Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA von Yvan Mermod und Patrick Schmucki Am 1. Januar 2015 traten die grundlegend überarbeiteten Bestimmungen der KKV-FINMA betreffend der Messung des Risikos beim Einsatz von Derivaten nach dem Commitment-Ansatz II in Kraft. Das Ziel der Revision war die Anpassung an die entsprechende europäische Regulierung. Produkteanbieter werden ihre Risikomanagement-Prozesse anpassen müssen. Die FINMA hat im Rahmen der Revision der KKV-FINMA die Regulierung des Einsatzes von Derivaten bei kollektiven Kapitalanlagen überarbeitet. Für die Messung des Risikos bzw. des Gesamtengagements im Zusammenhang mit dem Einsatz von Derivaten erlaubt die KKV-FINMA drei Ansätze: den Commitment I-, den Commitment II- und den Modellansatz. Während der Commitment-Ansatz I und der Modellansatz nur geringfügig angepasst wurden, wurde der Commitment-Ansatz II grundlegend revidiert. Das übergeordnete Ziel der Revision war es, die schweizerischen Bestimmungen an die entsprechende europäischen Regulierung (insbesondere die UCITS IV-Direktive sowie die CESR-Richtlinie 10-788) anzupassen. Dieser Artikel zeigt die wichtigsten Bestimmungen zum revidierten CommitmentAnsatz II auf und beschreibt die möglichen Auswirkungen auf Vermögensverwalter und Fondsleitungen / SICAV, welche Schweizer Anlagefonds verwalten. Es sind Übergangsbestimmungen für die Implementierung der neuen Vorschriften vorgesehen. Gemäss Art. 118 Abs. 2 Bst. b KKV-FINMA müssen Fondsleitungen und SICAV die Bestimmungen bis zum 1. Januar 2016 umgesetzt haben. ERMITTLUNG DES GESAMT 1. ENGAGEMENTS EINES FONDS 1.1. Komponenten des Gesamtengagements Bisher bestand das Gesamtengagement eines Fonds aus zwei Komponenten: das Nettovermögen und das Netto-Gesamtengagement aus Derivaten. Gemäss den Bestimmungen von Art. 35 Abs. 1 und 3 KKV-FINMA werden neu zusätzlich die folgenden beiden Komponenten zum Gesamtengagement hinzugezählt: Anrechnungsbeträge aus Derivat-Komponenten von Finanzinstrumenten als Teils des Brutto-Gesamtengagements aus Derivaten (bisher galt dieses Erfordernis nur für die strukturierten Produkte) sowie die Anrechnungsbeträge aus zulässigen Anlagetechniken (siehe Abbildung 2). Die neuen Vorschriften schreiben damit einen «Look-Through» in Bezug auf die Hebelwirkung in gewissen Zielanlagen sowie in den erhaltenen Sicherheiten bei Repo- und Wertpapierleihgeschäften (securities lending) von Fonds vor. 1.1.1. Anrechnungsbeträge aus Derivat-Komponenten Beispiele von Finanzinstrumenten mit Derivat-Komponenten sind gemäss Anhang 1 der KKV-FINMA Wandelanleihen, CreditLinked Notes, teileingezahlte Wertpapiere oder Optionsscheine und Bezugsrechte. Zudem müssen gemäss Art. 26 KKV-FINMA auch strukturierte Produkte in ihre Komponenten zerlegt werden. Für die Berechnung des Gesamtengagements der Fonds müssen die Derivatkomponenten dieser Finanzinstrumente separat berücksichtigt werden. 1.1.2. Anrechnungsbeträge aus zulässigen Anlagetechniken Ein Fonds kann auch Marktrisiken eingehen indem er erhaltene Sicherheiten aufgrund von Wertpapierleihe oder RepoGeschäften sowie aus Leerverkäufen (sofern der Fondsvertrag dies erlaubt) wieder anlegt. Art. 35 Abs. 5 KKV-FINMA bestimmt, dass im Fall der Wiederanlage von Sicherheiten in Finanzanlagen, die eine höhere Rendite als den risikofreien Zinssatz generieren, bei Barsicherheiten der erhaltene Betrag an das Gesamtengagement angerechnet werden muss. Das Gesetz enthält keine