Aufgabenstellung - Technische Universität Braunschweig

LEICHTWEIß-INSTITUT FÜR WASSERBAU
Abteilung Hydromechanik und Küsteningenieurwesen
Professor Dr.-Ing. Hocine Oumeraci
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“:
Aufgabenstellung, theoretischer Hintergrund
und Praktikumsablauf
Hinweise zum Praktikumsablauf:
Bitte machen Sie sich vor dem Labortermin anhand der Aufgabenstellung mit dem Inhalt und
dem theoretischen Hintergrund des Laborpraktikums vertraut. Die in der Aufgabenstellung
zitierte Literatur ist zum Teil über Studip verfügbar.
Das Laborpraktikum dauert ca. fünf Stunden. Bitte beachten Sie, dass in der Versuchshalle
festes Schuhwerk getragen werden muss, die Kleidung während der Versuche schmutzig werden kann und bei kalter Witterung entsprechenden Wärmeschutz gewährleisten muss. Ein
Klemmbrett als Schreibunterlage ist empfehlenswert.
Für Fragen und Auskünfte steht Ihnen Lara Stryjewski unter der Telefonnummer
0531/391-3929 zur Verfügung.
Sprechstunden nach Vereinbarung
Bitte geben Sie das schriftliche Protokoll und die Interpretation der Ergebnisse bis spätestens
4 Wochen nach dem Praktikumstermin zur Anerkennung ab.
Stand: 19.06.2015
Laborpraktikum „Solitäre Wellen“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Inhaltsverzeichnis
1
Theoretische Grundlagen .................................................................................................... 1
1.1
1.2
2
Die Versuchseinrichtung ..................................................................................................... 9
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
3
Berliner Rinne ............................................................................................................ 9
Wellenmaschine ....................................................................................................... 10
Deckwerk ohne Berme ............................................................................................ 11
Deckwerk mit Berme ............................................................................................... 12
Wellenpegel ............................................................................................................. 13
Aufgabenstellung und Versuchsaufbau............................................................................. 16
3.1
3.2
3.3
4
Wellenauflauf ............................................................................................................ 1
1.1.1 Einführung von Korrekturbeiwerten γi in die Referenzformel..................... 3
1.1.2 Einfluss des Böschungsknicks ....................................................................... 4
1.1.3 Einflussfaktor für Bermen γb ........................................................................ 4
1.1.4 Einflussfaktor für die Böschungsrauheit γf ................................................... 5
1.1.5 Einflussfaktor eines schrägen Wellenangriffs γɵ .......................................... 5
Wellenüberlauf .......................................................................................................... 6
Versuchsaufbau Deckwerk 1 ohne Berme ............................................................... 17
Versuchsaufbau Deckwerk 2 mit Berme ................................................................. 18
Auswertung .............................................................................................................. 18
Schrifttum .......................................................................................................................... 19
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
1
Theoretische Grundlagen
1.1 Wellenauflauf
Um das Hinterland ausreichend zu schützen, müssen Seedeiche entsprechend des anliegenden
Bemessungswasserstandes BWS und der einwirkenden Belastungen bemessen werden. Diese
Belastungen können zum einen in Analogie der Wellenperiode (z.B. Wellenauflauf und
Wellenüberlauf) und zum anderen zeitweise innerhalb der Wellenperiode (z.B. Druckschlagbelastungen) auftreten. Im Hinblick der Aufgabenstellung dieses Praktikums werden im
Folgenden nur erstgenannte Belastungsgruppen vorgestellt.
Für die Konstruktion von Küstenschutzbauwerken ist neben der Stabilitätssicherheit die notwendige Höhe des Bauwerks von entscheidender Bedeutung. Die Ausbauhöhe des Schutzbauwerkes bei vorgegebenen BWS wird über die sogenannte Wellenauflaufhöhe zA dimensioniert. Sie beschreibt die Summe aus Brandungsstau und Wellenauflauf am Deichbauwerk,
wobei die Komponente des Brandungsstaus sich in einer höheren Zeitskala als die Wellenperiode abspielt. Neben dem BWS und der brandungsinduzierten Auflaufhöhe zA müssen zudem
lokal bedingte Komponenten zi,lokal (z.B. lokaler Windstau, Seiches, Sicherheitszuschläge
etc.) für die Auslegung der Ausbauhöhe von Schutzbauwerken berücksichtigt werden.
