Der Ungar Adam Fischer wird Chef der Düsseldorfer Symphoniker Die junge Stimme der Rheinoper: Elena Sancho Pereg Festival- und Konzert-Empfehlungen Verlagsbeilage MUSIK ALISCHE LEITUNG A X EL KO B ER INSZENIERUNG H UA N-H S I U N G L I WEITERE TERMINE Mi 09.12. | Sa 12.12. | Do 17.12. So 20.12. | Sa 26.12.2015 INFOS UND K ARTEN 0203. 940 77 77 operamrhein.de Linda Watson (Turandot). Foto: Hans Jörg Michel / Gestaltung: Markwald Neusitzer Identity PREMIERE S A 0 5 .12 . 2 015 T HE AT ER DUISBURG inhalt Elena Sancho Pereg. Foto: Hans Jörg Michel 4 Musikspecial 10 / 2015 »Ich bin keine StimmMaschine« Spielt singend und singt spielend: die kommende Förderpreis-NRW-Trägerin Elena Sancho Pereg. 8 Der Weltbürger Der ungarische Stardirigent Adam Fischer kommt als »Principal Conductor« nach Düsseldorf. 16 10 Franz Welser-Möst beweist mit dem Cleveland Orchestra, wie man den Nachwuchs lockt – auch in Köln und Dortmund. 12 Paradiesisch Der Flame Philippe Herreweghe ist »Artist in Residence« der Essener Philharmonie. Herbstmusik, Hertzmusik Pop in Düsseldorf, Elektronik in Essen: das »New Fall Festival« und das »Denovali-Festival« Ohne Wumms 18 Konzertempfehlungen Unsere Auswahl von Oktober bis Dezember – von Ashkenazy über Leonskaja bis zum »Trio Zimmermann« SEITE 4 14 Echo von Elementarteilchen NOW!, das Festival Neuer Musik in Essen, widmet sich dem Spektralismus 15 Ausdrucksstark und preisgekrönt: Elena Sancho Pereg Kult, Mode, Hype Immer wieder Herne: Seit 40 Jahren entdecken die »Tage Alter Musik« Neues im Alten. I M P R E S S U M Sonderausgabe Musikspecial 2015 k . wes t erscheint monatlich im Verlag K-West GmbH Heßlerstraße 37, 45329 Essen Tel.: 0201/86 206-33, Fax: 0201/86 206-22 www.kulturwest.de M A R K E T I N G MaschMedia, Oberhausen Y O U T Herweg / Pecher D R U C K Hitzegrad Print Medien & Service GmbH, Dortmund T I T E L F O T O Jan Vogler. Foto: Uwe Arens RITEN, MODEN UND IDOLE IN DER MUSIK ZWISCHEN MITTELALTER UND FRÜHROMANTIK 9 konzerte des westdeutschen rundfunks köln und das Kulturpolitische Forum WDR 3 V.i.S.d.P.: A. Wilink A 12. bis 15. november KULT Alla Turca Kollektif • Chouchane Siranossian & l‘arte del mondo Le Concert Spirituel • Elbipolis Barockorchester Hamburg La Grande Chapelle • Vox Werdensis • Kölner Akademie Caitríona O‘Leary & Dúlra • Il Sogno Barocco R E D A K T I O N L TAGE ALTER MUSIK IN HERNE //15 blas- und saiteninstrumente Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne und ein Werkstattkonzert von Studierenden der Hochschule für Musik und Tanz Köln Information: Stadt Herne – Fachbereich Kultur – Thomas Schröder Willi-Pohlmann-Platz 1 – 44623 Herne fon (02323) 16-2839 – fax (02323) 16-1233 9228 [email protected] – www.tage-alter-musik.de »Ich bin keine Stimm-Maschine« TEXT Regine Müller Sie liebt es, spielend zu singen: Die Sopranistin Elena Sancho Pereg erhält den Förderpreis NRW als herausragende Nachwuchssängerin und ist für den FAUST-Preis nominiert. Elena Sancho Pereg in Strauss’ »Ariadne«. Foto: Hans Jörg Michel Großer Auftritt in einer kleinen Rolle: Wenn Elena Sancho Pereg die Szene als Fiakermilli in Richard Strauss’ »Arabella« betritt, zieht sie alle Blicke auf sich. Die zerbrechlich-zarte Sopranistin trägt ein knappes, mintgrünes Pailletten-Bustier, darüber ein blaues Samtjäckchen, einen gelben Tüll-Minirock zu Netzstrümpfen, auf dem Kopf einen riesigen Zylinder und in der Hand eine Schampus-Flasche. Silke Wilretts schräge Kostüm-Kombination für die Rheinoper ist wie geschaffen für die junge Spanierin, deren Ausstrahlung auffallend anders ist. Erster Eindruck: Das ist eine Schauspielerin! Wenn man Elena Sancho Pereg auf der Opernbühne erlebt, vergisst man unwillkürlich, dass sie singt. Obwohl die Fiakermilli kein stimmlicher Spaziergang ist und die glitzernden Zerbinetta-Koloraturen in Strauss‘ »Ariadne auf Naxos« (ihr Debüt an der Rheinoper) alles andere als zu überhören sind. Dennoch, man 4 MUSIKSPECIAL folgt zuerst gebannt ihrem Spiel und der faszinierenden Erscheinung, bevor man die Qualität dieser Stimme registriert. Es gibt viele Talente, aber nur sehr wenige Ausnahmetalente. Die Theaterwelt spricht dann vom »Bühnentier« – der seltsame Begriff bezeichnet treffend das Unmittelbare der Überwältigung. Elena Sancho Pereg gehört zu dieser raren Spezies. Der zierliche Wirbelwind singt nicht nur formidabel, sondern verleiht der Zerbinetta einen schillernden Charakter zwischen ausgelassenem Charme und der kaputten Traurigkeit eines Junkie-Girls. Auch ihre Fiakermilli ist eine exzessive, strahlende Figur, die zugleich stark gefährdet und brüchig wirkt. Und die Stimme? Sie funkelt verführerisch, springt federleicht in Höhen-Regionen und meistert die schwierigsten Koloraturen in quecksilbriger Beweglichkeit und makelloser Spurführung. Ihr k.west 10/ 15 wenn die Begabung einfach so da ist. Sie sagt: »Meine Stimme war immer hoch, ich musste mir das nicht erarbeiten. Ich hatte zwar viele Lehrer, aber konnte die meisten schlecht verstehen.« Inzwischen gehört sie zum Ensemble der Rheinoper. Noch ist ihr Repertoire schmal, sie hat Zeit zu studieren und fühlt sich am Haus als »Teil einer Familie«. Wie erarbeitet sie sich eine Gewalt-Partie wie Zerbinetta? »Ich singe lange Zeit nicht mit der Vollstimme, sondern summe. Schwierige Stellen muss ich dann richtig trainieren, aber soft, ich muss nur meinem Körper zuhören. Und zuallererst übersetze ich mir den Text, denn nur, wenn ich den Sinn ganz und gar verstehe, kann ich den Klang erzeugen.« Ganz ohne Hürden verlief Elena Sancho Peregs junge Karriere nicht. Nach dem Studium an der Guildhall durchlebte sie eine Krise, hörte auf zu singen und wollte – der Impuls der Missionarin? – die Welt verbessern. Dann aber traf sie einen Coach: »Heute ist das Geheimnis meiner Karriere, dass ich mich um meine emotionale Stabilität kümmere. Überhaupt steht im Zentrum meine innere Entwicklung, mein Wachstum als Mensch. Das Singen ist nur mein Werkzeug.« Irgendwann würde sie gern Verdis »La Traviata« singen, auch die Königin der Nacht in der »Zauberflöte«. Für einen hohen, koloraturgängigen Sopran bietet sich doch auch parallel die Konzertkarriere an? Sie schüttelt den Kopf. »Ich bin nicht wirklich eine Sängerin. Mein Stimm-Mechanismus ist gekoppelt an das Spiel, ohne das kann ich keine Töne produzieren. Ich bin keine Stimm-Maschine!