Foto: Plattenfirma Selten ist ein Albumtitel so treffend wie bei HELLOWEENs neustem Streich. „My God Given Right“ ist wiedermal die Bestätigung dafür das HELLOWEEN zu den führenden und einflussreichsten Deutschen Bands der Metal Geschichte gehören! Album Nr. 15 und zum Interview - einer meiner liebsten Gesprächspartner überhaupt - ein wie immer gut aufgelegter und redseliger Andi Deris (v). Mit „My God Given Right“ seit ihr nach 12 Jahren und vier Studioalben wieder zurück bei Nuclear Blast Records. Damals war ja eure Trennung vom Label nicht ganz so freundschaftlich…. Na ja, wie man es nimmt, eigentlich gab es kein böses Blut. Die sehen das auch echt cool und geschäftlich. Sie hatten damals, nach „Rabbit Don‘t Come Easy“ (2003) die Möglichkeit ihr Angebot nachzubessern und es nicht gemacht. Und somit haben wir uns anders orientiert. Aber selbst jetzt zuletzt bei Sony war der Tenor auch eher der: „Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder!“. Das ist Gott sei Dank immer sehr geschäftlich und dann ist es auch klar wenn ein Angebot niedrig ist und ein anderer ein Besseres macht. Bei Nuclear Blast war eben auch die weltweite Vertriebskiste ein fetter Grund. Da hätte Sony wieder mit Drittfirmen nachlegen müssen, was sie auch wieder Geld gekostet hätte. Und mittlerweile geht es eben auch um den Vertrieb, der einen maßgeblichen Punkt ausmacht. Es geht nicht nur um Bargeld auf den Tisch, sondern auch um Verbindungen. Dann kommt noch hinzu das bei Sony der einzige wichtige Mann für uns bald die Firma verlässt! Es ist für eine Metal Band gefährlich bei einer Firma zu bleiben, wenn keiner mehr da ist der so richtig weiß was Metal ist. Vielleicht war es auch von mir nur assoziiert, da ihr mit dem „Dark Ride“ (2000) Album eine schwierige Phase hattet?! Ja, „Dark Ride“ war das erste Mal, dass wir uns haben beraten lassen, um es mal so zu nennen, und man hat dann den Folgsamen gemacht, das war für uns ein schwerwiegender Fehler, da wir nicht mehr an einem Strang gezogen haben. Da gingen dann auch die Intrigen innerhalb der Band los. Der Höhepunkt kam 2001/2002 als die ganze Band auseinander fiel und wir Gitarrist (Roland Grapow) und Schlagzeuger (Uli Kusch) gegangen haben und dann das Ganze letztendlich zu einer Art Projekt verkam. Auch die Katastrophe mit der Suche nach einem Schlagzeuger - unfassbar…. Die Eckpunkte während er Produktion von „My God Given Right“, das ihr mit Produzent Charlie Bauernfeind bei dir zu Hause (Mi Sueño Studio) auf Teneriffa aufgenommen 36 habt, sind gleich geblieben? Ja, bis auf die Tatsache, dass Charlie mir mein Studio mit analogem Zeug zugestellt hat, dass es mir schwindelig wurde (lacht). Er ist von Nürnberg nach Cádiz runter gefahren und von Cádiz zwei Tage mit dem Boot rüber geschippt… Wahnsinn (lacht). Mein Studio ist ja fast komplett digital. Und Charlie meinte, wenn wir einen 80er Jahre Sound haben wollen, brauchen wir das analoge Zeug. Dementsprechend war hier alles vollgestellt. Anfangs habe ich gezweifelt, aber so langsam werde ich richtiger Fan von diesen Sachen. Ich kenne das ja alles noch von meinen alten Pink Cream 69-Zeiten, da haben wir die ersten drei Platten analog aufgenommen. Heute ist es unglaublich, das gleiche Gerät, das man damals für 1.000 DM gekauft hast, kostet heute das Fünffache! Totale Materialschlacht. Charlie ist ein Gadget-Fan und hat entsprechend viel aufgefahren! Wie war es für die „jungen“ aus der Band so zu arbeiten? Sascha (Gerstner, g) hatte das Vergnügen auch schon im zarten Teenie-Alter die Bandmaschine zu quälen, daher kannte er das schon. Für uns alte Hasen war es nichts Neues und für die jüngeren eine interessante Erfahrung zu sehen und letztendlich auch den Sound zu hören. Wie seid ihr darauf gekommen wieder in Richtung „analog“ zu gehen? Bei der „Gambling with the Devil“ fing es schon an, die analoge Arbeitsweise einzuholen. Durch Daniel (Löble, d) der modernen Schnickschnack nicht so mag, und darauf bestanden hat ohne Klick zu spielen, mit der Begründung: „Ey, lasst den Scheiß-Klick aus, denn wenn ich im Gefühl habe das der Refrain jetzt anziehen muss, dann will ich da auch anziehen und keinen Klick haben, der mich ausbremst!