Fotoquelle: WIKIMEDIA COMMONS Forschungsbericht Ist Persönlichkeit gefragt? – Eine Erhebung unter den größten deutschen Unternehmen Projektteam Testentwicklung, 2015 Verfasser: Rüdiger Hossiep, Sabine Weiß, Jonas Schecke Projektteam Testentwicklung c/o Dr. R. Hossiep Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Psychologie GAFO 04/979 44780 Bochum www.testentwicklung.de [email protected] Fon 0234/32-24623 Link zum PDF Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Hintergrund Bei der Personalauswahl wird der Frage „Passt dieser Bewerber mit seiner Persönlichkeit in unser Unternehmen?“ eine zunehmend größere Bedeutung zugesprochen. Dies ist nicht zuletzt daran erkennbar, dass überfachliche Kompetenzen heutzutage in jeder Stellenanzeige Erwähnung finden. Darüber hinaus betonen Unternehmen auch in ihren Internetauftritten, dass sie neben Ausbildung und Berufserfahrung einen besonderen Wert auf die Persönlichkeit bei der Bewerberauswahl legen. Dem gegenüber steht, dass psychologische Verfahren zur Erfassung von Merkmalen der Persönlichkeit in deutschen Unternehmen deutlich seltener eingesetzt werden als in europäischen Nachbarländern wie z.B. Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich (Schuler, Frier, Kaufmann, 1993; Ryan & McFarland, 1999). Die vorliegende Studie zeigt, welche Persönlichkeitstests deutsche Unternehmen aktuell anwenden und welchen Zwecken ihr Einsatz dient. Des Weiteren werden die Gründe für den Verzicht auf einen Einsatz, aus Sicht der nicht-anwendenden Unternehmen, dargestellt. Methode Im Zeitraum vom 28.03.2013 bis 16.08.2013 wurden 580 deutsche Unternehmen zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen schriftlich befragt. Darin enthalten sind die 500 größten Unternehmen, die 50 größten Banken sowie die 30 größten Versicherungen Deutschlands. Stichprobe Insgesamt beteiligten sich 120 der angeschriebenen Unternehmen an der vorliegenden Studie, was einer zufriedenstellenden Rücklaufquote von 21% entspricht. Das kleinste Konzernunternehmen beschäftigt 105, das größte 550.000 Mitarbeiter (Mittelwert ca. 67.000). Unternehmen ohne Konzernverbund sind in der Stichprobe ca. halb so stark vertreten. Sie beschäftigen 130 bis 70.000 Mitarbeiter (MW ca. 9.000). Ergebnisse Bemerkung: Im Folgenden werden die Begriffe persönlichkeitsorientierte Verfahren, Persönlichkeitsfragebögen und Persönlichkeitstests synonym verwendet. Hierunter werden all jene Methoden verstanden, die zur Erfassung von Merkmalen der Persönlichkeit durch eine standardisierte Selbstauskunft entwickelt wurden und somit Selbstbildinformationen erheben. Eingesetzte Verfahren 80 Unternehmen (zwei Drittel der Einsendungen) gaben an, persönlichkeitsorientierte Verfahren zu nutzen. Im Durchschnitt kommen sie dort seit 7 Jahren zum Einsatz. 40 Unternehmen setzen keine Persönlichkeitstests ein. Abbildung 1 auf der nächsten Seite gibt einen Überblick über die Einsatzhäufigkeit (E) und den Bekanntheitsgrad (B) der jeweiligen Persönlichkeitstests: 2 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen MBTI DISG BIP, BIP-6F OPQ Predictive Index Insights MDI NEO-FFI, NEO-PI-R Hogan Assessments Reflector Big Five LIFO im Einsatz (E) H.D.I. bekannt (B) LMI GPOP 16PF DNLA MPT-E Enneagramm pro facts FPI-R TIPI PRF Start-P 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anzahl der Unternehmen Abbildung 1: Einsatzhäufigkeit und Bekanntheitsgrad der Persönlichkeitstests (insg. 120 Unternehmen, davon 80 Anwender) Der MBTI (E=34; B=88) wird von 43%, das DISG-Profil von 40% (E=32; B=79) und das BIP/BIP6F von 35% (E=28; B=75) der Anwender eingesetzt. Gleichzeitig sind die am häufigsten im Einsatz befindlichen Verfahren auch diejenigen, die bei allen Teilnehmern (inklusive NichtAnwender) den höchsten Bekanntheitsgrad aufweisen. 