Kreis-Seite der Zeitungsgruppe Münsterland

Donnerstag, 4. Februar 2016
K R EIS C OE S FE LD
NR. 29 RKC1WA04
Kreis Coesfeld traurige Spitze im Koma-Saufen
Kreis Coesfeld
Große Mehrheit für Kreis-Haushalt
KREIS COESFELD (ds). Der
rund 308 Millionen
Euro schwere Etat des
Kreises Coesfeld für
das Jahr 2016 ist unter
Dach und Fach. Mit
sehr großer Mehrheit hat
der Kreistag gestern
nach eingehenden Beratungen in den Ausschüssen eine Entlastung
von 2,8 Millionen Euro
für die Städte und Gemeinden gegenüber
dem von Landrat Dr.
Christian Schulze Pellengahr eingebrachten
Entwurf beschlossen.
Der Hebesatz, der für die
Berechnung der von
den Kommunen zu zahlenden Kreis-Umlage
herangezogen wird, wurde von 33,66 auf 32,43
Prozent gesenkt. Möglich
machte das die Einbeziehung des im Jahr 2015
erzielten Überschusses. Für den Etat stimmten die Fraktionen von
CDU, SPD, UWG und FDP.
Die Grünen lehnten
ihn ab. Die zweiköpfige
Fraktion Familie/Linke splittete sich auf: Die
Vertreterin der Linken
sagte „Nein“, der Abgeordnete der Familienpartei „Ja“. Bestimmendes Thema in den
Haushaltsreden aller
Fraktionsvorsitzenden war die Flüchtlingssituation. | Bericht folgt
Nirgendwo sonst in Nordrhein-Westfalen gab es 2014 anteilmäßig mehr Krankenhaus-Einlieferungen
Von Detlef Scherle
KREIS COESFELD. Nirgendwo
sonst in Nordrhein-Westfalen landen mehr Kinder und
Jugendliche nach Alkoholexzessen im Krankenhaus
als im Kreis Coesfeld. Wie
das statistische Landesamt
gestern mitteilte, lag der Anteil der Koma-Säufer an der
gleichaltrigen Bevölkerung
(10 bis unter 20 Jahre) im
Jahr 2014 bei 0,46 Prozent.
Im Landesdurchschnitt waren es 0,29 Prozent. Auch
alle Nachbarkreise schnitten
im Vergleich besser ab.
Insgesamt sind im Kreis
Coesfeld 118 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wegen der Diag-
nose „akute Intoxikation“
durch Alkoholmissbrauch
stationär behandelt worden.
Das waren zwar acht weniger als im bisherigen Rekord-Jahr 2013 – es bleibt
aber der bislang zweithöchste Wert. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr ist
nach Auskunft der Statistiker vor allem darauf zurückzuführen, dass etwas weniger Mädchen betroffen waren. Deren Zahl sank von 54
auf 47. Bei den Jungen blieb
das hohe Niveau nahezu unverändert: 71 Behandlungsfälle in 2014 sind nur einer
weniger als 2013. Rekordjahr bei den Jungen war
2011 mit 75 Fällen.
Warum flüchten sich gera-
de bei uns im Kreis Coesfeld
Woche für Woche so viele
junge Menschen in das
Rauschtrinken? „Es gibt Traditionen, die sich auch mit
Prävention nicht aushebeln
lassen“, erklärte Dr. Gerhard
Pohl, Leiter der Fachstelle
für Prävention bei der Caritas im Kreis Coesfeld. Um da
einen Wandel zu erreichen,
müssten „alle mitmachen“:
Eltern,
Schule,
Politik,
Sport-,
Karnevalsund
Schützenvereine. Im Kreis
Coesfeld werde viel an Präventionsarbeit geleistet, zum
Beispiel über das Projekt
„Halt!“ „Wir können aber nur
die Angebote machen, sie
müssen auch angenommen
werden.“ Bei den Schützen-
vereinen war da aus seiner
Sicht bislang kein Interesse,
an einer Veränderung mitzuwirken, erkennbar. Besondere Sorge bereitet ihm
aber die Entwicklung an den
Schulen: „Es sind immer nur
dieselben, die sich engagieren.“ Ein Großteil blende das
Problem einfach aus und
rufe die Experten der Caritas
nur als „Feuerwehr“, wenn
es beispielsweise bei einer
Klassenfahrt zu Alkoholmissbrauch gekommen ist.
