4/2016 16. bis 29. Februar Zentralredaktion Fastenopfer: Ökumenische Kampagne 2016 Wo Gold den Glanz verliert 2 Thema Interview mit der Luzerner Filmemacherin Corina Schwingruber «Wenn der Napf ein Peruaner wäre» Der Goldabbau lohnt sich ab 0,5 Gramm pro Tonne Erde – so viel wie im Napf. Riesige Mengen Wasser und viel Chemie sind dazu nötig. Das geht beim Napf nicht, in anderen Weltgegenden jedoch schon, wie Co rina Schwingrubers Film «Wenn der Napf ein Peruaner wäre» zeigt. Corina Schwingruber, warum the matisieren Sie im Film den Abbau von Rohstoffen? Ich hatte mich vorher stark mit der Privatisierung von Wasserquellen in den USA befasst. Mir ist es wichtig, auf solche Themen aufmerksam zu machen. Als 2010 das Fastenopfer für den Kurzfilm «Wenn der Napf ein Peruaner wäre» anfragte, war ich sofort sehr angetan. Dabei haben mich Jules Rampini und Barbara Müller sehr unterstützt. Jetzt bin ich froh um die für die Kampagne 2016 aktualisierte Fassung des Films mit aktualisierten Zahlen – der Goldpreis ist ja weiter gestiegen – und mit einer französischen und einer italienischen Tonspur. Wie gingen Sie an den Film heran, wo fanden sie die Protagonisten? Von Anfang an wollten wir halb einen Dokumentar-, halb einen Animationsfilm machen. Mir oblagen Regie und Konzeption. Über Jules Rampini, der aus dem Napfgebiet kommt, lernte ich die Protagonisten kennen. Er selber spielt einen Goldsucher, der im Bach auf schonende, herkömm liche Weise Gold sucht. Wo landen die grossen Gewinne? Bei den Konzernen. Mir macht zu schaffen, dass die grössten Rohstoffhändler hier in der Schweiz sitzen, wo es gar keine Rohstoffe gibt. Nicht in Peru oder Burkina Faso, wo das Corina Schwingruber-Ilic in ihrem kleinen Luzerner Filmstudio. Für die aktualisierte Fassung ihres Animationsfilms «Wenn der Napf ein Peruaner wäre» Bilder: aw (o.), Fastenopfer (u.) (Filmstil unten) zog sie neue Tonspuren ein. Gold doch herkommt. Mein Eindruck ist auch, dass viele Leute aus diesen Konzernen in anderen Welten leben, so dass sie oft gar nicht wissen, was sie tun – was ihr Tun bei den einfachen Leuten am Ende der Kette auslöst, dass da zum Beispiel ein Bauer seine Kartoffeln aus dem verseuchten Boden holen muss. Was berührt Sie am meisten? Das Schicksal einzelner Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe oder ih- rer Herkunft ein ganz anderes Leben führen müssen als ich. Und umgekehrt berührt mich das Unverständnis bei uns für solche Menschen. Womit befassen Sie sich derzeit? Ich habe viele Ideen, am konkretesten arbeite ich an meinem ersten langen Kinodokumentarfilm. Da geht es um die Verantwortung der Kinder für ihre älter werdenden Eltern. Hier muss ich für die Finanzierung noch sehr viel Vorarbeit leisten.aw Thema 3 Ökumenische Kampagne 2016: Goldabbau in Burkina Faso Gold zerstört Lebensgrundlagen Die Schweiz verarbeitet rund 70 Pro zent des weltweit gehandelten Gol des. Doch der Abbau des kostbaren Gutes bringt die Menschen vor Ort in Not, wie ein Beispiel aus Bur kina Faso zeigt. Die verantwortlichen Unternehmen kümmert das bislang wenig. Das soll sich ändern. Florent Ouédraogo ist ausser sich: «Die Goldmine Bissa hat meine Felder unter Wasser gesetzt.» Anfang August 2012 brach ein Rückhaltebecken der Mine. Das Wasser überflutete Felder und Häuser und ist seither nicht abgeflossen. Mehrere Bauernfamilien haben dadurch viel Land verloren. «Fünf Hektaren kann ich nicht mehr bebauen», sagt