« SAISON 2015 | 2016 ZYKLUS A MEISTERKONZERTE KÖLN ZYKLUS B Mittwoch, 14.10.2015 Montag, 19.10.2015 WA R S CH AU E R N AT I O N A L PH I L H A R M O N I E JAN LISIECK I Klavier | INGRIDA GAPOVA Sopransolo JACEK K A SPSZ Y K Dirigent PH I L H A R M O N IA ZÜ R I CH I VO P O G O R ELI CH Klavier | FAB I O LUISI Dienstag, 10.11.2015 G ÖT E B O R G E R S YM PH O N I K E R AR AB ELL A S T EINBACHER Violine K EN T NAG AN O Dirigent Mittwoch, 09.12.2015 I M US I CI D I R O M A M AG ALI M OSNIER Flöte AN TO NI O ANSEL M I Konzertmeister Donnerstag, 28.01.2016 AC A D E MY O F S T M A R T I N I N T H E FI E L DS Y ULIANNA AV D EE VA Klavier JULIA FISCHER Violine & Leitung Mittwoch, 17.02.2016 ZYKLUS C Montag, 02.11.2015 Dirigent Montag, 23.11.2015 R OYA L S TO CK H O L M PH I L H A R M O N I C O R CH E S T R A LISA BAT IA SH V ILI Violine | SAK AR I O R A M O Samstag, 12.03.2016 M I S CH A M A I S K Y Violoncello M A R T H A A R G E R I CH Klavier Donnerstag, 14.04.2016 TO N H A L L E - O R CH E S T E R ZÜ R I CH J E AN -Y V E S T HIBAUD E T Klavier LI O NEL B R IN GUIER Dirigent Montag, 06.06.2016 Violine AC A D E MY O F S T M A R T I N I N T H E FI E L DS HAR R IE T K R I J G H Violoncello SIR NE V ILLE M AR R INER Dirigent Montag, 14.12.2015 Dirigent Donnerstag, 03.12.2015 C A M E R ATA M Ü N CH E N HÉLÈNE G R IM AUD Klavier R AD OSL AW SZULC Leitung Sonntag, 31.01.2016 W I E N E R S YM PH O N I K E R HIL ARY HAHN Violine PHILIPPE J O R DAN Dirigent Donnerstag, 03.03.2016 D R E S D N E R PH I L H A R M O N I E N O BU Y UK I T SUJ II Klavier M I CHAEL SAND ER LIN G Dirigent C A M E R ATA SA L Z B U R G FA ZIL SAY Klavier A N N E -S O PH I E M U T T E R L A M B ER T O R K IS Klavier Kölner Philharmonie | 20 Uhr Mittwoch, 27.04.2016 S T U T TG A R T E R K A M M E R O R CH E S T E R K L AUS FLO R IAN VO G T Tenor CHR IS TO PH E SS Horn M AT T HIA S FO R EM NY Dirigent Mittwoch, 25.05.2016 T H E M U T T E R - H A R R E L L- B R O N FM A N T R I O ANNE-SO PHIE MU T T ER Violine LY NN HAR R ELL Violoncello Y EFIM B R O NFM AN Klavier B E R LI N E R BAR O CK S O LI S T E N ALB R ECH T M AY ER Oboe R EINH O LD FR IED R I CH Trompete SA SK IA FIK EN T SCHER Blockflöte G OT T FR IED VO N D ER G O LT Z Violine und Leitung Mittwoch, 13.01.2016 SÄCH S I S CH E S TA AT S K A PE L L E D R E S D E N RUD O LF BU CHB IND ER Klavier und Leitung Samstag, 09.04.2016 A N N E -S O PH I E M U T T E R MU T T ER S V IR T U OSI Violine Dienstag, 17.05.2016 W I E N E R CO N CE R T-V E R E I N ALISO N BAL SOM Trompete K I T AR MS T R O N G Klavier LO R ENZO V I OT T I Dirigent Einzelkartenvorverkauf über 0221 / 258 10 17 Fordern Sie unser Programm an! Werden Sie Abonnent! Änderungen vorbehalten! scheint alles leicht zu fallen. Tatsächlich verlief ihr Weg scheinbar geradlinig: Nach Studien in Madrid und an der Guildhall School of Music and Drama London erarbeitete sie sich Partien wie Musetta aus Puccinis »La Bohème« und Norina aus Donizettis »Don Pasquale«. Als Mozarts Donna Anna in »Don Giovanni« gab sie ihr Deutschland-Debüt am Theater Krefeld-Mönchengladbach, dessen Operndirektor Andreas Wendholz sie entdeckte und direkt engagierte. Er habe Elena erstmals als Gilda beim Sommerfestival im belgischen Alden Biesen 2013 erlebt. »Eine Vollblutkünstlerin. Ihre Offenheit, Warmherzigkeit und der Verzicht auf alles Prätentiöse machen sie für mich zu einer Künstlerin mit ganz besonderer Ausstrahlung.« Unprätentiös, ja, etwas scheu und ungläubig, wenn man ein Interview anfragt. Als »Schicksal« bezeichnet sie ihren Beruf, sie habe schon als Kind immerzu gesungen. Trotzdem wollte sie »Missionarin oder Schauspielerin« werden. Mit dem Singen fing sie an, »weil ich alles andere nicht mochte: Ballett, Schwimmen … Dass ich Sängerin bin, ist ein Unfall, ich war nicht sehr überzeugt von meinem Talent. Man hat mich überredet, und es war die einzige Möglichkeit, nach Madrid zu kommen.« Nach ihrem Gesangsstudium befragt, gibt sie entwaffnend zu: »Das Üben, Technik trainieren, Skalen singen habe ich nie geliebt. Ich wache erst auf, wenn ich spielen kann, dann kann ich über die Stimme artikulieren, was in mir ist. Singen ist für mich die perfekte Art, Gefühle zu transportieren, es ist pure Schwingung.« Wer wenig übt, kann auch keine Fehler trainieren. Zumal, Westdeutsche Konzertdirektion . Obenmarspforten 7 -11 . 50667 Köln . Tel. 02 21 / 2 58 10 17 . Fax 2 57 89 49 . [email protected] . www.wdk-koeln.de 353972 Anzeige KulturWest_189,5x127.indd 1 21.09.15 09:59 Lied-Zauber und Horn-Vielfalt TEXT CHRISTOPH VRATZ Die Saison der Duisburger Philharmoniker – Intendant Alfred Wendel stellt sie vor und erläutert das Konzert-Programm, zu dem an prominenter Stelle unter anderem der Tenor Christoph Prégardien und der Hornist Radek Baborák eingeladen sind. Liedzyklen von Franz Schubert Die schöne Müllerin 31. Januar 2016, 19 Uhr Zyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller Christoph Prégardien Christoph Schnackertz (Klavier) Schubertiade 20. Februar 2016, 19 Uhr Lieder und Ensemble-Gesänge von Franz Schubert u.a., mit anschließendem Meet the Artists im Foyer Winterreise Tenor und Geburtstagskind: Christoph Prégardien. Foto: Marco Borggreve 21. Februar 2016, 19 Uhr Zyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller Christoph Prégardien, Hartmut Höll (Klavier) Schwanengesang 13. März 2016, 19 Uhr Lieder nach Gedichten von Ludwig Rellstab, Heinrich Heine und Johann Gabriel Seidl Christoph Prégardien, Michael Gees (Klavier) Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi. Foto: Andreas Köhring 6 RUBRIK VERLAGSSONDERSEITEN Sie sind klein, mitunter unscheinbar. Doch in ihnen wohnt größter Reichtum. Sie spiegeln unser ganzes Leben, auf engstem Raum, prall, schillernd, unverfälscht. »Lieder« sind ein Faszinosum – und die Gattung »Lied« tatsächlich ein Publikumsmagnet: jedenfalls in Duisburg. Dort hat man geschafft, was sonst höchstens an exquisiten Festival-Orten möglich scheint: ein beachtliches Publikum für das Lied zu begeistern, und das seit Jahren. »Selbst bei ungewöhnlichen Projekten hat sich Duisburg als Lied-verliebte Stadt gezeigt«, betont Alfred Wendel, Intendant der Duisburger Philharmoniker. Daher werde es auch in der neuen Spielzeit wieder einen Abend »mit Seltenheitsanspruch« geben. Eine »Schubertiade« soll es sein. Der Tenor Christoph Prégardien wird, rund um seinen 60. Geburtstag, an drei Abenden die drei großen Liedzyklen von Franz Schubert singen – sozusagen drei der Achttausender im Lied-Gebirge: »Winterreise«, »Die schöne Müllerin«, »Schwanengesang«. Werke, die niemanden kalt lassen, pendelnd zwischen Liebeswonnen und Weltschmerz, irrlichternd zwischen Frühlingserwachen und Todessehnen, verortet zwischen rauschenden Gewässern und eisgefrorenen Äckern. Außerdem wird Christoph Prégardien ein Konzert gestalten, das unmittelbar an die Musik-Gewohnheiten zur Schubert-Zeit anknüpft: Musik mit und unter Freunden, ein Bukett aus Liedern und Gesängen, darunter »Erlkönig« und »Musensohn«, aber auch Chorlieder zum Thema Nacht, das Ganze drei Stunden lang, mit zwei Pausen und in unterschiedlichsten Formationen und Farben: mit zwei Pianisten, den Hornisten der Duisburger Philharmoniker, mit dem »Camerata Musica«-Chor aus Limburg sowie Mitgliedern der Familie Prégardien: mit Christoph, Sohn Julian, ebenfalls Tenor und auf dem Weg zu einer großen Karriere, und mit Ehefrau Samira an der Klarinette. k.west 10/ 15 Artist in Residenz: Radek Baborák Bilder aus Russland 20. und 21. Januar, 20 Uhr Duisburger Philharmoniker Radek Baborak, Axel Kober (Leitung) 2. Haniel Akademie Konzert 10. Mai 2016, 20 Uhr Radek Baborák, Martina Bačová (Violine) Hana Baboráková (Violoncello) Miroslav Severa (Klavier) Baborák Orquestrina 5. Juni 2016, 19 Uhr Kammerkonzert mit Werken von Nino Rota, Gabriel Fauré, Lev Kogan Astor Piazzolla und Maurice Ravel Neuer Artist in Residenz: Radek Baborák. Foto: Ondrej Pycha Worin liegt nun der Zauber des Liedes? Für Alfred Wendel ist es klar: »in der Schönheit der Melodie, der Verschmelzung von Stimme und Instrument, in der Verständlichkeit des Textes und seiner Unmittelbarkeit. Die Inhalte der Lieder gehen uns alle an.