Beispielhaft nannte er einen
Dialog-Workshop im November vergangenen Jahres,
an dem aus 60 eingeladenen
Schulen im Kreis nur zehn
Lehrkräfte
teilgenommen
hätten.
Pohl warnte aber auch davor, die Statistik über zu interpretieren. In der Präventionsarbeit werde immer wieder auch darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es
ist, im Notfall die Ambulanz
zu rufen und Betroffene
nicht einfach liegen zu lassen, unterstrich er. Möglicherweise landeten auch
deshalb bei uns mehr junge
Rauschtrinker im Krankenhaus als anderswo. Die Dunkelziffer, das heißt; die Zahl
der Fälle, wo der Rausch einfach zu Hause ausgeschlafen
und nicht behandelt wird,
wird landesweit als um ein
Vielfaches höher als die offiziellen Zahlen eingeschätzt.
| Kommentar
Ackern für die Artenvielfalt
Neues Projekt: Wildpflanzen sollen in Biogasanlagen zum Einsatz kommen
Keine höhere Beteiligung an FMO
KREIS COESFELD (ds). Der
Kreis Coesfeld will seine Anteile am Flughafen
Münster/Osnabrück
nicht aufstocken. Das hat
der Kreistag gestern
bei einer Enthaltung einstimmig beschlossen.
ZITAT
„Wir würden gerne noch mehr Präventions-Projekte
machen. Aber sie müssen auch angenommen werden.“
Dr. Gerhard Pohl, Leiter der Fachstelle für Suchtprävention
des Kreis-Caritasverbandes
KOMMENTAR
Alkoholmissbrauch von jungen Leuten
Ein Armutszeugnis
ass der Kreis Coesfeld erneut landesweit die Nr. 1 im Koma-Saufen geworden ist,
sollte ein Weckruf sein.
Nein, der Kreis Coesfeld ist
keine Insel der Glückseligen. Manche Probleme
sind „auf dem platten
Land“ sogar größer als in
den Ballungsräumen. Unerträglich ist, dass trotz der
schon seit Jahren zu beobachtenden, traurigen Entwicklung bei Kindern und
Jugendlichen, Alkoholmissbrauch immer noch
eher verniedlicht als ernst
genommen wird, vor allem auch von den Erwachsenen. Schützen- und Karnevalsfeste, aber auch der
private Konsum zu Hause
lassen oftmals tief blicken
über den teilweise völlig
ungezügelten Umgang mit
Alkohol, der überall wie
selbstverständlich dazuzugehören scheint. Zu trinken hat dabei vielfach
eben nichts mehr mit Genuss und Stimmungsaufhellung zu tun, sondern
D
nur noch damit, etwas
runter zu schlucken, was
man im eigenen Leben
vielleicht sonst nicht mehr
ertragen kann. Der Verantwortung für diese Menschen, vor allem auch der
ganz jungen, muss sich die
Gesellschaft als Ganzes
stellen. Bei allem Verständnis dafür, dass Schulen von außen mit ganz
vielen Themen überfrachtet werden, die zu Hause
schief gelaufen sind: Es ist
ein Armutszeugnis, wenn
nur noch ganz wenige
Suchtpräventionsprojekte
durchführen. Und: Wo
sind die gemeinsamen
Projekte von Schützenvereinen mit den Präventionsfachstellen von Awo
und Caritas? Die Angebote
sind da. Interesse? Fehlanzeige. Da schauen die Herren Offiziere und Vorstände lieber weg. Da muss
man sich dann auch keinen unangenehmen Fragen nach dem eigenen
Trinkverhalten stellen.
Detlef Scherle
KREIS AKTUELL
7
Ausstellungen
LÜDINGHAUSEN
Burg Vischering: Roman Kochanski – Malerei (bis 6. März),
heute, 10 - 13 Uhr u. 13.30 16.30 Uhr
7
Kultur
COESFELD
Kabarett: „Gebt dem Unsinn das
Kommando!“ von und mit René
Steinberg, Freitag (5.2.), 19.30
Uhr, Konzert Theater, Karten an
der Abendkasse für 21 Euro, 2
0800 / 5396000.
