Einsteiger-Training Ausbildung des Ranch Pferdes, Teil 2: Hindernisse überwinden Fotos: HIM/Schneider Über Stock & Stein 20 Quarter Horse Journal Nr. 3 | 2006 | März Aus diesem Grund scheuen Pferde häufig vor ungewohntem Untergrund - es sei denn, sie können ganz und gar auf die Entscheidungsfähigkeit ihres Leitpferdes vertrauen. Denn dieses weiß, ob ein Passieren sicher ist oder nicht. Wie Sie Ihrem Pferd so eine Sicherheit vermitteln können, erläutert Ihnen Ranch Horse Ausbilder Olaf Gajewski. Stellen Sie sich vor, Sie sind mit einem Freund unterwegs. Er weist den Weg und versichert Ihnen, dass die kleine hölzerne Brücke stabil ist. Sie sind sich unsicher, trauen den alten, dünnen Latten nicht. Er überredet Sie dennoch, kennt die Strecke gut. Sie handeln gegen Ihre innere Stimme und treten auf die Brücke. Zwei Bretter brechen weg. Sie verlieren den Boden unter den Füßen. Das nächste Mal, wenn Ihr Freund Ihnen einen Weg signalisiert, Ihr Bauchgefühl aber ‚Vor- also gar nicht erst entstehen, sollten Sie Ihr Pferd schon im Alltag an die verschiedensten Hindernisse heranführen. Die Bodenarbeit (siehe Teil 1, QHJ 2/2006) ist in diesem Fall eine reine Umgangsform und kein Hokuspokus oder Drillmanöver. Heute üben wir nur Wassergräben! Diese Absicht ist, was das Üben angeht, gut gemeint, doch stellen Sie bei Ihrem Vorhaben sicher, dass dies nicht ein unbedingt zu überwindendes Hindernis des Tages wird. Alle Hürden sollten für das Tier das Natürlichste und Alltäglichste der Welt sein. Rückwärts über die Boxenschwelle treten, über den Wasserschlauch steigen und auf halber Strecke dabei stehen bleiben, rückwärts um den liegenden Hund herumgehen - all dies macht Ihr vorwärts zu gehen. Jeder Schritt in die gewünschte Richtung wird mit Ihrer Stimme, eventuellem Streicheln am Hals und Wegnahme des Drucks, also Entspannung, belohnt. Es ist hilfreich, zu Beginn eine nicht zu schmale Pfütze zu nutzen, da das Pferd über diese zu leicht hinüberspringen könnte. • Tritt es mit einem Huf in die Matsche und schreckt dann zurück, behalten Sie die Ruhe und versuchen Sie es erneut. Jeder Neustart birgt neue Möglichkeiten und stärkt das Vertrauen denn es ist nichts Böses geschehen. • Rangieren Sie Ihr Pferd im Alltag so viel wie möglich rückwärts. Aber nicht der Übung wegen, sondern weil es für das Pferd und Sie Sinn macht - also um natürliche Hindernisse herum. Auch bergauf und -ab sollte dabei sein. Unterm Sattel sollte das unsichere, jun- Deutlich, aber weich: Zügel und Schenkel begrenzen das Pferd und weisen den gewünschten Weg. Ein Ausweichen würde Olaf Gajewski zu Beginn akzeptieren, da das Pferd selber erfahren soll, wie sicher ein Durchqueren ist. Um mit dem Reiter im Sattel den Hang hinunterzusteigen, muss das Pferd lernen, sich auszubalancieren. Eine Einwirkung mit den Zügeln wird hier vermieden. Für Anspruchsvolle: Die einzelnen Hindernisse, hier Hang und Pfütze, können kombiniert werden. Pferd solide an der Hand und unterm Sattel. Früher oder später werden Sie - zumindest in Deutschland - auch auf eine Pfütze stoßen. Meiden Sie die Konfrontation nicht, sondern geben Sie dem Pferd die Sicherheit und Klarheit, die es von Ihnen für das Passieren benötigt. • Das Pferd darf am Hindernis schnuppern. Geben Sie die Zügel dabei aber nicht ganz hin, denn möchte das Pferd seitlich wegtreten, sollten Sie es mit den Schenkeln und Zügeln begrenzen und dirigieren können. Geht es rückwärts, dann animieren Sie es, wieder ge Pferd auf keinen