Ouédraogo. Vorher seien hier Hirse, Sesam und Niébé-Bohnen gewachsen. Ernte auf 20 Hundertkilosäcke Hirse und 6 Säcke Niébé steigern können. Er hatte gelernt, eigenen Kompost herzustellen und das Land mit Steinmäuerchen vor Erosion zu schützen. Er wandte auch die Zaï-Methode an: Für jede Pflanze grub er ein separates Loch in den trockenen Boden, füllte es mit Kompost und legte den Samen hinein. Bodenqualität und Ernte verbesserten sich. Doch nun hat die Überschwemmung diesen Erfolg zunichtegemacht. Eine Entschädigung erhielt er erst drei Jahre später und lediglich für eine Hektare Land. Denn die Unternehmen kompensieren nur bebaute Felder, nicht aber sich er holende Brachen. Land konnte sich Ouédraogo ohnehin nicht kaufen, denn im ländlichen Burkina Faso wird Grund traditionell nur vererbt. Erfolg zunichtegemacht Die Rolle der Schweiz Mit Hilfe von Soutong Nooma, einer Partnerorganisation von Fastenopfer, hatte der 62-Jährige bis dahin seine Das Dorf Soutong ist kein Einzelfall: Allein wegen der Mine Bissa haben rund 3000 Menschen ihre Häuser Apokalyptische Szene: Bauer Florent Ouédraogo vor seinem überfluteten Feld in Soutong. Ein toter Baum ragt aus dem schmutzigen Wasser, das nicht abfliesst. Bild: Meinrad Schade, Fastenopfer Initiative unterschreiben Zusammen mit anderen Organisationen hat das Fastenopfer die Konzernverantwortungsinitiative lanciert. Sie will Schweizer Unternehmen gesetzlich zur Sorgfalt gegenüber Menschenrechten und Umwelt verpflichten. Sie ist Kern der diesjährigen Kampagne. fastenopfer.ch/konzernverantwortung und ihr Land verloren. Untersuchungen von Fastenopfer im Umfeld von drei Minen zeigten: Der Goldabbau zerstört Lebensgrundlagen und verletzt Menschenrechte. Das Gold aus den untersuchten Minen wird in der Schweiz raffiniert. Als praktisch alleinige Abnehmer könnten diese Schweizer Raffinerien Einfluss auf den Umgang der Minen mit der lo kalen Bevölkerung in Burkina Faso nehmen. Offenbar tun sie das ungenügend. Patricio Frei/Fastenopfer 4 Veranstaltungen Treffpunkte RomeroHaus Luzern Ein Morgen in Achtsamkeit Menschen sprechen auf Stille und Meditation an. Wenn äussere Reize wegfallen, eröffnen sich neue Räume und die Seele richtet sich auf Wesentliches aus. Einen Vormittag lang wird dies achtsam eingeübt. Mit Bernadette Rüegsegger; Sa, 20.2., 07.15–12.15, RomeroHaus Luzern, Anmeldung 058 854 11 73 oder [email protected], www.shibashi.ch.vu Treffpunkt TV Dennis und seine Welt: Leben mit Autismus «Viele denken, ich sei ein ganz normaler Mensch. Erst wenn man länger mit mir spricht, merkt man, dass ich Sachen wiederhole oder über Sachen lache, über die kein anderer lacht – z. B. über die Feuerwehr, Gewitter oder Geräusche. Das ist die Sache, die ich habe», sagt Dennis. AutismusSpektrum-Störung heisst seine Diagnose, eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich be sonders im sozialen Umgang mit Mitmenschen zeigt. Im Fernsehfilm von Linda Hofmeier nimmt Dennis die Zuschauer mit in seine ganz eigene Welt. So, 21.2., ARD, 17.30–18.00 Uhr, «Dennis – und wie er die Welt sieht», in der Fernsehreihe: «Gott und die Welt» Bild: Bayerischer Rundfunk/Steffen Düvel Forum Ökumene, Luzern Das «christliche Abendland»: Ideologie oder kostbares Erbe? Im Rahmen des «Forums Ökumene» lädt der Ökumenische Förderverein zur ersten Veranstaltung im neuen Jahr. Markus Ries, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Luzern, spricht zum