« Vom Totenglöckchen, das der Gattung oft geläutet wurde, wenn es als Relikt einer vergangenen Epoche angesehen wurde, möchte Wendel nichts wissen: »Im Gegenteil, in Duisburg zeigen wir, wie gut es funktionieren kann. Wir stärken dieses Genre!« Der neue Artist in Residence Christoph Prégardien war bereits 2010/2011 gefeierter Artist in Residence bei den Duisburger Philharmonikern. In dieser Saison ist es nun erstmals ein Bläser: der tschechische Hornist Radek Baborák. Er wird sich in dreifacher Funktion präsentieren: als Solist in einem Hornkonzert des nach wie vor unterschätzten russischen Spätromantikers Reinhold Glière; als Kammermusiker mit einem Programm aus Entlegenem und Bekanntem, und schließlich mit seiner »Orquestrina«, einem kleinen, handverlesenen Ensemble aus Kollegen und Freunden, das sich in Piazzollas Tango-Welten genauso heimisch fühlt wie in der Filmmusik oder bei Ravels »Bolero«. k.west 10/ 15 »Wie bei all unseren Residence-Künstlern war auch Baborák schon zuvor in Duisburg zu Gast.«, sagt der Intendant. In der vergangenen Saison hatte er das zweite Hornkonzert von Richard Strauss gespielt. Wendel: »Nicht nur das Publikum reagierte begeistert, auch das Orchester ist fast vom Stuhl gefallen. Wie kann jemand mit einer solchen Leichtigkeit, Klangschönheit und gleichzeitiger Gelassenheit so perfekt Horn spielen?« Bereits mit acht Jahren hatte Baborák das Instrument für sich entdeckt. Nacheinander sammelte er Auszeichnungen am Fließband, eine davon der renommierte ARD-Wettbewerb in München, wo er gleich zweimal den Ersten Preis zugesprochen bekam. Dann war er Solo-Hornist bei den Vorzeige-Orchestern von München und Bamberg sowie bei den Berliner Philharmonikern. Schließlich sagte er sich: »Genug, jetzt probiere ich mein Glück als freischaffender Musiker!« – Mit überwältigendem Erfolg. und die Pianistin Elisabeth Leonskaya als Solisten begrüßen wird. Sechs weitere Konzerte sind Gastdirigenten vorbehalten. »Da ist immer eine gute Balance gefragt«, erläutert Alfred Wendel, »um sowohl dem Publikum eine große Bandbreite mit spannenden Programmen anzubieten und gleichzeitig auch das Orchester zu fördern«. Mit Jonathan Darlington kehrt ein ehemaliger Duisburger Chefdirigent zurück, mit Reinhard Goebel kommt ein Musiker, der sich eher auf dem heiklen Gebiet der historisch orientierten Aufführungspraxis bestens auskennt. Flexibilität als Trumpf. DUISBURGER PHILHARMONIKER Saison 2015 /16 im Theater am Marientor ab Saison 2016/17 wieder Gute Balance des Programms in der Philharmonie Mercatorhalle Weitere Informationen unter www.duisburger-philharmoniker.de Duisburgs Philharmoniker werden an sechs Doppelabenden im Abonnement der Philharmonischen Konzerte von ihrem Chef, Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi, geleitet, der unter anderem den Geiger Frank Peter Zimmermann Telefon: 0203 / 283 62 100 VERLAGSSONDERSEITEN RUBRIK 7 Der Weltbürger TEXT Guido Fischer In diesen bewegten Tagen mit Adam Fischer nur über die Musik zu sprechen, ist undenkbar. Der ungarische Staatsbürger stammt aus einem Land, das die Nachrichtenlage beherrscht. Fischer, der sich als Künstler, als politischer Mensch versteht und öffentlich gegen Antisemitismus und Xenophobie eintritt, hat, wie er sagt, »kriegsähnliche Zustände« miterlebt, als er im September auf dem Weg nach Budapest die österreichisch-ungarische Grenze passierte. Er kam aus dem burgenländischen Eisenstadt, wo er die von ihm gegründeten Haydn-Festspiele geleitet hatte. Schockierend seien für ihn die Szenen gewesen, zynisch empfindet er es, wie die Regierung seiner Heimat noch die Stimmung aufheizt und Feindbilder schürt. Natürlich hat Fischer überlegt, mit seinen Möglichkeiten Zeichen der Anteilnahme zu setzen. Momentan aber glaubt er, dass es kurzfristig den Flüchtlingen wenig helfen würde, für sie Beethoven zu dirigieren. Auch den Plan für ein Chorsingen mit Flüchtlingskindern hat er verworfen. »Vielleicht werde ich eher musikalische Projekte dort auf die Beine stellen, wo die Asylanten ein neues Zuhause gefunden haben«. Politisch motivierte Konzerte hat der 1949 in Budapest geborene, heute auch in Hamburg lebende Musiker häufig gegeben. Etwa im Mai 2014 in Düsseldorf, als er mit den Düsseldorfer Symphonikern bei Mozarts Requiem an die in der NS-Zeit verfolgten Sinti und Roma erinnerte. Aus der ersten Begegnung zwischen dem Traditionsorchester und einem Dirigenten, der namhafte Klangkörper in Wien, Paris, London und den USA geleitet hat, wurde eine feste Verbindung. Seit der neuen Saison 2015/16 ist Fischer Erster Konzertdirigent, wie es offiziell heißt: »Principal Conductor«. In den kommenden fünf Jahren will man sämtliche Symphonien von Gustav Mahler erarbeiten und aufführen. Und in jeder Saison mit einem Sonderkonzert Flagge zeigen: Im März 2016 wird Brahms’ »Deutsches Requiem« am Tag der Frau stattfinden. Mit Adam Fischer landen das Städtische Orchester und Intendant Michael Becker einen Coup. Gehört er doch zu den weithin gefragtesten Konzert- und Operndirigenten, der seit vierzig Jahren an ersten Adressen auftritt, an der Mailänder Scala, der New Yorker MET oder in Bayreuth, wo er für seinen »Ring des Nibelungen« 2001 vom Fachorgan Opernwelt zum Dirigenten des Jahres gewählt wurde. Auch im Konzertbetrieb garantiert der 66-Jährige ansteckende Musizierfreude wie gehaltvolle Auseinandersetzung mit den Klassikern. 8 MUSIKSPECIAL Geistige Positionierung und technische Instandhaltung: Der ungarische Stardirigent Adam Fischer kommt nach Düsseldorf. Er ist der neue Principal Conductor. Seine Beschäftigung mit dem kompletten, über hundert Sinfonien umfassenden Orchesterschaffen von Joseph Haydn hat nicht nur Fischers Verständnis für andere Komponisten verändert. Die Gesamteinspielung mit der Österreichisch-Ungarischen Haydnphilharmonie (parallel zum Haydn-Festival gegründet) revidierte entschieden das Bild vom braven »Papa Haydn«. Fischer: »Seine Musik ist für jeden Interpreten eine riesige Herausforderung, da Haydn so irrsinnig viele Ideen und Einfälle hatte.« Schon in seiner Budapester Jugend ließ sich Fischer von Haydn infizieren. 1987 dann etablierte er in Haydns einstiger künstlerischer Heimat das Festival, das auch wenig bekannte Opern des Meisters aufführt. Mit der gerade zu Ende gegangenen Ausgabe endete eine Ära. Fischer übergab das Festival dem um dreißig Jahre jüngeren Nicolas Altstaedt. Aber bleibt Eisenstadt als Ehrendirigent verbunden: »Es war mein Kind – jetzt ist es mein Enkel.