Ausbauhöhe  BWS  z A  zi,lokal  s
( 1.1 )
Die Sollhöhe des Küstenschutzbauwerkes ergibt sich schließlich aus der Ausbauhöhe reduziert um das Setzungsmaß ∆s des Bauwerks.
Sollhöhe  Ausbauhöhe  Setzungsmaß
( 1.2 )
Abb. 1.1: Übersicht der maßgeblichen Höhenanteile für die Bemessung der Sollhöhe eines Küstenschutzbauwerks, (Oumeraci, 2014)
1
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Eine „universale“ Formel für den Wellenauflauf existiert nicht, da abhängig von lokalen Bedingungen viele Parameter berücksichtigt werden müssen und die Bemessung daher mitunter
sehr komplex sein kann. Neben den Seegangsparametern (Wassertiefe vor und am Bauwerk,
Wellenhöhe, Wellenperiode & Wellenrichtung) spielen zudem Windparameter (Windgeschwindigkeit, -richtung, -dauer) und Bauwerksparameter (Deichneigung, Vorländerhöhe,
Oberflächenrauheit, Berme) in den Wellenauflauf mit ein. Anhand von Modellversuchen
konnte eine einfache Formel für den Referenzfall (EAK, 2002) konzipiert werden.
(z 98 ) R EF  1, 6 
g
 Tp  tan   Hs
2
( 1.3 )
konst.  2, 0 m 0,5 / s
Mit:
z98
= Wellenauflaufhöhe [m], die nur von 2% der einlaufenden Wellen überschritten wird
TP
= Peak-Periode der Tiefwasserwellen [s]
tan α
= Böschungsneigung
HS
= signifikante Wellenhöhe [m]
Diese Formel gilt für nur für unregelmäßige Wellen unter Berücksichtigung der signifikanten
Wellenhöhe HS und der Tiefwasserwellenperiode TP bei einer konstanten Böschungsneigung
des Deckwerks tan α. Der Referenzfall wird für alle anderen Einflussparameter durch sogenannte Korrekturfaktoren ergänzt.
Die Formel für den Referenzfall ergibt sich u.a. aus der Berücksichtigung der Brecherkennzahl
(Gl. ( 1.4 ), mehr siehe Vorlesung „Wellentransformation“) und der Wellenlänge im
Tiefwasser L0P. Der Einfluss der Böschungsneigung auf den Wellenauflauf spiegelt sich in
der Art und Weise des Wellenbrechens wieder. Der jeweilige Anteil an Dissipation und Reflektion der Wellenenergie wird durch die Neigung vorgegeben. Je steiler die Böschung und
je länger die einlaufende Welle, umso höher ist der resultierende Wellenauflauf.
2
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Abb. 1.2: Brechertypen und jeweilige Brecherkennzahl bei unterschiedlicher Böschungsneigung
(Oumeraci, 2014)
0 
1.1.1
tan 
(1)
H / L0
Einführung von Korrekturbeiwerten
( 1.4 )
in die Referenzformel
In Abhängigkeit der relevanten Parameter wird der Referenzfall durch Korrekturfaktoren für
die Lage der Berme , die Rauheit der Böschung
und der Richtung des Wellenangriffs
ɵ erweitert.
z 98  (z 98 )REF  (  b   F    )
( 1.5 )
Mit dem Einfluss:
 b  Berme, Knicke, Vorland
 F  Rauheit
   Wellenrichtung
Diesbezüglich ist anzumerken, dass für die Gültigkeit des erweiterten Referenzfalls das Produkt der Einflüsse von Berme, Rauheit und Wellenrichtung 0,5 nicht unterschreiten und
z 98 
z 98
 f     HS
den Wert 3,2 nicht übersteigen darf.
