Monatslied Gotteslob Nr. 438 „Wir, an Babels fremden Ufern“ Fastenzeit 2016 Text Der Text von „Wir, an Babels fremden Ufern“ ist dem Psalm 137 entnommen, der in der Einheitsübersetzung so lautet: An den Strömen von Babel, da saßen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten. Wir hängten unsere Harfen an die Weiden in jenem Land. Dort verlangten von uns die Zwingherren Lieder, unsere Peiniger forderten Jubel: «Singt uns Lieder vom Zion!» Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn, fern, auf fremder Erde? Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem, dann soll mir die rechte Hand verdorren. Die letzten vier Verse des Psalmes finden keine Verwendung im Lied: Die Zunge soll mir am Gaumen kleben, wenn ich an dich nicht mehr denke, wenn ich Jerusalem nicht zu meiner höchsten Freude erhebe. Herr, vergiss den Söhnen Edoms nicht den Tag von Jerusalem; sie sagten: «Reißt nieder, bis auf den Grund reißt es nieder!» Tochter Babel, du Zerstörerin! Wohl dem, der dir heimzahlt, was du uns getan hast! Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert! Stattdessen wird eine fünfte Strophe ergänzt, die den alttestamentlichen Text in den Kontext des Neuen Testamentes, von Tod und Auferstehung Jesu setzt: Jesu Kreuz sei meine Hoffnung… Psalm 137 handelt von der Sehnsucht der von Jerusalem nach Babel verschleppten Juden. Der erste Teil ist geprägt von dem Gefühl des Heimwehs oder der Heimatlosigkeit, und nach dem Gebäude, das am stärksten identitätsstiftend für einen Jerusalemer Juden ist/war: der Tempel – für uns als Katholiken in etwa vergleichbar mit dem Kölner Dom oder dem Petersdom in Rom. Dieser Tempel war allerdings von Nebukadnezar II., König von Babylon, der die Juden gefangen nahm, zerstört worden. Aus dieser niederschmetternden Situation erwächst die Wut, die im zweiten Teil des Psalmes, der im Lied nicht verwendet wurde, ihren Ausdruck findet. Anstelle dieser Wut findet sich im Liedtext das Zeichen christlicher Hoffnung, das auch für uns in den größten Dunkelheiten unseres Lebens immer wieder neu ein Zeichen der Hoffnung sein will: Jesu Kreuz und seine Auferstehung. Melodie Die Melodie stammt wie die ursprüngliche Textfassung des Liedes aus Lettland. Ein genaues Alter ist nicht bekannt. Durch die modale Melodieführung (dorisch) und die zum Teil überraschenden Aufwärtssprünge auf unbetonten Textsilben (z.B. „Ba-bels“ am Beginn) wirkt das Lied fremdartig. Der langsame Dreiertakt unterstreicht die schwermütige Stimmung der ersten vier Strophen. Die ersten vier Töne „Wir, an Babels“ sind identisch mit den nächsten vier Tönen „fremden Ufern“. Die Passage „-fernt vom Heimatland“ in der Mitte ist identisch mit dem Schluss „traurig aus der Hand“. „unsre Instru-„ wird direkt danach einen Ton tiefer wiederholt bei „mente still“, was wiederum stark an die Umkehrung des Anfangsmotivs „Wir, an Babels“ erinnert. Diese eher sparsame Auskleidung der Melodie durch Beschränkung auf nur wenige Motive (eigentlich nur eines, die anderen beiden sind direkt aus diesem einen Motiv abgeleitet) könnte an die Klänge von Leiern oder Harfen erinnern, vgl. in der zweiten Strophe: „und wir hängen unsre Harfen“. Liturgische Einordnung „Wir, an Babels fremden Ufern“ gehört in die Gattung der so genannten Psalmlieder. Diese Psalmlieder basieren auf dem Text je eines Psalmes, allerdings umformuliert und in ein Versmaß gebracht, so dass er auf eine metrische, strophige Liedmelodie gesungen werden kann und nicht –wie es bei den Kantorenmodellen des Antwortpsalmes oder bei den Psalmtönen, die beispielsweise im Stundengebet verwendet werden – frei deklamierend gesungen wird. Der Platz innerhalb einer Eucharistiefeier für diese Lieder ist zum Einzug, zur Gabenbereitung, während oder nach der Kommunion, ggf. am Schluss der Messe. Schon in den Überlieferungen der frühen Christenheit wurden Psalmverse an den genannten Stellen gesprochen oder gesungen, zunächst auf Griechisch, recht bald aber auf Latein und, nach der Reformation, dann auch vermehrt auf Deutsch - in der Volkssprache. Während anfangs der Gesang im Gottesdienst ausschließlich Klerikern oder Chören vorbehalten war, der Gemeindegesang sich z.B. auf das Singen von Heiligenliedern im Rahmen der Volksfrömmigkeit beschränkte, oder auch auf das Singen von Advents- und Weihnachtsliedern im Kreis der Familie, fand vor allem durch die Reformation auch der Gemeindegesang Einzug in die Gottesdienste. Inhalt dieser Lieder war entweder die katechetische Verkündigung von Glaubensinhalten oder eben die deutsche Übertragung der Psalmtexte, die ohnehin schon seit vielen Jahrhunderten an den entsprechenden Stellen im Gottesdienst gesungen wurden.
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