Südwestpresse/Neckarquelle (unten)

VILLINGEN-SCHWENNINGEN
Donnerstag, 3. Dezember 2015
Frühstückseier mit aufgemalten Smileys
Hotelier Bernd Reutemann referiert / Erster Wirtschaftsempfang findet in Unternehmerkreisen Anklang
Zum ersten Mal lud die Stadt
Villingen-Schwenningen Vertreter der Wirtschaft zu einem
Empfang ein. Sie stieß auf offene Türen. Fast 400 Vertreter örtlicher Unternehmen nutzten das
Informations- und Gesprächsangebot in der Neuen Tonhalle.
ULRICH SCHLENKER
Villingen-Schwenningen. Gastredner Bernd Reutemann sorgte für kreative und praxisorientierte Gesprächsimpulse. Der Autor und Hotelier gab
Tipps, wie sich Unternehmen schon
mit geringem Aufwand von Wettbewerbern abheben und so zu einer
Lieblingsmarke werden können. In
seinem Hotel seien die Frühstückseier mit Smileys handbemalt, verriet er.
Mit Achtsamkeit, Respekt und Wertschätzung könne jeder leidenschaftliche Unternehmer eine erfolgreiche
Servicekultur aufbauen, machte der
Referent deutlich.
Wirtschaftsförderin Beate Behrens
zeigte sich mit der Resonanz bei den
Unternehmern zufrieden. „Wir haben etwa 1300 Einladungen an
Unternehmen ab fünf Mitarbeitern
verschickt“, verriet die Geschäftsführerin der Wirtschaft und Tourismus
GmbH
Villingen-Schwenningen
(WTVS). Mit der Veranstaltung rolle
man den roten Teppich für die Wirtschaft aus, für welche die Stadt
dienstleistungsorientiert ein gutes
Rahmenpaket anstrebe, so Behrens.
Oberbürgermeister Dr. Rupert Kubon ging in seiner Begrüßung auf die
günstige wirtschaftliche Lage mit
derzeit über 38 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der
Doppelstadt und einer Arbeitslosen-
Gastredner Bernd Reutemann zeigte auf dem ersten Wirtschaftsempfang der Stadt Villingen-Schwenningen einfache Ideen wie angemalte Frühstückseier zum Abheben von
Wettbewerbern auf.
Foto: Ulrich Schlenker
quote von nur 3,6 Prozent ein. Er
nannte die Weiterentwicklung der Infrastruktur, das Bildungswesen und
die Zuwanderung als drei große Herausforderungen für die Stadt. Es gehe
ihm um Partnerschaft, sagte Kubon.
„Die Stadtverwaltung und die WTVS
arbeiten Tag für Tag daran, das Beste
aus unseren Mitteln zu machen“, versicherte der Oberbürgermeister und
warb für eine von gegenseitigem Ver-
ständnis getragene Kommunikationskultur.
Kubon und Behrens erhielten von
den Gästen aus der Wirtschaft viel
Lob für die mit dem Empfang geschaffene
Gesprächsmöglichkeit.
„Der Kontakt mit der Verwaltung und
kurze Entscheidungswege zum Beispiel bei Bauvorhaben sind für den
Mittelstand wichtig“, betonte Prokurist Thomas Singer von der Mada
Transparente und 500 Unterschriften gegen Konradswiese
Marx Datentechnik GmbH. Schwester Ulrike Ahrlich kam als Verwaltungsleiterin vom Gästehaus Tannenhöhe zur Veranstaltung, weil gute
Kontakte zur Stadt und zur WTVS
wichtig seien.
„Wir müssen mehr miteinander
reden und uns besser kennenlernen“,
lobte Gerhard Waldmann die städtische Initiative. Den Aktivitäten des
von ihm geführten Gewerbeverbands
Oberzentrum tue der Empfang keinen Abbruch, sagte er. Gernot
Hengstler vom gleichnamigen Versicherungsbüro hob die Vernetzungsmöglichkeit mit anderen Gewerbetreibenden hervor, stellte aber die
zeitliche Nähe zum Neujahrsempfang der Stadt in Frage. Das Jazz-Trio
der Musikakademie sorgte mit wohlklingenden Tönen für die musikalischen Tupfer des Empfangs.