3
( 1.6 )
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
1.1.2
Einfluss des Böschungsknicks
Sobald die Böschung nicht über eine gleichmäßige Neigung verfügt, muss eine mittlere Böschungsneigung α mithilfe der wirksamen Böschungslänge LBöschung berechnet und in der Auflaufformel angesetzt werden.
Abb. 1.3: Böschung mit Knickprofil (Oumeraci, 2014)
tan  
3  HS
L Böschung
( 1.7 )
1.1.3 Einflussfaktor für Bermen
Sofern das Deckwerk nicht durch einen Knick gekennzeichnet ist, sondern eine parallele Verschiebung der oberen Außenböschung gegenüber dem BWS vorliegt, müssen je nach Lage
der Berme (dh) unterschiedliche Bemessungsansätze für die effektive Bermenlänge LBerme angesetzt werden. Der Einfluss der Berme auf den Wellenauflauf erstreckt sich dann bis
+-1,0 HS bezogen auf die Horizontale durch die Bermenmitte.
4
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Abb. 1.4: Berechnungsansätze für den Korrekturbeiwert der Berme in Abhängigkeit der Lages des BWS
(Oumeraci, 2014)
1.1.4
Einflussfaktor für die Böschungsrauheit
Hinsichtlich des verwendeten Materials für die Oberfläche des Schutzbauwerkes (z.B. Gras,
Asphaltbeton etc.) müssen verschiedene Reduktionsfaktoren für die Bemessung des Wellenauflaufs angesetzt werden. In diesem Zusammenhang spielt der Brechertyp eine große Rolle.
Je nach Brechertyp variiert der Rauheitseinfluss . Bei wechselnden Rauheiten muss ein
mittlerer Reduktionsfaktor über der gesamten Böschungslänge verwendet werden.
mittlere  f 
  l
l
f
i
i
1.1.5

Einzelstrecke mit Rauheit f i
Länge der gesamten Rauheitsstrecke
Einflussfaktor eines schrägen Wellenangriffs
( 1.8 )
ɵ
Bei schräg einlaufenden Wellen (Ɵ ≠ 0) ist der Wellenauflauf geringer als bei normalen Wellenangriff (Ɵ = 0). Deshalb muss auch in diesem Fall ein Korrekturbeiwert bestimmt und in
der Bemessung der Wellenauflaufhöhe berücksichtigt werden.
5
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Abb. 1.5: Wellenauflauf bei schräg einlaufenden Wellen
(Oumeraci, 2014)
Beim Wellenüberlauf von Seedeichen gilt eine ähnliche Beziehung wie für den Wellenauflauf, jedoch ist der Einfluss des Wellenangriffswinkels dabei noch größer.
1.2 Wellenüberlauf
Genauso wie die Wellenauflaufhöhe muss auch der Wellenüberlauf bei der Bemessung eines
Küstenschutzbauwerks berücksichtigt werden. Grundsätzlich sollte dieser so gering wie möglich ausfallen, aber hinsichtlich der Unsicherheiten bei der Seegangsvorhersage, und des zukünftigen, klimabeeinflussten BWS ist ein Wellenüberlauf prinzipiell nicht auszuschließen
und nicht unerwünscht, da Faktoren wie die wirtschaftliche Umsetzbarkeit und die Sichtbehinderung übermäßig hoher Deichbauwerke zusätzlich in vorausgehende Überlegungen mit
einspielen. Aus diesem Grund sollte der Wellenüberlauf bis zu einem tolerierbaren Maß zugelassen werden, sodass die Sicherheit des Bauwerks bzw. die Einhaltung des Hochwasserschutzes hinter dem Bauwerk gewährleistet sind. Bei der Planung des Schutzbauwerkes müssen dann die zu erwartenden Wellenüberlaufraten q vorhergesagt werden wobei die zulässigen
Überlaufraten qzul eingehalten werden müssen. Eine Vorhersage des Wellenüberlaufs ist u.a.
wichtig um die Stabilität des Bauwerks hinsichtlich verschiedener Versagensformen (Erosion,
Gleiten etc.) garantieren zu können und notwendige Entwässerungsanlagen für die Ableitung
des Überlaufs bemessen zu können.
