Interview mit Jan Oldenburg zu seinem Buch »Fantastik AG« Worum geht es in Ihrem Buch? Fantastik AG ist die Geschichte des Phantastikprofessors Hieronymus C. Welk und seines einzigen Studenten Theodor, die durch ein Dimensionstor in die Fernen Länder reisen, in das magische Reich der Zwerge, Trolle, Elfen, Zyklopen und all der anderen bekannten und beliebten Fabelgestalten. Dort bekommen es die beiden Akademiker mit den Machenschaften der Fantastik AG zu tun, einem skrupellosen Großkonzern, der bei der Umsetzung seiner Pläne sogar den Weltuntergang billigend in Kauf nimmt. Auf ihrer Reise durch die Fernen Länder begegnen Theodor und der Professor unter anderem dem völlig zurecht größenwahnsinnigen Schrumpf‐Riesen Homur, militanten Kobolden, Eralkes, dem Unbesiegten Helden mit Karriereknick sowie Max Danger, dem Superstar der Kino‐Leinwand, von dem sie sogar ein Autogramm ergattern können. Außerdem retten sie natürlich noch, wie das nun mal so üblich ist, die Welt. Für wen haben Sie dieses Buch geschrieben? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Einerseits habe ich beim Schreiben ja nur meinen ganz eigenen Maßstab zur Verfügung, um beurteilen zu können, was gut, spannend, unterhaltsam oder auch komisch ist. Andererseits wird es wohl kaum einen Schriftsteller geben, der mit seinen Geschichten nicht so viele Leser wie möglich erreichen möchte. Um beides miteinander zu verbinden, könnte ich antworten: Für Leser, die meinen ein wenig verschrobenen Sinn für Humor teilen, die wie ich eher ungewöhnliche Erzählweisen schätzen und fantastische Welten mögen, deren Grenzen über dogmatische Genre‐Vorschriften hinausreichen. Wenn das zufällig auf eine ganze Menge von Lesern zutreffen sollte, würde ich mich verständlicherweise nicht allzu laut darüber beschweren. Aber um doch etwas konkreter (und gleichzeitig weniger ernsthaft zu werden): Studenten. Da es sich bei den beiden Protagonisten des Romans um echte Akademiker mit Vorbildcharakter handelt, ist Studenten die Lektüre unbedingt anzuraten, vielleicht sogar verpflichtend. Vor allem Geisteswissenschaftlern, die sich ihr hartes Los mit ein bisschen Humor erleichtern möchten, aber auch Natur‐, Ingenieurs‐, Wirtschafts‐ und anderen echten Wissenschaftlern mit echten Berufsaussichten. Wie viele Studierende gibt es eigentlich derzeit in Deutschland? Doch sicher ein paar Millionen. Ja, ich würde definitiv sagen: Jede Studentin und jeder Student sollte mindestens ein Exemplar meines Romans im Regal stehen haben. Wenn ich genauer darüber nachdenke, gilt das so eigentlich auch für alle anderen Gesellschaftsgruppen. Was bedeutet Ihnen dieses Buch persönlich? Die allerersten Skizzen und Entwürfe von Fantastik AG sind mittlerweile fünf oder sechs Jahre alt, und bei einer so langen Zeit, in der ich, wenn auch mit Unterbrechungen, an der Geschichte und den Charakteren gefeilt habe, muss ich nicht übertreiben, wenn ich sage, dass mir das Buch sehr viel bedeutet. Vor allem den Hauptfiguren gegenüber hege ich tiefe Sympathien, wahrscheinlich auch, weil es durchaus gewisse charakterliche Überschneidungen zwischen ihnen und mir gibt. Wie Theodor neige ich bisweilen zu etwas phlegmatischen Gemütsstimmungen, und mit Professor Welk teile ich eine schier unglaublich umfangreiche Spezial‐ und Allgemeinbildung. Nein, ernsthaft, tatsächlich bin ich nicht mal ein Viertel so gebildet wie der Professor. Wie Homur, der Riese, bin ich annähernd 40 Meter groß (naja, fast) und wie Eralkes, der Unbesiegte Held, habe ich bereits 29 mal den großen Ritterwettstreit von Drachingen gewonnen. (Also gut: höchstens 21 mal... 15 mal... Okay, 3 mal, aber dafür 8 mal die Silbermedaille. 4 Mal. Na schön (mit den Zähnen knirschend): Gar nicht.) Man sieht, Fantastik AG, das Epos aus den Fernen Ländern, quillt geradezu über von der Persönlichkeit des Autors. Insgesamt bin ich sehr glücklich mit dem Roman ‐ nicht zuletzt auch damit, mein Debüt bei einem so renommierten Verlag wie Piper veröffentlichen zu können. Wie fänden Sie es, wenn es in der Realität auch ein "Studienfach der Phantastik" gäbe? Um es so zu formulieren (mit viel Pathos in der Stimme): Wo immer jemand den Mut hat, sich seiner eigenen Fantasie (oder vielmehr Phantasie) zu bedienen, dort findet auch Phantastik statt. Aber ob wir wirklich einen offiziellen Studiengang "Phantastik" brauchen können? Unter Garantie. So wie wir all die anderen nicht zweckoptimierten, nicht stromlinienförmigen, überflüssigen, wunderbaren Dinge nötig haben, die wir eigentlich nicht nötig haben. Die kritische Frage ist nur, ob Professor Welk mit dem zu erwartenden Ansturm neuer Studienbewerber zurechtkäme. Und wenn ich Ansturm sage, dann meine ich etwa fünf Bewerbungen in den nächsten sieben Jahren. Was bei einem Nischen‐Fach wie der Phantastik nur als hysterische Verhältnisse bezeichnet werden könnte. Auch das Cover von "Fantastik AG" ist ein ganz besonderes. Haben Sie es sich so vorgestellt? Mit dem Cover in seiner jetzigen Form bin ich sehr zufrieden, der comichafte Stil passt gut zum Inhalt und entspricht auch meinen eigenen ästhetischen Vorstellungen. Obwohl Professor Welk sicher dazu anmerken würde, dass "die Haut des Echten Steintrolls (trollus petrus) im Farbton eher den gelblichen bis rötlichen Varianten des Sandsteins entspricht, während grüne Haut nur bei den Sumpftrollen in den tropischen Zonen der Fernen Länder zu beobachten ist." Aber der Professor kann bisweilen auch ein ziemlich pedantischer Spaßverderber sein. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Derzeit schreibe ich an meinem nächsten Roman, den ich bis nächstes Jahr fertigzustellen hoffe. Allerdings hängt das Tempo meiner Schreibfortschritte nicht unerheblich von den schwer zu kontrollierenden Einflüssen kosmischer Weltraum‐Inspirationsstrahlen ab, was die Sache manchmal unerwartet verkomplizieren kann. Was möchten Sie Ihren Lesern mit auf den Weg geben? Ich würde (denn so ist das wohl der Brauch) sagen: Viel Spaß beim Lesen! Und falls ihr ‐ von der Lektüre inspiriert ‐ ernsthaft erwägt, das Studium der Phantastik aufzunehmen, vergesst vorher nicht, die Einführungsveranstaltung "Labyrinthologie I" zu belegen. Hörsaal 043 a ist nicht leicht zu finden. Der Rückweg ebensowenig. Vielen Dank für das Interview!
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