“ Und dann haben wir zur „Gambling with the Devil“ angefangen diese ganzen Sachen auszuschalten. Und das ist ein geiles Gefühl, wenn der Refrain anzieht und dann es in der Strophe wieder etwas runterfährt. Hier hat man dynamisch ein riesen Vorteil. Die Parts werden somit hervorgehoben und wenn eine Strophe von den Arrangements ganz spartanisch ausfällt, ist es noch geiler, wenn das Schlagzeug an dieser Stelle auch vom Tempo runter geht. Programmieren würde ich einen Klick so nicht, kann man, aber es ist viel besser wenn der Schlagzeuger so ein Gefühl hat und dies laufen lässt. Daniel ist so ein Arbeitsschwein, wenn man so einen geilen Typen in der Band hat, sollte man ihn einfach machen lassen. Und so fing das an und dann wurde es mit jeder Produktion mehr und mehr analog. Ich habe unten Stapel von Amps, da wird es dir schwindelig. Die ganzen alten Engl und Uralt-Marshall haben wir auf trimmen lassen. Und somit hast du eben einen Sound, der nicht wie die ganzen Nickelback und wie sie alle heißen klingt, sondern man hat wieder seinen eigenen Sound. Zwar fetter, aber der Grundsound ist wieder da. „My God Given Right“ ist für uns unsere 30jährige Bandjubiläumsplatte, so sehen wir das zumindest. Und da sollten eh die 3 Jahrzehnte HELLOWEEN abgebildet werden und um das in die Scheibe reinzukriegen funktioniert nur, wenn man diese Brücke schlagen kann und daher musste das „alte Gerümpel“ auch wieder her (lacht). Wie war es dann für dich als Songwriter. Musstest du dich umstellen, denn man entwickelt sich ja weiter auch in diesem Prozess. Wenn man nun an die 80er Jahre anknüpfen möchte, müsste man sich doch auch hier in Songwriting anpassen oder? Nicht unbedingt, dass ist dann eigentlich eher so die Songauswahl die mit Produzent und Management getroffen wird. Und in der glücken Position mit vier Songschreibern haben wir ja in der Regel immer eine Auswahl an 30 Ideen aus denen dann ein Album gebastelt werden kann. Das heißt wir haben 18 Titel ausgesucht und diese wie A-Seiten-Songs aufgenommen und von den 18 die dann hörbar waren wurden 13 fürs Album und fünf für B-Seite und Bonustracks „degradiert“. Das ist ein geiler Luxus und da kannst du in fast jede Richtung gehen. Das bei 34-35 Ideen eine gewisse Gangart auszusuchen und das man dann nicht die richtigen Titel hat, das ist dann eher unwahrscheinlich. So hat man die Möglichkeit alles zu machen was man will! Ich finde euer neues Album ist ganz klar HELLOWEEN und schön abwechslungsreich im HELLOWEEN-Gewand. Ja, sehe ich auch so, ist alles dabei. Dani und Sascha sind beide nun auch schon länger dabei. Aber wer übernimmt den Part der „HELLOWEEN-POLIZEI“, wenn es um die Auswahl verschiedener Ideen geht, um dem Sound treu zu bleiben? Immer wenn es um Streitfälle geht, lassen wir andere entscheiden. Denn nur so bleibt die Band gesund. Jeder von uns weiß, dass er für sein eigenes Baby kämpft und das würde bis aufs Blut gehen. Und das kann in manchen Fällen bis zur Beleidigung ausarten, um das zu umgehen lassen wir einen Produzent und Management entscheiden. Am Ende muss natürlich was rauskommen, das jeder ab nickt! Der erste Song „Heros“ klingt sehr nach deutschem Metal, gerade von deinem Gesang her. War das so beabsichtigt? Ja, also es ist immer so das man hinhört und sich fragt: „Hat es denn Charme?