6
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Abb. 1.6: Wellenüberlauf und Schadensarten an einem Deich (Oumeraci, 2014)
Wie beim Wellenauflauf wird zunächst von einem Referenzfall ausgegangen, der eine einfache Geometrie des Bauwerks und einen orthogonalen Wellenangriff (Ɵ = 0) voraussetzt:
Q*  Q0  exp( b  R * )
( 1.9 )
Im Falle weiterer Einflüsse müssen auch hier Korrekturbeiwerte für die Bemessung angesetzt
werden. Mit Ausnahme des Korrekturbeiwerts Ɵ für schrägen Wellenangriff (hierbei nicht
von Bedeutung), können die gleichen Korrekturbeiwerte wie beim Wellenauflauf angesetzt
werden. Die Referenzformel, ergänzt um das Produkt der Korrekturbeiwerte, lautet:
Q*  Q 0  exp( b 
R*
)
N

( 1.10 )
i
i 1
Die mittlere Wellenüberlaufrate wird schließlich unter der Berücksichtigung von dimensionslosen Überlaufparametern für den jeweiligen Bauwerkstyp bestimmt. Eingesetzt in die Formel
für den Referenzfall ergeben sich für Deichbauwerke die folgenden Ansätze:
Abb. 1.7: Notwendige Parameter zur Ermittlung des Wellenüberlaufs (Oumeraci, 2014)
7
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Für 0p  2 :
q  0, 038   b  2  g  H s3 
HS / L 0
R
tan 
1
 exp(3, 7  c 

)
HS
tan   b   f   
Hs / L0
( 1.11 )
Für 0p  2 ergibt sich der max . Grenzwert :
q  0, 096  2  g  H S3  exp[ 1,85 
RC
1

HS  f   
( 1.12 )
Hinsichtlich der funktionellen und strukturellen Sicherheit des Schutzbauwerks dürfen die
mittleren Überlaufraten in Abhängigkeit der verwendeten Deckschicht bestimmte zulässige
Überlaufraten nicht überschreiten. Für die Sicherheit gegenüber der Versagensart „Erosion
der Binnenböschung von Seedeichen“ sind dies zum Beispiel:
Tab. 1.1: Zulässige Überlaufraten für verschiedene Deckschichten (Oumeraci, 2014)
zulässige Überlaufraten qzul [l/s*m]
0,1
verwendete Deckschicht
Sand mit schlechter Grasdecke
1
Kleiböschung mit relativ guter Grasdecke
10
Kleidecke mit Grasdecke mit denselben Anforderungen wie für die Außenböschung + befestigte
Binnenböschung
8
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
2
Die Versuchseinrichtung
2.1 Berliner Rinne
Für die Versuche steht die „Berliner Rinne“ in der Versuchshalle des
Leichtweiß-Instituts zur Verfügung. Die „Berliner Rinne“ besteht aus
zehn miteinander verschraubbaren Plexiglaselementen, die insgesamt
eine Länge von rund 20 m aufweisen. Die aufgebauten Plexiglaselemente verfügen über eine blaue Metallunterkonstruktion mit eingebauten Stützen. Die Metallunterkonstruktion trägt die Elemente in
einer Höhe von 67 und 82 cm. Der Kanal ist also unterschiedlich tief:
Im flachen Teil beträgt dann die maximale Wassertiefe 38 cm, im
tiefen Teil 53 cm. Der tiefere Abschnitt ist etwa 3,42 m, der flache
Abschnitt 15,90 m lang. Die Vertiefung kann durch zusätzliche horizontale Plexiglas-Elemente bündig abgedeckt werden, sodass ein
durchgehend ebener Kanalboden entsteht. Dieses wird auch im folgenden Versuch durchgeführt. Die Breite beträgt über die gesamte
Länge einheitlich 30 cm. In Abbildung 2.1 ist der Querschnitt des
flachen Kanalteils skizziert.