Vorgaben für den Fall, dass Sicherheiten in Form von Sachwerten gestellt werden. Die CESR-Richtlinie 10-788 verlangt in diesem Fall, dass der Marktwert der erhaltenen Finanzinstrumente in das Gesamtengagement eingerechnet wird. Da die Revision eine Angleichung der schweizerischen mit der europäischen Regulierung anstrebte, darf angenommen werden, dass dieser Fall auch in der Schweiz so handzuhaben ist. Zwei klassische Fälle, bei denen die Wiederanlage von Sicherheiten zu einer höheren Rendite als dem risikofreien Zinssatz anzutreffen ist, sind Repo- und Wertpapierleihgeschäfte. Repo-Geschäfte (Pensionsgeschäfte): Solche Transaktionen finden statt, wenn der Fonds Wertschriften an eine Gegenpartei «verkauft» und vereinbart, diese zukünftig zu einem schon vereinbarten Preis wieder zurückzukaufen. Für den Fonds entstehen so Finanzierungkosten in Form des Repo-Zinssatzes; er könnte daher den Barerlös (eigentliche Barsicherheiten) wieder in Finanzanlagen anlegen, die eine Rendite erwirtschaften, welche höher ist als die Finanzierungskosten. Diese Wiederanlage bedeutet, dass der Fonds ein zusätzliches Markt- 2 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA risiko trägt, weshalb dieses bei der Berechnung des Gesamtengagements berücksichtigt werden muss. Sicherheiten vertraglich, weshalb die Umsetzung dieser neuen Bestimmungen ein eher kleines Problem darstellen dürfte. Wertpapierleihgeschäfte (securities lending): Ein Fonds, der Wertpapierleihgeschäfte tätigt, leiht einer Gegenpartei Effekten gegen einen vorher vereinbarten Betrag. Der Entleiher der Wertpapiere hinterlegt Sicherheiten in bar oder in Form von Sachwerten. Wenn ein Fonds durch die Wiederanlage von Sicherheiten eine Rendite generiert, die höher ist als der risikofreie Zinssatz, steigt das Gesamtengagement zusätzlich an. Falls die Sicherheiten in Form von Sachwerten für ein weiteres Repo-Geschäft oder ein anderes Wertpapierleihgeschäft genutzt werden, muss der Marktwert dieser Sachwerte ebenfalls in das Gesamtengagement mit eingerechnet werden. 1.2. Berechnung des Gesamtengagements Im Allgemeinen generieren Reverse-Repo-Geschäfte keine zusätzlichen Hebeleffekte, ausser die erhaltenen Effekten werden, wie oben beschrieben, für ein Repo- oder Wertpapierleihgeschäft wiederverwendet. Der Begriff «risikofreier Zinssatz» wird im Gesetz nicht näher definiert. Die CESR-Richtlinie 10-788 schlägt vor, die Rendite einer kurzfristigen (normalerweise dreimonatigen) Staatsanleihe von hoher Qualität für die relevante Währung heranzuziehen. Gleichermassen generiert das Ausleihen von Effekten (securities borrowing) grundsätzlich keinen zusätzlichen Hebeleffekt. Im Rahmen gewisser Anlagestrategien kann dies aber dennoch der Fall sein. Ein Beispiel sind Equity Long/Short-Strategien, bei denen ein Vermögensverwalter Aktien leiht, um diese anschliessend zu verkaufen. In einem solchen Fall müsste der Marktwert der verkauften Aktien in die Berechnung des Gesamtengagements des Fonds miteinbezogen werden. Als Konsequenz werden Fondsleitungen/SICAVs ihre Überwachung über erhaltene Sicherheiten (collateral management) erweitern oder die Wiederanlage der erhaltenen Sicherheiten vertraglich unterbinden müssen, um die Belastung durch ungewollte Marktrisiken zu verhindern. In der Schweiz begrenzen die meisten Produktanbieter die Wiederanlage der hinterlegten Im Prinzip berechnet sich das aus einem Derivat ausgehende Risiko bzw. Engagement aus dem