“ Lässt man das so Deutsch oder machen wir den amerikanischen Slang. Aber wenn es diesen Charme hat dann lassen wir es so. Wir sind eine deutsche Band und es kommt geil rüber, gerade weil es darum ging - Everyone can be a hero. Und da fand ich es ganz witzig. Beim 5. Song „Lost in America“ fand ich das affektierte in der Stimme dann wiederum ebenfalls passend. War dies deine Idee? Das ist eben diese Gesangsart, die man aus der Geschichte rausgezogen hat. Denn es handelt sich hier um eine wahre Geschichte. Ich hätte es noch affektierter singen können, so vom Gefühl her. Das war echt eine Scheißnummer damals. Wenn du dir den Text durchließt, es ist echt haargenau so passiert… Jetzt machst du es aber richtig spannend.., um was geht es denn da? Wir saßen an einem Off-Tag also an einem Reisetag am Flughafen in den USA und mussten nach São Paulo. Nach Plan hätte jeder von uns 6-7 Stunden vor dem Schlafengehen für sich gehabt. Ein bisschen relaxen und sich richtig auspennen und dann die Show gespielt, also alles gut. Aber so kam es nicht, denn es hieß auf einmal der Flughafen wird gesperrt, da eine Flugshow stattfinden soll. Dann haben die für 10 Stunden den Flughafen gesperrt!!! Alle Flüge mit tausenden Passagieren gestrichen, nur um ihre Flugshow durchzuziehen. Wenn man das in Europa gemacht hätte, die Leute hätten den Flughafen niedergerissen. Also mussten wir 10 Stunden warten, bis wir nach São Paulo fliegen durften. Endlich saßen wir dann im Flieger und nach 2 Stunden meinte der Captain, dass die Messgeräte nicht stimmten und irgendwas gar nicht richtig läuft, da wir super tief fliegten und so lang es noch Tageslicht ist würden sie gerne per Sicht wieder zurückfliegen. Denn sie wüssten nicht genau wo sie wären. Seine exakten Worte waren: „We don´t know exactly where we are, we are kind of lost here in America!” Und ich habe gedacht was für ein geiler Titel, wenn man die Geschichte so erlebt, dass glaubt einem ja keiner. Und man muss sich vorstellen Markus unser Partybasser hatte es dann zum dritten Mal geschafft uns alle anzustiften uns zu zu saufen. So kamen wir dann endlich irgendwann in São Paulo an, ich glaube die Crew hatte gerade noch Zeit um direkt vom Flughafen in die Halle zu fahren und alles aufzubauen. Der Off-Tag war weg die Crew hat gelitten wie Sau und als Band hatten wir ein paar Takte Zeit uns auszuruhen, um dann mit die wichtigste Show in Südamerika zu spielen. Ging alles gut über die Bühne unfassbar, so was in Europa das wäre in den Schlagzeilen. Um was geht es bei „Russian Roulé“? „Russian Roulé“ handelt von meiner Schlüsselzeit, als ich fertig gelernt hatte und die große Frage kam, geht man raus und spielt seine eigene Musik oder was macht man. Wenn ich mich daran zurück erinnere, dass mir jeder den Vogel gezeigt hat und es sich somit angefühlt hat, wenn man Rock´n´Roll macht, dann spielt man Russisches Roulette. Und ich als alter Franzose habe dann Rock und Roulette vermischt und so kam es zu Roulé. Es fühlte sich damals so für mich an. Gott und die Welt waren dagegen und hielt mich für einen Wahnsingen, nur weil ich versuchen wollte mit Musik mein Geld zu verdienen. Jetzt kannst du allen die Zunge rausstecken… Nein, das mache ich nicht, da es ja hauptsächlich aus dem Familienkreis kam. Der einzige der damals hinter mir stand war mein Vater. Daher stammt auch der Titel für das Album, denn mein Vater sagte, dass ich sein Einziger bin und wenn ich glücklich bin, dann ist er es auch und es sei mein Gott gegebenes Recht glücklich zu sein! Also „My God Given Right“! Witzigerweise kam vor 1 ½ Jahren mein eigener Sohn auf mich zu für den sich die gleiche Frage stellte und da sagte ich ihm: „Dein Großvater hat zu mir gesagt….!“ (lacht) Wer kam auf die Idee das Album „My God Given Right“ zu nennen? Eigentlich die Jungs, sie hörten den Titel und fanden, dass er auch ein sehr guter Albumtitel wäre. Und gerade heutzutage gibt es da jede Menge Raum zur Diskussion ob im politischen oder im religiösen Umfang. Dementsprechend ist das Cover auch tiefgründiger und martialischer ausgefallen als der eigentliche Titel vorgibt. Aber ich finde es cool. Werden sich die Amerikaner mit dem Albumcover nicht auf die Füße getreten fühlen? Das hoffe ich doch! Das ist ja immer so ein Thema – polarisieren und provozieren ist cool. Es ist ja nichts Böses passiert, was da jetzt passiert ist