3 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Für die im Fragebogen angeführten Verfahren dienten verschiedene Literatur- und Onlinequellen als Orientierung (siehe auch Hossiep & Mühlhaus, 2005). Darüber hinaus wurde eine freie Antwortmöglichkeit geboten. 6 Unternehmen nutzen die Reiss-Profile und das Talent Q Verfahren, 5 Unternehmen das CAPTain Verfahren für ihre Personalarbeit. 4 der befragten Unternehmen setzen selbst entwickelte Testverfahren ein. Jene Unternehmen, welche Persönlichkeitstests einsetzen, kennen gemittelt 6 Verfahren (Minimum=1; Maximum=18) und wenden im Schnitt 3 unterschiedliche Verfahren an (Min=1; Max=9). Einsatzbereiche Die Bereiche Personalentwicklung und Personalauswahl sind die Haupteinsatzfelder für persönlichkeitsorientierte Verfahren. Mit 89% werden diese von den meisten Unternehmen zur Personalentwicklung eingesetzt. In ca. 52% der Fälle werden Persönlichkeitsfragebögen als Instrument für die Personalauswahl genannt. Lediglich 2 (2,5%) Unternehmen geben an, mit dem Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen auch Zwecke des Personalmarketings zu verfolgen. Ebenso nutzt auch nur ein geringer Anteil von 11% Persönlichkeitsfragebögen ausschließlich zur Personalauswahl (vgl. Abbildung 2). 11% nur Auswahl 41% Auswahl und Entwicklung 48% nur Entwicklung Abbildung 2: Einsatzbereiche von Persönlichkeitstests (N=79) 4 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Im Bereich der Personalentwicklung kommen die Verfahren am häufigsten bei den folgenden Maßnahmen zum Einsatz: Selbstexploration von Mitarbeitern (SE) 47% Teamentwicklungen (TE) 44% Coachings (C) 43% 360°-Feedback Maßnahmen (360°) 18% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Anteil der Unternehmen Abbildung 3: Maßnahmen zur Personalentwicklung, bei denen Persönlichkeitstests eingesetzt werden (Mehrfachnennungen möglich; Absolute Nennungen: SE=37, TE=35, C=34, 360°=14; Basis: N=79) Darüber hinaus werden die Testverfahren vor allem in Personalentwicklungsseminaren (7 freie Nennungen) und in Development Centern (4 freie Nennungen) eingesetzt. Im Rahmen des Einsatzes bei internen Testteilnehmern gaben 93% der Unternehmen an, immer eine Rückmeldung bezüglich der Testergebnisse durchzuführen. Lediglich 7% melden Testergebnisse nur fallweise an interne Teilnehmer zurück. In der Personalauswahl werden die Verfahren bei den folgenden Maßnahmen eingesetzt: Assessment-Center (AC) 52% Einstellungsgespräche (E) 23% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Anteil der Unternehmen Abbildung 4: Maßnahmen der Personalauswahl, bei denen Persönlichkeitstests eingesetzt werden (Mehrfachnennungen möglich; Absolute Nennungen: AC=41; E=18; Basis: N=79) Im Rahmen von internen und externen Stellenbesetzungen werden Persönlichkeitsfragebögen von jeweils 43% der Unternehmen gleich häufig eingesetzt (absolute Nennungen: 34). Insgesamt geben 14% der Unternehmen an, Persönlichkeitstests gezielt mit Methoden der Anforderungsanalyse zu kombinieren. 5 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Zielgruppen Führungskräfte der unteren Ebene werden von den Unternehmensvertretern am häufigsten als Zielgruppe für die Durchführung von persönlichkeitsorientierten Verfahren angegeben (68%; s. Abbildung 5). Führungskräfte, untere Ebene (FU) 68% Führungskräfte, mittlere Ebene (FM) 65% Spezialisten/ Fachkräfte (SP) 58% High Potentials (HP) 56% Führungskräfte, obere Ebene (FO) 52% Trainees (T) 32% Auszubildende (AZ) 30% 0% 20% 40% 60% 80% Anteil der Unternehmen Abbildung 5: Zielgruppen für den Einsatz von Persönlichkeitstests (Mehrfachnennungen möglich; Absolute Nennungen: FU=54, FM=51, SP=46, HP=44, FO=41, T=25, AZ=24; Basis: N=79 ) Deutlich weniger Unternehmen (52%) setzen die Verfahren auch bei Führungskräften der oberen Ebene ein. Seltener werden nur Trainees (32%) und Auszubildende (30%) als Zielgruppen genannt. Weitere Personenkreise sind Ausbilder, Außendienstmitarbeiter, dual-studierende Auszubildende, und Mitarbeiter aus dem Bereich Corporate Security (freie Nennungen). Im Vergleich zu kognitiven Verfahren (Intelligenz- und Leistungstests) ergibt sich somit ein umgekehrtes Bild. Während persönlichkeitsorientierte Verfahren häufiger bei Führungskräften eingesetzt werden (s.o.), werden die meisten Intelligenztests mit Auszubildenden und Trainees durchgeführt. Bei Führungskräften kommen diese hingegen nur äußerst vereinzelt zum Einsatz (Schuler, Hell, Trapmann, Schaar, Boramir. 2007). Testkriterien und -akzeptanz Für die meisten Anwender von Persönlichkeitstests (62%) bieten diese eine wichtige Unterstützung bei der Personalarbeit (Antwortalternativen 4-6 auf einer sechsstufigen Antwortskala). 33% der Unternehmen halten ihren Einsatz für weniger wichtig (Antwortalternativen 2-3). Von 6% der Anwender werden Persönlichkeitstests für die Personalarbeit als nicht wichtig betrachtet (Frage: „Wie wichtig sind Persönlichkeitstests im Gesamtzusammenhang der entsprechenden Maßnahmen in Ihrem Unternehmen?“). Auf die Frage hin, ob ein speziell für Unternehmen entwickelter Fragebogen von den Anwendern präferiert wird, zeigt sich ein zweigeteiltes Bild (s. Abbildung 6 auf der nächsten Seite). 6 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen 30% 24% 24% 20% 14% 13% 14% 10% 10% 0% 1 nicht wichtig 2 3 4 5 6 sehr wichtig Prozentuale Verteilung der Antworten Abbildung 6: „Wie wichtig ist es Ihnen einen Persönlichkeitstest zu verwenden, der speziell für den Einsatz in Unternehmen entwickelt wurde?“ (Basis: N=78) Ca. die Hälfte der Anwender (47%) hält es für weniger wichtig, dass die eingesetzten Verfahren speziell für den Einsatz in personalwirtschaftlichen Kontexten konzipiert wurden (Antwortalternativen 1-3). 53% der Anwender erachten dies hingegen als wichtig (Antwortalternativen 46). Zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen allgemeinen und berufsbezogenen Verfahren siehe Frieg und Schulz (2013). In Abbildung 7 wird dargestellt, wie wichtig den Anwendern verschiedene Verfahrensaspekte von Persönlichkeitstests sind (jeweils auf einer Skala von 1 „nicht wichtig“ bis 6 „sehr wichtig“). Akzeptanz bei Teilnehmern 5,5 Belastbarkeit der Ergebnisse 5,4 Wissenschaftliche Fundierung 5,4 Transparenz des Tests 5,4 Problemlose Durchführung 5,3 Berücksichtigung der Privatsphäre 4,6 Berufsnahe Fragen 4,6 Professionelles Layout 4,1 Breites Anwenderspektrum 3,9 1 2 3 4 5 6 Einschätzungen von 1 (nicht wichtig) bis 6 (sehr wichtig) Abbildung 7: Wichtigkeit verschiedener Verfahrensaspekte von Persönlichkeitstests (durchschnittliche Einschätzungen) 7 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Der höchste Mittelwert von 5,5 ergibt sich dabei für die Akzeptanz bei den Teilnehmern. Ähnlich hoch liegt dieser in Bezug auf die Wichtigkeit belastbarer Ergebnisse (MW=5,4) und einer wissenschaftlichen Fundierung (MW=5,4). Die Transparenz des Tests (MW=5,4), also die nachvollziehbare Erstellung der Testergebnisse aus den einzelnen Antworten, sowie die problemlose Durchführung (MW=5,3) gehören ebenfalls zu den wichtigeren Verfahrensaspekten aus Sicht der Anwender. Als etwas weniger wichtig, aber dennoch oberhalb der Skalenmitte von 3,5, wird die Berücksichtigung der Privatsphäre (MW=4,6), das Stellen berufsnaher Fragen (MW=4,6), ein professionelles Layout (MW=4,1) und ein breites Anwenderspektrum eingeschätzt (MW=3,9). Für