« Neben Verpflichtungen, die Fischer weiterhin in Ungarn absolviert (»Budapest ist trotz des allgemeinen Klimas eine lebendige und weltoffene Stadt«), liegt sein Augenmerk deutlich auf Düsseldorf. Hier wird er mit seinem musikalischen Partner Alexandre Bloch, der als »Principal Guest Conductor« fungiert, den Hauptteil der Konzerte übernehmen. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass er eine Produktion an der Deutschen Oper am Rhein leitet. Für seinen Antritt wählt Fischer zwei Herzenskomponisten aus. Haydns populäre Sinfonie Nr. 88 steht neben Mahlers Siebter und damit einem für sämtliche Instrumentengruppen nicht leicht zu hebenden Brocken. Unbekannt ist das Werk dem Orchester nicht. Man hat es oft bei einem Mahler-Abend gespielt, den hier Ballettchef Martin Schläpfer choreografierte. Dass Fischer mit dieser Symphonie, die bizarren Walzerspuk, Jubelfanfaren und die für Mahler typischen Herdenglocken k.west 10/ 15 Adam Fischer. Foto: Susanne Diesner aufbietet, startet, hat noch aufführungspraktische Gründe. Bei einem Orchester, das wie die Symphoniker mehr Oper als Konzerte spielt, müssen für ihn Konzertprogramme mit neuen Anstrengungen geplant werden. »Manche Instrumentengruppen sind in der Oper einfach nicht gefordert. In der italienischen Oper etwa spielen die Bratschen oft stundenlang nur eine einzige banale Figur.« Gerade bei Mahler-Symphonien, speziell der Siebten, in der sogar Gitarre und Mandoline zum Einsatz kommen, gibt es hingegen für jeden eine Menge zu tun. Weil Mahler für Fischer auch ein großer Pädagoge war, der jeden Musiker und jede Gruppe besonders förderte, sind die Symphonien das, was er lachend als »technische Instandhaltung eines Orchesters« bezeichnet. Adam Fischer, Düsseldorfer Symphoniker Werke von Haydn, Mahler 20., 22.& 23. November, Tonhalle, Düsseldorf. 08. OKT – 13. OKT 2015 EIN PROJEKT DER BOCHUMER SYMPHONIKER KÜNSTLERISCHE LEITUNG: STEVEN SLOANE INFOS UND KARTEN UNTER: 0234 - 33 33 55 55 k.west 10/ 15 WWW.BOCHUMER-SYMPHONIKER.DE DAS GANZE PROGRAMM AUF WWW.BOCHUMER-SYMPHONIKER.DE RUBRIK 9 Ohne Wumms Die goldenen Zeiten der Industriemetropole Cleveland sind vorbei. Im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs wuchsen die sozialen Spannungen, während die Bevölkerungszahl der ehemals fünftgrößten Stadt der USA rapide auf nun knapp 400.000 Bewohner sank. Auch Franz Welser-Möst muss gestehen, dass es attraktivere, lebenswertere Städte für einen Profimusiker wie ihn gibt. Trotzdem hat er im letzten Jahr den Vertrag als Chefdirigent des Cleveland Orchestra vorzeitig verlängert. Bis 2022 wird er bleiben und dann stolze zwanzig Jahre im Amt gewesen sein. Dabei ist der gebürtige Österreicher ein gefragter Mann auf dem Stardirigenten-Karussell. Bis 2014 war er GMD an der Wiener Staatsoper und ist ständiger Gast u.a. bei den Salzburger Festspielen und Liebling der Wiener Philharmoniker. Aber Welser-Möst zählt zu den ganz wenigen seiner Zunft, die auf ihrem Posten etwas Bleibendes zu gestalten beabsichtigen. Die Resonanz auf seine bisherige Arbeit mit dem Cleveland Orchestra kann sich sehen lassen. Obwohl sein Vorgänger Christoph von Dohnányi das Orchester in die Liga der legendären Big Five-Orchester der USA geführt hatte, gelang dem Klangkörper dank Welser-Möst noch ein Qualitätssprung. Man habe zwar nicht diesen effektvollen »Wumms« wie etwa die Orchesterkollegen aus Chicago oder Boston, so der aus Linz stammende Dirigent. Dafür kontert man mit einem transparenten, schlanken und dennoch körperreichen Klangbild, bei dem das Kammermusikalische einer Beethoven-Sinfonie ebenso herauskommt wie Farbnuancen etwa bei Debussy und Ravel. Neben dem typischen Cleveland-Sound ist ein facettenreiches Repertoire ein Erfolgsgarant. Man gratulierte Anfang des Jahres mit einer Konzertserie dem Komponisten Pierre Boulez zum 90. Geburtstag, der ebenfalls als Dirigent in Cleveland Spuren hinterließ. Die fruchtbare Orchesterarbeit hat sich für den 55-jährigen Dirigenten in glänzenden Kritiken niedergeschlagen, die auch nach Gastspielen in deutschen Konzertsälen zu lesen sind. Für die NRW-Stationen der Europa-Tour wurden imposante Orchesterwerke von Olivier Messiaen und Richard Strauss (»Eine Alpensinfonie«) ausgewählt. Welser-Möst und das Cleveland Orchestra kommen zudem mit einer Neuigkeit über den Atlantik, 10 MUSIKSPECIAL Qualitätssprung über den Atlantik: Franz Welser-Möst gastiert mit dem Cleveland Orchestra in Köln und Dortmund. Franz Welser-Möst. Foto: Roger Mastroianni die Konzertveranstalter beeindrucken dürfte. Wie sie soeben mitteilen konnten, besitzen sie mittlerweile das jüngste Publikum Amerikas. 20 Prozent der Konzertgänger sind unter 25 Jahre alt. Für den beneidenswerten Zuspruch war ein junger SocialMedia-Experte verantwortlich, der den Draht zu dieser Klientel glühen ließ. Zudem verknüpfte eine reiche Familie ihre Spende von 20 Millionen Dollar mit der Auflage, dass über die Zinsen ein kostenloser Konzertbesuch für alle Besucher unter 18 Jahren zu ermöglichen sei. Umfragen ergaben, dass inzwischen 90 Prozent dieser Besucher mehr als einmal kommen. Der »Dinosaurier-Effekt«, wie die Überalterung des Konzertpublikums überzeichnet wird, hat in Cleveland ausgedient. Statt dessen: Junge Laune. GUFI Franz Welser-Möst und The Cleveland Orchestra: Werke von Messiaen & Strauss 20. Oktober 2015, Philharmonie Köln 22. Oktober Konzerthaus Dortmund. k.west 10/ 15 USIK M E U E ÜR N F L A V I ST DAS FE 8.11.2015 22.10. – n e m Pr i s ünste , ität der K rs e iv n U w ang schule , ng Musik it der Folk a m w lk it o e F rb , der anghai. mena Hotel Sh ikrat NRW in Zusam s m n u e e m s d s s e d E d n onie ang u m La n ng NRW. Philharm erein, de nststiftu ing Folkw v u tr ll K s o r n Z e u d g K n n vo dem der Stiftu Gefördert Das komplette Festivalprogramm mit allen Konzerten unter www.philharmonie-essen.de. | Tickets T 02 01 81 22-200 DD_K-West_Oktober2015_NOW.indd 1 15.09.2015 13:47:45 Paradiesisch Die Finsternis erscheint unentrinnbar in einer Tragédie Humaine, etwa in dem sakralen Sozialdrama »Accattone« von Pier Paolo Pasolini, das Johan Simons zur Eröffnung der Ruhrtriennale inszeniert. Dennoch: Die Musik von Johann Sebastian Bach dazu kann Balsam, Schutz und Trost für die gequälte Kreatur sein. Zumal wenn sie von dem flämischen Bach-Spezialisten Philippe Herreweghe dirigiert wird, der sich dem riesigen Kantatenwerk des Thomaskantors ungezählte Male auf beglückende Weise näherte. So war Herreweghe mit dem Collegium Vocale Gent vielleicht (neben der Halle Lohberg) der eigentliche Star dieser »Accattone«-Adaption. Dass Herreweghe überhaupt an solch einem Musiktheater-Projekt teilnahm, war an sich schon ein kleines Wunder. Denn im Gegensatz zu seinen fast gleichaltrigen Originalklang-Kollegen John Eliot Gardiner, William Christie und René Jacobs, die auch in der Oper Fuß gefasst haben, fremdelt er weiterhin mit der Gattung. Denn »wer große Musik schreiben will, schreibt geistliche Musik«, findet Herreweghe. »Und Bachs Musik ist große Musik«. Hinter diesem Ausschlussverfahren steckt durchaus etwas