Auf Digitalisierung der
Wirtschaft vorbereiten
Unternehmer diskutieren über Industrie 4.0
Im Rottweiler Kraftwerk,
Denkmal vergangener industrieller Umwälzungen, diskutierten Unternehmer das Zukunftsprojekt Industrie 4.0.
unter dem Titel „The Future of
Making Things – Entscheider
treffen sich.“
Zahlreiche Anwohner der Villinger Südstadt protestierten in der gestrigen Gemeinderatssitzung mit Transparenten gegen den geplanten Wohnmobilstellplatz auf der Konradswiese. Sie kritisierten die Abholzung von
Bäumen und den Verkehr von Wohnmobilen durch die Tempo-30-Zone. In der Bürgerfragestunde meldete
sich unter anderem die Pfarramtssekretärin und Anwohnerin Natalie Schiff (vorne rechts) zu Wort: „Bei vielen
Leuten, die ins Pfarramt reinkommen, rufen die Pläne Entsetzen, Empörung und Wut hervor“, sagte sie und
appellierte an Oberbürgermeister Rupert Kubon: „Suchen Sie bitte einen anderen Platz für die Wohnmobile,
aber nicht in der Südstadt.“ Schiff übergab Kubon 500 Unterschriften gegen den Wohnmobilstellplatz, die die
Anwohner in den letzten Tagen gesammelt hatten. Kubon sagte, dass es schwierig sei, in der Stadt einen
Standort für den Wohnmobilstellplatz zu finden, obwohl sie eine große Gemarkung habe. „Wir finden den
Standort Konradswiese nicht ideal, aber es war einer von zwei Standorten die übrigblieben. Wir haben halt
nichts Besseres gefunden.“ Dennoch scheint der Widerstand der Villinger bei der Stadtverwaltung Wirkung
zu zeigen. Der Tagesordnungspunkt war kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden und werde in
dieser Form auch nicht mehr auf die Tagesordnung kommen. „Zumindest nicht von Seiten der Stadtverwaltung“, sagte Kubon.
mdz/Foto: Martin Zimmermann
Villingen-Schwenningen. Deutlich
wurde: Die Digitalisierung wird alle
Lebensbereiche durchdringen und
Prozesse und Produkte tiefgreifend
verändern. Das wird nicht ohne Auswirkungen auf den Menschen als
Mitarbeiter oder Konsument bleiben.
Eingeladen zu dieser Veranstaltung für die regionalen Entscheider
hatte das CAD-Systemhaus Kailer &
Sommer GmbH (Villingen-Schwenningen) zusammen mit der IHK
Schwarzwald-Baar-Heuberg und der
Clusterorganisation
TechnologyMountains, innerhalb der mehr als
170 High-Tech-Unternehmen der
Region vernetzt sind. Geschäftsführer
Ralf Kailer betonte dass die Strategie
hinter Industrie 4.0 nur zum Ziel
führt, wenn man Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden gleichsam mitnehme. Deshalb ging es während der Veranstaltung über die
technologische Umsetzung hinaus
auch um Fragen, wie Kommunikation, soziale Einbindung und Ausbildung innerhalb eines Unternehmens
weiterentwickelt werden müssen.
Markus Speiser und Detlev Reicheneder (Autodesk GmbH) widmeten sich der Frage, wie in Zukunft
produziert werden wird. Ihre These:
Über Produktivitätssteigerungen, Innovationen und optimierte Prozesse
allein werde sich ein Unternehmen
nicht mehr vom Wettbewerb absetzen können. Vielmehr gelte es, von
der Nachfrage her zu denken: „Junge
Konsumenten, die ein Telefon mit
Tasten nicht mehr kennen, wollen
smarte, vernetzte Produkte, die während deren Lebenszyklus online upgedatet werden.“
Dass man andernorts auf dem
Globus das Thema deutlich temporeicher angeht machte TechnologieAnalyst Ulrich Sendler deutlich. Namentlich in China und den USA würden mehr Mittel und mehr Energie
auf die Transformation der Wirtschaft
zur Industrie 4.0 verwandt als hierzulande. Die historische Betrachtung
würde zeigen, dass die Phasen der industriellen Revolution sich beschleunigen: „Nimmt man 1975 als Start der
3. Industriellen Revolution neigt sie
sich bereits nach 40 Jahren dem Ende
entgegen“, so Sendler. Hardware,
Software, Internet, Cloud – „und was
kommt als nächstes?“ Viele Unternehmen der dritten Revolution gebe
es bereits nicht mehr. Und wer sein
Unternehmen nach Mechanik und
Mechatronik in die kommende Phase
der Cybertronik führen will „benötigt
neue Geschäftsmodelle.“
Wie es mit der Kommunikation innerhalb eines Unternehmens in Zukunft aussehen wird, darüber referierte Claudia Serr. „Es ist häufig zu
beobachten, dass einzelne Abteilungen, Mitarbeiter, Führungskräfte nur
bis zu ihrem Ergebnis denken und
sich kaum empathisch in die Situation anderer Mitarbeiter oder anderer
Abteilungen hineinversetzen“ analysierte die Beraterin. Solche Defizite
müssten grundsätzlich vor dem Hintergrund zunehmender Vernetzung,
überwunden werden. Deshalb sei es
unumgänglich, Kommunikation als
Prozess zu verstehen, der klar verankert und geregelt sei.
In angeregten Gesprächen vertieften die Unternehmer die Informationen und machten die Veranstaltung
zu einem regionalen Netzwerk-Gipeb
fel.