Abb. 2.1: Querschnitt „Berliner Rinne“
(flacher Abschnitt)
Abb. 2.2: Berliner Rinne in der wasserbaulichen Modellhalle des Leichtweiß- Instituts,
Caramanos (2015)
9
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
2.2 Wellenmaschine
Am Anfang der Berliner Rinne befindet sich ein Wellenpaddel zur Erzeugung regelmäßiger
Wellen. Das Paddel wir über einen nebenstehenden Schaltstand angesteuert, dieser regelt die
Frequenz des Wellenpaddels.
Schaltstand
Stroke des Wellenpaddels
Abb. 2.3: Steuerstand und der stufenlos einstellbare Stroke des Wellenpaddels,
Caramanos (2015)
Das Wellenpaddel besitzt eine Antriebsstange, die mit dem Generator der Wellenmaschine
verbunden ist. Durch diese Stange lässt sich die horizontale Auslenkung des Paddels (Stroke)
manuell einstellen. Die Antriebsstange lässt sich über eine Schraube lösen und innerhalb eines
Schlitzes verschieben. An diesem Schlitz ist ein Zentimetermaß angebracht, an dem sich die
Stange ausrichten lässt. Die im Folgenden angegebenen Maße für den Stroke beziehen sich
auf die abgelesenen Werte auf dem Zentimetermaß.
Die Parameter, Wellenhöhe und –periode können in der Berliner Rinne über den Stroke, die
Frequenz der Wellenmaschine und die Wassertiefe gesteuert werden. Eine erhöhte Frequenz
der Wellenmaschine verursacht höhere und zeitgleich kürzere Wellen. Je größer der Stroke
ist, desto größer werden die verursachten Wellen.
Am Ende der Berliner Rinne wurde ein Element aus grobporigen Kunstfasern eingebaut, das
die Wellenreflektion durch Dissipation der Wellenenergie vermindert. Das grobporige Kunst10
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
fasermaterial nimmt die Wellenenergie auf und wandelt sie zu großen Teilen über Reibung in
Wärme um, sodass die reflektierende Wellenenergie geringer ist.
Abb. 2.4: Wellenabsorber aus grobporigen Kunstfasern mit einer Drahtummantelung zur Verminderung der
Wellenreflektion am Ende des Wellenkanals, Caramanos (2015)
2.3 Deckwerk ohne Berme
Das erste für die Versuche verwendete Deckwerksmodell, ein Profil aus Edelstahl, weist keine Berme auf und hat eine Höhe von 0,241 m. Die Böschungsneigung des Deckwerks beträgt
1:3,8. Der resultierende Böschungswinkel liegt bei α = 14,64°. Die Kronenlänge beträgt
0,11 m, mit einer leichten Neigung der Krone. Die Vorstrandlänge misst 3,65 m, mit einer
Neigung von 1:50. Der eingestellte Wasserstand liegt am Bauwerksfuß bei 0,11 m. Der Wasserstand am Beginn des Vorstrandes beträgt demnach 0,18 m. Somit ist der Freibord bei Rc =
0,061 m. An die Kronen des Deckwerks wird ein Überlaufbehälter angebracht (links in Abb.
2.6). Dieser hat eine Breite von 0,258 m und eine Grundfläche von 0,0893 m². Da der Überlaufbehälter schmaler als die Rinne ist, wird der gesamte Überlauf mithilfe von zwei aufgeschweißten Blechen über die Breite von 0,258 m in den Behälter abgeführt. In Abb. 2.6 ist
das eingebaute Deckwerksprofil mit einer auflaufenden Welle dargestellt.
11
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
α = 14,64 °
Abb. 2.5: Maße des Deckwerks 1 ohne Berme (nach Drasdo, 2011)
RWS
Abb. 2.6: Deckwerksprofil mit auflaufender Welle und dem Ruhewasserspiegel, Caramanos (2015)
2.4 Deckwerk mit Berme
Das zweite Deckwerk besitzt eine Berme und hat eine Höhe von 0,249 m. Die Böschungsneigung des Profils beträgt vom Bauwerksfuß bis zur Berme 1:6 und von der Berme bis zur Krone 1:4. Die Berme ist leicht geneigt, daher wird im Folgenden mit einer mittleren Bermenhöhe von 0,1815 m gerechnet. Die Vorstrandneigung liegt wie beim vorherigen Deckwerk bei
1:50, mit einer Länge von 3,65 m. Der Wasserstand beträgt in den Versuchen 0,18 m am Beginn des Vorstrandes, d.h. die Wassertiefe am Bauwerksfuß beträgt 0,11 m. Die Berme befindet sich in etwa auf Höhe des Ruhewasserspiegels und der Freibord bei ca. 0,0675 m. Genauso wie bei dem Deckwerk ohne Berme wird an das Deckwerk mit Berme ebenfalls der Überlaufbehälter angebracht.
