Verschiebung und Deformation des Sternum und Thorax bei Pferden – Reiten verursacht Schäden am Pferdekörper von Maksida Vogt, 2015 Das Sternum ist eine Struktur aus Knochen und Knorpeln, die median an der ventralen Seite des Thorax liegt und mit dem Knorpel der Rippen verbunden ist. Es besitzt eine gute Biegsamkeit durch diese knorpelig-knöcherne Struktur und seine Gelenkverbindung mit dem Rippenknorpel. Der Körper des Brustbeins (Corpus sterni) ist beim Pferd ventral mit einem keilförmigen Vorsprung versehen (Crista sterni). Das Brustbein dient als Befestigung für die Rippen und als Verankerung für die Brustmuskeln. Es ist allgemein bekannt, dass das Reiten dem Pferd körperlichen Schaden zufügt und zwar unabhängig davon, wie das Pferd geritten wird. An dieser Stelle soll ein Teil dieser Schäden dargelegt werden, den man oft bei stark genutzten Pferden beobachten kann, insbesondere bei den Pferden die beim Springen und Vielseitigkeit eingesetzt werden. Was wir beobachten können ist, dass bei solchen Pferden das Sternum lateral gesehen eingesunken ist und aus dem Körper unnatürlich „herausragt“. Gleichzeitig werden wir bei diesen Pferden beobachten, dass der Thorax unnatürlich schmal ist, regelrecht „gequetscht“. Betrachtet man die Aufbau der Strukturen im Pferdekörper, dementsprechende Benutzung und Haltung des Pferdes, so sind die Zusammenhänge, die zu diesen Deformationen führen, sehr klar zu erkennen. Im Gegensatz zur Beckengliedmaße ist die Schultergliedmaße nicht knöchern mit dem Skelett verbunden. Sie ist durch Muskeln und Bänder an dem Rumpf befestigt. „Im Bereich der Rumpfwand Muskeln liegen die so genannten dorsale StammGleidmaßenmuskeln oder Gliedmaßenträger. Gleichzeitig ist aber auch der Körperstamm zwischen den beiden Schultergliedmaßen in einem muskulösen Tragegurt aufgehängt. Diese Muskelgruppe wird als ventrale Stamm-Gliedmaßenmuskulatur oder auch als Rumpfträger bezeichnet.“(1) „Sie setzen sowohl an der Skapula als auch am Humerus an. Die enge Verbindung des Oberarms mit dem Rumpf ist für eine optimale Vorwärtsbewegung des Fluchttieres Pferd sehr wichtig. Die ventralen Stammesgliedmaßenmuskeln bilden die Rumpträger. Ihre Muskeln ziehen vom Sternum und dem ventralen Rippenbereich zum Humeruns und zur Skapula. Dazu gehören die Mm. pectorales supff. und proff., der M. Serratus ventralis als wichtigster Rumpfträger und der M. sternocleidomastoideus. Sie formen quasi eine Hängematte für den Rumpf, die zwischen den Schultergliedmaßen aufgespannt ist. Durch diese Konstruktion können sie den starken Schub, mit dem der Rumpf bei der Vorwärtsbewegung auf die Vorhand stößt, muskulär-elastisch abfangen, sodass die Belastung für die Knochen, Sehnen und Bänder der Vorderbeine geringer wird.“ (2) Zu den Gliedmaßenträger gehören: – M. trapezius, Brustteil, Pars thoracica (Vorführer und Abduzierer der Gliedmaße, Feststeller der Schulter) – M. rhomboideus thoracica (Brustteil, Feststeller, unterstützt Heben und Rückführen der Schultergliedmaße) – M. latissimus dorsi (Rückzieher der Gliedmaße, Beuger des Schultergelenks, Vorzieher der Rumpfes bei fixierter Gliedmaße) Rumpfträger sind: – Mm. Pectorales superficiales (Rumpf-Gliedmaßenverbindung, Adduktion, Vor- und Rückführer der Gliedmaße) – M. pectoralis transversus (Adduktror der