Viel Stoff – wenig Zeit

Symposium Hochschullehre, TU München, 6. Oktober 2015
Viel Stoff – wenig Zeit
- Mit Stoffreduktion Freiräume schaffen -
Martin Lehner
(1) Auswahl (= Stoffreduktion)
(2) Konzentration (= Inhaltsreduktion)
Prof. Dr. Martin Lehner
Auswahl
Prof. Dr. Martin Lehner
Das Verhältnis von Stoffmenge und Lernqualität
Stoffmenge
?
?
Lernqualität
Prof. Dr. Martin Lehner
„Ich lehre hier, weil ich ein gute/r Fachmann/-frau bin.
Und deshalb natürlich über eine große Menge an
Fachwissen verfüge.
Also erwarten die Anderen wohl auch von mir, dass ich
mein großes Wissen zeige.“
ALLES ist
wichtig!
Bloß nichts
vergessen…
Prof. Dr. Martin Lehner
Lehner, Martin: Viel Stoff - wenig Zeit, Wege aus der Vollständigkeitsfalle, 2. erweiterte und
aktualisierte Auflage Bern, Stuttgart, Wien 2009, S. 29-50
Die „Vollständigkeitsfalle“
Vollständigkeit und Gründlichkeit
Vollständigkeit
Gründlichkeit
 fachsystematisch,
 chronologisch,
 quantitativ,
 im Nachhinein entstanden;
 Wesentliches,
 der Kern,
 das zentrale Anliegen,
 die Art des Denkens
(z.B. Enzyklopädien,
„schlechtes“ eLearning)
(z.B. exemplarisches Lernen,
Übersichts- und Strukturwissen)
„Gerade, indem er sich an die Systematik klammert, begräbt er sie, und
verstopft den Durchblick. Er verwechselt Systematik des Stoffes mit
Systematik des Denkens.“ (Martin Wagenschein 1968)
Prof. Dr. Martin Lehner
Reduktion „historisch“
Aus einem Brief Goethes an seine Schwester…
Verzeiht, liebste Schwester, dass ich
Euch einen solch langen Brief
schreibe.
Ich hatte keine Zeit, Euch einen
kurzen zu schreiben.
Prof. Dr. Martin Lehner
Die Toolbox der Reduktion
Vorbereitung: Inhalte reduzieren
 3Z-Formel
 Grundlandschaft und Tiefenbohrungen
 Prioritäten-Check
 Siebe der Reduktion
 Extremreduktion
 Substanzcheck
 „Inneres“ Reduktionsteam
 Track One & Track Two
 In-Out-Technik
Aktivierung: Inhalte verarbeiten lassen
Darbietung: Inhalte aufbereiten
 Fachlandkarte
 Exemplarisches Beispiel
 Strukturen
 Bilder und Grafiken
 Geschichten und Metaphern
 Advance Organizer
 Elevator Pitch
 Lern-Slogan
 One-Minute-Paper
 Mikroartikel und Ideenblatt
 Schummelzettel
Prof. Dr. Martin Lehner
Die 3Z-Formel
Ziel
Zielgruppe
Prof. Dr. Martin Lehner
Wagenschein, Martin: Verstehen lehren - Genetisch, Sokratisch, Exemplarisch, Weinheim 1989, S. 31 f.
Grundlandschaft und Tiefenbohrungen
Orientieren
 Strukturwissen
Exemplarisch „vertiefen“
 Tiefenbohrungen
Prof. Dr. Martin Lehner
 INHALT
Grundlandschaft und Tiefenbohrungen
Beispiel: Werkstoffkunde
Leichtmetalle
Naturstoffe
Faser-/Teilchenverbünde
Naturmineralien
Schicht-/Strukturverbünde
Eisenguss
Stähle
Kunststoffe
Schwermetalle
Kunststoffe
Stähle
Schicht-/Strukturverbünde
Prof. Dr. Martin Lehner
Siebe der Reduktion
(Stoffreduktion: Auswahl der Lerninhalte)
R1
(15 Minuten)
R2
(1 Stunde)
R3
(2 Tage)
Prof. Dr. Martin Lehner
Siebe der Reduktion
Beispiel: Säure-Base-Reaktionen
30‘‘
3‘
10‘
Div. Beispiele
• Säuren:
Säure-BaseSalpetersäure,
Reaktionen, z.B.
