um eine Ergänzung des Verfassers des Artikel handeln.
Diese Aussage ist falsch, da Zirkondioxid eine wesentlich höhere Bruchfestigkeit als
Titan besitzt, sofern es sich um den von der Industrie angelieferten tetragonalen
Materialzustand handelt.
Herr Dr. K. wird betreff des Einwachserfolges von Zahnimplantaten wie folgt zitiert:
„Weil diese Fälle bereits in den ersten Wochen auftreten, tauchen sie in der Statistik
nicht auf. Das trifft aber bestimmt auf etwa zwei bis drei Prozent aller Implantate zu.“
(S.16)
Diese Aussage ist sehr spekulativ. Fakt ist, dass evidenzbasierte und prospektive
Langzeitstudien von Zahnimplantaten auch diejenigen Implantate mit in die
Überlebensstatistik mit einschließen, die in der sogenannten frühen Einheilphase
nicht verknöchern.
Herr Prof. E. wird weiterhin zitiert mit: „Bei der Periimplantitis gibt es derzeit noch
kein eindeutiges Therapiekonzept, das wissenschaftlich anerkannt wäre.“ (S.16)
Diese Aussage steht im Widerspruch zu Konsensusempfehlungen von anerkannten
wissenschaftlichen Gesellschaften, die sich seit langer Zeit darum bemühen,
anerkannte wissenschaftliche Daten zu sammeln, auszuwerten und zu diskutieren,
um dann Behandlungsempfehlungen auszusprechen. Therapiekonzepte zur
Behandlung von Entzündungen an Implantatpfeilern sind eindeutig definiert und
kommuniziert und werden seit langem in auf Implantate spezialisierten Praxen
erfolgreich angewendet.
Erlauben Sie mir den Hinweis, dass die Auswahl von Prof. Dr. E. zu Fragen rund um
Implantate etwas ungünstig erscheint, da Prof. Dr. E. ausschließlich Prothetiker ist
und kein Implantologe. Ich würde auch nie Prof. Dr. E.`s Kompetenz zu allgemeinen
Fragen der Zahnmedizin als Hochschulprofessor in Zweifel setzen, jedoch sollte man
bei so sensitiven und relativ neuen Themen wie Keramikimplantate doch etwas
differenzieren. Da dies in Ihrem Artikel leider nicht geschehen ist, wird meines
Erachtens gewollte Information in Irreführung umgewandelt. Sehr schade, denn
keramische Implantate helfen als spezielle und sichere Medizinprodukte inzwischen
vielen Menschen und sind als fest etablierter Teil im Rahmen der Implantologie nicht
mehr wegzudenken aus dem Praxisalltag spezialisierter Praxen.
Für weitere Rückfragen oder konkrete Literaturangaben stehe ich Ihnen jederzeit zur
Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Michael Gahlert!