4 °Lokales° Sonnabend, 4. Juli 2015 · Nr. 153 Lüneburgs Abi-Schnitt liegt bei 2,57 Gymnasiasten erreichen das gleiche Ergebnis wie der Jahrgang vor ihnen – Mehr Prüflinge durchgefallen mm Lüneburg. Eine Punktlandung legen die Abiturienten aus Stadt und Landkreis Lüneburg hin – zumindest, wenn es um die Gesamtdurchschnittsnote geht: Die liegt bei 2,57, exakt wie im Vorjahr. Wird allein die Durchschnittsnote bei den 13 Schulen, an denen eine Abitur-Prüfung abgelegt werden konnte, betrachtet, hat sich ein neuer Spitzenreiter ins Feld geschoben: Die BBS III, hier liegt die Durchschnittsnote bei 2,46 (2014: 2,61), die Berufsbildende Schule kommt allerdings nicht an den Vorjahressieger heran. Das war das Johanneum mit einem Schnitt von 2,4, in diesem Jahr liegt er bei 2,47, macht den zweiten Platz im Gesamtranking. Ganz vorne liegt das Gymnasium jetzt in einer anderen Kategorie – die der Durchfaller: Zehn Prüflinge sind durch das Abitur gerasselt. Die Zahl der Schüler, die die Reifeprüfung am Ende knapp verpassten, ist auch insgesamt gestiegen: Bei allen Schulen erhöhte sie sich auf 48, das ergibt eine Quote von 4,83 Prozent, die im vergangenen Jahr besser war: Sie lag bei 4,47 Prozent. Insgesamt haben 946 junge Menschen ihr Abitur bestanden, das sind 92 mehr als 2014, die meisten erhielten ihre Hochschulreife am Gymnasium Oedeme (162), gefolgt von der Wilhelm-Raabe-Schule (118) und der Herderschule (115). Recht rar bleibt die Zahl der 1,0er-Abiturienten, fünf Schüler schafften die Traumnote, das sind vier weniger als im vergangenen Jahr. Ihre Leistung ist umso bemerkenswerter angesichts einer Erhebung, die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ jüngst veröffentlicht hat. Danach hat Niedersachsen bundesweit den geringsten Anteil an Abiturienten mit einer 1 vor dem Komma beim Abschluss und im Bundesvergleich auch den schwächsten Notenschnitt aller Länder. Zu den Besten in Lüneburg gehört auch Fiona Happich von der Rudolf-Steiner-Schule, die gerade im Urlaub in Dänemark weilt und deshalb nicht für ein Gespräch mit der LZ zur Verfügung stand. Das sind die Ergebnisse der Schulen, sortiert nach Anzahl der Abiturienten: X Gymnasium Oedeme: 167 Prüflinge, davon haben 162 bestanden. Bestnote: 1,0. Schnitt: 2,59. X Wilhelm-Raabe-Schule: 121 sind angetreten, über das Abitur freuen sich 118. Bestnote: 1,1. Schnitt: 2,48. Herderschule: Zum Abitur zugelassen waren 122, davon haben 115 bestanden. Bestnote: 1,1. Schnitt: 2,55. X Johanneum: Angetreten sind 123, erfolgreich 113. Bestnote: 1,2, Schnitt: 2,47. X Gymnasium Bleckede: 84 Prüflinge, 3 sind durchgefallen. Bestnote: 1,0, Schnitt: 2,49. X BBS I: Zugelassen waren 78, bestanden haben 75. Bestnote: 1,8. Schnitt: 2,9. X Bernhard-Riemann-Gymnasium Scharnebeck: 65 Zulassungen, 62 Abiturienten. Bestnote: 1,5. Schnitt: 2,59. X Schule Marienau: 62 PrüfX Schulleiter wehren sich Oedemes Bester aller Zeiten Hendrik Hoeft erreicht die Abi-Traumnote von 1,0 mit historischer Punktzahl mm Lüneburg. 876 von 900 möglichen Punkten, eine 1,0 auf dem Abiturzeugnis – so gut war noch keiner, versichert Andreas Meyer, Jahrgangskoordinator der Klasse 12 am Gymnasium Oedeme. Klar gebe es immer wieder 1,0er-Abiturienten, an der Schule habe bisher aber noch niemand diese Punktzahl erreicht, die Hendrik Hoeft nun vorweisen kann. Das absolute Maximum wären übrigens 15 Punkte in jedem Fach. Davon ist der 18-Jährige nur knapp entfernt, er gilt jetzt dennoch als Oedemes bester Abiturient aller Zeiten. Bescheiden, zurückhaltend, ein wenig aufgeregt, so steht Hendrik, im Anzug und mit Krawatte, gestern Morgen in der großen Halle vom Sportpark Kreideberg. Gleich beginnt die Entlassungsfeier für die 162 Abiturienten vom Gymnasium Oedeme, Hendrik gibt der LZ vorher noch ein Interview. Zwischendurch kommen Mitschüler vorbei: Hand-Shakes, Schulterklopfen, Umarmungen – bald