Fall durch Ziehen an den Zügeln gestört werden. Drückt es beim Abwärtsgehen den Rücken weg, dann lassen Sie es gewähren. Es muss sich mit dem Reitergewicht bergab erst ausbalancieren können. Versucht das Pferd, im Zickzack den Hang hinunterzugehen, kann es sein, dass ich ihm das gestatte. Allerdings ist dies vom individuellen Pferdetyp abhängig. Suchen Sie sich zu Beginn einen kurzen Berg, um zu verhindern, dass das Pferd ihn durch Traben überwindet. Wassergräben und Hänge Ob matschig, hölzern, steinig, hell oder dunkel - den Boden unter ihren Hufen wählen Pferde sorgfältig. Von Mutter Natur darauf getrimmt zu überleben, kann dessen Beschaffenheit über Leben und Tod entscheiden. sicht!’ sagt, werden Sie zögern oder gar den Weitergang verweigern. Sie trauen ihm nicht mehr. Und so geht es häufig unseren Pferden. Sie verlieren das Vertrauen in den Menschen, sollen durch ein Tor gehen, das dann zufällt, über eine Brücke, die zu rutschig für ihre beschlagenen Hufe ist, oder in einen Hänger steigen zum Fressen, um dann dort unvorbereitet eingepfercht zu werden? „Möchte man einen echten Partner haben, sollte man darüber nachdenken, wie man selber gerne behandelt werden möchte. Pferde sind sensibel, äußerst gutmütig und fassen immer wieder Vertrauen: Als soziale Herdentiere möchten sie mit anderen Lebewesen gut auskommen”, erläutert Olaf Gajewski. „Damit Missverständnisse zwischen Ihnen und Ihrem Pferd Nr. 3 | 2006 | März Quarter Horse Journal 21 Einsteiger-Training Brücke: Ist der Untergrund auch wirklich sicher? Dieses Pferd findet dies durch Schnuppern und Inspizieren selbst heraus. Kein Hokuspokus oder Drillmanöver: Ein gesunder, durchdachter Umgang miteinander führt zu den gewünschten Ergebnissen auch zu denen am Hänger! Wichtig: Das Pferd soll nicht bloß rein oder rausgehen, sondern sich innerhalb des Hängers vorwärts und ... 22 Quarter Horse Journal ... rückwärts rangieren lassen. Dies kennt es aus zahlreichen, alltäglichen Situationen. Der Hänger ist also nur eine weitere Hürde, die es zu nehmen gilt. Nr. 3 | 2006 | März Fotos: HIM/Schneider Verladen Ein Pferd, das die Bodenarbeit gut beherrscht, im Alltag unzählige Hürden wie Gummimatten, Baumstämme, Pfützen, Matschlöcher oder Brücken überwindet vorwärts wie rückwärts - wird beim Hänger nicht mehr komisch gucken. Denn dieser ist nur ein weiteres Objekt, das es zu überwinden gilt. Ein führfähiges Pferd, das Druck weicht und leicht zum Vorwärtstreten zu animieren ist, kann in den Hänger „gefahren” werden: • Lassen Sie das Pferd ruhig an der Rampe oder am Hänger schnuppern. • Zeigen Sie mit der Führhand, in welche Richtung das Pferd gehen soll. Lassen Sie das Seil dabei lang genug, damit das Pferd beim Einsteigen nicht unnötig festgehalten wird. • Tritt das Pferd auf die Rampe und direkt wieder einen Schritt zurück, dann bestrafen Sie es nicht. Es darf experimentieren, um herauszufinden, ob der Untergrund sicher genug ist. • Durch Druckaufbau (Hand- oder Seilbewegung) an oder hinter der Hinterhand, den das Pferd ja schon von der Bodenarbeit her kennt, animiert man es, weiter einzusteigen. Die Führhand kann dabei die „Nase” des Pferdes dirigieren. Diese soll immer dahin zeigen, wo das Pferd hingehen soll. • Positionieren Sie Ihr Pferd gerade vor der Rampe, denn so hat es vom Bewegungsablauf die beste Voraussetzung, einfach einzusteigen. • Streicheln Sie Ihr Pferd. Steigt es von alleine wieder aus, dann versuchen Sie nicht, es festzuhalten. Mit seinen rund 500 