12
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
In Abb. 2.8 ist das in den Wellenkanal eingebaute Deckwerksprofil dargestellt. Es ist zu sehen, dass die Berme (rechts vom Messraster) in etwa auf Höhe des Ruhewasserspiegels liegt
und die Wellenfortschrittsrichtung von rechts nach links läuft.
α=
Abb. 2.7: Maße des Deckwerks 2 mit Berme (nach Drasdo, 2011)
RWS
Messraster
Berme
Abb. 2.8: Deckwerksprofil 2 mit Ruhewasserspiegel auf Höhe der Berme, Caramanos (2015)
2.5 Wellenpegel
Zur Messung der Wellenhöhe und zur Ermittlung der Wellengeschwindigkeit werden sieben
Wellenpegel quer zur Wellenlaufrichtung installiert. Ein Wellenpegel besteht aus zwei kleinen parallelen Stäben aus korrosionsbeständigem Stahl. Am oberen Ende der Stäbe befindet
sich auch der elektrische Anschluss der Pegel. Die Pegel sind in Wellenfortschrittsrichtung
(x-Richtung) installiert. Alle Wellenpegel sind in der Mittellinie des Kanals eingebaut (yRichtung) um mögliche Wandreibungseinflüsse nicht in die Messung einfließen zu lassen.
Die Wellenpegel 1 – 6 sind in sogenannten Wellenharfen angeordnet. Diese Anordnung er13
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
möglicht mithilfe einer Reflexionsanalyse die Unterscheidung zwischen einlaufenden und
reflektierten Wellen. Die erste Pegelharfe besteht aus den Pegeln WP 1-3, während die zweite
Pegelharfe aus den Pegeln WP 4-6 besteht. Die Abstände sind nach den Empfehlungen von
Mansard & Funke (1980) berechnet (vgl. Gl. ( 2.1 ) und ( 2.2 )).
1,3 =
6
< 1,4 <
3
( 2.1 )
10
1,4 ≠
5
1,4 ≠
3
10
( 2.2 )
Der siebte Wellenpegel befindet sich mittig im Überlaufbehälter. Dieser Pegel misst die Wasserstandänderungen im Behälter, sodass sich aus den ergebenden Wasserständen und der definierten Fläche ein Volumen berechnen lässt. Die Überlaufrate wird dann als Wellenüberlauf
in der Einheit [l/(s∙m)] angegeben. Die Wellenpegel müssen so lang sein, dass sich bei allen
Versuchen stets noch ein kleiner Teil im Wasser befindet. Sie werden mit Kabeln über eine
Sammelbox (vgl. Abb. 2.13) mit einem Verstärker (vgl. Abb. 2.14) verbunden. Der Verstärker versorgt die Pegel einerseits mit Spannung und verstärkt andererseits das von den Pegeln
gemessene Signal. Dann gibt der Verstärker die Spannung über einen Analog-DigitalWandler als Integer-Wert an einen Rechner weiter (vgl. Abb.2.15). Der Rechner zeichnet die
Daten mittels Messwerterfassung auf. Nach der Kalibrierung der Wellenpegel rechnet er die
Messwerte mit dem Programm „L~Davis“ direkt in die Wasserspiegelauslenkung η um.