die Kategorie „Akzeptanz“, die, wie in Abb. 7 deutlich wird, von besonderer Relevanz für die Personalverantwortlichen ist, wurden die Befragten gebeten, separat für verschiedene Gruppierungen die erwartete Akzeptanz persönlichkeitsorientierter Verfahren anzugeben. Für die Zielgruppen „externe Bewerber“ und „interne Mitarbeiter“ wird sie als eher hoch eingeschätzt (MW=4,2 auf einer 6-stufigen Antwortskala von 1 „sehr niedrig“ bis 6 „sehr hoch“). Eine mittlere Akzeptanz von 3,5 wird hingegen der Arbeitnehmervertretung zugeschrieben. Des Weiteren schätzen Unternehmen, die Persönlichkeitstests auch für die Personalauswahl nutzen, die Akzeptanz seitens externer Bewerber mit einem Mittelwert von 4,6 deutlich höher ein als Unternehmen, die Persönlichkeitstests ausschließlich zur Personalentwicklung verwenden (MW=3,6). Gründe für den Verzicht auf einen Einsatz von Persönlichkeitstests Für 23 (49%) der befragten Unternehmen ist der zusätzliche Nutzen des Instruments zu gering, um einen Einsatz zu rechtfertigen. Weitere 17 (36%) Unternehmen kritisieren den fehlenden beruflichen Bezug. Zudem werden andere Methoden als besser beziehungsweise zuverlässiger eingeschätzt (34%). Jeweils 15 Mal geben Unternehmen an, auf einen Einsatz aufgrund mangelnder Bewerberakzeptanz und/oder zu hoher Kosten zu verzichten (32%). Schlechte Erfahrungen haben 3 (6%) der Unternehmen mit Persönlichkeitstests gemacht (vgl. Abbildung 8). Zusätzlicher Nutzen ist zu gering 23 Zu geringer beruflicher Bezug 17 Andere Methoden werden als besser eingeschätzt 16 Tests können Bewerber abschrecken 15 Zu hohe Kosten 15 Überflüssig für gute Personaler 6 Moralisch/ ethische Gründe 5 Schlechte Erfahrungen mit Persönlichkeitstests 3 0 5 10 15 20 25 Anzahl der Unternehmen Abbildung 8: Gründe gegen den Einsatz von Persönlichkeitstests (Mehrfachnennungen möglich, Basis: N= 47) 8 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Weitere genannte Gründe gegen einen Einsatz sind beispielsweise ein Mangel an Erfahrung im Umgang mit Persönlichkeitstests, Widerstände seitens der Arbeitnehmervertretung und ein zu hoher Aufwand. Auf die Frage, was die Unternehmen dazu bewegen könnte persönlichkeitsorientierte Verfahren einzusetzen, wurde eine Vielzahl von Hinweisen gegeben. Zum einen würde die Behebung der oben genannten Gründe einen Einsatz wahrscheinlicher machen. Zum anderen gibt es auch Unsicherheiten bezüglich der Auswahl „des richtigen“ Verfahrens (vgl. Tabelle 1; siehe hierzu auch Kersting, 2006). Tabelle 1: Freie Antworten der Unternehmen, die keine Persönlichkeitstests einsetzen Was könnte dazu bewegen, Persönlichkeitstests einzusetzen? Das Anforderungsprofil der Stelle müsste miteinfließen, im Sinn eines näheren Bezugs zur Position Besetzung von Massenfunktionen mit einheitlichen Profilen Erkennbarer Bezug zur Berufswelt, klarer Bezug der Konstrukte zu Anforderungsmerkma- len Fundierte Studienergebnisse, leichter verfügbar, mehr Transparenz Klarer Mehrwert für das Auswahlverfahren und positive Aussagen zur Akzeptanz des Ver- fahrens bei Bewerbern Nachvollziehbare Fakten, dass Persönlichkeitstests zuverlässige Ergebnisse liefern und nicht bzw. kaum manipulierbar sind Genaue Ergebnisse, welche Vorteile ein Persönlichkeitstest dem Unternehmen bringt (z.B. Kosten-Nutzen-Analyse) Know-How über den Nutzen Sobald die Voraussetzungen (Akzeptanz, Entscheidung für geeigneten Test) gegeben sind, ist ein Einsatz denkbar Validität der Ergebnisse Stärkerer Bezug zur Management-Praxis Die Einführung einer dualen Ausbildung in unserem Unternehmen mit der Folge vieler gleich qualifizierter Bewerber/-innen Fazit Im Bereich der Personalentwicklung werden persönlichkeitsorientierte Verfahren am häufigsten zur