„Natanja“ rührt Inzigkofer zu Tränen

TANZ-MUSICAL NATANJA
Montag, 23. November 2015
Schwäbische Zeitung
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Anne Schmitz besticht mit ihrer
weichen Stimme. Mancher Besucher ist zu Tränen gerührt.
Der emotionale Höhepunkt des Abends: Zum Gesang von Anne Schmitz fragt sich das namenlose Sternenkind (gespielt von Larissa Ullwer) traurig, wer es eigentlich ist.
FOTOS (6): FELIX KÄSTLE
Erotik pur: Violetta und Marc Stiegler legen einen eleganten wie anmutigen Tango aufs Parkett.
„Natanja“ rührt Inzigkofer zu Tränen
Musical feiert gelungene Premiere – Sternenkind findet Namen nach einer langen Reise
Von Patrick Laabs
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Fürst Friedrich hat zum Menuett geladen. Da lassen sich diese Grundschulkinder natürlich nicht zweimal bitten.
Let’s fetz: Auch mit dem Rock 'n’ Roll wird Natanja bei ihrer Suche nach
sich selbst konfrontiert.
Das sagen Besucher zur Premiere
Dietmar Redlich, Inzigkofen:
Es ist unglaublich, wie professionell und mit welch tollen Effekten
hier gearbeitet
wurde. Da
braucht niemand in die
große Welt. Ich
kann mir nicht
vorstellen, dass
das irgendwo
zu toppen ist.
Die Darsteller
sind so hoch
Dietmar Redlich motiviert. Man
sieht den Menschen die Freude an, an diesem
Projekt mitzumachen.
Rita Dreher, Sigmaringen:
Es ist schon beeindruckend, mit
welchem Selbstbewusstsein gerade die Kinder auf der Bühne stehen, wie eine Musikkapelle so
etwas organisieren kann und auch
noch mit ihrer Musik beeindruckt.
Die ganze Vorstellung ist so professionell, dass diese Halle ohne
ansteigende Stuhlreihen gar nicht
passt. Auf den
hinteren Plätzen sind die
kleinen Kinder
auf der Hauptbühne schlecht
zu sehen. Bei
der Leistung
trifft man die
Inzigkofer
Rita Dreher
bestimmt demnächst im
Palladium in Stuttgart.
Bettina Pfefferle, Mengen:
Dieser ganze
Ort hat mich
fasziniert. Es
ist unwahrscheinlich für
einen kleinen
Ort, dass alle
aktiviert werden konnten,
da mitzumaBettina Pfeffer- chen. Mein Lob
le
FOTOS (3): geht auch an
DORIS FUTTERER
die Grundschule.
INZIGKOFEN - Das Inzigkofer TanzMusical „Natanja“ hat am Freitagabend eine fulminante Premiere gefeiert. Schauspielernde Grundschulkinder, zumeist erwachsene Tänzer,
Sänger und Musiker erheiterten und
berührten rund 400 Besucher in der
seit Langem ausverkauften Römerhalle in Inzigkofen. Der Stolz einer
ganzen Gemeinde, das Musical, ist
mit Bravour uraufgeführt.
Als die Musiker der Musikkapelle
Inzigkofen um kurz nach 19 Uhr ihr
erstes Lied anstimmten, lag eine gehörige Portion Anspannung in der
Luft. Das Lampenfieber der rund 200
Mitwirkenden war förmlich greifbar,
ebenso die vielen guten Wünsche der
Familienangehörigen und Freunde im
erwartungsfrohen Publikum. Monatelang hatte eine ganze Gemeinde auf
diesen Tag hingefiebert, und nun war
er endlich gekommen. Der Tag, an
dem ein namenloses Sternenkind (gespielt von Larissa Ullwer) auf die Erde fällt und sich auf die Suche nach
seinem eigenen Namen, seiner eigenen Persönlichkeit begibt.
Nach seiner unsanften Landung
auf der Erde hat das Sternenkind zunächst Kontakt zu den tanzenden
Feen vom Amalienfelsen. Diese stellen sich dem Kind vor, das traurig zugeben muss, ein „Niemand“ zu sein:
„Ich habe keinen Namen“, sagt das
Mädchen mit stockender Stimme. Die
Feen haben den guten Rat parat, das
Sternenkind möge sich auf den Weg
zu den Menschen machen, die hätten
schließlich alle einen Namen und
könnten sicher helfen. Wie passend,
haben sie auch gleich eine Zauberkugel dabei. Und auch die Eule Immerschlau (gespielt von Sarah Mors)
taucht auf, „ohne die gar nichts geht“,
wie sie selbst im Verlauf des Musicals
immer wieder bemerkt, mit wachsender Begeisterung beim Publikum. Die
Eule möchte dem traurigen Sternen-
kind bei der Suche nach dem eigenen
Ich helfen und reist mit ihm durch
Raum und Zeit.
Drei Grundschulkinder treten auf
die Bühne und singen mit ihren hohen
Heintje-Stimmen die Erkennungsmelodie der Zeitreisen: „Die Kugel zeigt
mir den Weg, sie trägt mich fort mit
ihrer Magie, sie leuchtet mir immerzu, sie führt mich ans Ziel, ich zweifle
gar nie“ – die Stimmen sind bewegend.
Das Sternenkind will das ganz
große Glück finden
Auf seiner Reise kommt das Sternenkind mit vielen Tänzen in Berührung
– zu allen Zeiten haben die unterschiedlichsten Tänze die Menschen
stark geprägt und waren identitätsstiftend. Doch helfen sie auch dem
traurigen namenlosen Mädchen?