Thema: «Das ‹christliche Abendland›: Ideologie oder kostbares Erbe? Eine kirchen geschichtliche Anleitung». Mi, 24.2., 18.15–20.00, Universität Luzern, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 5 (Parterre), Eintritt frei Veranstaltungen in der Fastenzeit Themen der ökumenischen Kampagne im Gespräch «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken» heisst das Thema der Ökumenischen Kampagne 2016 zur Fastenzeit. Dazu finden unter anderem folgende Veranstaltungen statt: Religionsunterricht erteilen? Orientierungsabend zum Bildungsgang Katechese Der Fachbereich Pastoral – Religionsunterricht und Gemeindekatechese der Landeskirche lädt am 23. Februar Interessierte zu einem Orientierungsabend zum Bildungsgang Katechese ein. Die berufsbegleitende Ausbildung zur Katechetin/ zum Katecheten befähigt, Religionsunterricht zu erteilen und in den Pfarreien ausserschulisch tätig zu sein. Wo Gold den Glanz verliert: auf der Spur von Burkina Faso in die Schweiz. Die Auswirkungen des Goldabbaus in Burkina Faso; die Schweiz und der Goldhandel, Verflechtungen, Verantwortung, Handlungsmöglichkeiten. Referat, Podiumsgespräch, Diskussion Mo, 29.2., 19.00, Universität Luzern, Hörsaal 5. Einladende: katholische und reformierte Kirchen Stadt und Kanton Luzern, Comundo, Fastenopfer, Christkatholische Kirchgemeinde Luzern, bergbau menschen rechte, Bildung Missionskonferenz, Hochschulseelsorge Di, 23.2., 19.30–21.15, katholische Landeskirche, Abendweg 1, Luzern (3. Stock); eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Informationen: www.lukath.ch/ ausbildungen-nach-formodula Dirty Gold War. Ein Dokumentarfilm (2015) von Daniel Schweizer und Gespräch mit Susanna Anderegg, Fachperson Bergbau und Menschenrechte Konzert Pfarrei St. Katharina Horw Do, 3.3., 19.30 Uhr, Hochdorf, Pfarreizentrum St. Martin. Einladende: Pastoralraum Baldeggersee (Hochdorf, Hohenrain, Kleinwangen, Römerswil), reformierte Kirchgemeinde, Bildung Missionskonferenz «Dass alles gebührlich klinge!» Die barocke Kammermusik in der Kirche St. Katharina Horw wird der Anleitung Johann Matthesons von 1739, «dass alles gebührlich klinge und singe!», bestens gerecht. Pius Strassmann, Martin Stadler, Thomas Goetschel, Julian Behr und Martin Heini spielen unter anderem frühbarocke Werke von Telemann, Kapsberger, Riccio, Rossi und Rosenmüller. So, 28.2., 17 Uhr, Pfarrkirche St. Katharina, Horw, Kollekte, www.musikkathhorw.ch Drecksgold, Fairgold oder Napfgold? Podium mit dem Film «Dirty Gold War» (2015) von Daniel Schweizer Mo, 7.3., 19.30, Willisau, Schlossschür. Einladende: Pfarreien Willisau, Luthern, Ufhusen, Zell www.fairfuture.ch Luzern – Schweiz – Welt 5 Aus der Kirche Schweiz Durchsetzungsinitiative Bischof Felix Gmür: «Diese Initiative ist ungerecht» Luzern Die Kirche St. Joseph in Perlen. Bild: pd Kirchgemeinde Buchrain Kirche Perlen wird verkauft Die Stimmberechtigten der Kirchgemeinde Buchrain haben am 24. Ja nuar beschlossen, eine ihrer drei Kirchen zu verkaufen. Das Kirchenzentrum St. Joseph geht für 1,2 Millionen Franken an die serbisch-orthodoxe Kirche Luzern über. Dem nun beschlossenen Verkauf waren heftige Diskussionen vorangegangen. Der Entscheid fiel schliesslich mit 688 Ja gegen 482 Nein; die Stimmbeteiligung betrug hohe 45 Prozent. Der Basler Bischof Felix Gmür nimmt deutlich Stellung gegen die Durch setzungsinitiative, über die am 28. Februar abgestimmt wird. Sie sei «unverhältnismässig, unzumutbar und ungerecht», schreibt er in seiner Stellungnahme. Er äussere sich zu der Vorlage, weil die Kirche nicht schweigen dürfe, wenn es um Menschenrechte und Menschenwürde gehe. Felix Gmür fordert dazu auf, sich «nicht von der Angst vor dem Aus länder verteufeln» zu lassen. Der wichtigste Rohstoff der Schweiz sei die soziale Stabilität. «Die Schweiz hat es immer verstanden, das Fremde zum Partner zu machen, zu lernen, zu integrieren. Was wären unsere Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport, Kirche ohne Ausländer? Unvorstellbar, dass für einen grossen Anteil unserer Bevölkerung spezielle Gesetze gelten», erklärt der Bischof. 82 Einsätze im vergangenen Jahr Notfallseelsorge/Care Team Luzern 2015 gefragt wie noch nie Bei Unfällen, Suiziden oder ausser gewöhnlichen Todesfällen kümmern sie sich um Angehörige, Augenzeugen und unverletzte Beteiligte: Notfallseelsorgende und Care Givers. 2015 standen sie 82 Mal im Einsatz, so häufig wie noch nie. Am zahlreichsten waren Einsätze bei ausserordentlichen Todesfällen und Suiziden. 718 Stunden waren Notfallseelsorgende und Care Givers insgesamt präsent. Ihre hohe Stundenzahl im vergangenen Jahr liege darin begründet, dass die Fälle komplexer geworden seien und vermehrt Zweierteams aufgeboten würden, heisst es in einer Medienmitteilung. Es würden mehr Personen pro Fall betreut, was mehr Notfallseelsorger und Care Givers erfordere. Und: «Notfallseelsorge/Care Team haben es vermehrt mit Betroffenen zu tun, die kaum ein soziales Netz und niemanden haben, der sie in der Not auffangen könnte.» Wenn Menschen in einem Notfall den Boden unter den Füssen verlieren, leistet die Organisation NotfallseelBild: do sorge/Care Team Beistand. Was mich bewegt Verantwortung, los! «Nein, diese Verantwortung kann ich nicht tragen!» Wie oft höre ich diesen Satz, manchmal bestimmt und überzeugt vorgetragen, mit subtiler Argumentationskette versehen, aber auch gedankenlos hingeworfen, im Gespräch schnell gesagt wie ein Nein. Und wenn ich die Verantwortung von mir weggewiesen habe, mich nicht eingebracht (oder eingemischt?) habe, bin ich dann befreit, habe ich die Verantwortung los oder bin ich sogar verantwortungslos? Was heisst Verantwortung? Das Wort beinhaltet das Verb «antworten». Im ursprünglichen Sinn war wohl gemeint: vor Gericht antworten, eine Frage beantworten, sich rechtfertigen, für etwas einstehen, etwas vertreten. Aber auch Pflicht, Bereitschaft, für seine Handlungen einzustehen und ihre Folgen zu tragen. Was bedeutet Verantwortung als Christ und Christin heute? Die Ethik des Christentums betont die Freiheit, zu entscheiden. Verantwortung setzt Handlungsfreiheit voraus, das Gute zu tun. Papst Franziskus weist uns darauf hin, Verantwortung für die Umwelt zu tragen, Verantwortung für den Nächsten in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen. Verantwortung: «ja, gerne». Nicht verantwortungslos, sondern: «Los, Verantwortung!» Margrith Mühlebach, Bistumsregionalverantwortliche 6 Luzern – Schweiz – Welt Aus der Kirche Luzern Luzerner Landeskirche Fachverantwortliche Person für Jugendpastoral gesucht Die Stelle für die Fachverantwortung Jugendpastoral bei der Luzerner Lan deskirche ist neu zu besetzen. Sie ist zurzeit ausgeschrieben. Der jetzige Stelleninhaber, Viktor Diethelm Schwingruber (Bild), Fachverantwortlicher im Fachbereich Pastoral – kirchliche Jugendarbeit, verlässt seine Stelle Ende März. Er ist ab dem 1. April Leiter der Deutschschweizer Fachstelle für offene kirchliche Jugendarbeit. Diese ist Teil des neuen «Kompetenzzentrums Jugend» der römisch-katholischen Kirche der Deutschschweiz am St.