Essigsäure
Laugen (wässrige
• Laugen: Natron- Neutralisation
Hydroxidlösungen)
lauge, Kalilauge (ein- und
zweistufig)
• Indikatoren: ...
Protolyse, z.B. Darstellung
pH-Wert
von Chlorwasserstoff
• Konzentrationen
Säuren (ätzend,
Wasserstoff-Ionen)
• Anwendung:
Autoprotolyse von Wasser
Titration
Säure/Base-Definitionen
• Arrhenius
• Brønsted
Prof. Dr. Martin Lehner
Konzentration
Prof. Dr. Martin Lehner
Struktur
Beispiel: Präsentation (zeitliche Struktur)
Einleitung
Durchführung
Hauptteil
Vorbereitung
Schluss
Prof. Dr. Martin Lehner
Struktur
Beispiel: Tenses (Englisch)
now
The traffic-light is red
I'm brushing my teeth.
I‘ve brushed my teeth
I‘ve been brushing my teeth
I brushed my teeth
I was brushing my teeth
Prof. Dr. Martin Lehner
Konzentration auf das Wesentliche
Beispiel: Zufall (Stochastik)
Test: Sie bekommen Listen mit 100 „zufälligen“ Münzwürfen vorgelegt.
Einige Listen sind das Ergebnis von echten Münzwürfen, andere sind
„konstruiert“.
Wie unterscheiden Sie die echten Münzwürfe von den „konstruierten“?
A
KKK
ZZZ
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZ
K
ZZZ
K
ZZ
KKKK
Z
KK
ZZ
K
ZZZ
K
Z
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZ
K
Z
KKK
ZZZZZ
K
ZZ
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZZ
K
Z
KKK
Z
K
Z
K
Z
KK
Z
KKKK
ZZ
K
Z
K
ZZZZ
KK
KKK
ZZZ
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZ
K
ZZZ
K
ZZ
KKKKKKK
ZZ
K
ZZZ
K
Z
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZ
K
Z
KKK
ZZZZZ
K
ZZ
K
Z
KK
ZZZ
K
ZZZ
K
Z
KKK
Z
K
Z
K
Z
KK
Z
KKKK
ZZ
K
ZZZZZZ
KK
Prof. Dr. Martin Lehner
B
„Auf eine kurze Formel gebracht:
Ohne den Blick auf die reduzierte Form keine Erhellung des komplexen
Sachverhalts und
ohne Blick auf den komplexen Sachverhalt kein angemessenes
Verständnis der reduzierten Gestalt!“
Christian Salzmann (1982)
Prof. Dr. Martin Lehner
Didaktische Reduktion
Didaktische Reduktion findet immer dann statt, wenn umfangreiche und komplexe Sachverhalte
aufbereitet werden, um sie für die Lernenden überschaubar und begreifbar zu machen.
Didaktische Transformation
Fachlichkeit
Fasslichkeit
fachwissenschaftliche
Begriffe, Aussagen
und Strukturen
didaktisch (d.h. für
die Lernenden)
rekonstruierte
Begriffe, Aussagen
und Strukturen
Inhalte
Konzentration
auf das
Wesentliche
Zerlegen
und
Anordnen
Auswahl
Vereinfachen
des
Komplizierten
Reduktion der
Stofffülle
Lerngegenstände
Reduktion der
inhaltlichen
Komplexität
Prof. Dr. Martin Lehner
Christian Salzmann: Elementarisierung und Vereinfachung als Kernproblem des Lehr-Lernprozesses. In:
Pädagogische Rundschau 36 (1982) Heft 5, S. 551
Reduktion und Komplexität
 INHALT
4. Auflage
Martin Lehner
FH-Prof. Priv.-Doz. Dr. phil.
Vizerektor für Lehre
Prof. Dr. Martin Lehner
THE END
Prof. Dr. Martin Lehner