MN Anwaltsrecht Anwaltsrecht Regierungs- und Fraktionsentwurf bietet nicht für alle Fragen der Praxis Antworten* Rechtsanwältin Dr. Doris-Maria Schuster, Frankfurt am Main Bundestag und Bundesrat sind mit einem parallelen Regierungs- und (einem) Fraktionsentwurf der CDU/CSU- und SPD-Fraktion zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte in die Sommerpause gegangen. Das Anwaltsblatt hat den Gesetzentwurf in drei Beiträgen einem Check unterzogen. In diesem Beitrag stellt die Autorin die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis des Syndikusanwalts vor (siehe zum anwaltlichen Berufsrecht, Offermann-Burckart AnwBl 2015, 633 und zum Sozialrecht Schafhausen, AnwBl 2015, 643). Bisher waren Arbeitsverträge mit Syndikusanwälten einigermaßen einfach gestrickt. Sie sahen häufig eine Beschäftigung als „Rechtsanwalt“ oder „Syndikusanwalt“ vor und enthielten gleichzeitig eine Klausel, die dem Syndikus eine Nebentätigkeit als Rechtsanwalt genehmigte. Diese Art der Vertragsgestaltung war Folge der sog. Doppelberufstheorie des Bundesgerichtshofs1. Danach unterteilte sich die Tätigkeit eines Syndikusanwalts in eine hauptberufliche Beschäftigung als Rechtsberater eines Unternehmens im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und eine gleichzeitige Nebentätigkeit als zugelassener Rechtsanwalt. Künftig werden Unternehmen und Syndizi zwischen drei Formen der Beschäftigung wählen können: einer Beschäftigung als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt), einer Beschäftigung als Unternehmensjurist ohne Anwaltszulassung oder einer Beschäftigung mit einer anderen Tätigkeit und der Genehmigung einer Nebentätigkeit als Rechtsanwalt. Nur die Beschäftigung und Zulassung als „Rechtsanwalt (Syndikusanwalt)“ wird rentenversicherungsrechtlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI zur Folge haben. Die beiden anderen Alternativen führen hingegen zu einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das gilt jedenfalls dann, wenn es nicht zum Eingreifen einer Vertrauensschutzregelung in Bezug auf die derzeit ausgeübte Tätigkeit kommt. I. Arbeitsverträge mit Syndikusrechtsanwälten Arbeitgeber und Syndikus müssen sich darüber verständigen, ob künftig von beiden Parteien tatsächlich eine Beschäftigung als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) gewollt ist. Eine Pflicht der Unternehmen, bei ihnen tätige Juristen als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) zu beschäftigen, ist wohl auch in den Fällen zu verneinen, in denen arbeitsvertraglich eine Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Syndikusanwalt vorgesehen ist. Die bisherige Verständigung erstreckte sich inhaltlich nicht auf das Tätigkeitsprofil, die Stellung und die Vertragskonditionen, die nunmehr in § 46 BRAO-E für den Syndikusrechtsanwalt vorgesehen sind. Deshalb bedarf es für eine Zulassung und ein 646 AnwBl 8 + 9 / 2015 1. Fachliche Unabhängigkeit und Inhalt der geschuldeten Tätigkeit § 46 Abs. 4 BRAO-E verlangt für die Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) neben (i) einer anwaltlichen Tätigkeit, der der Syndikus für seinen Arbeitgeber nachgehen muss, (ii) die vertragliche Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit. Arbeitsverträge mit Syndikusanwälten müssen deshalb künftig Klauseln enthalten, die diese beiden gesetzlichen Vorgaben widerspiegeln. a) Der Vorgabe des § 46 Abs. 4 S. 2 BRAO-E zur vertraglichen Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts lässt sich arbeitsvertraglich durch eine relativ schlanke Klausel nachkommen. Es genügt die Aufnahme des Satzes „Der Syndikusrechtsanwalt übt seine Tätigkeit für den Arbeitgeber fachlich unabhängig aus“. Ergänzend kann und sollte noch vertraglich festgehalten werden: „Der Syndikusrechtsanwalt ist nicht verpflichtet, Weisungen zu befolgen, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage oder eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließt. Er ist befugt, die Gesellschaft nach außen zu vertreten“. Weiterer vertraglicher Regelungsbedarf besteht nicht und vor einer weiteren vertraglichen Konkretisierung der fachlichen Unabhängigkeit und der Eigenverantwortlichkeit ist angesichts der noch laufenden Diskussionen um die genaue Ausgestaltung und die Grenzen der fachlichen Unabhängigkeit auch abzuraten. Die vertraglich garantierte fachliche Unabhängigkeit führt jedoch nicht zu einer vollständigen Aushebelung des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Nach der Gesetzesbegründung (siehe S. 34) darf der Arbeitgeber nur in fachlichen Angelegenheiten kein allgemeines oder konkretes Weisungsrecht ausüben. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass interne Richtlinien wie zum Beispiel Compliance-Vorgaben oder Ethik-Kodizes weiterhin gelten, solange sie nicht fachliche Ergebnisse vorschreiben. Mit der fachlichen Unabhängigkeit und der Eigenverantwortlichkeit des Syndikus ist nicht die Befugnis verbunden, selbst unternehmerische Entscheidungen zu treffen (siehe Gesetzesbegründung, S. 34). Diese Befugnis verbleibt vielmehr beim Arbeitgeber. Ihm steht es frei, sich über die Empfehlungen und Ratschläge seines Syndikusrechtsanwalts hinwegzusetzen und diesen nicht Folge zu leisten. Macht er das, führt das nicht zum Verlust der Eigenständigkeit des Syndikusanwalts. b) Für die Zulassung bei der Anwaltskammer benötigen Syndikusrechtsanwälte den Nachweis, dass die von ihnen geschuldete Tätigkeit tatsächlich eine anwaltliche ist. Nach § 46 Abs. 3 BRAO-E liegt eine anwaltliche Tätigkeit vor, wenn sie * 1 Der Beitrag geht zurück auf einen Vortrag der Autorin in einer Sonderveranstaltung auf dem 66. Deutschen Anwaltstag in Hamburg am 12. Juni 2015. BGH vom 07.11.1960, BGHZ 33, 276, 279 f.; vom 07.02.2011, NJW 2011, 1517, 1518 m. w. N. Syndikusanwälte: Folgen des neuen Rechts für das Arbeitsverhältnis, Schuster Aufsätze Syndikusanwälte: Folgen des neuen Rechts für das Arbeitsverhältnis Tätigwerden als Syndikus entweder des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages oder aber jedenfalls einer Vertragsergänzung. Arbeitgeberseitig ist ein solcher Änderungs-/Ergänzungsvertrag nicht in allen Fällen gewollt. Neben den vertraglichen und tatsächlichen Beschränkungen, denen eine Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt unterliegt, ist damit möglicherweise auch eine Einschränkung des Versetzungsrechts verbunden. Syndikusrechtsanwälte werden umgekehrt bei der künftigen Gestaltung ihrer Arbeitsverträge darauf achten, dass sich das Versetzungsrecht des Arbeitgebers nicht auf solche Aufgaben und Tätigkeiten erstreckt, bei denen der Verlust ihrer Zulassung und damit ihres rentenversicherungsrechtlichen Status droht. MN Anwaltsrecht 2. Versetzungsklauseln In Arbeitsverhältnissen mit Syndikusrechtsanwälten problematisch wird künftig der Umgang mit Versetzungsklauseln sein. Diese ermöglichen es dem Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einseitig eine andere Tätigkeit zuzuweisen, soweit diese der Qualifikation und den Kenntnissen des Mitarbeiters entspricht sowie gleichwertig ist. Unklar ist, ob die arbeitsvertragliche Beschäftigung eines Mitarbeiters als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) das Versetzungsrecht des Arbeitgebers dergestalt einschränkt, dass dieser dem Syndikus nur noch gleichwertige andere anwaltliche Aufgaben zuweisen darf. Andernfalls droht die Gefahr, dass der Arbeitgeber ohne Zutun des Syndikusanwalts den Verlust der Zulassung des Syndikus herbeiführen kann (§ 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO-E), indem er ihm eine Tätigkeit zuweist, die nicht die fachlichen Anforderungen an eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 2, Abs. 3 BRAO-E erfüllt. Im Ergebnis wird man eine solche Einschränkung des Versetzungsrechts allein aufgrund einer arbeitsvertraglichen Beschäftigung als „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ verneinen müssen. Durch die Aufnahme einer Versetzungsklausel will ein Arbeitgeber sich ja gerade die vertragliche Möglichkeit erhalten, dem Syndikus auch eine andere als die vertraglich geschuldete Tätigkeit zuzuweisen. Will ein Syndikus das verhindern, muss er auf das Streichen der Versetzungsklausel hinwirken. Darauf wird sich ein Arbeitgeber kaum einlassen wollen. Deshalb ist in solchen Versetzungsklauseln einiges an Sprengkraft enthalten. 