Provozierendes. Hat doch der in Gent geborene Musiker, der zudem Mediziner und Psychiater ist, auf etlichen Aufnahmen gezeigt, dass er kein Künstler mit nur einer musikalischen Vorliebe ist. Mit seinen Ensembles hat Herreweghe etwa auf dem eigenen 2010 gegründeten CD-Label »phi« Haydn-Oratorien, Chorwerke von Brahms sowie Sinfonien von Mozart und Mahler aufgenommen. Bereits 1998 erkundete er mit dem von ihm 1991 initiierten Orchestre des Champs-Elysées Beethovens Neunte auf historischen Instrumenten, bevor er in seiner Funktion als Chefdirigent der auf modernen Instrumenten spielenden Königlichen Flämischen Philharmonie alle Neune von Beethoven einspielte. Philippe Herreweghe ist somit keineswegs ein aufführungspraktischer Dogmatiker, der auf Darmsaiten schwört. Ansonsten würde er nicht von bedeutendsten Traditionsorchestern eingeladen werden. Da Bach und die geistliche Musik gewissermaßen zu seiner Muttersprache wurden, dürfen diese Grundpfeiler auch bei Herreweghes Konzertreihe nicht fehlen, die er in der Essener Philharmonie als Residenz-Künstler bestreitet. Gleich im Eröffnungskonzert erfüllt er 12 MUSIKSPECIAL Bach zuerst und zuletzt: Der flämische Dirigent Philippe Herreweghe ist »Artist in Residence« der Essener Philharmonie. Philippe Herreweghe erfüllt sich in Essen einen Herzenswunsch. Foto: Michiel Hendryckx sich einen Herzenswunsch. Robert Schumanns weltliches Oratorium »Das Paradies und die Peri« hat der 68-Jährige bislang nur einmal dirigiert – dabei ist es für ihn eines der schönsten Stücke Schumanns. Mit dem Orchestre des Champs-Elysées beginnt Herreweghe außerdem die saisonübergreifende Aufführung der Beethoven-Sinfonien. Passend zur Vorweihnachtszeit stehen Bach-Kantaten im Mittelpunkt eines Abends, an dem mit dem Collegium Vocale Gent und Dorothee Mields (»ein Traum von einem Bach-Sopran«) jene Glückspender beteiligt sind, die schon bei der Ruhrtriennale auf Wolke Sieben schweben ließen und den Himmel öffneten. GUFI Schumann, »Das Paradies und die Peri« 18. Oktober 2015 Beethoven-Sinfonien, 6. Dezember Bach-Kantaten, 20. Dezember Philharmonie, Essen. www.essen-philharmonie.de k.west 10/ 15 bienvenue françois Das Gürzenich-Orchester Köln mit seinem neuen Chefdirigenten François-Xavier Roth Karten und Abonnements (0221) 280282 guerzenich-orchester.de First Global Partner Echo von Elementarteilchen Das Neue Musik-Festival NOW! in Essen widmet sich der Spektralmusik. Wagt sich an ein lange als unspielbar geltendes Werk von Boulez: Quatuor Diotima. Foto: Verena Chen »Gérard Griseys Musik macht die Sinne und den Geist jedes Mal auf andere Weise staunen – und sie staunt selbst mit.« Mit dieser Feststellung verbeugte sich Helmut Lachenmann verbal vor seinem französischen Komponisten-Kollegen. Wenngleich Lachenmann einem Lager der Neuen Musik angehört, das dem Klang auch gesellschaftspolitische Kräfte zuspricht, war er fasziniert von einer Musiksprache, die ganz bewusst auf außermusikalische Gedanken und Ideen verzichtet. Grisey suchte stattdessen seine Geschichten in den ultrafeinsten Verästelungen einzelner Töne und schuf mit den mikrotonalen Spektren und Prismen höchst sinnliche Werke. »Spektralismus« heißt diese Klangästhetik, die erstmals Anfang der 1970er Jahren in der zeitgenössischen Musik auftauchte und seitdem dank ihrer französischen Wortführer Grisey, Tristan Murail und Michaël Lévinas Schule machte. Mit der Erkundung der schier unerschöpflichen Oberton-Spektren beeinflusste man Komponisten wie den Österreicher Georg Friedrich Haas und die Finnin Kaija Saariaho, die heute ähnliches Renommee haben. Diesem Kapitel der Neuen Musik widmet die Essener Philharmonie ihre fünfte Ausgabe des jährlichen Festivals NOW!. Unter dem Titel »Prismen« erklingen in der groß angelegten, anspruchsvollen Konzertreihe aber nicht nur Klassiker der ersten Spektralismus-Generation. Griseys abendfüllender 14 MUSIKSPECIAL Instrumentalzyklus »Les Espaces Acoustiques« kommt natürlich zu Gehör, gespielt vom WDR Sinfonieorchester Köln unter Leitung von Brad Lubman, ebenso Murails »Désintegrations« für Tonband und Ensemble. Auf dem Programm stehen aber ebenso Wegbereiter und jüngere Komponisten mit Auftragskompositionen. So gastiert das Ensemble folkwang modern im Gasometer Oberhausen, wo Thomas Neuhaus und Lukas Tobiassen in ihren Ensemblewerken die riesige Innenarchitektur reflektieren. Die von Peter Rundel dirigierten Essener Philharmoniker stellen mit dem sich irrwitzig urwüchsig aufstellenden »Hymnos« ein mikrotonales Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts vor, das vom Italiener Giacinto Scelsi stammt. Aus der Musikstadt Paris kommen zwei Ausnahmeteams. Unter Leitung des aus Marl stammenden Chefdirigenten Matthias Pintscher spielt das Ensemble intercontemporain ein neues Werk des Grisey-Schülers Franck Bedroissian. Das an der 2. Violine neu besetzte Quatuor Diotima wagt sich an Streichquartette von Xenakis und Haas sowie an Ausschnitte aus dem lange als nahezu unspielbar geltenden »Livre pour quatuor« von Pierre Boulez. GUFI NOW! 2015, 22. Oktober bis 8. November, Essen www.philharmonie-essen.de k.west 10 / 15 Kult, Mode, Hype Warum Herne? Die Frage wurde Joachim Hengelhaupt seit 1976 unzählige Male gestellt. Der Herner Kulturdezernent hat darauf stets geantwortet: »Was spricht eigentlich dagegen?« Recht hatte er. Denn auch wenn es damals als höchst originell galt, ausgerechnet in der nicht eben als Musikhochburg ausgewiesenen Ruhrgebietsstadt ein Festival für Alte Musik zu veranstalten, so ist Herne dank des Gründers Hengelhaupt längst internationaler Treffpunkt für Fans, Spezialisten und Spitzeninterpreten der historischen Aufführungspraxis. Am Erfolg hat auch der Westdeutsche Rundfunk maßgeblich Anteil. 1980 übernahm er die künstlerische Leitung und taufte zugleich das Festival auf »Tage Alter Musik in Herne«. Wer in den 39 Programmheften und -büchern blättert, ist verblüfft über die durchweg hochkarätigen Besetzungen der Festival-Ausgaben. Von der Cembalo-Ikone Huguette Dreyfus über den jungen Countertenor René Jacobs und die von Hans Martin-Linde geleitete Cappella Coloniensis bis zu heutigen Stars wie William Christie, Andreas Staier und Ton Koopman war bisher so ziemlich jeder namhafte Musiker dieses Genres zu Gast. Die Programme waren immer auf ein Thema bzw. auf ein Instrument fokussiert. Mal wurde der Viola da Gamba ein Jahrgang gewidmet. 