Gliedmaße, bei fixierter Gliedmaße und einseitiger Wirkung Seitwärtszieher des Rumpfs) – M. pectoralis profundus ( Rumpfträger, Rückführer der Gliedmaße, Feststeller des Schultergelenks) – M. subclavius (Rumpfträger, Feststeller des Schultergelenks) – M. serratus ventralis thoracis (Rumpfträger)(3) Die Stabilität des Rückens wird zum einen durch anatomische Strukturen (Wirbel, Bauchapparat, Bandscheiben) und zum anderen durch ein Spanngurtsystem erreicht. Dieses Spanngurtsystem setzt sich aus langen Bändern und Muskeln zusammen, die die Wirbelsäule tragfähig aufspannen.(4) Den oberen Spanngurt bilden Ligamentum nuchae und das Ligamentum supraspinale und M. longissimus dorsi. Der untere Spanngurt bilden Halsmuskulatur und Bauchmuskulatur zusammen. Die anatomischen Strukturen des Pferdekörpers sind ausschließlich für das Pferd allein bestimmt, damit es in einer gesunden Bewegung bleiben kann. Aus Natur und Medizin wissen wir, dass jegliche Abweichung von dem natürlich bestimmten Gebrauch oder Einsatz des Körpers, eines jeden Lebewesens, Störungen und Erkrankungen nach sich zieht. Das Aufhängeapparat ist für das Pferd äußerst wichtig und wird durch das Reiten und das zusätzliche Gewicht enorm beansprucht. Aufgrund der anatomischen Begebenheiten liegt der Schwerpunkt des Pferdes mehr auf der Vorhand. Ein Reiter erhöht diese Last um ein Vielfaches, nicht nur durch sein Gewicht, das erhebliches Trauma auf allen anatomischen Strukturen verursacht, sondern auch, weil das Pferd sich unter dem Reiter ganz anderes bewegt. Es ist verheerend den Kopf des Pferdes zu beeinflussen, wenn man auf dem Pferd sitzt. Durch das Heben und Senken des Kopfes ist das Pferd in der Lage, den Körperschwerpunkt zu verschieben und zu balancieren. Je nach Gangart und zunehmender Geschwindigkeit, nehmen auch die Schubkräfte zu, die in der Vorwärtsbewegung entstehen. Das Pferd darf in der Bewegung des Kopfes oder des Halses nicht gestört werden (geschweige denn mittels Gebisse gelenkt werden) weil es ansonsten kein Gleichgewicht innerhalb der gesamten Strukturen herstellen kann, was zwangsläufig zu einer unnatürliche Belastung der Gelenke, Sehnen, Muskeln und Bänder und dadurch zu Traumas führen wird. Das Pferd versucht unter dem Reiter immer eine neue Balance im eigenen Körper herzustellen und der schmerzhaften Einwirkung des Reitergewichts und anderen Mittel der Kontrolle (Zügel, Gebisse, etc) zu entgehen. Durch diese Dysbalancen, die ein Reiter zwangsläufig verursacht, entstehen weitere muskuläre Dysbalancen, zum Beispiel, beim Gleiten der Skapula und das Pferd kann sich weniger elastisch abfangen. Die Verspannung des M. serratus ventralis thoracis nimmt zu. Der transversale und der profunde Anteil des M. pectoralis sind während des Reitens in ihrer Funktion IMMER überfordert, was man an den palpablen Verspannungen oft diagnostizieren kann. Wenn das Pferd zum Beispiel nach dem Gurten klamm geht, dann ist das ein Alarmzeichen, dass der M. pectoralis profundus schwer leidet und angegriffen ist. Beim Reiten kommt es zur ventral konvexen Krümmung des Rückens, die Dornfortsätze nähern sich (und berühren sich oft, wenn das Gewicht des Reiters 10% des Pferdegewichts übersteigt!), die Rumpfträger stehen unter enormen unnatürlichen Druck. „Zschokke entdeckte, dass sich der Rücken bei intakten Dornfortsätzen unter einem Gewicht von 50 bis 80 kg um 4 cm senkt.