Abb. 2.9: Wellenpegel
Abb. 2.10: Befestigung Wellenpegel
14
Abb. 2.11: Anschluss Wellenpegel
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Abb.2.12: Installierte Wellenpegel
Abb. 2.13: Sammelbox
Abb. 2.14: Verstärker
Abb.2.15:Analog-Digital-Wandler
Am Rechner können die Werte mit Hilfe des Programms „L~Davis“ visualisiert und bearbeitet werden. „L~Davis“ ist ein am Leichtweiß-Institut entwickeltes Programm zur Bearbeitung
und Auswertung von verschiedenen gemessenen Daten aus Laborversuchen wie z. B. Wasserdrücken und Wellenhöhen. Im Programm werden die gemessenen Wasserspiegelauslenkungen um einen zu Beginn jeder Messreihe ermittelten Mittelwert für den Nullwasserspiegel verschoben. Daher kann die gemessene Wasserspiegelauslenkung η zu jedem Zeitpunkt direkt abgelesen werden. Aus den Eintrittszeiten der Wellenmaxima an zwei Pegeln
und deren Entfernung zueinander kann die Wellengeschwindigkeit c ermittelt werden.
Hierzu muss die Zeitreihe jedoch zuerst physikalisch interpretiert und ausgewertet werden, so
dass lediglich die relevanten Daten herausgefiltert werden.
15
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
3 Aufgabenstellung und Versuchsaufbau
Das Laborpraktikum Wellenauflauf und –überlauf soll das Thema, das in der Vorlesung
„Küsteningenieurwesen II“ behandelt wird, anhand einer praktischen Durchführung vertieft
werden.
Das Praktikum ist in mehrere Teile gegliedert: Im ersten Teil sollen sich die Studierenden mit
der Wellenerzeugung mit Hilfe des Wellenpaddels und des Steuerstandes auseinander setzen.
Im Anschluss daran sollen die Versuche mit den beiden Deckwerkstypen, die in Kap. 2 vorgestellt wurden, durchgeführt werden. Es werden zwei Versuchsreihen mit den beiden zuvor
beschriebenen Deckwerksprofilen durchgeführt. Der Wasserstand sollte konstant bei 0,18 m
am Vorstrandfuß liegen, um die Übersichtlichkeit der sich ändernden Parameter zu gewährleisten. Der Wasserstand liegt bei diesem Niveau zudem genau auf Höhe der Berme des
Deckwerks 2. Der Stroke, die Antriebsstange des Wellenpaddels, ist fest auf 9 cm eingestellt.
Diese Länge hat sich in vorherigen Versuchen als passend erwiesen. Während der Versuche
soll die Motorfrequenz des Paddels durch experimentieren in dem Maße variiert werden, sodass es in der ersten Versuchsreihe zum Wellenauflauf ohne Überlauf und dann in der Zweiten zum eindeutigen Wellenüberlauf kommt. Hierbei ist zu beachten, dass jeder Versuch aus
Redundanzgründen zweimal durchgeführt werden soll.
Um den Wellenauflauf qualitativ auszuwerten zu können, wird eine Schablone (siehe
Abb. 2.8) in Höhe des Deckwerkprofils angebracht. Dadurch kann mithilfe einer zuvor installierten Videokamera der Wellenauflauf abgelesen werden. Zusätzlich können die Brechertypen mit dem Aufzeichnungen bestimmt werden.
Der Wellenüberlauf kann mit dem zuvor beschriebenen siebten Pegel, welcher sich innerhalb
des Überlaufbeckens befindet, ermittelt werden. Dazu bietet es sich an, die Wellenmaschine
schon etwa eine halbe Minute vor Beenden der Messung in L~Davis auszuschalten, sodass
sich der Wasserstand innerhalb des Überlaufbeckens beruhigen kann und die Änderung deutlich ablesbar ist.
Eine Berechnung der theoretischen Wellenauflaufhöhen und der Wellenüberlaufraten erfolgt
dann im Anschluss der praktischen Ausführung in Eigenarbeit. Hieran schließt sich der Vergleich der gemessen Werte mit den theoretisch ermittelten Werten an. Eine gründliche Ergebniskontrolle mit Fehleranalyse schließt das Praktikum ab.
