„Es werden bewußt Dinge weggelassen“

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„Es werden bewußt Dinge weggelassen“
Asylkrise: Ein Zeitungsbericht legt den Verdacht nahe, daß Behörden Berichte über
Straftaten von Flüchtlingen unterdrücken
Felix Krautkrämer
Wird die Zahl der von Asylbewerbern begangenen Straftaten von der Polizei geschönt? Zu
diesem Schluß kommt ein Artikel, der in der vergangenen Woche in mehreren
Regionalzeitungen der Madsack-Mediengruppe erschienen ist.
„Es wird nicht gelogen, nichts vertuscht, aber es werden ganz bewußt Dinge weggelassen.
Das ist das Problem“, beklagt darin ein Kriminalbeamter. Für das Verfassen der
Polizeiberichte gebe es die Anweisung, „unseren Interpretationsspielraum so zu nutzen, damit
der zivile Frieden gewahrt bleibt“. Hierfür würden Fälle wie blutige Schlägereien
heruntergespielt und verharmlost. Zu viele schlechte Nachrichten aus den Asylunterkünften
könnten dazu führen, daß die Stimmung kippe und „rechten Schreihälsen“ in die Karten
spielen, befürchten die Beamten.
Die Anweisung gelte auch für die Erstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik. Im
Bundesinnenministerium werde die Ansicht vertreten, der Bevölkerung könne die Erkenntnis
nicht zugemutet werden, daß die Statistik eine Häufung sexueller Gewalt und schwerer
Körperverletzungen in und um Flüchtlingszentren bestätige. Deswegen würden „Statistikfilter
ein wenig anders gesetzt“, einige Zahlen würden verspätet geliefert, und es würde „kaschiert,
weggedrückt und umbenannt“.
Das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern teilte als Reaktion auf den
Zeitungsartikel mit, die Landespolizei bearbeite und erfasse alle Straftaten gleichermaßen.
„Ein Teil der Straftaten im Zusammenhang mit der seit September angestiegenen
Zuwanderung“ könne in der Statistik aber noch gar nicht enthalten sein. „Auch ohne
belastbares statistisches Material ist jedoch zu erwarten, daß es zukünftig einen Anstieg von
Straftaten geben wird.“
In den vergangenen Monaten seien weit über 10.000 Menschen nach MecklenburgVorpommern eingewandert. „Zu erwarten, daß gerade diese Menschen keine Straftaten
begehen werden, ist wirklichkeitsfremd.“ Vielmehr bestehe für Menschen, „die
gesellschaftlich hier nicht verwurzelt sind, aus unterschiedlichsten Ländern und Kulturen
kommen und teilweise traumatisiert sind, gerade ein spezifisches Risiko der Straffälligkeit“.
Zuvor hatte das Bundesinnenministerium die Ergebnisse einer ersten vorläufigen
Lageübersicht des Bundeskriminalamtes zum Thema „Kriminalität im Kontext von
Zuwanderung“ veröffentlicht. Demnach seien Asylbewerber nicht krimineller als Deutsche.
„Insgesamt zeigen uns die derzeit verfügbaren Tendenzaussagen, daß Flüchtlinge im
Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig werden wie Vergleichsgruppen der hiesigen
Bevölkerung“, kommentierte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Lageübersicht.
Tatverdächtige aus Serbien, den Kosovo und Mazedonien seien überrepräsentiert,
Verdächtige aus Syrien und Irak dagegen unterrepräsentiert.