Marktwert des zugrundeliegenden Basiswerts (Basiswertäquivalent). Art. 35 Abs. 2 KKVFINMA erlaubt auch, den Nominalwert oder den börsentäglich ermittelten Terminpreis bei Finanzterminkontrakten heranzuziehen, falls dieses Vorgehen zu einer konservativeren Ermittlung führt. Anhang 1 der KKV-FINMA enthält die Berechnungsmethoden für das Basiswertäquivalent der gängigsten Derivatinstrumente. Abbildung 1 sind einige Beispiele daraus zu entnehmen. Die einzelnen Komponenten des Gesamtengagements eines Fonds sind in Abbildung 2 dargestellt. Verrechnungen sind erlaubt, solange die Anforderungen von Art. 36 KKV-FINMA erfüllt sind. Falls dies nicht der Fall sein sollte, kann der relevante Anrechnungsbetrag nicht vom BruttoGesamtengagement aus Derivaten abgezogen werden. Kapitel 2 enthält ausführlichere Informationen zu den Themen Verrechnung (Netting) und Absicherung (Hedging). Zudem zeigt Abbildung 5 ein einfaches Beispiel, wie das Brutto- und NettoGesamtengagement aus Derivaten berechnet werden kann. Die revidierte KKV-FINMA verlangt keine Unterteilung des Brutto- und Netto-Gesamtengagements aus Derivaten in Markt-, Kredit- und Währungsrisiko mehr. Diese Anforderung sorgte in der Praxis oft für Verwirrung, da zahlreiche Anwendungsragen offen blieben. Wie die CESR-Richtlinie 10-788 zielt auch die revidierte KKV-FINMA auf die Messung des Risikos aufgrund einer Hebelwirkung ab, ohne die Charakteristiken der Risiken zu berücksichtigen. Dies vereinfacht sowohl die Berechnung als auch die Offenlegung des Gesamtengagements für Schweizer Fonds. Abbildung 2: Komponenten des Gesamtengagements Gesamtengagement des Fonds Nettovermögen des Fonds (+) Netto-Gesamtengagement aus Derivaten (+) Anrechnungsbeträge der einzelnen Derivate sowie Derivat-Komponenten gemäss Anhang 1 KKVFINMA (= Brutto-Gesamt engagement aus Derivaten) (+) Anrechnungsbeträge nach den zulässigen Verrechnungen nach Artikel 36 KKV-FINMA (-) Anrechnungsbeträge aus zulässigen Anlagetechniken (+) 3 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA Die folgenden Anrechnungsbeträge für das Gesamtengagement aus Derivaten dürfen unberücksichtigt bleiben: Swaps, sofern die Anforderungen von Art. 35 Abs. 4 Bst. a KKV-FINMA erfüllt werden Derivate, denen entsprechende geldnahe Mittel zugeordnet werden, so dass die Kombination aus Derivat und geldnahen Mitteln äquivalent zu einer direkten Investition in den zugrunde liegenden Basiswert ist und dadurch kein zusätzliches Marktrisiko und keine Hebelwirkung generiert wird («synthetische Abbildung einer physischen Anlage»). Die zur Deckung der Derivatposition verwendeten geldnahen Mittel dürfen nicht gleichzeitig für mehrere Kombinationen verwendet werden. Unter den relativ rigiden Anforderungen der alten KKV-FINMA waren Konstellationen, bei denen die Kombination eines Derivats mit Cash oder einem anderen Basiswert keine zusätzliche Hebelwirkung erzeugte zum Teil problematisch in der Umsetzung. Beispielsweise waren Anlagestrategien, welche die synthetische Abbildung einer Anlage in einen Basiswert anstrebten, während gleichzeitig das Währungsrisiko abgesichert wurde, aufgrund der 200%-Begrenzung des Gesamtengagements für Effektenfonds und übrige Fonds für traditionelle Anlagen gar nicht möglich. Die Lockerung der Anforderungen bezüglich der (Total Return) Swaps ist speziell relevant im Falle von Exchange-Traded Funds (ETF), wo die Performance eines Portfolios mit der Performance eines Index getauscht