Wir müssen unser Dasein so weit als es irgend geht, annehmen

Wir müssen unser Dasein so weit
als es irgend geht, annehmen;
alles, auch das Unerhörte, muss darin
möglich sein.
Das ist im Grunde der einzige Mut, den man
von uns verlangt: mutig zu sein zu dem
Seltsamsten, Wunderlichsten und
Unaufklärbarsten, das uns begegnen kann.
(R. M. Rilke)
Therapeutische Konsequenzen, präventive Ansätze
Gyöngyvér Sielaff
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Gyöngyvér Sielaff
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Gyöngyvér Sielaff
Wenn Eltern psychisch erkranken, wie
geht es eigentlich den Kindern?
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Gyöngyvér Sielaff
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Mutter oder Vater psychisch erkrankt Familie in der Krise
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Existenzielle Verunsicherung
Hohes Trennungsrisiko
Bedürftigkeiten auf allen Seiten
Unterstützung der einzelnen Familienmitglieder
Kinder
Betroffenes Elternteil
Angehörige
gesundes Elternteil
Das ganze System Familie braucht Unterstützung
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Institutionelle Antwort:
Gyöngyvér Sielaff
• im Focus der Psychiatrie:
erkranktes Elternteil bzw. erkranktes Kind
• im Focus des Jugendamts:
Kinder von erkrankten Eltern
Familie als System steht nicht direkt im Mittelpunkt
Kinder psychisch kranker Eltern
Grundbedürfnisse von Kindern
Probleme bei der Krankenhausaufnahme eines
Elternteils (Shachnow, 1987)
1. Alleingelassensein
Emotionale Sicherheit, Aufmerksamkeit und
Anerkennung sowie verlässliche Fürsorge
Klarheit und Transparenz von Strukturen und
Grenzen
Achtung ihrer Fähigkeiten und Bedürfnisse
Altersgerechte Anregungen und lösbare Aufgaben
Rückzugsmöglichkeiten
Freunde und Kameraden
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Gyöngyvér Sielaff
Gyöngyvér Sielaff
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Nur selten rasch verfügbare Ersatz-Bezugsperson
Ungenügende Information und Gesprächsmöglichkeit
Nur selten werden Kinder in die Gespräche im Krankenhaus
einbezogen
2. Reaktive Symptome
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Schlafstörungen, Weinen, Appetitlosigkeit, Abhängigkeit, sozialer Rückzug,
Abfall der Schulleistungen
Bei älteren Kindern zusätzlich: Gewahrwerden der elterlichen Symptomatik Ambivalenz, Scham
3. Zugrunde liegende seelische Befindlichkeit:
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Angst durch Trennung, unheimliche krankhafte Veränderungen
um: Zukunft der kranken Person und der Familie, die eigene Gesundheit
Schuld
Ambivalenz
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Mögliche Folgen einer elterlichen
psychischen Erkrankung
„Eingeschlossen“
Gefühle der Kinder zum erkrankten Elternteil
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Loyalität und Liebe
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innerfamilier
Beziehungsqualität
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Ressourcen
Stressoren
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Kompensation
durch andere
Bezugspersonen
Lebenssituation
der Kinder
Parentifizierung
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Lösungen: Trennung der Kinder von der
Mutter ???
Einflussfaktoren auf die Lebenssituation
Alter der Kinder
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Überheblichkeit &
Verachtung
Kinder schizophrener Mütter, die bei den Müttern
aufgewachsen, haben gegenüber denen, die in
Fremdfamilien aufwachsen, ein leicht vermindertes eigenes
Erkrankungsrisiko (Higgins et al. 1997)
Bindungsdefizite (durch die erkrankte Mutter) können
ausgeglichen werden, wenn weitere sichere
Bindungspartner in der Familie zur Verfügung stehen (Cook
2000)
Kinder schizophrener Mütter können durch die Situation
besondere Fähigkeiten entwickeln
Störungsbild
und Krankheitsverlauf
Isolierung
Tabuisierung
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Hilfen für Kinder im Spannungsfeld
von
Familienwohl
Kindeswohl und Elternwohl
Hilfe- und Kontrollfunktion der Jugendhilfe
Autonomie und Zwang
System und Profession
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Kindeswohl
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Elternwohl
Gyöngyvér Sielaff
Lösungen: Unterstützung für die Mütter
(Behandlung)
Lösungen: Unterstützung für die Mütter
(Freiräume und Entlastung)
Aktive Sicherstellung der Einhaltung
therapeutischer Verordnungen und Absprachen
Medikation zur Symptomreduktion
Information und Psychoedukation zur
Rückfallprophylaxe
Psychotherapeutische Maßnahmen zur
Wahrnehmungsdifferenzierung und zur
Verbesserung emotionaler Bewertungen
Anleitung und Training von Verhalten gegenüber
Kindern (Gruppenangebot)
Patenfamilien für Krisenzeiten und als Modelle
günstigen Verhaltens
Vereinfachung des Zugangs zu KiT‘en
Flexible Abgabemöglichkeiten der Kinder nach
therapeutisch abgesprochenem Plan
„Teilzeiterziehung“
(analog zur Teilzeitbeschäftigung)
Weg von moralischer Wertung: „Eine gute Mutter
muss immer für ihr Kind da sein!
