Den schlangenkopf der Medusa zeichnen

ÜBunG 1
Den schlangenkopf
der Medusa zeichnen
Raumschaffende und
flächengestaltende Mittel in der
Zeichnung einsetzen
SuSanne Riemann
1– 4 Schülerarbeiten: An den Schlangenhaaren üben die Schüler die Überdeckung und plastisch
wirkende Musterzeichnugen
KLASSENSTUFE 5 – 7
LErNbErEichE
Porträt einer mythologischen Figur
aus der Vorstellung zur Erzählung
entwickeln
Einfache raumschaffende Mittel in
der Strichzeichnung einsetzen
Einfache Mittel zur (plastischen)
Gestaltung der Fläche in
der Zeichnung einsetzen
Die Stunde beginnt mit der freien Erzählung des Medusa-Mythos (oder mit dem
Vorspielen des Mythos auf der CD f M ).
Hierin wird erklärt, warum sich Medusa von
einer jungen, wunderschönen Frau in eine
Schreckensgestalt verwandelt. Ich schildere anschaulich ihre Klauen, die riesigen
Eckzähne, ihre heraushängende Zunge,
Schuppenhaut und – das vor allem –
die entsetzlichen Schlangenhaare. Eine
der bekannten Medusa-Darstellungen aus
der Kunst (z. B. von Caravaggio, Abb. 5),
zeige ich den Schülerinnen und Schülern
anfangs bewusst nicht, um sie in ihrer
Vorstellung nicht von vornherein auf eine
Kopie festzulegen. Die Kennzeichen der
Medusa tragen wir an der Tafel noch einmal zusammen:
ZEiTbEDArF 2 Doppelstunden
Aufgabe für die Schüler ist nun, das Haupt
der Medusa zu zeichnen. Da es mir hier
um die Wiederholung beziehungsweise
Einführung grundlegender bildnerischer
Mittel in der Zeichnung geht, soll es beim
Einsatz von Bleistift oder Fineliner bleiben.
ArBeitsAuftrAG
• Zeichne den Kopf der Medusa auf
einem DIN-A3-Zeichenblatt formatfüllend.
• Zeichne die Schlangenhaare so,
dass …
… man sieht, wie sie ineinander
verschlungen sind,
… man die Plastizität der einzelnen
Schlangen erkennt,
… man die Schlangenhäute voneinander unterscheiden kann.
Tafelanschrieb
MATEriAL
• Text / Hörfassung zum Medusa-
Mythos
• Fineliner, schwarz (oder Bleistifte
in den Stärken B und 4B)
• Zeichenpapier DIN A3
• Arbeitsblätter S. 8 + 9
und M 3.1+3.2 f M
MATEriALpAKET
M
CD Track 6 (Medusa)
Materialheft Text M1.6 (Medusa),
Kopiervorlagen M 3.1+ 3.2
Kartei Bildkarte 4 (Rubens)
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Aussehen der Medusa:
– Haupt einer Sterblichen
(kein fantastisches Gesicht!)
– Menschliches, eigentlich schönes
Gesicht (kein „Horrorface“!)
– Schlangenhaare
– Pferdebeine
– Lange Zunge
– Spitze, lange Eckzähne (Hauer
eines Ebers)
– Bronzene Hände
– Goldene Flügel
– Magischer Blick
Schlangenhaar der Medusa
räumlich und plastisch zeichnen
Wir haben in den Stunden zuvor bereits
zu anderen Themen Variationen zur grafischen Ausgestaltung einer Fläche und
zur Darstellung von Plastizität eingeübt
(M 3.1+ 3.2 f M ). Fehlen diese Voraussetzungen, dann müssen sie über entsprechende Vorübungen geschaffen
werden. Wir erarbeiten zusätzlich noch
die einfachen raumschaffenden Mittel
(Arbeitsblätter S. 8+9), um die Verschlingungen der Schlangenhaare nach vorn,
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5 Carravagio: Der Kopf der Medusa, 1598
WISSEN
nach hinten und zu den Seiten möglichst
anschaulich zu gestalten. Dazu demonstriere ich den Schülern mit meinen Armen
und Händen, wie sich die Schlangen auf
dem Haupt der Medusa winden, wie sie
sich vor- und hintereinander legen, wie
sie in alle Richtungen wachsen. Über diese Demonstration kann ich ihnen zeigen,
dass der durch den einen Arm verdeckte
Teil des anderen Armes natürlich erhalten
bleibt – auch wenn ich ihn im Augenblick
von vorn nicht sehen kann.
Beim Zeichnen muss man also sehr genau überlegen. Es kann hilfreich sein, mit
dem Bleistift zart weiterzuzeichnen, wie
der verdeckte Abschnitt eines Schlangenleibes weiter verläuft. Achtet man darauf
nicht, kann es zu Brüchen im Verlauf eines teilverdeckten Schlangenhaares kommen. Die Prinzipien der Überdeckung und
der Größenverhältnisse werden in einer
Tafelzeichnung für alle noch einmal festgehalten (entsprechend der Zeichnungen
auf den Arbeitsblättern S. 8+9).
Indem ich betone, dass die Medusa ursprünglich sehr schön war, sind in der
Arbeitsphase auch die meisten Mädchen
motiviert, die grauenvollen Seiten der
Medusa-Darstellung ins Bild zu bringen.