Kilogramm ist es ohnehin viel stärker als sie. Bleiben Sie stattdessen ruhig und versuchen Sie es erneut. Steht Ihr Pferd im Hänger und macht einen entspannten Eindruck, dann schließen Sie nicht direkt die Stange. Das ist nicht das Ziel. Das Ziel ist, dem Pferd eine gute Erfahrung mitzugeben, es innerhalb des Hängers zu rangieren, um in Zukunft auf seine Mitarbeit und sein Vertrauen bauen zu können. Stellen Sie sich auf die freie Hängerseite und richten Sie Ihr Pferd von der Seite, mit der Hand am Halfterknoten, einen Schritt zurück und wieder einen vor. Es muss wissen, dass es sich hier innerhalb des Hängers frei bewegen und ausbalancieren kann. Brücken Das Prinzip ist überall gleich: Ruhig bleiben, wissen, wie der nächste Schritt Nr. 3 | 2006 | März aussieht, dem Pferd die Richtung weisen, unerwünschte Schritte begrenzen und richtige mit Druckwegnahme und Stimme loben. Schauen Sie voraus. Merken Sie, dass Ihr Pferd unter Ihnen sein Gewicht verlagert, um einen Schritt zur Seite zu treten, sollten Sie dieses leicht mit Schenkel und Zügelhilfe korrigieren. Nur wenn das Pferd weiß, was es darf und was nicht, kann es ‚richtig’ reagieren. Geht es dennoch aus Unsicherheit zur Seite, also gegen Ihren Schenkel und Zügel, dann bestrafen Sie es nicht. Fangen Sie dann einfach von vorne an. Hier gilt das Gleiche wie beim Verladen: Positive, richtungsweisende Hilfengebung durch das Führseil, die Körpersprache, Sitz oder Zügel. Neubeginn der Übung, wenn das Pferd diese nicht korrekt ausführt. Wichtig: Das Pferd darf aber auch nicht wahllos von rechts nach links schwenken. Und hier wird’s schwer, Gefühl ist angesagt. Finden Sie heraus, wie viel Spielraum ihr Pferd zum Lernen benötigt. Während das eine Pferd vielleicht durch klares Grenzensetzten schnell richtig und sicher reagiert, fühlt sich das andere dadurch in die Falle getrieben und wird nervös. Hier ist also Fingerspitzengefühl angesagt. Achten Sie auf den Ausdruck Ihres Pferdes und auf sich selbst. Kommen Sie an einen Punkt, wo alles hektisch wird, dann atmen Sie durch und beginnen Sie erneut. Jeder Neubeginn birgt eine neue Chance zu lernen. Eine hölzerne, trockene Brücke, die flach auf dem Boden liegt und nicht zu hoch ist, empfiehlt sich hier. Nach und nach können die Anforderungen dann erhöht werden. Rika Schneider/ Teil 3 folgt im nächsten QHJ Neue Kurse: Vorbereitung auf Ranch Horse Versatility-Prüfungen 4.-5. März, Ranchhorse-Kurse Kursleitung: Wayne Meason Wenden (Niedersachsen) Circle L Ranch, Tel.: 05026/394 25.-26. März, Ranchhorse Versatility Kurs, Schwerpunkt: Ranchtrail/Ranchroping, Kursleitung: Olaf Gajewski, Eschwege (Hessen), www.horsemens-residence.de, Tel. 05651/24 17 8.-9. April, Ranchhorse Versatility Kurs, Schwerpunkt: Ranchcutting Kursleitung: Olaf Gajewski, Eschwege (Hessen) www.horsemens-residence.de, Tel. 05651/24 17 20. und 21. Mai, Ranchhorse Versatility Kurs, Schwerpunkt: Working Ranchhorse Teil I Kursleitung: Olaf Gajewski, Eschwege (Hessen), www.horsemens-residence.de, Tel. 05651/24 17 10. -11. Juni, Ranchhorse Versatility Kurs, Schwerpunkt: Working Ranchhorse Teil II Kursleitung: Olaf Gajewski, Eschwege (Hessen) www.horsemens-residence.de, Tel. 05651/24 17 17.-18. Juni, Ranchhorse-Kurs Kursleitung: Wayne Meason Wenden (Niedersachsen) Circle L Ranch,| Tel.: 05026/394 30. Juni, Warm Up für das Cup Turnier Kursleitung: Wayne Meason Wenden (Niedersachsen) Circle L Ranch,| Tel.: 05026/394
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