Selbstexploration der Mitarbeiter angeboten. In der Personalauswahl kommen sie vorwiegend im Rahmen von Assessment-Centern zum Einsatz. In Hinblick auf einen wirtschaftlichen Bezug des Verfahrens gehen die Meinungen auseinander. Zum einen wünschen sich viele Nicht-Anwender einen stärkeren beruflichen Bezug. Zum anderen ist es nur für 53% der Anwender wichtig ein Verfahren einzusetzen, welches für den Einsatz in Unternehmen entwickelt wurde (vgl. Abbildung 6). Auch wird die Wichtigkeit berufsnaher 9 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Fragen von Anwendern insgesamt weniger hoch eingeschätzt als andere Verfahrensaspekte (vgl. Abbildung 7). Angemerkt sei an dieser Stelle die Verbindung zu der Frage inwieweit die Arbeitnehmervertretung einem Einsatz kritisch gegenübersteht. Denn gerade der Einsatz von Verfahren, die 1. wissenschaftlich abgesichert sind und 2. einen deutlichen beruflichen Bezug aufweisen, kann durchaus im Sinn der Arbeitnehmervertretung liegen. Die Akzeptanz von Persönlichkeitstests ist für Anwender und Nicht-Anwender der Verfahren gleichermaßen von hoher Bedeutung. Während manche Nicht-Anwender befürchten, Bewerber mit entsprechenden Verfahren abzuschrecken, schätzen gerade jene Unternehmen, welche Persönlichkeitsfragebögen auch für Auswahlzwecke nutzen, die Akzeptanz der Bewerber positiv ein. Insgesamt wird deutlich, dass Unternehmensvertreter das Potential des Instrumentariums positiv bewerten, da es für zahlreiche Anwender „eine gute Unterstützung bei der Entwicklung von Mitarbeitern“ und eine „wichtige Ergänzung im Bewerbungsprozess“ darstellt. Aus diesem Grund ist es eine zentrale Herausforderung der personalpsychologischen Forschung, die Vorteile wissenschaftlich beforschter psychometrischer Verfahren insofern deutlich zu machen, dass diese gegenüber unwissenschaftlichen Methoden bevorzugt werden und somit die Schere zwischen Wissenschaft und Praxis geschlossen wird (Hossiep, Schecke & Weiß, 2015). Literaturangaben Frieg, P. & Schulz, R. (2013). Persönlichkeitsmessung – allgemein und/oder berufsbezogen? Eine Untersuchung zur Konstruktvalidität von PRF und BIP (Forschungsbericht). Bochum: Ruhr-Universität, Projektteam Testentwicklung. Hossiep, R. & Mühlhaus, O. (2005). Personalauswahl und -entwicklung mit Persönlichkeitstests. Göttingen: Hogrefe Hossiep, R., Schecke, J. & Weiß, S. (2015). Zum Einsatz von persönlichkeitsorientierten Fragebogen. Eine Erhebung unter den 580 größten deutschen Unternehmen. Psychologische Rundschau, 66 (2), 127-129. Kersting, M. (2006). Zur Beurteilung der Qualität von Tests: Resümee und Neubeginn. Psychologische Rundschau. 57. S. 243-253 Schuler, H., Frier, D. & Kaufmann, M. (1993). Personalauswahl im europäischen Vergleich. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie Schuler, H., Hell, B., Trapmann, S., Schaar, H., Boramir, I. (2007). Die Nutzung psychologischer Verfahren der externen Personalauswahl in deutschen Unternehmen – Ein Vergleich über 20 Jahre. Zeitschrift für Personalpsychologie, 6 (20), S. 60-70 Ryan, A. M., McFarland, L., Baron, H. & Page, R. (1999). An international look at selection practices: Nation and culture as explanations for variability in practice. Personnel Psychology. 52. S. 359–391 10 Zum Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen Fotoquelle Deckblatt: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/03/Exam.jpg Bitte zitieren Sie diesen Artikel wie folgt: Hossiep, R., Weiß, S. & Schecke, J. (2015). Ist Persönlichkeit gefragt? – Eine Erhebung unter den größten deutschen Unternehmen. (Forschungsbericht). Bochum: Ruhr-Universität, Projektteam Testentwicklung. Stand: 16.06.2015 11
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