3. Haftung Unzulänglichkeiten weist der Gesetzesentwurf noch beim Aufeinandertreffen von Eigenverantwortlichkeit und Haftung des Syndikusanwaltes auf. Dadurch dass der Syndikusanwalt nach dem neu geregelten Berufsbild sowohl nach innen als auch nach außen als Rechtsanwalt auftritt, haftet er bei beruflichen Fehlern sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis. Die Fälle einer Haftung nach außen Dritten gegenüber werden eher die Ausnahme sein. Denkbar wäre eine solche Haftung beispielsweise wegen der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach § 311 Abs. 3 BGB oder aber beim Abschluss eines konkludenten Auskunftsvertrages. Weitaus realistischer ist jedoch eine Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber aus §§ 611, 280 BGB. Wie damit umzugehen ist, ist bislang ungeklärt. Die Gesetzesbegründung geht offensichtlich davon aus, man könne das Problem der Haftung des Syndikusanwalts im Innenverhältnis durch Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung lösen (siehe Syndikusanwälte: Folgen des neuen Rechts für das Arbeitsverhältnis, Schuster Gesetzesbegründung, S. 42). Ein solches Versicherungsprodukt gibt es derzeit aber nicht. Die rechtsanwaltliche Berufshaftpflichtversicherung erstreckt sich nach Ziffer A.2.3. der Besonderen Bedingungen zur Allgemeinen Rechtsanwaltshaftpflicht (AVB-RSW)2 nämlich gerade nicht auf eine Haftung für Schäden im Innenverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und seinem Mitarbeiter. Der Arbeitgeber kann auch nicht als Dritter angesehen3 werden. Die Missbrauchsgefahr wäre zu hoch, würden die Versicherungen solche Schäden im Innenverhältnis decken. Ebenso wenig umfasst die Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers dieses Risiko, da diese nur die Inanspruchnahme des Arbeitgebers selbst deckt, nicht jedoch die persönliche Inanspruchnahme der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber. Die Gesetzesbegründung hat diese „Versicherungslücke“ offensichtlich übersehen. Denkbar wäre es, die allgemeinen Grundsätze über die Haftungsbeschränkung für Arbeitnehmer auch auf die Haftung der Syndikusrechtsanwälte gegenüber ihrem Arbeitgeber anzuwenden. Nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hängt der Umfang der Haftung eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber vom Grad seines Verschuldens ab.4 Bei leichter Fahrlässigkeit haftet ein Arbeitnehmer gar nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit haften Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils hälftig für den Schaden und bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kommt es zur vollen Haftung des Mitarbeiters. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erstreckt sich diese Haftungsprivilegierung auf alle Arbeitnehmergruppen, also auch auf angestellte Syndikusanwälte. Eine solche Haftungsprivilegierung für Syndikusanwälte ist vom Gesetzgeber aber offensichtlich nicht gewollt. Er geht in der Gesetzesbegründung (siehe S. 41 f.) von einer (nicht eingeschränkten) Haftung des Syndikus gegenüber seinem Arbeitgeber aus. Jedes andere Ergebnis ließe sich auch mit der fachlichen Unabhängigkeit und der Eigenverantwortlichkeit des Syndikusrechtsanwalts nicht vereinbaren. Ohne eine Absicherung dieses Haftungsrisikos durch eine Haftpflichtversicherung wird aber kaum ein Syndikus das Risiko einer Haftungsinanspruchnahme durch den eigenen Arbeitgeber eingehen wollen. Es ist daher zu hoffen, dass die Haftpflichtversicherungen noch rechtzeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes ein Produkt auf den Markt bringen, das dieses Risiko abdeckt und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. 4. Kanzleipflicht § 27 BRAO, der über die Neureglung des § 46 c Abs. 4 Satz 1 BRAO-E Anwendung findet, verpflichtet den Syndikus zur Einrichtung und Unterhaltung einer Kanzlei. Nach § 46 c Abs. 4 Satz 1 BRAO-E gilt die regelmäßige Arbeitsstätte als Kanzlei. Einer besonderen vertraglichen Regelung, die die Ausstattung der Kanzlei anbelangt, bedarf es also nicht zwingend. Jedoch muss der Syndikus prüfen, ob damit nicht bestimmte weitere Pflichten verbunden sind, insbesondere was seine telefonische und postalische Erreichbarkeit an seinem Arbeitsplatz anbelangt. Um sicherzustellen, dass er seinen berufsrechtlichen Verpflichtungen nachkommt, wird ein Syndikusanwalt ein Interesse haben, den Mindeststandard, dem sein Arbeitsplatz bzw. seine Kanzlei berufsrechtlich erfüllen muss, vertraglich zu fixieren. 