kannst du im Grund genommen nur erahnen. Ein bisschen angelehnt an die Filme „Day After Tomorrow“ oder „Planet der Affen“. Wer hatte die Idee zu dem AC/DC Link „If God Loves Rock‘n‘Roll“? Das kam während des Songschreibens, das hat einfach gepasst. Nach dem Refrain kommt dieser Mittelpart Quatsch und ich fand das als Gimmick ganz toll mit „Even in heaven you need a bass guitar a guitar and a second guitar“. Es geht in dem Titel ja um Gott, der Rock´n´Roll liebt und da oben eine Band macht und man braucht eben Jungs die den Scheiß spielen (lacht). Mal schauen was man da oben so zur Auswahl hat. Na, da sind schon ein paar Brauchbare… Was wäre deine Lieblingsformation von denen die schon „vor Ort“ sind? Die meisten außer Ronnie James Dio sind glücklicherweise noch hier unten bei uns. Aber gut wenn man von den 70er Jahren ausgeht, dann braucht man Jon Lord (Deep Purple) an der Orgel! Ich selbst brauche es in meinem Metal Kopf zwar nicht… das heißt Jon Lord müsste bei mir zuschauen (lacht). Aber wenn ich jetzt mal durchgehe: Ronnie am Mikrofon und ich spiele Gitarre und gröle ein bisschen mit… der Rest ist zum Glück noch unter uns. Wie geht man damit um in einer Band zu sein die 30jähriges Jubiläum feiert? Du bist im 21. Jahr dabei! Das spürt man irgendwie nicht, man schüttelt ungläubig den Kopf, weil es schon so lang ist. Nach meiner dritten, vierten Welt Tour fühlte es sich so an, als würde ich das schon seit 50 Jahren machen und jetzt wo man es schon 30 Jahre macht und ich seit 25 Jahren im Business bin. Wenn ich mit Weiki quatsche sind wir beide der Meinung jetzt fühlt es sich an als wären wir erst 10 Jahre unterwegs. Ich glaube da kommt irgendwann die Routine rein und dann spürt man das nicht mehr, man ist einfach nur happy, dass man das so machen darf. Dementsprechend kommt es dir nicht mehr lang vor. Zu Beginn wenn man es nicht gewohnt ist die ganze Welt zu bereisen, diese Wartezeiten an den Airports und so viel Zeitfresserei, da hatten wir nicht das Wissen uns Arbeit oder Sonstiges mit auf Tour zu nehmen. Heutzutage im Zeitalter der ipads und Computer ist das was anderes. Seit gut 15 Jahren habe ich eine Gitarre dabei mein Macbook und mein ipad, es wird uns jetzt nicht mehr langweilig. Früher ohne den Krempel war es schwierig. Up-to-date zu bleiben und angewiesen auf das, was einem in den Flieger gebracht wird. Früher musste man den Film schauen der da kommt und da geht dir die Düse, denn das waren Filme, die jeder von 6 - 80 Jahre schauen konnte und da war Langeweile vorprogrammiert. Werdet ihr diese 30 Jahre gesondert feiern? Nein, da sind wir ein bisschen gebrandmarkt von dem 25., da haben wir darauf gehört diese Art Best of HELLOWEEN-Akustik („Unarmed – Best of 25th Anniversary“) zu machen. Und ich kann mich erinnern, wie Weiki und ich uns gewehrt haben, weil wir meinten, dass wir uns schon damals keine Akustikgitarren gekauft hatten, sondern E-Gitarren, weil man mit denen so schön Krach machen kann. Und jetzt sollen wir Akustik spielen, es macht irgendwie keinen Spaß und wir haben es trotzdem durchgezogen und ich bin stolz auf das Resultat, wenn man bedenkt, dass wir gar keinen Bock darauf hatten. (Lacht) Insofern wenn etwas zelebriert werden darf, dann in 20 Jahren das 50jährige. Man hat immer zwei Seiten vom Tisch, die einen wollen verkaufen und wir wollen nur Musik machen. Und wenn man sich dann überreden lässt welche Musik man macht, ist das gar keine gute Idee. Man muss ja nicht unbedingt eine Platte machen. Mir würde eher eine Blu-Ray bzw. DVD im History/Doku-Format gefallen - Geschichte, Videoclips usw. Oh, ja! Das einzige was wir zum 30jährigen Bandbestehen machen ist eine HELLOWEENBibel! Das wird ein 3 ½ Kilo Wälzer mit History und Bildern, alles aufgearbeitet in Hochglanz vom allerfeinsten. Die Erstauflage habe ich schon in der Hand gehabt und ich habe selten so ein schönes Buch gesehen. Text: Denis H. 37
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