werden sie alle getrennte Wege gehen. Wehmut schwingt mit, Hendrik weiß schon, dass sie sich alle „vermissen werden“. Etwa zum Studieren geht es für viele in weiter entfernte Städte. Wie für Hendrik. Er würde gerne an der Technischen Universität in München Chemie studieren. Die Chancen stehen gut, nicht nur weil Hendrik seit der zehnten Klasse schon ein Juniorstudium in Chemie an der Universität Hamburg absol- H inter der 1,0, die auch das Abiturzeugnis von Anita Richter vom Gymnasium Lüneburger Heide ziert, steckt Arbeit. Arbeit, die sie während zwei Jahren Oberstufe konsequent erledigt hat, in die sie viel Zeit investiert hat, etwa in Hausaufgaben und Nachbereitung des Un- Wie 946 Abiturienten in Stadt und Landkreis Lüneburg hat Hendrik Hoeft allen Grund zum Strahlen, der Oedemer Abgänger noch einen besonderen: Er ist der Beste von allen. Foto: t&w viert, erste Vorlesungen besucht und Kurse abgeschlossen hat, sondern auch, weil die Zulassungsvoraussetzung ein Schnitt von 1,5 ist. Das war auch Hendriks Abi-Ziel – über das er weit hinaus geschossen ist. Auf die Frage, wie er die Traumnote geschafft habe, hat Hendrik eine passende Antwort parat: „Ich bin 12 Jahre zur Schule gegangen, das war eine gute Grundlage.“ Er habe „mehr oder minder gut“ Haus- terrichts. Die Früchte erntete sie schon vor den AbiturKlausuren: Sie musste weniger lernen. Trotzdem schaffte sie die Traumnote, die sie selbst „nicht erwartet hatte“. Was ihr auch geholfen habe, war „die Ruhe vor und während der Klausuren“, weil sie sich immer „gut vorbereitet“ fühlte. Die Ergebnisse in den Prüfungen sprechen Bände: Spanisch mündlich 15 Punkte, in Englisch, Politik und Mathe stehen 14, in Deutsch 13. Den Schnitt von 1,0 brauche sie noch nicht mal unbedingt. Denn für ihr Studium reicht 2,0. Die 18-Jährige wird bald von Munster nach Berlin ziehen, dort an der Hochschule für Wirtschaft und Recht und beim BayerKonzern ein duales Studium beginnen. Was bei Anita auch viel Zeit in Anspruch nahm, war der Schulweg von Munster nach Melbeck, wo sie, genau wie ihr älterer Bruder, seit der fünften Klasse zur Schule ging. mm aufgaben erledigt, den Lernstoff aber immer ausreichend nachbereitet, so dass er auch vor den Abi-Klausuren „nur auffrischen“ musste. Das reichte: Für 15 Punkte in Religion (mündlich), Physik und Latein, 14 Punkte gab es in Chemie und Mathe. Er sei Naturwissenschaftler: „Sprachen liegen mir nicht so.“ Allerdings, die 15 Punkte in Latein sprechen eine andere Sprache. Doch, wenn es etwas an der N Schule gab, was Hendrik genervt hat, dann war es: Vokabeln lernen, „die bleiben meistens nur im Kurzzeitgedächtnis hängen, sind schnell wieder vergessen“, meint er. Ob er eigentlich manchmal getriezt wurde, wenn er immer einer der besten Schüler war: „Nein, dass man mal Streber hört, ist ja ganz normal“, sagt Hendrik, ergänzt: „Wer sich sozial abschottet, verliert, besonders in der Schule“. Und ihm habe vor allen Dingen die Gruppenarbeit „Spaß gemacht“. Und noch etwas anderes: Windsurfen, sein größtes Hobby, dem er sogar an der Schule im Sportkurs „Windsurfen und Schwimmen“ nachgehen konnte. Und auch ab der nächsten Woche ist Hendrik auf dem Board unterwegs, er arbeitet als Surflehrer für einen Monat in Grömitz an der Ostsee und ist dann bestimmt wieder allen eine Welle voraus. icht eben für eine Intelligenzbestie hält sich die Einser-Kandidatin Laura-Louisa Cassau vom Gymnasium Bleckede. „Eigentlich bin ich der Meinung, dass viele andere in meinem Jahrgang intelligenter sind.“ Zur perfekten Note hätte sie weniger außergewöhnlicher Scharfsinn, als vielmehr ihre strenge Arbeitshaltung gebracht, die sie seit der Grundschule pflege: „Es liegt an meiner Disziplin, ich habe immer versucht, darüber hinwegzusehen, was mir Spaß macht, und mich unabhängig vom Fach hingesetzt und gelernt“, begründet die 18-Jährige ihren Erfolg. So ganz ohne eine gewisse Grundausstattung wäre es aber nicht gegangen, räumt sie ein: „Ich habe immer schnell begriffen.