2 Dort heißt es: „(...) bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche aus der Tätigkeit des Versicherungsnehmers als Angestellter.“ 3 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zum Gesetzesentwurf, Nr. 34/2015, Juni 2015, S. 10. 4 BAG v. 27.09.1994 – GS 1/89, DB 1994, 2237. AnwBl 8 + 9 / 2015 647 Aufsätze fachlich unabhängig und eigenverantwortlich und von Rechtsberatung, Rechtsvermittlung, Rechtsgestaltung und Rechtsentscheidung geprägt ist. Die Prägung der Tätigkeit durch diese Merkmale ist inhaltlich den Anforderungen der sog. „Vier-Kriterien-Theorie“ nachempfunden (siehe Gesetzesbegründung, S. 31). Die anwaltliche Tätigkeit muss daher im Rahmen des Anstellungsverhältnisses die qualitativ und quantitativ dominierende Leistung sein (siehe Gesetzesbegründung, S. 22 und S. 34). Einen festen Schwellenwert gibt es jedoch nicht. Die ursprünglich im Referentenentwurf vorgesehene Schwelle von mindestens 50 Prozent findet sich im jetzigen Gesetzesentwurf nicht mehr wieder. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein (geringwertiges) Unterschreiten dieser 50 Prozent Grenze unschädlich ist. Der Nachweis der anwaltlichen Prägung der Syndikusrechtsanwaltstätigkeit kann am besten durch eine Stellenbeschreibung, die dem Arbeitsvertrag als Anlage beigefügt und dessen Bestandteil ist, geführt werden. MN Anwaltsrecht II. Versetzung, Beförderung und Arbeitsplatzwechsel Die Zulassung des Syndikusanwalts ist nach dem Gesetzesentwurf tätigkeitsbezogen, das heißt sie wird bezogen auf eine spezifische Tätigkeit erteilt (§ 46 a Abs. 1 Nr. 3 BRAO-E). Folgerichtig kann die Zulassung ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Tätigkeit oder der arbeitsvertraglichen Gestaltung eintritt (§ 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO-E). Hierfür besteht eine Anzeigepflicht des Syndikusanwalts gegenüber der Rechtsanwaltskammer nach Maßgabe des § 46 b Abs. 4 BRAO-E. Die Folge ist, dass jede Versetzung oder Beförderung der Anwaltskammer und jeder Arbeitsplatzwechsel zu einem Verlust der Zulassung führen kann, sofern diese(r) wesentlich ist. Eine gesetzliche Definition der Wesentlichkeit fehlt allerdings. Keine wesentliche Änderung liegt vor, wenn sich nur der rechtliche Tätigkeitsbereich ändert, etwa wenn der Syndikusanwalt nunmehr mit Arbeitsrecht anstatt M&A betraut wird. Eine wesentliche Änderung der Tätigkeit kann jedoch nach der Gesetzesbegründung (siehe S. 43) schon dann gegeben sein, wenn der Syndikus von der Rechtsabteilung in die Personalabteilung wechselt und dort keine anwaltliche Tätigkeit mehr ausübt. Jedoch gilt auch eine anwaltsfremde Tätigkeit als anwaltliche, sofern ein enger innerer Zusammenhang mit der rechtlichen Beistandspflicht besteht und auch rechtliche Fragen aufgeworfen werden können (siehe Gesetzesbegründung, S. 22). Nach einer Versetzung, Beförderung oder einem Arbeitsplatzwechsel mit wesentlicher Änderung der Tätigkeit kann jedoch ein neuer Zulassungsbescheid im Wege des Erstreckungsbescheids nach § 46b Abs. 3 BRAO-E beantragt und erteilt werden. 648 AnwBl 8 + 9 / 2015 III. Vorübergehende Abordnung, Arbeitgeberwechsel Bei einer vorübergehenden Abordnung, zum Beispiel während eines Secondments oder einer Entsendung, war nach der bislang geltenden Rechtslage gemäß § 6 Abs. 5 SGB VI eine Erstreckung der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch auf anwaltsfremde Tätigkeiten möglich. Diese Abordnung musste nur zeitlich begrenzt und die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaften sichergestellt sein. Ob dies auch bei Umsetzung des Gesetzesentwurfs für Syndikusanwälte noch möglich ist, ist fraglich und im Ergebnis wohl zu verneinen. Denn die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erstreckt sich nicht auf das Arbeitsverhältnis, sondern auf die konkrete Tätigkeit des Syndikus. Möglicherweise lässt sich die Problematik aber, ähnlich wie bei der Versetzung, anhand des Wesentlichkeitskriteriums und über einen Erstreckungsbescheid nach § 46 b Abs. 3 Satz 2 BRAO-E lösen. So