16
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
• Versuche mit dem Deckwerk 1 ohne Berme
•Wellenauflauf
•Wellenüberlauf
1. Teil
• Versuche mit dem Deckwerk 2 mit Berme
•Wellenauflauf
•Wellenüberlauf
2. Teil
• Ermittlung der theoretischen Auflaufhöhen und
Wellenüberlaufraten in Eigenarbeit
3. Teil
• Vergleich der theoretisch ermittelten Werte mit den
gemessenen Werten und Ergebniskontrolle
4. Teil
Abb. 3.1: Aufgaben im Praktikum zu Wellenauflauf und -überlauf
3.1 Versuchsaufbau Deckwerk 1 ohne Berme
Der erste Versuch mit dem Deckwerk ohne Berme wird von den Studierenden wie nachfolgend in Abb. 3.2 dargestellt vor der Versuchsdurchführung aufgebaut. Als Empfehlung für
die Wellenpegelabstände bieten sich die Werte aus Tab. 3.1 an. Diese hatten sich in Probedurchgängen als geeignet herausgestellt. Wichtig für Pegel 7 ist, dass sich dieser im Überlaufbehälter befindet und genügend Abstand zu der Berandung hat.
Wellenpaddel
WP 1 2 3
WP 4 5 6
WP 7
Schablone
Überlaufbehälter
RWS
18 cm
Deckwerk 1
Abb. 3.2: Versuchsaufbau Deckwerk 1 ohne Berme
17
Absorber
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
Tab. 3.1: Pegelabstände für Versuchsaufbau
Pegel
WP 1
WP 2
WP 3
WP 4
WP 5
WP 6
WP 7
x - Position [m]
7,9
8,17
8,57
11,85
12,12
12,52
im Überlaufbehälter
y - Position [m]
0,15
0,15
0,15
0,15
0,15
0,15
Pegelharfenabstände [m]
x1,2 = 0,27
x1,3 = 0,67
x4,5 = 0,27
x4,6 = 0,67
0,15
3.2 Versuchsaufbau Deckwerk 2 mit Berme
Für den zweiten Versuch mit dem Deckwerk inklusive Berme ist der Versuchsaufbau aus
Abb. 3.3 zu wählen und umzusetzen. Auch hier sollten die Pegelabstände aus Tab. 3.1 berücksichtigt werden.
Wellenpaddel
WP 1 2 3
WP 4 5 6
WP 7
Schablone
ÜberlaufÜberlauf
behälter
behälter
RWS
18 cm
Deckwerk 2
Absorber
Abb. 3.3: Versuchsaufbau Deckwerk 2 mit Berme
3.3 Auswertung
Die gemessenen Wellenauflauf- und Wellenüberlaufraten sollen im Anschluss an die Durchführung mit den theoretischen Werten (Formeln siehe: Kap. 1 und „Vorlesung Küsteningenieurwesen II – Belastungen von Bauwerken durch Seegang Teil III: Wellenauflauf- und Wellenüberlauf“) verglichen werden. Die aufgenommen Videos sind dafür mit Hilfe einer geeigneten Software z.B. „Free Video to JPG Converter“ in einzelne Bildausschnitte zu konvertieren. Unterschiede zwischen Messung und Berechnung sind durch Überlegungen und Beobachtungen darzustellen und zu diskutieren. Genauere Angaben entnehmen sie bitte dem
Skript: „Versuchsdurchführung und Ergebniserfassung“.
18
Laborpraktikum „Wellenauflauf und -überlauf“
Aufgabenstellung und theoretischer Hintergrund
4 Schrifttum
Drasdo, Christine (2011): Wellenüberlaufbelastung und Dünenerosion des Deckwerkes auf
der Nordseeinsel Wangerooge. Diplomarbeit. Technische Universität Braunschweig,
Braunschweig. Leichtweiß- Institut für Wasserbau.
Oumeraci, H. (2014): Vorlesung Küsteningenieurwesen II – Belastungen von Bauwerken
durch Seegang Teil III: Wellenauflauf- und Wellenüberlauf. Leichtweiß-Institut für
Wasserbau, Abt. Hydromechanik und Küsteningenieurwesen, Technische Universität
Braunschweig.
19