-Karli-Quai 12 in Luzern. Diethelm ist seit September 2009 für die Landeskirche tätig. Informationen zur ausgeschriebenen Stelle auf www.lukath.ch oder www.jobs.kath.ch Schweiz Jubiläumsjahr 2017 Reformierte und Katholiken feiern gemeinsam 2017 jährt sich die Reformation zum 500. Mal. Im gleichen Jahr findet auch das Jubiläum «600 Jahre Niklaus von Flüe» statt. Die katholische und die reformierte Kirche organisieren dazu einen gemeinsamen nationalen Gedenk- und Feiertag, wie Anne Durrer, Beauftragte für Kommunika tion beim Schweizerischen Evange lischen Kirchenbund (SEK), gegenüber kath.ch bestätigte. Angesichts der getrennten Kirchen wolle man ein Zeichen für die Zukunft setzen und das Streben nach Einheit zum Ausdruck bringen, so Durrer. Die ökumenische Feier findet am 1. April 2017 in Zug statt. Die Stadt Zug sehen die Veranstalter, SEK und Schweizer Bischofskonferenz SBK, als historische «Schnittstelle» zwischen katholischer und reformierter Schweiz. Helen Schüngel-Straumann Kirche von innen erneuern Die feministische Schweizer Theologin Helen Schüngel-Straumann sagte in der Sendung «Sternstunden Reli gion», dass Frauen bis heute gegen frauenfeindliche Haltungen in der Kirche zu kämpfen hätten. Die 75-jährige gebürtige St. Gallerin ermutigte alle Frauen, sich in der Kirche von innen her für ihre Anliegen einzusetzen. Ziel sei die volle Gleichstellung. International Kirchen in Tschechien Millionenentschädigung Der tschechische Staat hat den Kirchen 2015 rund 75 Millionen Euro Entschädigung für im Kommunismus enteigneten Besitz gezahlt. Der grösste Anteil davon ging an die katholische Kirche. Die Zahlung ist Teil einer über 30 Jahre angelegten Rückerstattung. Im Gegenzug will sich der Staat schrittweise aus der laufenden Kirchenfinanzierung zurückziehen. So ein Witz! «Gott sei Dank!», rief eine Kol chose-Bäuerin in der ehemaligen Sowjetunion, «es kommt Regen.» – «Aber Genossin», korrigierte der Leiter der Kolchose, «du weisst doch, einen Gott gibt es Gott sei Dank nicht!» – «Sicher, Genosse, aber wenn es nun, was Gott ver hüten möge, doch einen gibt?» Die Länder mit der stärksten Christenverfolgung: Nordkorea, Syrien und Karte: opendoors.ch Eritrea. Weltverfolgungsindex 2016 Bedrohte Christen weltweit Letztes Jahr nahm die Christenver folgung weltweit weiter zu. Der aktuelle Index des Hilfswerks Open Doors weist geringfügige Rangverschiebungen bei den Staaten mit massiver Christenverfolgung auf, insgesamt sind Übergriffe gegen Christen aber deutlich gestiegen. Der radikale Islam gilt als Hauptursache in 35 der 50 im Index aufgeführten Länder. Weitere Faktoren sind religiöser Na tionalismus, diktatorische Regime, der postkommunistische Atheismus und das organisierte Verbrechen. www.opendoors.ch Vereinigte Arabische Emirate Erstmals Priesterweihen Aus den vielen Familien katholischer Arbeitsmigranten in den Vereinigten Arabischen Emiraten gab es erstmals Berufungen zum Priesteramt. Der zuständige Bischof Paul Hinder konnte laut der Wiener Stiftung «Pro Oriente» im Januar zwei indischstämmige Männer weihen. Paul Hinder, Schweizer Kapuziner Bild: zvg und Bischof für Arabien. Thema 7 Der neue Film des Regisseurs von «Arme Seelen» Was der Tod (mit) uns macht