wird, welcher der ETF repliziert (sog. Unfunded Swap ETFs). VERRECHNUNGSREGELN UND 2. ABSICHERUNGSGESCHÄFTE Die zwei Begriffe Verrechnung (Netting) und Absicherung (Hedging) werden oft als synonym betrachtet. Der neue Art. 36 KKV-FINMA beinhaltet eine klare Beschreibung dieser zwei Begriffe und definiert, wann eine Netting- oder Hedging Konstellation für den Zweck der Berechnung des Netto-Gesamt engagements aus Derivaten angenommen werden kann. Die CESR-Richtlinie 10-788 beinhaltet zudem diverse praktische Beispiele, sowie weitere Ausführungen zum Thema. 2.1. Verrechnungsregeln (Netting) Art. 36 Abs. 1 KKV-FINMA schreibt vor, dass ein Fonds unter den folgenden Bedingungen gegenläufige Positionen in Derivaten des gleichen Basiswerts sowie gegenläufige Positionen in Derivaten und in Anlagen des gleichen Basiswerts, ungeachtet des Verfalls der Derivate, verrechnen darf: a)das Derivatgeschäft ist einzig zum Zweck abgeschlossen worden, die mit den erworbenen Derivaten oder Anlagen im Zusammenhang stehenden Risiken zu eliminieren b)wesentliche Risiken werden nicht vernachlässigt c)der Anrechnungsbetrag der Derivate wird nach den Anforderungen von Art. 35 KKV-FINMA ermittelt Die Bestimmung, dass sich die Derivate und/oder Anlagen auf dieselben Basiswerte beziehen müssen, ist gemäss dem Erläuterungsbericht zur Totalrevision der KKV-FINMA eng auszulegen. Hoch korrelierte Basiswerte oder Anleihen, die vom gleichen Emittenten herausgegeben wurden, dürfen für Verrechnungszwecke nicht als identisch betrachtet werden. Die obigen Anforderungen sollen sicherstellen, dass nur jene Geschäfte verrechnet werden, welche die Risiken des gegenläufigen Geschäfts eliminieren, d.h. es verbleibt kein wesentliches Restrisiko. Es ist der Fondsleitung/SICAV überlassen, die entsprechenden Materialitätsgrenzen in ihrer internen Risikopolitik zu definieren. Die revidierten Anforderungen verlangen zudem, dass Kombinationen von Geschäften, die nur gewisse Risiken eliminieren, um eine Rendite zu erwirtschaften, auch wenn diese noch so klein sind, nicht als Verrechnungen zulässig sind. Letztlich sollte hervorgehoben werden, dass für den Zweck der Verrechnung zwar die Fälligkeit des Derivats unberücksichtigt bleiben darf, jedoch nicht diejenige des Basiswerts. Daher darf ein Derivat auf eine Anleihe mit der Laufzeit X nicht mit einem gegenläufigen Derivat auf eine Anleihe desselben Emittenten mit der Laufzeit Y verrechnet werden. Vermögensverwalter und Fondsleitungen/SICAV müssen ihre Aufzeichnungen gemäss Art. 37 KKV-FINMA so führen, ob und inwiefern ein adäquater Nachvollzug der Berechnungen möglich ist. Konkret sollte draus zu entnehmen sein, dass die Bedingungen für eine Verrechnung erfüllt wurden. Mit den in Art. 36 Abs. 1 Bst. c KKV-FINMA formulierten Bedingungen wollte die Aufsichtsbehörde klar stellen, dass die Berechnung des Anrechnungsbetrages den Bestimmungen von Art. 35 KKV-FINMA folgen muss, da eine konservative Ermittlung eines absichernden Derivats bei der Verrechnung mit dem Grundgeschäft zu einem zu tiefen Netto-Engagement führen kann. Die in Art. 35 Abs. 2 KKV-FINMA erwähnte konservative Ermittlung des Basiswertäquivalents kann somit beim absichernden Geschäft nicht zur Anwendung gelangen. Abbildung 3 zeigt diverse Beispiele, wie eine Verrechnung von Finanzinstrumenten erfolgen kann. 4 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA Abbildung 4: Übersicht der zugelassenen und nicht zugelassenen