Als erstes landet es im Mittelalter,
wo es einen volkstümlichen Bändertanz beobachtet: Dort trifft es auf vier
Arbeiter, die im Leben wenig zu lachen haben. Doch auch sie können
nicht verstehen, weshalb das Mädchen keinen Namen hat: „Sogar wir
sind jemand, auch wenn wir überhaupt gar nichts zu melden haben“,
sagt einer in breitestem Schwäbisch.
Die Arbeiter empfehlen dem Mädchen, sich an den kleinen Freuden des
Lebens zu laben, doch das will es
nicht, es will das ganz große Glück
finden. Also reist es weiter. Als
Nächstes landet es im spanischen Salamanca, wo es einen RenaissanceTanz sieht, und ihm ein steinreicher
Tuchhändler empfiehlt, das Leben
selbst in die Hand zu nehmen: „Dann
bist du auch jemand!“ So will es das
Sternenkind machen. Doch was genau kann es eigentlich machen? Das
Mädchen ist ratlos und setzt die Reise
fort.
Das bereut das Mädchen sogleich
wieder, denn gemeinsam mit der Eule
landet es mitten in einem lauten und
mythischen Indianertanz. Die Klänge,
Am zweiten Aufführungstag, Samstag, spielt Aileen Lehmann die Rolle der
Natanja. Lisa Schatz als Eule Immerschlau unterstützt sie auf ihrer Reise
zu den Menschen.
FOTO: BIANCA SCHERER
die an den Westernklassiker „Die
glorreichen Sieben“ erinnern, jagen
dem Sternenkind Angst ein. In der
nächsten Szene sind das Sternenkind
und die Eule bei Fürst Friedrich am
Sigmaringer Schloss zu Gast. Der
Fürst hat zum Menuett geladen. Zehn
Grundschulkinder, überragend frisiert, tragen den Tanz elegant vor.
Dem Sternenkind gefällt zwar, was es
sieht, als ihm der Fürst allerdings erklärt, dass Haltung, Aussehen und
Fassade das Wichtigste im Leben seien, ist es enttäuscht. So mag sich das
Mädchen seine Zukunft nicht vorstellen.
Im Berlin der 1920er-Jahre taucht
es ein in ein ganz anderes Leben. In
einer verrauchten Bar tanzen perspektivlose Berliner den Charleston,
der zu dieser Zeit aus Amerika herüberschwappte. So berauschend der
Tanz auch ist, das Sternenkind beschließt, dass es diese Lebenseinstellung nicht zu seiner machen möchte:
„Was nützt es mir, die Sorgen am
Abend zu vergessen, wenn sie am
nächsten Morgen doch wieder da
sind?“, denkt es bei sich.
Inzigkoferin besingt die zu Tränen
rührende Szenerie
Bei einer Hochzeit – in Meßkirch –
wird das Sternenkind schließlich
auch noch von der Eule getrennt.
Konsterniert, weil es seine Identität
noch nicht gefunden hat, legt sich das
Mädchen mit seiner Zauberkugel auf
die Bühne und grübelt. Es kommt zum
ersten emotionalen Höhepunkt des
Abends: Die Inzigkoferin Anne
Schmitz besingt die traurige und
schier hoffnungslose Szenerie: „Ich
bin hier und seh’ mich traurig um, ich
bin hier und weiß gar nicht warum,
nur die Menschen wissen wer und
was sie sind, doch auch ich möcht
wissen, was die Zukunft mir bringt,
ich bin ein namenloses Kind“ – alles
begleitet von Markus Fiederer, dem
Initiator des Musical-Projekts, am
Klavier. Die Besucher sind zum ersten Mal sichtlich gerührt. Einige klatschen schon jetzt im Stehen. Danach
ist Pause.
Nach der Pause geht es mit feschen
Samba-Klängen weiter. Das Sternenkind ist alleine nach Rio gereist, von
der Eule Immerschlau fehlt jede Spur.
Doch es findet andere Freunde, mit
denen es einem jugendlichen Rock 'n’
Roll- und einem Hip-Hop-Tanz zusieht. Die passen allerdings so gar
nicht in die Welt des Sternenkinds:
„Lieber bin ich ein Weichei als jemand, der sich ständig selbst beweisen muss, wie toll er ist“, sagt es. Auch
mit dem Rumchillen kann das Mädchen nichts anfangen. Es zieht weiter.
Zu seiner Überraschung stellt das
Mädchen fest, dass es wieder bei der
Hochzeit in Meßkirch gelandet ist,
wo es Zeuge eines feurigen Tango
wird – und auch die Eule Immerschlau wiederfindet.
Doch seinen eigenen Namen hat
das Mädchen noch immer nicht gefunden. Trotz all der Tänze, die ihm
den Weg zu sich selbst zeigen wollten.
Jetzt aber hat das Mädchen das Gefühl, dass es aus all diesen Tänzen seinen eigenen Tanz machen kann.
Mit zunächst ruckliger, unharmonischer Musik legt es los, die Bewegungen sind unrund. Doch alsbald
spürt das Mädchen die Musik, es
macht sie zu seinem eigenen Rhythmus. Das Sternenkind tanzt jetzt ganz
filigran. Es wird immer euphorischer,
die Bewegungen werden raumgreifend. Auf der gesamten Bühne verteilt
stehen jetzt Buchstabenkinder, die
das Sternenkind voller Ekstase antanzt. Nach einigen Minuten des Tanzes formieren sich die Buchstabenkinder. Der Name des Sternenkindes
ist gefunden: Es heißt N-A-T-A-N-J-A.
Weitere Bilder gibt es im Internet:
» www.schwaebische.de/
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natanja
Es ist geschafft: Das Sternenkind hat sich seinen Namen „ertanzt“. Es heißt
Natanja und alle anderen Schauspieler freuen sich mit ihm. Rechts ist die
Eule Immerschlau (Sarah Mors) zu sehen, die Natanja treu begleitet.
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