An die Härtefallkommission in Niedersachsen Von

An die Härtefallkommission in Niedersachsen
Von:
Julia Kokke
Schaumburgstr. 28
30419 Hannover
25.11.2015
Stellungnahme für Adam Ismail Hussein
Der plötzliche Tod von Konditormeister Axel Adam, bei dem Adam Ismail Hussein seine
Ausbildung als Bäcker und Konditor absolviert, hat mich sehr getroffen. Ich und mein
Lebenspartner Christoph Ehleben sind freundschaftlich und geschäftlich eng mit Axel Adam
und seiner Frau Alke verbunden. Wir betreuen u.A. die Webseite des Café ADAM2010plus,
erstellen Flyer, Plakate und führen weitere Werbemaßnahmen für den Familienbetrieb in
Burwedel/Fuhrberg durch. Außerdem bin ich als Chanson-Sängerin mehrmals bei
Kleinkunstveranstaltungen dort aufgetreten.
Als wir Axel Adam kennenlernten, beendete gerade ein Lehrling mit kurdisch-jesidischen
Wurzeln erfolgreich bei ihm seine Ausbildung und ich fand es toll, dass Axel Adam diesem
jungen Mann ein Chance gegeben hatte. Eigentlich wollte er keinen neuen Lehrling mehr
annehmen, aber als sich Adam Ismail Hussein initiativ bei ihm vorstellte und auf Probe ein
paar Wochen bei ihm arbeitete, hatte er den Konditormeister von sich überzeugt.
Wir waren in regelmäßigen Abständen im Café, weil wir auch die dortigen kulturellen
Events, wie Vernissagen und Konzerte, photographisch dokumentieren. Erstaunt konnten
wir die Entwicklung von Adam Ismail Hussein beobachten. War er zu Anfang noch sehr
zurückhaltend, auch wegen fehlender Deutschkenntnisse, wurde er mit der Zeit doch
immer offener und sicherer im Auftreten. Sehr angenehm ist seine freundliche Art und der
liebevolle Umgang mit den Gästen.
Axel Adam betreute seit 35 Jahren seinen schwer geistig-behinderten Bruder Jochen, der
mit im Haus lebt und in der Backstube leichte Aushilfstätigkeiten ausführt. Wie
selbstverständlich stellte sich Adam Ismail Hussein auch auf dieses Familienmitglied ein
und half, ihn weiterhin sinnvoll in den Arbeitsprozess zu integrieren.
Axel Adam legte immer Wert auf traditionelle Backverfahren und ehrliches Handwerk ohne
künstliche Zusätze. Er pflegte deutsche Backkunst eben auch als Kulturgut, das er an
seinen Lehrling weitergeben wollte. Das hat Adam Ismail Hussein sehr gut verstanden und
in diesem Sinne ein großes Stück deutscher Kultur in sich aufgenommen. Gleichzeitig
konnten die Gäste aber auch ein Stück sudanesische Kultur kennenlernen, denn Adam
Ismail Hussein backt nicht nur bestes deutsches Roggenbrot, sondern er ist auch ein
hervorragender Koch. Und so manches Mal durften wir und andere Gäste sudanesische
Schmorgerichte genießen, die auf der Zunge zergingen.
Sehr oft hat Axel Adam davon gesprochen Adam Ismail Hussein nach Beendigung seiner
Lehre einzustellen. Er plante sogar, dass er die Bäckerei übernehmen sollte, wenn er in
Pension ginge. Nun, nach seinem plötzlichen Tod sind viele Fragen offen, Vieles zu
organisieren und zu erledigen. Die Witwe von Axel, unsere Freundin Alke Adam, will das
Café fortführen und Adam Ismail Hussein ermöglichen, die Ausbildung zu beenden. Denn
sie braucht Adam Ismail Hussein! Die Kunden sind von jeher gewohnt, beste Qualität und
handwerklich gefertigte Waren im Café zu bekommen. Adam Ismail Hussein kann dies
liefern und so dieses Alleinstellungsmerkmal dauerhaft sichern. Ohne ihn kann der
Familienbetrieb in dieser Form nicht weitergeführt werden.
Nicht nur kulinarisch ist das Café Adam eine Institution weit über Fuhrberg hinaus. Es ist
ein Ort der Begegnung und der Kultur. Axel Adam sagte einmal: „Ich bin eigentlich nie
wirklich aus Fuhrberg hinaus gekommen.“ Alle, die ihn kannten, können aber bezeugen,
dass er vom Denken ein Weltbürger war. Er hat durch sein unkonventionelles Handeln Allen
immer wieder gezeigt, dass Integration gelingen kann. Auch vor diesem Hintergrund wäre
es ein Desaster, wenn Adam Ismail Hussein nun abgeschoben würde. Das wäre genau das
falsche Signal und würde alle Zögerer und Zauderer bestätigen. Axel und Alke Adam haben
Adam Ismail Hussein wie ein Familienmitglied behandelt und ihn mit viel Energie und
Ausdauer gefordert und gefördert. Ich hoffe, dass diese Arbeit nicht vergebens war. Das
hoffe ich für Adam Ismail Hussein, vor dessen Leistung ich großen Respekt habe und den
ich als Mensch gerne mag. Das hoffe ich auch für unsere Gesellschaft. An seinem Beispiel
zeigt sich für mich, dass Kultur eben etwas ist, was man nicht einfach nur hat, sondern
was man aufnehmen und lernen kann. Adam Ismail Hussein hat durch seinen Fleiß und
seine Beständigkeit gezeigt, dass er würdig ist, dieses kulturelle Erbe, das Erbe deutscher
Brotkultur weiter zu pflegen.
Hannover, den 23.11.2015
Handschriftliche Unterschrift