Bei einigen Jungen muss ich aufpassen, dass sie in der Darstellung nicht auf
Klischees von den bei ihnen beliebten
Horrorfigur- Gesichtern ausweichen.
Schülerinnen und Schüler, die zügig
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arbeiten, können noch weitere Merkmale der Medusa-Gestalt zeichnen, etwa die
sichtbaren Flügelspitzen im Hintergrund
des Hauptes.
Empfehlenswert ist bei dieser Übung die
Ausgestaltung mit einem Fineliner. Eine
Variation wäre die Bleistiftzeichnung. Dazu ein Tipp: Damit die Zeichnung während
des Prozesses nicht verschmiert, sollte
zwischen die zeichnende Hand und bereits bearbeitete Stellen ein Blatt Papier
gelegt werden. Gerade Spuren weicher
B-Stärken-Bleistifte verwischen leicht.
Medusa-Darstellungen in der
Kunst betrachten
Zur abschließenden Betrachtung ziehen
wir einige bekannte Darstellungen von
Medusa-Köpfen in der Bildenden Kunst
hinzu, wie zum Beispiel das bereits erwähnte Caravaggio- Gemälde (Kasten:
DaS Haupt DEr MEDuSa) oder das barocke
Bild von Peter Paul Rubens (Kartei f M ).
Das Haupt der Medusa
In den Urfassungen der griechischen Mythologie ist die Gorgone Medusa, die
Schwester von Stheno und Euryale, von
Geburt an missgestaltet. In der spätklassischen Zeit hat sich die Figur weiterentwickelt. Danach war Medusa zunächst eine
wunderschöne, junge Frau, die alle Männer
zu betören verstand. Als Pallas Athene den
Meeresgott Poseidon dann mit Medusa erwischte, lastete sie das Vergehen nicht der
männlichen Gottheit an, sondern Medusa.
Über deren Verhalten erbost, verwandelte
sie die Schönheit in ein Ungeheuer mit
Schlangenhaaren, einem Schuppenpanzer und hässlichen Eckzähnen im Gesicht.
Ihre Augen glühten und ihre Zunge hing
heraus. Dieser Anblick sollte alle Männer
abschrecken, ja sogar zu Stein erstarren
lassen.
Erst Perseus gelang es, Medusa zu überwinden und zu enthaupten. Dem Körper
der Enthaupteten entsprang im Mythos der
geflügelte Pegasos. Auf diesem Pferd flog
Perseus mit dem Haupt der Medusa über
das Meer nach Äthiopien. Die bekannteste Darstellung des Perseus mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa in der Hand
ist Benvenuto Cellinis Perseus-Statue in
Florenz. In der Kunstgeschichte wurde das
Motiv des Hauptes der Medusa häufig aufgegriffen, vor allem in der Zeit des Barock
(Caravaggio, Peter Paul Rubens) und in
der Malerei des 19. Jahrhunderts (George
Watts, Arnold Böcklin, Carlos Schwabe,
Maximilian Pirner).
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Arbeitsblatt
Name:
Datum:
Einfache raumschaffende Mittel
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Räumlichkeit auf der Bildfläche
zu erzeugen. Die drei einfachen raumschaffenden Mittel sind:
die Überdeckung (1), der Größenunterschied (2)
und der Höhenunterschied (3).
Diese Mittel lassen sich auch miteinander kombinieren.
1. Überdeckung
Verdeckte Bildelemente scheinen weiter
hinten zu liegen.
Im Bildbeispiel: Die Teile einer Schlange, die
man nicht sieht, liegen hinter oder unter der
anderen Schlange. (verdeckt = hinten)
2. Größenunterschied
Werden Bildelemente, die in Wirklichkeit
gleich groß sind, im Bild unterschiedlich
groß dargestellt, dann scheint das kleinere
Element weiter hinten im Raum zu liegen.
© Friedrich Verlag GmbH | Kunst 5 –10 | Heft 32 / 2013 | Zeichnungen: annette Fesefeldt
Im Bildbeispiel: Der Betrachter denkt, dass
sich die große Schlange vorne im Raum
befindet und die kleinere Schlange weiter
hinten. (kleiner = hinten)
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3. Höhenunterschied
Je weiter oben ein Bildelement auf der
Fläche angeordnet ist, desto weiter hinten
scheint es zu sein. (Dieses Mittel wird vor
allem bei Landschaftsdarstellungen eingesetzt.)
Im Bildbeispiel: Die obere Schlange wirkt
weiter entfernt. (oben = hinten)
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Arbeitsblatt
Name:
Datum:
Plastizität
Wenn ein Bildelement plastisch erscheinen soll, kann man dies durch die
Ausgestaltung der Binnenstruktur beeinflussen. Es gibt verschiedene zeichnerische
Möglichkeiten, ein Objekt plastisch erscheinen zu lassen:
1. Der Bildgegenstand wird zum
äußeren Rand hin dunkler.
2. Der Bildgegenstand wird mit
einer Parallelschraffur in Formlinien
versehen.
© Friedrich Verlag GmbH | Kunst 5 –10 | Heft 32 / 2013 | Zeichnungen: annette Fesefeldt
3. Gezeichnete Muster verlaufen
nicht gerade, sondern gebogen.
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4. Die Muster werden zum Rand
hin kleiner.
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