Betrifft: Anwendung internationaler und nationaler Standards zu

fz*- feministisches zentrum freiburg Schreiben 2: BEA - Schutz vor geschlechtsspezifscher Gewalt
Betrifft: Anwendung internationaler und nationaler Standards
zu Menschenrechten und Gewaltschutz
auch in Unterkünften für geflüchtete Menschen
Im Besonderen: Konsequente Berücksichtigung von Maßnahmen zum Schutz vor
geschlechtsspezifischer, homo-/trans*phober und rassistischer Gewalt
in der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle in Freiburg
In dem Wissen, dass erste Schutzmaßnahmen zur Beendung von Gewaltsituationen ohne weitere
Nachweise für die ausgeübte bzw. erlittene Gewalt schnell ergriffen werden sollten, diese aber in
den meisten Fällen in Unterkünften für geflüchtete Menschen nicht zur Anwendung kommen,
… und in Anlehnung an die Prinzipien entsprechender Schutzmaßnahmen, die
menschenrechtsbasiert sein müssen und der Istanbul-Konvention des Europarates zugrunde
liegen (Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen
Frauen und häuslicher Gewalt vom 11. 5. 2011), sowie
… in Anlehnung an die Mindeststandards zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt in
Flüchtlingsunterkünften vom Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen
Kindesmissbrauchs (Amt der Bundesregierung, 19.08.2015), sowie
… in Anlehnung an die Empfehlungen für einen „Effektiven Schutz vor geschlechtsspezifischer
Gewalt – auch in Flüchtlingsunterkünften“ des Deutschen Instituts für Menschenrechte
(DIM, August 2015), sowie
… in Anlehnung an den Leitfaden für das Asylrecht von Homosexuellen des Lesben- und
Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD, 2015), sowie
… in Anlehnung an die Empfehlungen, Erfahrungen und an die Aufforderung zur Sicherstellung
der psychosozialen Versorgung Geflüchteter von der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der
Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BafF, 2015)
sowie in dem Wissen um die insgesamt bestehenden Herausforderungen, eine menschenwürdige
Aufnahme und Unterbringung in Freiburg zu schaffen sowie bereits eingeleitete Bemühungen zur
Verbesserung der Situation innerhalb der Bedarfsorientierten Aufnahmestelle,
bitten wir
die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Freiburg Bärbel Schäfer,
den Geschäftsführer der European Homecare GmbH,
die Geschäftsführer der b.i.g. security service GmbH,
die Geschäftsführer von Diakonie, Caritas und Deutschem Roten Kreuz in Freiburg
sowie
den Gemeinderat der Stadt Freiburg mit allen Gemeinderät*innen,
den Oberbürgermeister der Stadt Freiburg Dr. Dieter Salomon und
die Frauenbeauftragte der Stadt Freiburg Simone Thomas
dennoch eindringlichst, auf folgende Rechte, Bedürfnisse und Fragen der psychischen und
physischen Unversehrtheit und Sicherheit einzugehen und darüber öffentlich zu informieren, wie
diese gewährleistet werden:
fz* | Faulerstr. 20 | 79098 Freiburg | www.fz-freiburg.de | [email protected]
Seite 1/3
fz*- feministisches zentrum freiburg Schreiben 2: BEA - Schutz vor geschlechtsspezifscher Gewalt
I Allgemeine Standards
Wie kann gewährleistet werden, dass in der BEA Freiburg
•
das Recht auf Privatsphäre aller untergebrachten Personen gewährleistet ist,
•
eine selbstbestimmte und damit angemessene Möglichkeit der Ernährung sichergestellt wird,
•
eine kindergerechte Unterbringung gewährleistet ist,
•
medizinische Notfälle zeitnah bearbeitet werden,
•
hauptberuflich und ehrenamtlich Helfende sowie das Personal der beauftragten Dienstleister
European Homecare und b.i.g. security service GmbH sowie der beauftragten freien Träger,
eine kultursensible und für geschlechtsspezifische Gewalt sensibilisierte Haltung einnehmen
und für sich selbst fachliche Begleitung und professionelle Supervision wahrnehmen können?
II Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt und allgemeine Sicherheit
Wie kann gewährleistet werden, dass in der BEA Freiburg
•
•
•
Frauen ihre Kinder ungestört stillen können,
Schwangere in ausreichendem Maße Betreuung durch Hebammen ihrer Wahl erhalten,
alleinstehende Frauen Unterstützung erhalten und angemessene soziale Kontakte aufbauen
können?
•
die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit von Frauen sowie Lesben, Trans*- und
Inter*personen und Kindern innerhalb wie außerhalb der BEA gewahrt wird und sie vor
sexistischer, homo- und trans*phober sowie rassistischer Gewalt geschützt werden,
Frauen sowie Lesben, Trans*- und Inter*personen über ihre Rechte aufgeklärt sind und wissen,
an wen sie sich mit spezifischen sie betreffenden Fragen wenden können,
bei etwaigen Konflikten im Lager eine geschulte und auf die Situation der Frauen sowie Lesben,
Trans*- und Inter*personen sensibilisierte Ansprechstelle innerhalb der BEA zeitnah aufgesucht
werden kann,
im Falle sexistischer, homo- oder trans*phober oder rassistischer Übergriffe eine schnelle und
zeitnahe Aufklärung der Fälle erfolgt, über die die in der BEA untergebrachten Personen und die
Öffentlichkeit informiert werden?
•
•
•
•
•
•
Frauen sowie Lesben, Trans*- und Inter*personen angemessen und auf ihre spezifischen
Bedürfnisse hin medizinisch versorgt werden,
Kinder und Frauen sowie Lesben, Trans*- und Inter*personen mit Gewalt- und
Traumaerfahrungen eine Anlaufstelle und einen Rückzugsraum aufsuchen können sowie
psychosoziale Unterstützung erhalten,
Überlebende von Folter und geschlechtsspezifischer Gewalt professionelle Beratung und
Behandlung erhalten können,
fz* | Faulerstr. 20 | 79098 Freiburg | www.fz-freiburg.de | [email protected]
Seite 2/3
fz*- feministisches zentrum freiburg Schreiben 2: BEA - Schutz vor geschlechtsspezifscher Gewalt
•
•
hauptberuflich und ehrenamtlich Helfende und das Personal der Dienstleister sowie der freien
Träger auf mögliche sexualisierte sowie geschlechtsspezifische Gewalt sensibilisiert sind,
Informationen über präventiven und reaktiven Gewaltschutz für die Geflüchteten in der
Sammelunterkunft zur Verfügung stehen?
III Zivile Standards und menschenrechtsbasierte Prinzipien
Wie kann gewährleistet werden, dass
•
•
•
•
•
innerhalb wie außerhalb der BEA die Selbstorganisation der Geflüchteten nicht behindert,
wohl aber ermöglicht und gestärkt wird,
das Recht der Geflüchteten auf freie Meinungsäußerung innerhalb wie außerhalb der BEA
gewahrt wird, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen,
eine unabhängige Beschwerdestelle in der BEA vorhanden ist,
die in der BEA untergebrachten Menschen sich innerhalb des Stadtgebietes (und darüber
hinaus) frei und sicher bewegen können,
geflüchtete Personen, die in der BEA untergebracht sind, bei einem Angebot eines privaten
Wohnhortes dieses Angebot wahrnehmen können?
IV Willkommenskultur
Wie kann gewährleistet werden, dass
•
•
•
•
seitens der Bewohner*innen eine Willkommenskultur gut und für die Geflüchteten sichtbar und
erreichbar etabliert werden kann,
Begegnungsräume für freundschaftliche Kontakte zwischen Anwohner*innen und Geflüchteten
Personen von diesen selbstbestimmt geschaffen werden können,
die Anwohner*innen und weiteren Menschen in Freiburg über die Situation der Geflüchteten in
der Unterbringung informiert sind und über die Bedingungen im Lager auf dem Laufenden
gehalten werden,
anti-rassistische und feministische Aufklärungs- und Bildungsarbeit im Rahmen der praktischen
und solidarischen Aktionen mit den Geflüchteten ermöglicht wird und real und zeitnah
stattfindet?
Bitte beachten Sie auch unser erstes Schreiben "Offener Brief".
Vielen Dank.
fz* | Faulerstr. 20 | 79098 Freiburg | www.fz-freiburg.de | [email protected]
Seite 3/3