“ Auch das Klischee vom nerdigen Streber kann sie so gar nicht bedienen, sie sei gut sozial vernetzt und kontaktfreudig, erzählt die Hobby-Leichtathletin, Sport sei ihr Lieblingsfach, Polizistin derzeit ihr Berufswunsch. Erstmal hat sie sich jetzt für ein Jura-Studium in Hamburg beworben, denn ihren ausgeprägten Gerechtigkeitssinn möchte die Bleckederin später auf jeden Fall in ihre Arbeit einbringen. „Das Recht und das Gute durchzusetzen, war schon immer mein Wunsch.“ Entsprechend ihrer Einstellung liegt in den freien Monaten bis zum Studienbeginn jetzt auch kein ausgedehnter Urlaub an. Laura-Louisa jobbt in einer Bleckeder Bäckerei, um sich baldmöglichst auf eigene Füße zu stellen. cec linge, 59 haben bestanden. Bestnote: 1,1. Schnitt: 2,5. X BBS III: Angetreten sind 60, erfolgreich waren 58. Bestnote: 1,0, Schnitt: 2,46. X BBS II: 44 Prüflinge, 2 Durchfaller. Bestnote: 1,9. Schnitt: 2,8. X Gymnasium Lüneburger Heide: 40 angetreten, 37 haben bestanden. Bestnote: 1,0. Schnitt: 2,5. X Rudolf-Steiner-Schule: Zugelassen waren 21, 20 haben es geschafft. Bestnote: 1,0, Schnitt: 2,68. X VHS: 7 Prüflinge, 4 haben das Abi geschafft. Bestnote: 2,3. Schnitt: 3,1. H anna Richter hat ein Ziel: Sie möchte Medizin studieren, am liebsten an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Ihre Hausaufgaben hat die 20-Jährige gemacht: Sie hat einen Abi-Schnitt von 1,0 erreicht. Und nimmt sich nun erstmal eine Auszeit, bevor es im nächsten Jahr mit dem Studium losgehen soll. Für 13 Monate fliegt sie in die USA, wird die meiste Zeit als Au-Pair in Washington D.C. arbeiten, dann noch einen Monat durch das Land reisen. Das hat sich die Abiturientin von der BBS III, die in Brietlingen lebt, redlich verdient – ihre letzten Ferien über Ostern fielen aus. Sie büffelte für die Abi-Klausuren, in denen sie bestens bestanden hat: Ökotrophologie (Haushalts- und Ernährungswissenschaft) 14 Punkte, Deutsch 15, Englisch 12, Biologie 13, Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre 14. Hanna Richter sieht einen entscheidenden Vorteil red Lüneburg. Am 14. Juli wird sich das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erneut mit der Arbeitszeit der Pädagogen an den Gymnasien beschäftigen. Verhandelt werden fünf Normenkontrollanträge von Schulleitern gegen die ihnen auferlegte Mehrarbeit. Vor vier Wochen hatten sieben Lehrer mit derselben Klage Erfolg vor dem OVG. Das Urteil, dass die von RotGrün beschlossene Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer von 23,5 auf 24,5 Wochenstunden verfassungswidrig sei, liegt nun auch schriftlich vor. Damit hat die Landesregierung bis zum Ablauf des 3. August Zeit, Beschwerde gegen die vom Gericht ausdrücklich nicht zugelassene Revision einzulegen. Dies gilt aber als wenig wahrscheinlich. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt hatte allerdings jüngst im LZ-Interview betont, die Entscheidungen akzeptieren zu wollen. Die OVG-Richter rügten die Landesregierung unter anderem dafür, dass es bislang keinerlei belastbare und nachvollziehbare Erfassung der Arbeitsbelastung der Lehrer gibt. Das Urteil hat massive Folgen für die Landespolitik. Rund 740 Lehrerstellen sind zur Kompensierung erforderlich, aber wenn überhaupt nur perspektivisch in Sicht. Die jetzt verhandelten Anträge waren erst kurz vor jenem Verfahren bei Gericht eingegangen und konnten deshalb nicht mitverhandelt werden. der Berufsbildenden Schule: „die Praxisorientierung“. Sie fühle sich gut vorbereitet auf das Berufsleben, und meint: „Dafür muss ich nicht zwingend die Leiden des jungen Werther in verschiedenen Sprachen lesen.“ Auch wenn sie es wohl könnte, denn schließlich sei ihre größte Leidenschaft das Lesen. mm
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