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Warum Patenschaften
„Getragen“
unterstützende Faktoren
• Den Müttern zur Seite stehen
• Die Kinder begleiten
–
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verläss s und
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Freund ilie
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Überforderung. Den Müttern in Krisen zur
Seite stehen
Angst und Verwirrung. Die Kinder in
schwierigen Zeiten begleiten
Voraussetzungen: Alle müssen
zusammenarbeiten
Verbindlichkeit. Ein gemeinsamer Kontrakt
besiegelt die Absprachen
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Lösungen: Unterstützung für die Kinder
(wie?)
Stigmatisierende Spezialbehandlungen vermeiden
Alltagsnormalisierung und Verlässlichkeit herstellen durch:
–
Externe Protektoren: Lehrer, Nachbarn, Pfarrer
–
Initiierung von Freundschaften zu stabilen
Klassenkameraden (z.B. durch Lehrer)
–
Förderung der Geschwistersolidarität
Ichstärkung und Gruppenidentität durch nachdrückliche
Einladung zu Vereinen, Musikschulen,
Jugendveranstaltungen
Kindergruppen wie Auryn, Windlicht
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Verunsicherung
Wahrnehmungsirritation
Toleranz für
„Anderssein“
Fehlende Orientierung
Empathie, Feinfühligkeit
Überfordernde
Verantwortung
Verantwortungsgefühl
Soziale Reife
Selbstauferlegtes
Schweigen
Offenheit mit brisanten
Themen
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Modellprojekt Regenbogen: Ein Kind der
Brücke Elmshorn e.V.
DIE BRÜCKE
ELMSHORN E.V.
„Zeit, Geduld, Erfahrung,
Kompetenz, Motivation, Unterstützung,
Vielfältigkeit, Mut, Freude, Verzicht, Ideen,
Anregung – eben Regenbogen“
Einrichtungen
für Menschen mit
psychischen Problemen
(Familie K.)
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„Die Einheit hinter den Gegensätzen“
Transparenz und Vernetzung
Familientherapeutische Begleitung bei
seelischen Erkrankungen
Präventiver Auftrag: Erhalt der Familie durch
• Krisenbegleitung
• Unterstützung der Kinder
–
Therapeutische Kindergruppen bis 14. Lebensjahr
–
Einzelgespräche / Therapien für Jugendliche
–
Beratung und Therapien für erwachsene Kinder psychisch
erkrankter Eltern
• Beratung und Therapien für die Eltern
–
Einzeln und gemeinsam als Paar
• Belastbares soziales Netz um die Familie ausbauen –
z.B. Patenschaften
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Präventiver Auftrag: Erhalt der Familie durch
Stärkung der Zusammenarbeit von:
•
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•
•
•
•
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ErzieherInnen in den Kindergärten,
KlassenlehrerInnen, VertrauenslehrerInnen in den Schulen
Verwandte, Freunde, engagierte Nachbarn
MitarbeiterInnen von Jugendhilfeeinrichtungen
MitarbeiterInnen von Beratungsstellen
MitarbeiterInnen der Psychiatrie
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Gegen Tabu und Vorurteil
Gesellschaftlicher Auftrag: Sensibilisierung für die Situation
der Familien mit seelischen Erkrankungen, insbesondere für
die der Kinder.
• Wissen und Einstellung
–
Fortbildungsangebote für Erzieher, Lehrer Pädagogen
–
Fortbildungsangebote für professionelle Mitarbeiter der
Jugendhilfe und Psychiatrieeinrichtungen
• „Lasst uns darüber offen reden“ - Öffentlichkeitsarbeit
–
Presse (Lokalzeitungen bis Psychologie heute)
–
Lesungen (Kirsten Boie: Mit Kindern redet ja Keiner)
–
Anregung von Unterrichtsprojekten zu psychischen
Erkrankungen
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