2014 präsentierte man unter dem Motto »Seelentöne« auch Raritäten wie ein viele Jahrhunderte nicht aufgeführtes Oratorium von Antonio Caldara. Mit solchen Entdeckungen garniert der künstlerische Leiter Richard Lorbeer die runde Geburtstausgabe der Tage Alter Musik. Um das Thema »Kult« dreht sich das 40. Festival, bei dem nicht zuletzt der Personenkult im Mittelpunkt der zehn Konzerte steht. Das italienische Ensemble Il Sogno Barocco Die Tage Alter Musik in Herne feiern 40. Geburtstag. Le Concert Spirituel. Foto: Eric Manas erinnert sich mit Barockgeiger Paolo Perrone an den Hype, der schon zu seinen Lebzeiten um den Komponisten Arcangelo Corelli gemacht wurde. Das exquisite Orchester Le Concert Spirituel lenkt mit seinem Dirigenten Hervé Niquet auf den musikalischen Herrscherkult um König Ludwig XIV., der vor 300 Jahren gestorben ist. Mit polyphoner Vokalmusik aus der Zeit der Goldenen Zeitalter Spaniens wiederbelebt das Ensemble La Grande Chapelle den Marienkult des 16. & 17. Jahrhunderts. Höhe- und Schlusspunkt wird die moderne Erstaufführung der Barockoper »Camilla« von Giovanni Bononcini sein, die 1706 bei ihrer Londoner Premiere das jubelnde Publikum halb um den Verstand gebracht haben soll. Auch wegen solcher Fundstücke und Preziosen stellt sich die Frage »Warum Herne?« seit nunmehr vier Jahrzehnten nicht mehr. GUFI Tage Alter Musik in Herne, 12. bis 15. November 2015 www.tage-alter.musik.de Orchesterzentrum NRW Eine gemeinsame Einrichtung der Musikhochschulen NRW Design: www.gestaltend.de Mittwoch | 2. Dezember 2015 | 20 Uhr | Konzerthaus Dortmund Carl Maria von Weber | Euryanthe-Ouvertüre Peter Tschaikowski | Violinkonzert D-Dur op. 35 Dmitri Schostakowitsch | Sinfonie Nr. 1 f-Moll op. 10 OZM|Symphony · Michael Sanderling | Dirigent Anton Barakhovsky | Solist & Konzertmeister Sinfoniekonzert Konzertkarten: Eintritt 12,50 Euro ermäßigt 7,00 Euro KONZERTHAUS DORTMUND Telefon 0231_22696-200 [email protected] Aktuelle Informationen unter www.orchesterzentrum.de • • • Herbstmusik Das Düsseldorfer »New Fall Festival« erhellt mit Boy, Olli Schulz, Hundred, Marianne Faithfull und Kitty, Daisy & Lewis die dunklen Abende. Analog-rumpelnder Rockabilly: Kitty, Daisy & Lewis. Foto: New Fall Festival Die Blechbläser von »Rheinbrass« auf den Rapper Alligatoah loszulassen, zeugt von Mut, aber auch von der Lust am Experiment. Als 2011 das Düsseldorfer »New Fall Festival« zum ersten Mal stattfand, war auch das ein Experiment und Wagnis. Ein Pop-Festival, das stilsicher und zugleich aufregend sein sollte, mit besonderen Bands und in würdevollem Rahmen. An Spielorten wie der Tonhalle und dem Robert-Schumann-Saal, dem Tanzhaus NRW, dem Bachsaal der Johanneskirche, dem NRW-Forum, Capitol-Theater und dem elegant-futuristischen Kuppelsaal des Hotel Nikko. Das Line-Up kann sich wie immer sehen lassen, auch wenn das Konzert der zwei Indie-Damen von »Boy« völlig zu Recht ausverkauft ist. Der formidable Olli Schulz kommt ins Capitol-Theater und spielt seine todtraurigen bis komischen Songs, Marianne Faithfull melancholiert Lieder aus ihrem Album »Give my Love to London«. Ebenfalls aus England stammen die drei Geschwister »Kitty, Daisy & Lewis«, deren warm-rumpelnder Rockabilly mit der Technik der 50er Jahre aufgenommen und gespielt wird. Ruhigere Töne kommen vom Duo »Hundred«, die ein Akustik-Set ihres Albums »Aftermath« spielen. Zwei Neuerungen gibt’s auch noch: Die »Electri_City Conference« beschäftigt sich mit Düsseldorf als Hauptstadt der elektronischen Musik, außerdem lesen erstmals Thees Uhlmann (»Sophia, der Tod und ich«) und Andreas Dorau (»Ärger mit der Unsterblichkeit«). VKB New Fall Festival, Düsseldorf 28. Oktober bis 1. November 2015 www.new-fall-festival.de 16 MUSIKSPECIAL k.west 10/ 15 Hertzmusik Ambient, Drone, Electronica, Indie, Darkjazz – das Essener Denovali-Festival macht mal wieder das ganz große Fass auf. Im Fokus stehen audiovisuelle Konzerte und Live-Sets. Audiovisuelles Grundrauschen in der Essener Weststadthalle. Foto: Denovali-Festival Dass die dunkel dräuende Elektronik des Bochumer Denovali-Labels etwas Besonderes ist, davon zeugen seit 2007 die erfolgreichen Festivals in London, Berlin und Essen. Ambient, Indie, Drone, Soundart, Darkjazz, Electronica, Jazz sind die musikalischen Schubladen des Festivals, die glücklicherweise immer mal wieder durchwühlt werden, etwa durch das Trio »Brandt, Brauer, Frick«, die ihre Techno-Stücke auf klassischen Instrumenten spielen. Das diesjährige Festival legt den Fokus auf audiovisuelle Konzerte – zehn Musiker werden ihre Live-Sets durch Videomaterial ergänzen. Dabei sind die »Queen of Tech-Topia« Holly Herndon, der Doom-Techno-Beatnik »Mondkopf« und William Basinksi, der Meister der zerfallenden Tonbänder. Poppy Ackroyd multi-trackt ihr Klavier und Geige, und die beiden Herren von »Sankt Otten« tragen nicht nur rote Kraftwerk-Gedächtnishemden, sondern spielen auch eine Mischung aus Krautrock, Ambient und 80er-Electronica. Aus NRW kommt der Düsseldorfer Orson Hentschel, der an der Robert-Schumann-Hochschule studiert, als Produzent und Videokünstler arbeitet und das Lichtdesign sowie die Visuals für sein LiveSet selbst entworfen hat. Der gebürtige Bochumer Medienkünstler Thomas Körner bringt seine Multimedia-Performance »Expanding Illuminance« auf die Bühne, und aus Dortmund kommt »N«, der den passenden Sound für das Denovali-Festival mitbringt – hochfrequent-oszillierendes Minimal-Grundrauschen. VKB EXPERIMENTELL PAUL FRICK & ENSEMBLE ADAPTER 30. OKTOBER 2015, 20 UHR Eine musikalische Retrospektive Im Rahm des Festiv en a NOW! 201 ls 5 EXPERIMENTELL ROBERT HENKE: LUMIÈRE II 31. OKTOBER 2015, 20 UHR Audiovisuelle Laserperformance Denovali Festival, WeststadtHalle, Essen 1. bis 4. Oktober 2015 www.denovali.com/festival k.west 10/ 15 www.zollverein.de/konzerte MUSIKSPECIAL 17 Oktober KonzertEmpfehlungen Historische Stadthalle Wuppertal Ab Oktober Vor 20 Jahren wurde die Historische Stadthalle nach dreijähriger Renovierung wiedereröffnet. Seitdem ist sie mit ihrer weit über die Stadtgrenzen hinaus bewunderten Architektur und Akustik konkurrenzloser Treffpunkt – auch fürs Klassikpublikum. Regelmäßig spielt hier das Wuppertaler Sinfonieorchester, und es gastieren absolute Klassikgrößen. Auch in der Jubiläums-Saison haben sich Top-Musiker angekündigt wie der israelische Mandolinenvirtuose Avi Avital (8.12.). Aus besonderem Anlass wurde in Kooperation mit der Kulturloge Wuppertal zudem die Aktion »20/20« gestartet: Vereine, Initiativen und Einrichtungen, die Kontakt zu Bedürftigen haben, bekommen je 20 Eintrittskarten für 20 ausgewählte Konzerte und Shows zur Verfügung gestellt. Dazu zählen neben dem Avital-Konzert auch »Ein Abend mit Brahms« mit dem jungen Orchester NRW (11.10.) sowie das Galakonzert »Tango y Zarzuela« (29.10.). www.stadthalle.de/specials/aktion2020 Jos van Immerseel 1. bis 3. Oktober Beethovenhalle, Bonn Anna Prohaska. Foto: Harald Hoffmann 18 MUSIKSPECIAL Seit 1987 nimmt Jos van Immerseel mit seinem belgischen Ensemble Anima Eterna den Willen der Komponisten ernst. Auf historischen Instrumenten widmen sie sich der werk- und epochengetreuen Aufführung barocker, klassischer und romantischer Musik. Zugleich nehme man sich, wie Immerseel sagt, »auch die Freiheit, hier und jetzt zu leben, mit dem uns eigenen Wissen und Gefühl«. Entsprechend bespielen die mit internationalen Schallplattenpreisen gewürdigten Musiker das Beethovenfest. In drei Konzerten decken die Werke einen Zeitraum von 50 Jahren ab: von Haydn über Beethoven und Schubert bis zu Franz Berwald und George Onslow. Zwischen den Sinfonien der Wiener Klassik und Romantik, die