In Edwin Beelers neuem Film geht es um das Leben in seinen Wirklich keiten: der fassbaren und der ande ren. Zwischen beiden steht der Tod. In «Die weisse Arche» erzählen Men schen, was sie auf diesem Grat hält. Wann bin ich dran? Wie werde ich sterben? Menschen, die im Leben stehen, verdrängen solche Fragen. «Der Tod war für mich ein Feind», sagt die Pflegefachfrau Monika Dreier im Film. Bis sie in eine Lawine geriet und dem Danach sehr nahe kam. Seither weiss sie: «Wenn du vor etwas nicht Angst haben musst, dann vor dem Tod.» Dreier hat gezählt, wie oft die Worte «Fürchte dich nicht» in der Bibel vorkommen: 534 Mal. Solche Zuversicht, Gelassenheit zumindest, verströmen auch die vier anderen Menschen, die im Film «Die weisse Arche» erzählen: der Kapuziner Martin Germann, der in der Pfle- gestation seines Ordens in Schwyz als Seelsorger wirkte (er starb nach Abschluss der Dreharbeiten vor einem Jahr), der Aussteiger, ehemalige Kartäuser und Gottsucher Alfons Bachmann, der als Einsiedler auf einer Alp im Greyerzerland lebt, die Engelberger Benediktinermönche Eugen Bollin, Kunst maler, und Gabriel Egloff, Gärtner, und der Heiler und Mystiker Sam Hess, auch er ein Engelberger. Gegangen, nicht gestorben Sie alle scheinen den Tod nicht zu fürchten, weil er für sie nicht Ende, sondern Übergang ist: «Bei uns zu Hause hat man früher nie gesagt, dass jemand gestorben ist. Es hat immer geheissen: ‹Jetzt ist diese Person gegangen›», sagt Sam Hess. Der Film «Die weisse Arche» beschäftigt sich mit Spiritualität, mit Sinn und Wertfragen. Beeler macht die begrenzte menschliche Erkenntnis- fähigkeit zum Thema, weil ihn dies mit dem Älterwerden – er wird im April 58 Jahre – zunehmend beschäftigt: «Die Generation meiner Eltern stirbt aus, letzte Fragen drängen sich auf», sagt Beeler. Der Weg und die Erkenntnis anderer Menschen liessen ihn hoffen, dass der Mensch «nicht bloss ein biochemisches, hirngesteuertes Maschinenwesen», sondern da «noch eine andere Wirklichkeit» sei. «Die weisse Arche» ist nach «Arme Seelen» (2011) Edwin Beelers zweiter Film über Volksfrömmigkeit und Transzendenz. Mit seinen eindrücklichen Naturbildern aus der Innerschweiz lädt auch er ein zu einer Grenzwanderung, die zur eigenen Auseinandersetzung mit dem Unerklärlichen anregt. do «Die weisse Arche» läuft zurzeit im Luzerner Kino Bourbaki. Was kommt danach, nach dem Tod? Szene aus dem Film mit dem Grenzgänger Alfons Bachmann. Bild: pd 8 Thema Ein humoreskes Interview mit dem «Schaltheiligen» Papst Hilarius «29. Februar – finde ich ungerecht» Papst Hilarius gehört zu den Heili gen, derer die Kirche am 29. Februar gedenkt, praktisch nur alle vier Jah re. Im Interview blickt der «Schalt heilige» Hilarius zurück und gibt Einblick in seine Befindlichkeit. Eure Heiligkeit, herzliche Gratulation zum Festtag. Wie geht es Ihnen? Ja, was soll ich sagen. Nur alle vier Jahre gefeiert zu werden, ist schon ein bisschen mager. Aber sonst geht es mir gut und ich freue mich über dieses Interview. Kränkt es Sie, als «Schaltheiliger» so oft übersprungen zu werden? Ich gebe zu, schon ein bisschen, zumal ich am 28. Februar gestorben bin. Dass mich die Kirche erst am 29. feiert, finde ich irgendwie ungerecht. Auch meinen einzigen Lehrbrief hat die Nachwelt verschusselt. Und nicht mal mein Grab können sie mehr finden, obwohl sie erst vor wenigen Jahrzehnten nochmals in- Hilarius, Papst von 461 bis 468, wurde in Rom auf dem