NOTTULN
Shakuhachi-Konzert und musikalische Lesung: Sonntag (7.2.),
11 Uhr, mit Hermann J. Mürmann und Fritz Nagel, Zendo,
Am Bagno 25. Anmeldung unter
2 02502 / 1665
7
Rat und Tat
DÜLMEN
Verbraucherberatungsstelle:
heute, 10 - 13 Uhr u. 14 - 18 Uhr,
Overbergplatz 3 in Dülmen,
202594 / 8406801
7
Verkehrshinweis
DÜLMEN / NOTTULN
Geschwindigkeitskontrollen:
heute blitzt der Kreis mit mobilen
Geräten im Raum Dülmen und
die Polizei in Nottuln an der B
525
KONTAKT
Redaktion Kreis Coesfeld
AZ-Pressehaus
Detlef Scherle
Rosenstraße 2
48653 Coesfeld
Fax 0 25 41 / 92 11 55
2 0 25 41 / 92 11 57
[email protected]
Die Projektbeteiligten: (v.l.) Michael Uckelmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Coesfeld, Wolfgang König, Geschäftsführer der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft, Christiane Baum, Projektleiterin „Energiepflanzenbau und Biodiversität“, Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr, Prof. em. Dr. Gerd Schulte,
Kreislandwirt Anton Holz, Dr. Georg Verbücheln, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW und Werner Kuhn, Projekt „Energie aus Wildpflanzen“. Foto: ul
Von Ulla Wolanewitz
COESFELD. Ist es als Utopie
einzuordnen, dass durch die
Förderung des Energiepflanzenanbaus die Biodiversität
gesteigert werden kann?
Nein, das muss nicht sein.
Das ist sogar eher Zukunftsmusik. „Ich habe eine Vision“, verkündete gestern
Werner Kuhn, Referent vom
Netzwerk
„Lebensraum
Feldflur“, auf der Veranstaltung der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft im
Gasthof „Zum Coesfelder
Berg“. Seit Jahren sammelt
er Erfahrungen mit Blühmischungen aus Wildpflanzen
als Substrat in Biogasanlagen. Gleichzeitig betonte der
engagierte Landwirt aus
Würzburg, dass „es brennt
im Offenland. Gewinner ist
das Schwarzwild“. Auch deshalb plädierte er für mehr
„Psychotope“, wie beispielsweise Blühstreifen mit Wildkräutern sie bieten, weil sie
„eine Augenweide sind, es
summt und brummt darin
und sie duften wunderbar!“
Nicht nur an Ackerrändern,
sondern auch im Mais haben
sie sich bewährt und die Artenvielfalt belebt. Allerdings
sei es ratsam, auf Grassamen
in der Wildpflanzenmischung zu verzichten, denn
„das kommt von ganz allein
und beeinträchtigt ansonsten den Blühaspekt“.
Einige Landwirte im Kreis
Coesfeld stecken schon in
den Startlöchern. Sie wollen
ackern, um die Biodiversität
im Münsterland durch entsprechende
ökologische
Maßnahmen voranzutreiben.
Die müssen sie allerdings
nicht alleine in Angriff nehmen. Vielmehr erhalten sie
dabei Unterstützung von der
Stiftung Westfälische Kulturlandschaft, die an diesem
Vormittag ihr Projekt „Energiepflanzenanbau und Biodiversität“ vorstellte.
Projektleiterin Christiane
Baum machte deutlich, dass
der Kreis Coesfeld hierfür als
Modellregion mit überregio-
naler Bedeutung ausgewählt
wurde, weil die landwirtschaftliche Nutzung bei uns
repräsentativ für große Teile
der ackerbaulich geprägten
Veredlungsregion Deutschland ist.
Jeweils 500 Hektar groß
sind die zwei Projektgebiete
in Holtwick-Bleck und Coesfeld-Stevede. Hier sollen bis
2021 jährlich auf bis zu fünf
Prozent der Fläche Maßnahmen umgesetzt werden.