Absicherungsstrategien zum Zweck der Verrechnung Absicherungsstrategie erfüllt grundsätzlich den Kriterien Absicherung der Duration (z.B. durch Zinsswaps und BondFutures) solange der zugrundeliegende Basiswert der Derivate, die zur Absicherung dienen, repräsentativ für das Zinsrisiko des Portfolios ist. Beta-heding eines gut diversifizierten Aktienportfolios (z.B. durch einen Equity Index-Future, welcher für dieses Portfolio repräsentativ ist, die Renditen des Portfolios und des Index hoch korreliert sind und die besonderen Risiken als unwesentlich eingestuft werden). Absicherungsstrategie erfüllt grundsätzlich nicht den Kriterien Das Marktrisiko einer Anlage mit einem Derivat auf einen Basiswert absichern, der nicht gleich, aber mit der Anlage hoch korreliert ist. Portfolio-Management-Praktiken, die das Betarisiko eines Aktienportfolios absichern und das Alpha beibehalten (z.B. mit Hilfe von beta-adjustierten Short-Positionen auf einen Equity Index-Future). Merger arbitrage-Strategien (Kombination einer synthetischen Short-Position auf eine Aktie mit einer (synthetischen) Long-Position auf eine andere Aktie). Absicherung über unterschiedliche Assetklassen (z.B. durch die Kombination von Long-Positionen auf Aktien mit Credit Default Swaps des gleichen Emittenten). 2.2. Absicherungsgeschäfte (Hedging) Unter Absicherungsgeschäften ist eine Kombination von Geschäften mit derivativen Finanzinstrumenten und/oder Vermögenswerten zu verstehen, die sich nicht zwingendermassen auf den gleichen Basiswert beziehen und die auf die Absicherung von Risiken von anderen derivativen Finanzinstrumente und/oder Vermögenswerten ausgerichtet sind. Die Kriterien für das Verrechnen von Absicherungsgeschäften wurden gegenüber der alten KKV-FINMA verschärft (Art. 36 Abs. 2 KKV-FINMA): Beispiele von Absicherungsstrategien, welche die neu definierten Kriterien grundsätzlich erfüllen und welche nicht. Ungeachtet der obigen Kriterien dürfen derivative Finanzinstrumente, die zur reinen Absicherung von Fremdwährungsrisiken eingesetzt werden (d.h. die weder zu zusätzlichen Marktrisiken oder zu einer Hebelwirkung führen), wie z.B. Devisentermingeschäfte, bei der Berechnung des Gesamtengagements aus Derivaten verrechnet werden. 2.3. Duration-Netting a)das Derivat-Geschäft beruht nicht auf einer Anlagestrategie, die der Gewinnerzielung dient b)das Derivat führt zu einer nachweisbaren Reduktion des Risikos des Effektenfonds c)die allgemeinen und besonderen Risiken des Derivats werden ausgeglichen d)die zu verrechnenden Derivate, Basiswerte oder Vermögensgegenstände beziehen sich auf die gleich Klasse von Finanzinstrumenten e)die Absicherungsstrategie ist auch unter aussergewöhnlichen Marktbedingungen effektiv Die bisherigen Anforderungen, wonach ein Absicherungszweck angenommen werden kann, wenn sich gegenläufige Positionen zwar nicht auf den gleichen Basiswert beziehen, jedoch ähnliche Markt-, Kredit und Währungsrisiken aufweisen und hoch korreliert sind, wurden nicht übernommen. Abbildung 4 zeigt diverse Da aufgrund der Verrechnungsregeln in Art. 36 Abs. 1 KKVFINMA Zinsrisiken mit verschiedenen Fälligkeiten als unterschiedliche Basiswerte angesehen werden, werden gewisse Fonds spezifische Verrechnungsregeln anwenden müssen, die ein Duration-Netting erlauben. Für solche Fälle erwähnt Art. 36 Abs. 3 KKV-FINMA «international anerkannte Duration-NettingRegeln» und bezieht sich auf die Vorgaben, die in der CESRRichtlinie 