ließen sich Lücken in der Versorgungsbiografie des Syndikusanwaltes vermeiden und eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses bliebe bestehen. Dagegen spricht jedoch, dass § 46 Abs. 3 BRAO-E auf die Prägung der Tätigkeit und nicht auf die des Arbeitsverhältnisses abstellt. Auch hier zeigt sich also, dass der Gesetzesentwurf noch Fragen offen lässt. Kommt es infolge eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB zu einem Arbeitgeberwechsel, liegt keine Änderung des Arbeitsvertrages bzw. der Tätigkeit im Sinne des § 46 b Abs. 4 BRAO-E vor. Das Arbeitsverhältnis geht vielmehr mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Arbeitgeber über (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Anzeigepflicht gegenüber der Rechtsanwaltskammer und die Pflicht zur Zulassung als Syndikusanwalt bei dem neuen Arbeitgeber bestehen nach dem Gesetzeswortlaut nicht. Dennoch sollte auch in diesen Fällen vorsorglich ein Erstreckungsbescheid beantragt werden. Denn die bisherige Zulassung erstreckt sich auf eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber und gibt deshalb nicht die aktuellen Verhältnisse wieder. Bei einem gewillkürten Arbeitgeberwechsel war bislang stets ein neuer Befreiungsantrag für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich, da die Befreiungswirkung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kraft Gesetzes endete. Da der Gesetzesentwurf zu einem Gleichlauf von Berufsrecht und Rentenversicherungsrecht für den Syndikusanwalt führt, ist bei einem freiwilligen Arbeitgeberwechsel künftig kein neuer Antrag erforderlich. Denn die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist bei der Befreiungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu beachten und bindet den Rentenversicherungsträger (siehe Gesetzesbegründung, S. 38). Künftig genügt daher eine bloße Anzeige nach § 46 b Abs. 4 BRAO-E. Ein Erstreckungsantrag nach § 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO-E ist nur dann notwendig, wenn mit dem Arbeitgeberwechsel eine wesentliche Änderung der Tätigkeit oder der arbeitsvertraglichen Gestaltung vorliegt. Insoweit kommt es zu einer deutlichen Vereinfachung. Dr. Doris-Maria Schuster, Frankfurt am Main Die Autorin ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie gehört dem Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein an. Leserreaktionen an [email protected]. Syndikusanwälte: Folgen des neuen Rechts für das Arbeitsverhältnis, Schuster Aufsätze 5. Vorlagepflicht bei den Anwaltskammern Die für die Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) zuständige Rechtsanwaltskammer prüft die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und stützt sich bei der Begründung ihrer Zulassungsentscheidung unter anderem auf den Inhalt des Arbeitsvertrages. Deshalb ist der Anwaltskammer nach § 46 a Abs. 3 BRAO-E eine Ausfertigung oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift des Arbeitsvertrages vorzulegen. Die Vorlagepflicht erstreckt sich nach dem Gesetzeswortlaut auf den vollständigen Arbeitsvertrag und erfasst auch dessen Anlagen. Das Überlassen von bloßen Vertragsauszügen reicht nicht aus. Die Anwaltskammer kann andernfalls bei ihrer Zulassungsentscheidung nicht sicherstellen, dass die Tätigkeit des Syndikusanwalts auch den Vorgaben des § 46 Abs. 2 ff. BRAO-E entspricht. Dem Datenschutz und dem Interesse der Arbeitsvertragsparteien, den Inhalt und die Konditionen der Anstellungsverträge nicht Dritten gegenüber offen zu legen, wird dabei dadurch Genüge getan, dass die Vorlage einer mit geschwärzten Passagen versehenen Vertragsausfertigung genügt (siehe Gesetzesbegründung, B. Besonderer Teil, zu Artikel 1, zu Artikel 2 (§ 46 a Abs. 3 BRAO-E), S. 41). Die Gesetzesbegründung spricht jedoch nur von einer Schwärzung der für die Zulassung irrelevanten personenbezogenen Daten. Das ist zu eng. Nicht nur die personenbezogenen Daten, sondern auch sonstige Vertragsinhalte wie etwa die Kündigungsfristen oder die Ausgestaltung etwaiger variabler Vergütungen sind für die Zulassung als Syndikusanwalt irrelevant. Deshalb müssen auch solche Vertragspassagen geschwärzt werden können.
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