Friedhof hinter San Lorenzo fuori le mura begraben. Die exakte Stelle ist heute nicht mehr Bilder: aw auffindbar. tensiv gebuddelt haben. Wobei ich zugeben muss, dass der Friedhof da in Rom hinter dem Grab des verehrten heiligen Laurentius sehr gross und unübersichtlich geworden ist. Warum die Verschiebung auf den 29., waren Sie nicht fromm genug? Na, erlauben Sie mal, schon eher trifft das Gegenteil zu. Zwar kann ich natürlich meinem Vorgänger, Papst Leo dem Grossen, nie das Wasser reichen, und ich war auch nur sieben Jahre Papst, von 461 bis 468, aber auch ich habe für die Kirche und den rechten Glauben mein Leben aufs Spiel gesetzt. Tja, die Räubersynode von Ephesos, das waren noch Zeiten. Da sind die Synodalen noch übereinander hergefallen. Dagegen sind ja die heutigen Synoden an Harmlosigkeit kaum zu überbieten. Ja, erzählen Sie doch bitte mal! Das ist eine komplizierte Geschichte, die heute kaum jemand mehr nach- vollziehen kann. Ich mache es kurz, schliesslich will ich Ihre Leserschaft ja nicht langweilen. Also, das war 449. Ich war Archidiakon von Papst Leo und sollte ihn in Ephesos vertreten. Es ging um das Bekenntnis zu Christus in zwei Naturen, Gott und Mensch, das von Alexandria bestritten wurde. Es herrschte eine Atmosphäre der Einschüchterung. Ägyptische und syrische Mönche, die scharenweise angereist waren, heizten die Stimmung an. Als ich, getreu der Lehre von Papst Leo, der von Alexandria dominierten Synode mein «Ich protestiere» ent gegenschleuderte, liess der Patriarch von Alexandria die Türen öffnen, seine Schlägertruppe drang ein und knüppelte unseren Widerstand nieder. Nur knapp konnten wir entkommen. Leo hat dann Ephesos zurecht eine «Gangstersynode» genannt und die Beschlüsse von Ephesos scharf verurteilt. Wie ging es dann weiter? Das Konzil von Chalcedon 451 hat dann alles geregelt. Es wurde in der östlichen Kirche etwas ruhiger. Als ich dann ab 461 Papst war, konnte ich mich mehr um die Kirche im Westen, in Gallien und Spanien, kümmern. Und es den Arianern richtig zeigen, diesen Sektierern. Papst Hilarius, äh, gut, danke für das Gespräch und einen schönen Feier tag. Wie werden Sie ihn verbringen? Wie alle vier Jahre treffe ich mich mit den anderen Heiligen des 29. Februar. Heuer hat uns auf den Nachmittag Antonia von Florenz eingeladen. Vorher trinke ich noch mit Oswald von Worcester ein zünftiges Ambrosium. Das wird sicher wieder sehr lustig. Andreas Wissmiller Thema 9 Die Kirche im Bürgerkriegsland Syrien «Vergesst nicht die Menschlichkeit» Die Menschen in Syrien kämpfen Tag für Tag ums Überleben. Nawras Sammour, Direktor des JesuitenFlüchtlingsdienstes dort, über die Rolle der Christen in der Hilfe für sie und darüber, was die Menschen in Europa für Flüchtlinge tun können. Haben die syrischen Christen noch Ressourcen, um zu helfen? In Syrien leben fünf Prozent Christen. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist unser Beitrag in der Nothilfe um einiges grösser. Wir dürfen glücklich sein, denen zu helfen, die in Not sind. Manchmal frage ich mich, ob wir noch mehr tun könnten. Ich weiss es nicht. Ganz sicher aber weiss ich, dass wir uns nicht auf Hilfeleistungen beschränken dürfen. Wir müssen gerade in dieser Krise über unsere Identität und Rolle als arabische Christen nachdenken. Kommen Sie dazu, solche grund sätzlichen Reflexionen anzustellen? Wenn wir keine Antwort auf die Frage nach unserer Daseinsberechtigung finden, werden