Zum Hintergrund: Der
Nutzungsdruck, dem landwirtschaftliche Flächen unterliegen ist in den letzen
Jahren stetig angestiegen.
Neben dem Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln
werden in zunehmendem
Maße auch Energiepflanzen,
vor allem Mais, für den Einsatz von Biogasanlagen angebaut. Die Auswirkungen,
die die zunehmende Biogasproduktion mit sich bringt,
werden jedoch kritisch gesehen.
Wichtig sei es deshalb, die
Maßnahmen
gemeinsam
mit der Landwirtschaft und
den Landwirten vor Ort umzusetzen. Nur wenn die
Maßnahmen akzeptiert werden, wächst die Bereitschaft,
sie langfristig in die landwirtschaftliche Praxis zu integrieren.
Prof. em. Dr. Gerd Schulte,
Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Westfälische
Kulturlandschaft,
Das ist das Maßnahmen-Paket
Das sind die geplanten Maßnahmen im Projekt „Energiepflanzenanbau und Biodiversität“:
0 1. Anbau von ein- und mehrjährigen Blühstreifen oder -flächen, teilweise mit energetischer
Verwendungsmöglichkeit.
0 2. Extensiver Getreideanbau
mit reduzierter Aussaatmenge,
entweder mit geringer Düngemenge und Ernte des Druschgetreides oder mit Dünge- und Ernteverzicht.
0 3. Maisanbau im Gemenge
oder mit Untersaaten.
0 4. Anbau von Wintergetreide-
Freiwilliges Soziales Jahr im Sport
Auch im Kreis Coesfeld wird eine Stelle angeboten / Vielfältige Aufgaben
KREIS COESFELD. Bereits zum
dritten Mal in Folge bietet
die Sportjugend im Kreis
Coesfeld eine Stelle im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) an. Die
Sportjugend ist die Dachorganisation des gemeinnützig
organisierten Kinder- und
Jugendsports. Zu den Aufgaben des FSJ-lers gehören inhaltliche Arbeit, beispielsweise im Programm „NRW
bewegt seine Kinder!“, die
Unterstützung
der
Geschäftsstelle und die Durch-
führung eines eigenen Projektes. Darüber hinaus ist
ein Einsatz zu 25 % der Arbeitszeit in einer Schule vorgesehen. „Ich kann jedem
nur ein FSJ im Sport empfehlen, der sich gerne sportlich betätigt, Kinder mag
und auch gerne mal hinter
die Strukturen eines Vereins
oder einer Sportorganisation
schauen möchte“, wirbt die
derzeitige FSJ-lerin Sarah
Küper. Die Bewerbungsfrist
endet am 26. 2. | www.ksbcoesfeld.de/sportjugend
machte deutlich, dass die
Verantwortung für die Parklandschaft Münsterland aber
nicht allein in den Händen
der Landwirtschaft liege:
„Wir müssen auch den Menschen wieder beibringen,
ihre Umwelt in ihrer Schönheit wahrzunehmen, und ihnen klar machen, dass sie
Verantwortung dafür tragen!“
Sarah Küper ist die aktuelle FSJ-lerin bei der Sportjugend im
Kreis Coesfeld.
gemenge als Grünroggen- beziehungsweise GPS(Ganzpflanzensilage)-Substitut.
0 5. Anbau von Sommergetreidegemengen als GPS-Substitut.
0 6. Anbau von Mais im Strip
Till-Verfahren in Kombination
mit bearbeitungsfreier Schonzeit.
Das Projekt wird gefördert durch
das Bundesamt für Naturschutz
mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Natur, Bau und
Reaktorsicherheit sowie durch
die Landwirtschaftliche Rentenbank.
Kein grünes Licht
für Westfalentarif
KREIS COESFELD (ds). Der
Kreis Coesfeld gibt noch kein
grünes Licht für den im öffentlichen
Personen-Nahverkehr geplanten Westfalen-Tarif.
Verhandlungen
mit dem Verband Nahverkehr
Westfalen-Lippe
(NWL), so Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr, hätten zwar Fortschritte gebracht. In der Textfassung,
die dem Kreis zugeschickt
wurde, habe es dann aber
doch wieder Rückschritte
gegeben. Er sieht noch weiteren Klärungsbedarf.