10-788, Box 7 enthalten sind. Diese Regeln sind nun auch auf Schweizer Fonds anwendbar, allerdings nur für Fonds, die zu einem überwiegenden Teil in Zinsderivate investieren. Die Duration-Netting-Regeln sind nicht im Rahmen von Absicherungsgeschäften nach Art. 36 Abs. 2 KKV-FINMA zu berücksichtigen, sondern separat anzuwenden. Zinsderivate, welche die Kriterien für Absicherungsgeschäfte erfüllen, dürfen verrechnet werden. Die Zinsderivate, die diese Kriterien nicht erfüllen, dürfen nach den Kriterien in Art. 36 Abs. 3 KKV-FINMA verrechnet werden. Die Anwendung der Duration-Netting-Regeln setzt voraus, dass die Fondsleitung/SICAV im Rahmen ihres Risikomanagements entsprechende Standards definiert hat. 5 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA 3. DOKUMENTATIONSPFLICHT Die Dokumentationspflicht gemäss Art. 37 KKV-FINMA ist nicht ganz neu, erhält aber unter den neuen Vorschriften für den Commitment-Ansatz II grössere Bedeutung. Diverse Ermessenspielräume im Gesetz werden durch die Produktanbieter individuell geregelt werden müssen. Zusätzlich zur Berechnung des Brutto- und Netto-Gesamtengagements aus Derivaten sind Fondsleitungen und SICAV angehalten, speziell Folgendes zu dokumentieren: Absichten und Umsetzungsmassnahmen der Vermögensverwalter in Bezug auf deren Anlagestrategien, speziell in Bezug auf die Ausnahmefälle gemäss Art. 35 Abs. 4 KKV-FINMA (d.h. Swaps und synthetische Replikation), um sicher zu gehen, dass Investmentcontrolling und Risikomanagement die relevanten Überwachungsprozesse anpassen können Berechnung des Engagements aus der Wiederanlage von erhaltenen Sicherheiten (Art. 35 Abs. 4 Bst. b KKV-FINMA) Einhaltung der Verrechnungsregeln gemäss Art. 36 Abs. 1 KKV-FINMA Definition der «vernachlässigbaren Risiken» bzw. entsprechender Risikolimiten beim Verrechnen nach Art. 36 Abs. 1 Bst. b KKV-FINMA, sowie die Einhaltung dieser Standards im Rahmen der laufenden Überwachung des Fonds Einhaltung der Kriterien für Verrechnungen bei Absicherungsgeschäften gemäss Art. 36 Abs. 2 KKV-FINMA Einhaltung der Kriterien für Duration-Netting gemäss Art. 36 Abs. 3 KKV-FINMA sowie die vorgängige Definition der entsprechenden Standards für die Anwendung des Duration-Nettings 6 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA 4. AUSWIRKUNGEN AUF DIE INDUSTRIE Aufgrund der tiefgreifenden Revision der bisherigen Vorschriften wird eine entsprechende Schulung des Personals in den Bereichen Risikomanagement, Investmentcontrolling und Berichterstattung notwendig sein. Da die neuen Bestimmungen mit den europäischen Standards gleichwertig sind, haben Marktteilnehmer, die auch in der Europäischen Union tätig sind, einen Know-How-Vorsprung. Eine spezifische Änderung im Bereich Berichterstattung sind die neuen Offenlegungspflichten des Anhangs 2 der KKV-FINMA. Die Jahres- und Halbjahres berichte der Fonds müssen neu das Brutto- und Netto-Gesamtengagement aus Derivaten sowie das Engagement aus zulässigen Anlagetechniken ausweisen. Die neuen Vorschriften benötigen mehr Ermessen betreffend der praktischen Anwendung der Vorschriften. Das heisst, dass Fondsleitungen/SICAV und Vermögensverwalter ihre Risikoweisungen überarbeiten und ihre Risikomanagementsysteme und -überwachung entsprechend anpassen müssen. Die Vorschriften bezüglich der Anrechnungsbeträge aus DerivatKomponenten von strukturierten Produkten ist nicht neu, wurde aber weiter klarifiziert. Bei der Auswahl von strukturierten