auf Instrumenten aus der Entstehungszeit gespielt werden, setzt sich Immerseel auch an einen Hammerflügel für ein Klavierkonzert von Mendelssohn Bartholdy. k.west 10/ 15 Chorisch 1. bis 4. Oktober Dortmund Menahem Pressler 2. Oktober Il Bagno, Steinfurt Yannick Nézet-Séguin 24. & 25. Oktober Konzerthaus, Dortmund Zum dritten Mal ist Dortmund Mittelpunkt der internationalen Chorszene. An Vokalmusik Interessierte können sich vier Tage lang intensiv mit ihrem Hobby oder Beruf befassen. So gibt es für Chorleiter, Chormanager, Komponisten und Sänger über 100 Workshops, Coachings und Intensivkurse. In den erstmals angebotenen »Reading Sessions« machen sich die Teilnehmer mit Werken einzelner Genres oder Komponisten vertraut und lassen sich gezielt Literatur für spezifische Chorbesetzungen und Niveaus vorstellen. Darüber hinaus gibt es rund 30 Konzerte sowie täglich offene Singrunden. Bei freiem Eintritt kann man die chor.com-Messe im Kongresszentrum Westfalenhalle besuchen und sich einen Überblick verschaffen über alte und neue Chorliteratur, repräsentative und außergewöhnliche Konzertaufnahmen, Weiterbildungsangebote, technisches Zubehör aller Art sowie Management- und Freizeitangebote für Chöre. www.chor.com Wenn es einen Musiker gibt, der den Ehrentitel »Legende« verdient, dann Menahem Pressler. Als Pianist schrieb er mit dem von ihm mitgegründeten Beaux Arts Trio Interpretationsgeschichte und hat das Klaviertrio-Repertoire im Konzertleben etabliert. Darüber hinaus hat der gebürtige Magdeburger, der mit seiner Familie vor den Nazis fliehen musste, als Lehrer Musikerpersönlichkeiten geprägt, darunter Daniel Hope. Der zierliche Herr ist heute 91 Jahre alt. »Das Musizieren gibt meinem Leben einen Sinn«, sagt er und nimmt weiterhin Einladungen zu Konzerten an. Er soll bis 2019 ausgebucht sein. Zum Glück hat das auf Originalklang abonnierte l’arte del mondo-Orchester rechtzeitig angefragt. So lässt sich Pressler bei Mozarts großem B-Dur-Klavierkonzert live bewundern. Der Kanadier Yannick Nézet-Séguin ist 1. Gastdirigent des London Philharmonic Orchestra und zudem Chef des US-Top-Five-Orchesters aus Philadelphia. Mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, das er seit 2008 hauptamtlich leitet, hat er schon manch einen NRW-Termin absolviert. So wie im Dortmunder Konzerthaus, wo der Überflieger seit 2013 Artist in Residence ist. In dieser Funktion kehrt Nézet-Séguin für zwei besondere Konzerte zurück. Einmal verbindet er mit den Rotterdamern Beethovens Pastorale mit Mahlers »Lied von der Erde«. Für den ersten Abend lädt er Musikerfreunde wie die Sopranistin Anna Prohaska, Cellist Jean-Guihen Queyras und Pianist Nicholas Angelich ein, um am Klavier mit ihnen herrliche Hausmusik zu bieten. Ausgesucht wurden Werke von Mozart, Schubert sowie das Klavierquintett von Brahms. Wir spielen für sie! Ab November im Staatenhaus in Köln-Deutz Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen. Herbert Blomstedt, dem Amerikaner mit schwedischen Wurzeln, ist Disziplin und Partitur-Treue wichtig. Der noch von Igor Markevitch und Leonard Bernstein ausgebildete Dirigent übernahm in seiner Karriere die Orchester in Dresden, San Francisco und das Leipziger Gewandhausorchester. Auch im Aufnahmestudio bewies er Erzählkraft, vor allem beim deutsch-österreichischen Erbe. Blomstedt ist weit über achtzig Jahre alt. Doch dass die Laufbahn selbst da noch neue Wendungen nehmen kann, erlebte er 2011 mit seinem Debüt bei den Wiener Philharmonikern. Jetzt reist man gemeinsam exklusiv an den Rhein mit zwei Sinfonien, die in Wien uraufgeführt wurden: Beethovens Siebte und Achte. November Blomstedt & und die Wiener 28. Oktober Philharmonie, Köln Igor Levit 3. November, 1. & 22. Dezember Tonhalle, Düsseldorf »Der zur Meisterschaft gereifte junge Künstler fasziniert durch hellsichtige Musikalität und superbe Gestaltungskunst. Souverän gegenüber allen spieltechnischen Herausforderungen, spannt sein Vortrag einen riesigen Bogen, von innigsten Empfindungen bis hin zu leidenschaftlichsten Eruptionen.« So die Jury des Deutschen Schallplattenpreises 2015 über Igor Levit für sein CD-Debüt mit Beethovens fünf letzten Klaviersonaten. Der begnadete Pianist, der noch nicht dreißig Jahre alt ist, setzt bereits zum nächsten Beethoven-Coup an. Live und eine Düsseldorfer Konzertsaison lang widmet er sich dem »Neuen Testament der Musik«. So hat Hans von Bülow Beethovens 32 Klaviersonaten bezeichnet. Die ersten drei Recitals versprechen Sternstunden. Elisabeth Leonskaja 6. & 8. November Philharmonie, Köln Elfjährig spielte sie in einem Schülerkonzert ein Haydn-Klavierkonzert, mit zwölf Jahren meisterte sie schon Beethovens Klavierkonzert Nr. 1. Im Jahr 1979 legte sie den Grundstein für ihre Karriere in der westlichen Musikwelt: mit ihrem Auftritt während der Salzburger Festspiele. Maßgeblichen Einfluss auf ihr Spiel hinterließ die Begegnung mit Sviatoslav Richter. Mit ihm teilte Elisabeth Leonskaja die Vorliebe für das Repertoire der deutschsprachigen Klassik und Romantik. Jetzt feiert die Grande Dame ihren 70. Geburtstag (23.11.) mit zwei Konzerten vor. Solistisch spannt sie den Bogen von Beethoven über Tschaikowsky zu Jörg Widmann. Mit den Musikern der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen präsentiert sie sich mit einem Mozart-Quintett auch als wunderbare Kammermusikerin. Igor Levit. Foto: Felix Broede 20 MUSIKSPECIAL k.west 10/ 15 Trio Zimmermann 15. November Beethoven-Haus, Bonn Das Streichtrio ist nichts weniger als die amputierte Version eines Streichquartetts. Man kann auch mit nur einer Violine, einer Bratsche und einem Violoncello beeindrucken. Vorausgesetzt, es finden sich tolle Ausnahmemusiker. 2007 gründete der phänomenale Geiger Frank Peter Zimmermann ein wahres Allstar-Trio – mit Antoine Tamestit (Bratsche) und Christian Poltéra (Violoncello). Mit der Einspielung der drei Streichtrios von Ludwig van Beethoven entfachten sie riesiges Interesse. Eines der Beethoven-Trios wird nun kombiniert mit Werken von Schubert und Hindemith! Teodor Currentzis 13., 15. & 17. November Konzerthaus, Dortmund Dezember DER FOTOGRAF WALKER EVANS IN BOTTROP Über Asyl reden EINE SPRACH–KRITIK UND DIE GESCHICHTE DER FLÜCHTLINGS-BEWEGUNGEN 09 Ausgezeichnet Wohnen 4 196376 504504 2009 ließ es der griechische Dirigent Teodor Currentzis mit seiner Alte Musik-Truppe MusicAeterna aus Perm in Mozarts Requiem derart donnern und blitzen, als hätten sie einen Pakt mit den Teufel geschlossen. 