“(5) Beim Springen sind insbesondere Mm. serrati überfordert, die den gesamten Thorax in der Landephase stabilisieren. Hier passieren Mikrorisse, die das Gewebe der Muskeln stark beschädigen und schließlich zu einem eingesunkenen Thorax resultieren. In der Landephase eines Sprungs lasten auf die Strukturen des Rückens und die Rumpfträger mehrere Tonnen! Dadurch sollte jedem klar sein, dass das Pferd nur eine gewisse Anzahl der Sprünge unter dem Reiter machen kann, bis diese Strukturen einen dauerhaften Schaden davon tragen. Die Sehnen sind eine Verlängerung der Muskulatur bei der Stoßdämpfung. Sie lassen aber nur eine 4%ige Überdehnung zu, ohne das Sehnengewebe reißt. Die pektorale Muskulatur ist beim Reiten und insbesondere Springen sehr überfordert. Zu dem eingesunkenem Thorax kommt fast immer eine schmale Brust dazu, es sind Deformationen, die eindeutig auf das Reiten und Benutzen der Pferde zurück gehen. M. serratus und M. pectoralis sind mit ihrer Kraft am Ende. Generell kommen bei diesen Pferden die Probleme mit der Wirbelsäule Stauchung der Dornfortsätze und der enormen Belastung der Serratusmuskulatur und den Sehnen. Auch sind Sprung- und Kniegelenke wie das Iliosakralgelenk meist nach kurzer Zeit einer solchen unnatürlichen Benutzung des Pferdes beschädigt. Weitere Faktoren, die diese Schäden und Deformationen am Pferdekörper verursachen, sind eine falsche Haltung und auch Beschlagen der Pferde. Eine Haltung der Pferde in den Boxen ist ein grausames Relikt der Vergangenheit und muss im Sinne der Pferde dringend abgeschafft werden. Das Pferd ist ein soziales Geschöpf und die Herde ist für das Pferd wichtiger als Essen. Das Beschlagen der Pferde ist genauso eine Praktik, die nach unseren heutigen Erkenntnissen, nicht mehr in unserer Zeit vertretbar ist. Es gibt bereits eine Menge an Hufkursen, wo man sich informieren und über die Hufe und ihre Beschaffenheit als ein Organ lernen kann. Die angesprochene Probleme sind vermehrt bei den Pferden zu beobachten, die vor ihrem fünften Lebensjahr eingeritten worden sind. Das sich die Pferde bis zu diesem Alter in einer intensiven Wachstumsphase befinden und die anatomischen Strukturen noch nicht gebildet sind, treten dementsprechend gravierendere Verletzungen und Schäden auf. Im Sinne unserer Pferde und für unser Gewissen als Menschen sollten diese Punkte unbedingt berücksichtigt und dementsprechende Aufklärung der Reiter organisiert werden. Referenzen: BUDRAS-ROECK, 2004 Atlas der anatomy des Pferdes RIEGEL-HAKOLA, 2006 Bild-Text-Atlas zur Anatomie und Klinik des Pferdes HORST WISSDORF, 2002 Praxisorientierte Anatomie und Propädeutik des Pferdes LANGEN, SCHULTE WIEN, 2013 Osteopathie beim Pferd: Grundlagen und Praxis SEIFERLE, E., FREWEIN J., 1992 Aktiver Bewegungsapparat, Muskelsystem, Myologia (1) (2) (3) (4) (5) - Wissdorf, Gerhards, Huskamp, Deegen, Praxisorientierte Anatomie und Propädeutik des Pferdes - Langen, Schulte Wien, Osteopathie beim Pferd: Grundlagen und Praxis - Wissdorf, Gerhards, Huskamp, Deegen, Praxisorientierte Anatomie und Propädeutik des Pferdes - Weishaupt, 2001 - Maksida Vogt, 2008, Körperliche Schäden durch Reiten
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