Produkten mit Hebelwirkung werden Vermögensverwalter vorweg abklären müssen, ob die notwendigen Produktinformationen für die Zerlegung vorhanden sind. Eine andere Lösung wäre die Anwendung des Modellansatzes, der aber der vorgängigen Bewilligung der FINMA bedarf und anspruchsvollere Technologie sowie spezialisiertes Wissen benötigt. Das BruttoGesamtengagement aus Derivaten muss allerdings nach wie vor als Teilaspekt des Gesamtrisikos des Fonds berechnet werden (Art. 38 Abs. 5 KKV-FINMA). Die formellen Anforderungen an die Verrechenbarkeit von Absicherungsgeschäften wurden erhöht und verlangen, dass Vermögensverwalter und Fondsleitungen/SICAV ihre Absicherungspolitik und -strategien klarer dokumentieren. Andererseits erlaubt die Abbildung von physischen Anlagen durch eine Kombination von Basiswerten mit Derivaten eine Erweiterung des Anlagespektrums. Im Grossen und Ganzen klärt die Revision der KKVFINMA zahlreiche Unklarheiten in der Anwendung des Commitment-Ansatzes II und erlaubt neu das Zurückgreifen auf die schon vorhandene Praxis bei der Anwendung dieses Risikomessansatzes im europäischen Umfeld. Kontakte KPMG AG Badenerstrasse 172 Postfach 1872 CH-8026 Zürich Yvan Mermod Partner Financial Services KPMG SA, Genf E: [email protected] Patrick Schmucki Senior Manager Financial Services KPMG AG, Zürich E: [email protected] Die hierin enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und beziehen sich daher nicht auf die Umstände einzelner Personen oder Rechtsträger. Obwohl wir uns bemühen, genaue und aktuelle Informationen zu liefern, besteht keine Gewähr dafür, dass diese die Situation zum Zeitpunkt der Herausgabe oder eine künftige Situation akkurat widerspiegeln. Die genannten Informationen sollten nicht ohne eingehende Abklärungen und professionelle Beratung als Entscheidungs- oder Handlungsgrundlage dienen. kpmg.ch © 2015 KPMG AG ist eine Konzerngesellschaft der KPMG Holding AG und Mitglied des KPMG Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, der KPMG International Cooperative (“KPMG International”), einer juristischen Person schweizerischen Rechts. Alle Rechte vorbehalten. 7 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA Abbildung 1: Berechnung der Basiswertäquivalente für gängige derivative Finanzinstrumente DEVISENTERMINGESCHÄFTE Fondswährung: CHF Verkauf: EUR 7’500’000 Kauf: CHF9’013’430 Kassakurs EUR/CHF: 1.20150 Berechnung des Basiswertäquivalents: Fondswährung: CHF Verkauf: EUR 7’500’000 Kauf: USD 9,297,750 Kassakurs EUR/CHF: 1.20150 Kassakurs: USD/CHF: 0.95812 Berechnung des Basiswertäquivalents: = Nominalwert der verkauften Währung zum Kassakurs = EUR 7’500’000 x EUR/CHF 1.20150 = CHF 9’011’250 = der zum Kassakurs umgerechnete Nominalwert beider Seiten des Devisentermingeschäfts muss berücksichtigt werden, da keiner der beiden Seiten in der Basiswährung des Fonds notiert ist. = (EUR 7’500’000 x EUR/CHF 1.20150) + (USD 9’297’750 x USD/CHF 0.95812) = CHF 17’919’610 FUTURES Basiswert: Juli 2020 2,25% Schweizerische Eidgenossenschaft Marktpreis des Basiswerts: CHF 112 Anzahl der Kontrakte: 10 Kontraktgrösse: 100’000 Günstigste lieferbare Referenzanleihe (Cheapest to deliver): Juni 2024 1,25% Schweizerische Eidgenossenschaft (Marktpreis: CHF 108) Berechnung des Basiswertäquivalents: Basiswert: Roche GS Marktpreis des Basiswerts: CHF 288,50 Anzahl Kontrakte: 15 Kontraktgrösse: 1’000 Berechnung des Basiswertäquivalents: = Anzahl der Kontrakte x Kontraktgrösse