Toggenburger Tagblatt: 1. Juli 2015 Die Arbeit mit Kindern fasziniert sie Die Therapeutin und der Sekundarlehrer werden auch nach ihrer Pensionierung noch weiterarbeiten. (Bild: Rik Bovens) 67 Jahre lang haben Titus Schmid und seine Frau Daniela zusammengezählt an der Schule Nesslau gearbeitet. Nun verabschieden sich der Sekundarlehrer und die Therapeutin und gehen gemeinsam in Pension. Das Ehepaar will dennoch aktiv bleiben und so weitermachen wie bisher. RIK BOVENS NESSLAU. Titus und Daniela Schmid durchlaufen derzeit einen regelrechten Abschieds-Marathon. Mit Schülern, Lehrerkollegen und der gesamten Schule feiern sie an mehreren Anlässen den Abschluss ihres Berufslebens, nachdem sie beide über 30 Jahre an der Schule Nesslau gearbeitet haben. Die beiden freuen sich auf ihre Pension, blicken aber dennoch mit einem weinenden Auge auf ihre Zeit an der Schule Nesslau zurück. Von St. Gallen ins Toggenburg «In der Schule war ich ein Musterschüler, ich hätte mich gerne unterrichtet», meint Titus Schmid schmunzelnd. Der Sekundarlehrer ist in St. Gallen aufgewachsen und zur Schule gegangen. Die faszinierenden Persönlichkeiten seiner Sekundarlehrer brachten ihn auf die Idee, Lehrer zu werden. Nachdem er zwei Jahre in St. Gallen gearbeitet hatte, wechselte er 1980 an die Schule Nesslau. Seither unterrichtet er dort mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer, Informatik und Turnen. Zwei Jahre später begann auch Daniela Schmid ihre Arbeit in Nesslau. Die Therapeutin wuchs in Goldach auf und zog später ebenfalls nach St. Gallen. Nach dem Vorbild ihrer Schwester besuchte sie die Seminarausbildung in Rorschach. Anschliessend arbeitete sie fünf Jahre als Primarlehrerin und liess sich schliesslich zur Legasthenie- und Dyskalkulie-Therapeutin ausbilden. An der Schule Nesslau unterrichtete sie auch als Musiklehrerin und gibt seit einigen Jahren nebenbei Deutschunterricht an der Migros Klubschule in Lichtensteig. Der Schule Nesslau angepasst Die Arbeit mit Kindern bereitete dem Ehepaar seit jeher Freude. Für die Therapeutin war es aufgrund ihres Engagements in der Pfadi naheliegend, dass sie sich auch beruflich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt. So unterrichtete sie in den ersten sechs Jahren ihrer Anstellung an der Schule Nesslau Legastheniker. «Die Kinder kamen damals noch zu mir nach Hause, ich gab Einzelunterricht», erinnert sie sich. In ihrer Zeit in Nesslau hat sich die ausgebildete Therapeutin der Schule fortwährend angepasst. Als nach einer neuen Lehrperson für den Musikunterricht gesucht wurde, sprang sie kurzerhand ein. Nach einigen Jahren wechselte sie schliesslich wieder in den heilpädagogischen Bereich, da dort Not an der Frau gewesen sei. Der Funke muss springen Möglich war diese Flexibilität unter anderem auch, weil Titus Schmid lange Zeit Schulvorsteher war, bis schliesslich die Schulleitung eingeführt wurde. Der Sekundarlehrer setzte sich zudem von Beginn seiner Tätigkeit in Nesslau dafür ein, dass die Schule über eine ausreichende InformatikInfrastruktur verfügte. So entwickelte sich die Faszination für die Informatik zum zweiten Standbein des Sekundarlehrers. Besonders faszinierend an seinem Beruf waren für den Sekundarlehrer die Schüler. «Natürlich hatte es immer auch <Paradiesvögel> in meinen Klassen, aber das gehört eben dazu», relativiert Titus Schmid. Um auch diese Schüler von den im Unterricht behandelten Themen zu begeistern, hat der Lehrer immer darauf geachtet, dass bei ihm selbst ein Feuer gebrannt hat. «Wenn ich mich selbst für das Unterrichtsthema faszinieren konnte, ist der Funke schneller auf die Schüler übergesprungen», erklärt er. Titus Schmid sieht sich selbst nicht als strengen Lehrer an. Zwar habe er darauf geachtet, dass die Schüler gewisse Grenzen nicht überschreiten. Doch es sei ihm leicht gefallen, auch einmal ein Auge zuzudrücken. «Es liegt in der Natur des Menschen, Dinge zu vergessen und Fehler zu machen», meint er. Obwohl er durchgegriffen habe, wenn ihn die Schüler herausforderten, gelte er nicht als streng. «Ich bin eher ein cooler Lehrer – und das ist eine Aussage meiner Schüler», erzählt der Sekundarlehrer schmunzelnd. Die Kinder selbst unterrichtet Neben der Tätigkeit an der Schule Nesslau engagierte sich das Ehepaar vielfältig. Titus und Daniela Schmid haben lange Zeit die Pro Juventute im Obertoggenburg geführt und waren beim Aufbau des Ferienpasses in der Region beteiligt. Während der Sekundarlehrer seit rund zwanzig Jahren als Präsident im Kirchenverwaltungsrat in Neu St. Johann tätig ist, hat sich Daniela Schmid im Frauenverein engagiert und geholfen, die Ludothek aufzubauen. «Man ist in die Gemeinschaft eingebunden und geht nicht einfach weg von hier. Wir hatten auch nie einen Grund dazu», fasst der Lehrer zusammen. Seine Frau bestätigt: «Es wächst einem ans Herz, und man möchte nicht mehr gehen.» So haben die beiden in Nesslau ihren Platz gefunden, haben ein Haus gebaut und eine Familie gegründet. Die vier Kinder unterrichtete Titus Schmid gleich selbst: «Ich habe alle unsere Kinder unterrichtet. Von einer Tochter war ich sogar der Klassenlehrer», erzählt er. Es habe jedoch nie Probleme oder Gewissenskonflikte gegeben. «Das Elterngespräch haben wir dann jeweils unter uns geführt», meint der Lehrer lachend. Weitermachen wie bisher Trotz der Pensionierung wollen die beiden aktiv bleiben. Während Titus Schmid weiterhin für die Informatik an der Schule Nesslau zuständig ist, wird Daniela Schmid ihre Tätigkeit an der Migros Klubschule fortführen. «Wir haben noch ein paar Ziele, die wir verfolgen. Doch vorerst wollen wir weitermachen wie bisher», erklärt Titus Schmid.
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