wir das Land früher oder später verlassen müssen. Wenn wir Christen nicht wissen, weshalb und wozu wir da sind, hat unsere Präsenz in Syrien keinen Sinn mehr. Es ist nie zu spät, sich Gedanken über die eigene Identität zu machen. Worin sehen Sie die Identität des Christentums in Syrien? Im Vordergrund steht nicht eine phi losophische, gesellschaftliche oder politische Reflexion darüber, wer oder was wir als christliche Gemeinschaft sind. Wir müssen nach dem tieferen Sinn unserer christlichen Präsenz in dieser ausserordentlichen Krisensitua tion fragen. Das ist für mich schliess- Der Jesuit Nawras Sammour (47) ist Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Syrien. Im Dezember Bild: us besuchte er Luzern. lich eine spirituelle Frage. Die Er fahrung, die wir als Christen zurzeit machen, ist zutiefst spirituell. Können Sie diese Spiritualität be schreiben? Ich erinnere an die Situation der Christen in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus. Viele der Menschen, die fähig waren, den Nazis entgegenzutreten, waren tiefgläubig. Sie schöpften die Kraft zum Widerstand aus dem Glauben. Auch für uns Christen in Syrien ist der Glaube die Grundlage unserer Tätigkeit. Er gibt uns die Kraft und den Sinn, hier weiter zu wirken. Was können wir persönlich tun? Für euch hier in Europa sind die vielen Flüchtlinge eine grosse Heraus- G rundlegend ist doch, im anderen zuerst den Menschen zu sehen und ihm Wertschätzung und Liebe zu zeigen. Nawras Sammour forderung. Viele, die kommen, sind Muslime. Das erzeugt Ängste. Wäre ich ein Europäer, würde ich wohl ähnlich reagieren. Und seien wir nicht naiv, es gibt unter den Flüchtlingen auch Leute, die nicht nur gute Absichten haben. Die grosse Mehrheit aber braucht Schutz und Hilfe. Vergesst deshalb nicht die Menschlichkeit! Ich meine eine Menschlichkeit, die zuerst den hilfsbedürftigen Mitmenschen sieht. Das ist für mich eine Frage der Spiritualität. Wenn ich Mitmenschen aufnehme, nehme ich Gott auf. Wenn ich einem Menschen helfe, helfe ich Gott. Wie können wir diese Spiritualität in die Praxis umsetzen? Die Flüchtlinge, die in die Schweiz kommen, kennen die Sprache nicht. Warum nicht einen Sprachkurs or ganisieren? Oder ein Angebot für Kinder? Alle können das tun, was ihren Möglichkeiten entspricht, ob sie nun Zeit, Wissen oder Geld schenken möchten. Grundlegend ist doch, im anderen zuerst den Menschen zu sehen und ihm Wertschätzung und Liebe zu zeigen. Darin sehe ich übrigens einen zentralen Aspekt des «Jahres der Barmherzigkeit», das Papst Franziskus ausgerufen hat. Barmherzigkeit heisst für mich, dem anderen zeigen, dass er geliebt ist. Auch ich selbst bin geliebt und kann andere Menschen lieben. Darin liegt die Menschlichkeit begründet, die ich angesprochen habe. Interview: Urban Schwegler Hilfe kommt auch aus Luzern: Die Katholische Kirchgemeinde Luzern hat im vergangenen Jahr einen Sonderkredit von 100 000 Franken für Flüchtlingshilfe in Syrien und Jordanien gesprochen. Worte auf den Weg Bild: Andreas Wissmiller A uch heute, angesichts so vieler Wegstrecken mit grauem Himmel, haben wir es nötig, das Licht der Hoffnung zu sehen, selber Hoffnung zu geben. Die Schöpfung zu bewahren, bedeutet, den Horizont der Hoffnung zu öffnen, all die Wolken aufzureissen für einen Lichtstrahl, bedeutet, die Wärme der Hoffnung zu bringen. Papst Franziskus über Hoffnung
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