2014 kam es zu einer elektrisierenden Neubelichtung von »Le Nozze di Figaro«. Man war schier aus dem Häuschen, was Currentzis aus der DaPonte-Oper an Spannungen und lyrischen Farben herausholte. »Così fan tutte« in einer nicht weniger überwältigenden Einspielung folgte. Nun stehen die Aufnahmen zum »Don Giovanni« bevor. Doch zunächst kann man auch dieses Mozart-Wunder live erleben. Das Dortmunder Konzerthaus hat Currentzis und sein Team für einen konzertanten DaPonte-Zyklus eingeladen. Amerika sehen PREISGEKRÖNTE HÄUSER VON INNEN KULTURWEST.DE | OKTOBER 2015 | ISSN 1613 – 4273 | 4,50 € K.WEST 10 / 15 RUBRIK 1 Orchesterzentrum NRW 2. Dezember, Konzerthaus, Dortmund Das Orchesterzentrum NRW ist ein Projekt von vier Musikhochschulen – und europaweit die erste hochschulübergreifende Ausbildungsstätte für künftige Orchestermusiker. Zum Lehrplan gehört die anspruchsvolle Konzertpraxis. Für ihren kommenden Abend hat die OZM | Symphony (Sinfonieorchester des Orchesterzentrums) k.west 10/ 15 RUBRIK 21 mit Michael Sanderling erneut einen Top-Mann am Pult verpflichtet. Der Chefdirigent der Dresdner Philharmonie gastiert zudem bei renommierten Orchestern in München, Zürich und Leipzig. Auf dem Programm stehen die »Euryanthe«-Ouvertüre von Carl Maria von Weber sowie der sinfonische Erstling von Dmitri Schostakowitsch. Anton Barakhovsky, 1. Konzertmeister des Bayerischen Rundfunk-Sinfonieorchesters, übernimmt bei Tschaikowskys Violinkonzert den Solo-Part. »African Queen« Prohaska 3. Dezember, Philharmonie, Essen Die aus einer Wiener Musikerfamilie stammende Sopranistin zählt zu den absoluten Shooting-Stars. Anna Prohaska (32) hat Mozart-Opern ebenso drauf wie Zeitgenössisches von Luigi Nono bis Wolfgang Rihm. Und sie pflegt ihre Liebe zur Alten Musik – wie mit dem italienischen Kultensemble Il Giardino Armonico. »African Queens« lautet der Titel des von Giovanni Antonini dirigierten Programms mit musikalischen Porträts der Königin Dido und der Pharaonin Kleopatra. Neben Aus- schnitten aus Purcells Oper stellt Prohaska Arien u.a. aus »Didone abbandonata« von Johann Adolph Hasse und Händels »Giulio Cesare in Egitto« vor. András Schiff 4. Dezember,Konzerthaus, Dortmund Die ungarischen Musiker András Schiff und Iván Fischer verbindet enge musikalische Freundschaft. Und sie kritisieren die politischen Verhältnisse in ihrer Heimat. Schiff beschloss, vorerst nicht mehr in Ungarn aufzutreten. Fischer hingegen lebt weiterhin in Budapest, auch um mit dem von ihm gegründeten Budapest Festival Orchestra zu arbeiten. Auf einer Auslandstournee gibt Schiff das herbe, hymnische und heroische 1. Klavierkonzert von Brahms zum Besten. Eingerahmt wird es von Schumanns »Manfred«-Ouvertüre sowie Smetanas »Moldau« und den weniger bekannten Interludien aus Dvořáks »Morawischen Duetten«. Gabetta & Chamayou 13. Dezember Robert-Schumann-Saal, Düsseldorf Seit langem geben die Star-Cellistin Sol Gabetta und der französische Meisterpianist Bertrand Chamayou gemeinsame Kammerkonzerte. Nun hat das Duo seine Freundschaft mit der ersten gemeinsamen CD besiegelt. »The Chopin-Album« vereint die drei großen Originalwerke, die Frédéric Chopin für Violoncello und Klavier geschrieben hat. Dazu zählen ein »Grand duo concertant« sowie die berühmte Cello-Sonate, bei der Gabetta die ungemein kantablen Reize ihres Spiels beweist. Handfester geht es bei der Cello-Sonate von Prokofjew zu, mit der Gabetta und Chamayou ihr Duo-Recital einläuten. Notwist Ariel Pink (& Choir) Billy Childish Adrian Sherwood The Pop Group Fatima Die Vögel Deradoorian Mustafa Özkent Numero Group Jack Name Move D* 20–21 Nov 2015 Stadthalle Köln Mülheim weekendfest.de Tickets € 29 (Day) / € 54 (Weekend): tixforgigs.com *Aftershow, 21.11. at Gewölbe (€ 9 with Festival Ticket) PRÄSENTIERT VON 22 FÖRDERER IN KOOPERATION MIT MUSIKSPECIAL MEDIENPARTNER Vladimir Ashkenazy 14. Dezember Rudolf-Oetker-Halle, Bielefeld »Meine Hände sind ungewöhnlich klein für einen Pianisten, meine Finger kurz.« Denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Solo-Karriere. Nicht so bei dem Russen Vladimir Ashkenazy. 1955 schaltete er lässig die Konkurrenz beim Brüsseler Concours Reine Elisabeth aus: der Beginn einer Weltkarriere. Ashkenazy wurde am Klavier und später am Dirigentenpult zum verehrten Künstler. Jetzt leitet der 78-Jährige als 1. Gastdirigent das Orchestra della Svizzera Italiana; er hat zeitlose Hits angesucht: Prokofjews »Klassische Sinfonie«, Tschaikowskys Rokoko-Variationen (mit Solo-Cellist Alexej Stadler), Mendelssohns südlich beschwingte 4. Sinfonie. k.west 10/ 15 Foto: Brauer Fotos 22. Festliche Operngala für die Deutsche AIDS-Stiftung Deutsche Oper Berlin Sonnabend, den 7. November 2015 um 19.00 Uhr INITIATOREN IRINA PABST † ALARD VON ROHR ALFRED WEISS SCHIRMHERR JEAN-CLAUDE JUNCKER MAX RAABE Notwendige Bemerkungen zu dramatischen Musikbeispielen DIRIGENT Donald Runnicles Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin SOLISTEN Dinara Alieva (Sopran) Javier Camarena (Tenor) Carmen Giannattasio (Sopran) Margarita Gritskova (Mezzosopran) Nadia Krasteva (Mezzosopran) David Hansen (Countertenor) Abdellah Lasri (Tenor) Alexey Markov (Bariton) Marina Rebeka (Sopran) Roberto Tagliavini (Bass) Kartenvorverkauf in der Deutschen Oper Berlin Bismarckstraße 35, 10627 Berlin Telefon 030 - 34 38 43 43; Fax 030 - 34 38 42 46 Die Karten berechtigen nach der Vorstellung zum Gala-Büfett, inklusive aller Getränke in den Foyers und zum Tanz auf der Hauptbühne. Karten zu Preisen von: € 260,-, € 350,-, € 450,- oder € 650,- EHRENVORSITZENDER VICCO VON BÜLOW † KURATORIUMSVORSITZENDER LUCA DE MEO KURATORIUM CLAUDIO ABBADO † PETER ALTMAIER TOBIAS ASSIES DANIEL BAHR TILL BRAUNER HARALD CHRIST MARIO CZAJA GEORG FAHRENSCHON UWE FRÖHLICH WAYNE-ANTHONY GRIFFITHS STEFAN HEINIG ROMAN HERZOG HGHI HOLDING GMBH WOLFGANG JOOP STEFFEN KAMPETER HELMUT KOHL TIM KORDES KARL LAGERFELD AXEL LANGE - GENERALI UWE LAUE ULRIKE LEIMER-LIPKE WOLFGANG LEY URSULA VON DER LEYEN MATTHIAS LUECKER MARKUS LÜPERTZ JOHN MCGUIGAN – STANDARD LIFE LIZ MOHN MICHAEL MÜLLER ANNE-SOPHIE MUTTER INGA MAREN OTTO HELMUTH PENZ MATTHIAS PLATZECK FRANK POSNANSKI SIR SIMON RATTLE SALLY JULIAN ROTHHOLZ PETER SCHMIDT MARTIN SCHULZ NICOLAI SCHWARZER REGINE SIXT FRIEDE SPRINGER FRANK-WALTER STEINMEIER RITA SÜSSMUTH STEFAN SZCZESNY CHRISTIAN THIELEMANN WOLFGANG THIERSE ANNE VEDDER RICHARD VON WEIZSÄCKER † WMP-EUROCOM AG RUDOLF WOHLFARTH KLAUS WOWEREIT FRANK ALEXANDER ZAHN KÜNSTLERISCHE LEITUNG JASMIN SOLFAGHARI UWE ARSAND ALARD VON ROHR VERANSTALTER DEUTSCHE AIDS-STIFTUNG DEUTSCHE OPER BERLIN ORGANISATION NADINE VON GUMPPENBERG NVG.EVENT GMBH PRESSEBETREUUNG ANIKO BRAUNER PURPLE VELVET PROGRAMMHEFT BEROLINA SPORTWERBUNG GMBH SPENDENKONTO DEUTSCHE AIDS-STIFTUNG BERLINER SPARKASSE IBAN: DE14 1005 0000 0190 4044 00 BIC: BELADEBEXXX Foto: Iris Collective/Carl Juste Werke von Olivier Messiaen und Richard Strauss Eine Alpensinfonie op. 64 TrV 233 Franz Welser-Möst Dirigent The Cleveland Orchestra Joela Jones Klavier Dienstag 20.10.2015 20:00 Esa-Pekka Salonen Foto: Annick Ramp Gefördert durch Dirigent Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Scharoun Ensemble Berlin Werke von Detlev Glanert, György Kurtág, Mark-Anthony Turnage und Johannes Brahms Maurice Ravel L’Enfant et les sortilèges Fantaisie lyrique en deux parties Gefördert durch Samstag 07.11.2015 20:00 koelner-philharmonie.de 0221 280 280 Foto: Ghandtschi Esa-Pekka Salonen Karawane für Chor und Orchester Montag 09.11.2015 20:00
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