x Marktpreis der günstigsten lieferbaren Referenzanleihe = 10 x 100’000 x (CHF 108/100) CHF1’080’000 = Anzahl Kontrakte x Kontraktgrösse x Marktpreis des Basiswerts = 15 x 1’000 x 288.50 CHF4’327’500 PLAIN VANILLA OPTIONEN Basiswert: SMI March 2015 Anzahl Kontrakte: 250 Kontraktgrösse: 10 Indexstand: 9’078 Delta: 0,8 Berechnung des Basiswertäquivalents: = Anzahl Kontrakte x Kontraktgrösse x Indexstand x Delta = 250 x 10 x 9’078 x 0.8 CHF18’156’000 OPTIONSSCHEINE (WARRANTS) Basiswert: Adecco SA Anzahl Kontrakte: 100 Anzahl Aktien/Bezugsrecht: 40 Marktpreis des Basiswerts: CHF 66,90 Delta: 0,02 Berechnung des Basiswertäquivalents: = Anzahl Kontrakte x Anzahl Aktien/Bezugsrecht x Marktpreis des Basiswerts x Delta = 100 x 40 x CHF 66.90 x 0.02 CHF5’352 8 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA Abbildung 3: Beispiel einer Verrechnung PORTFOLIO Finanzinstrumente Marktwert / Engagement 1000 Aktien der Credit Suisse 26’000 Short-Future auf Credit Suisse -5’000 Long-Future auf SMI 15’000 Short-Future auf S&P 500 -10’000 Brutto-Gesamtengagement aus Derivaten 5’000 + 15’000 + 10’000 = 30’000 VERRECHNUNGEN Verrechnung der Short-Futures auf Credit Suisse mit den Long-Aktien -5’000 Verrechnung der Futures auf SMI und S&P 500 nicht möglich - Netto-Gesamtengagement aus Derivaten 30’000 - 5’000 = 25’000 9 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA Abbildung 5: Mögliche Offenlegung des Gesamtengagements gemäss Anhang 2 der KKV-Finma PORTFOLIO Finanzinstrumente Marktwert / Engagement Short Term Money Market USD Fund USD 10’000’000 = CHF 9’581’200 Total Return Swap, bei dem USD LIBOR 1 Monat plus Marge gegen die Performance des Goldindex Gold London PM Fixing getauscht werden USD 10’000’000 = CHF 9’581’200 Devisentermingeschäft Verkauf: USD 10’000’000 Kauf: CHF 9’693’900 Kassakurs: USD/CHF 0,95812 CHF 9’581’200 10’000 Aktien der Rio Tinto Ltd. CHF 493’600 Short Future auf Glencore plc Basiswert: Glencore plc Aktien Marktpreis des Basiswerts: CHF 5,05 Anzahl Kontrakte: 10 Kontraktgrösse: 10’000 CHF 550’000 BRUTTO-GESAMTENGAGEMENT AUS DERIVATEN IN TCHF IN % DES NAV Total Return Swap (TRS) - - In Kombination mit dem Money Market Fund bildet der TRS eine synthetische physische Anlage in Gold (Art. 35 Abs. 4 Bst. b KKV-FINMA) und muss nicht in die Kalkulation des Brutto-Gesamtengagements aus Derivaten miteinbezogen werden. Devisentermingeschäft USD/CHF 9’581 95% - Short Futures auf Glencore plc 550 4% - Total 10’131 99% Devisentermingeschäft USD/CHF - 9,581 - NETTO-GESAMTENGAGEMENT AUS DERIVATEN 550 4% Devisentermingeschäft USD/CHF 120 1% GESAMTENGAGEMENT DES FONDS AUS DERIVATEN UND ZULÄSSIGEN ANLAGETECHNIKEN 670 5% KOMMENTAR ANRECHNUNGSBETRÄGE NACH DEN ZULÄSSIGEN VERRECHNUNGEN Das Devisentermingeschäft soll das Währungsrisiko des USD im Zusammenhang mit Gold gegen den CHF absichern. Gemäss Art. 36 Abs. 4 KKV-FINMA dürfen solche Engagements verrechnet werden. ANRECHNUNGSBETRÄGE AUS ZULÄSSIGEN ANLAGETECHNIKEN Der positive Marktwert des TRS wird täglich mit Barwerten besichert. Die erhaltenen Sicherheiten werden zu einem Zinssatz investiert, der höher ist als der risikofreie Zinssatz. Daher müssen die erhaltenen Sicherheiten in die Berechnung des Gesamtengagements einfliessen (Art. 35 Abs. 5 KKV-FINMA). 10 / Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten bei kollektiven Kapitalanlagen / Der Commitment-Ansatz II unter der totalrevidierten KKV-FINMA
© Copyright 2024 ExpyDoc