Steh auf, wenn du für Augsburg bist, schalalalala

4 POLITIK
F R A N K F U R T E R A L L G E M E I N E S O N N TAG S Z E I T U N G , 1 7 . M A I 2 0 1 5 , N R . 2 0
Steh auf, wenn du für Augsburg bist, schalalalala
Claudia Roth ist
Fußball-Fan. In den
VIP-Bereich will sie
nicht, sie singt lieber
mit auf der Tribüne.
Denn dort sitzen ganz
andere Fans:
die Claudia-Roth-Fans.
VO N LY D I A R O S E N F E L D E R
Claudia Roth füllt das Auto mit ihrem Gesang. „Wir waren oben, waren unten.“ Im Takt stößt sie den
Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Höhe. „Haben uns gequält und uns geschunden.“ Ein
Bayern-Fan überholt. Roth keckert
und wedelt hinter der Scheibe mit
ihrem grünen Augsburg-Schal.
„Die Grünen sind eine sehr fußballaffine Partei“, sagt sie. „Keine
Spaßbremsen, wie man immer so
denkt.“
Parkhauslabyrinth. Roth fragt einen Parkwächter nach dem besten
Platz zum Vorfahren. Antwort:
„Hier nicht.“ Schon steht hinten
eine Autoschlange und hupt. Roth
brüllt aus dem Fenster: „Ich frag
grad was!“ Der Parkwächter:
„Nicht hier. Runter.“ Doch es geht
nicht mehr runter, es geht nur
noch rauf. An der Brüstung steht
ein Männerrücken, breitbeinig,
konzentriert. Roth fragt ins Autoinnere: „Können Sie mir mal verraten, warum Männer glauben, sie
könnten überallhinpinkeln?“
Aussteigen, den Rest geht Roth
zu Fuß. Sie trägt ihren grünen Vereinsschal, einen beigefarbenen
Mantel und zwei große Schmuckstücke. Zwei kleine Jungs in roten
Trikots laufen vorbei. Roth: „Seid
heut ganz lieb zu Augsburg. Ihr
seid ja schon Meister, aber wir
brauchen einen Punkt!“ Die Jungs:
„Nein!“ Roth: „Einen!“ – „Nein!“
– „Doch!“ – „Nein!“
Roth hat Plätze in der Nordkurve. Hier ist Süden. Sie muss um die
halbe Münchner Arena herum.
Das dauert. Roth redet mit jedem
und jeder: „Grüß Gott! Einen
Punkt, bitte!“, sagt sie, wenn jemand Blickkontakt aufnimmt. Die
Fußballfans tragen FC-BayernMontur. Einer fragt: „Sind Sie etwa
Augsburg-Fan?“ Roth: „Ich bin aus
Augsburg!“ Der Mann, gnädig:
„Von mir aus können Sie drei Punkte haben. Wenn sich von unseren
Spielern keiner verletzt und wir am
Dienstag gegen Barcelona ein 3:0,
4:0 schaffen.“ Roth: „Ich hab den
Seehofer gestern gefragt, ob er
auch zum Spiel kommt. Er hat gesagt: Nein, kann er nicht. Er muss
ja unabhängig sein als Ministerpräsident. Und bei ihm weiß jeder,
dass er für Ingolstadt ist.“ Fan:
„Darf ich ein Foto von Ihnen haben?“ Roth: „Nur mit Schal!“
Nächster Passant, nächstes Fachgespräch. Roth: „Schongang. Augsburg darf niemanden verletzen.
Dann schaffen wir es vielleicht
nach Europa.“ Fan: „Wie ist das
Restprogramm?“ Roth: „Schwer.
Wir müssen gegen Hannover und
Gladbach.“ Der Fan nickt teilnahmsvoll. Roth: „Mit dem Herrn
Foto Lydia Rosenfelder
Stoiber kann man über Fußball reden. Er hat gesagt: Augsburg, absolut großartig, Respekt, der Etat
von Augsburg ist wahrscheinlich
geringer als das Gehalt von Ribéry
allein.“ Fan: „Augsburg hat es definitiv nötiger. Ich gönn’s Ihnen!“
Fan ist Fan, sagt Roth. Da spielt
die Herkunft keine Rolle. Der Torwart Jens Lehmann hat ihr mal erzählt, es nützt ihm gar nichts, dass
er aus bürgerlichem Hause
stammt, am Ende muss er nur den
Ball halten. Roth würde nicht freiwillig in die VIP-Lounge gehen,
sagt sie, Häppchen essen, Schampus trinken und dabei das Spiel verpassen. Nichts für sie. „Fraueneingang, yes!“, sagt Roth und lässt
sich in die Tasche gucken. Sofort
versammeln sich mehrere Leute.
Eine sagt: „Hab ich richtig gesehen!“ Roth: „Kriegen wir heute einen Punkt von Bayern?“ Frau:
„Na, klar!“ Roth: „Heut muss
doch Bayern z’sammenhalten!“
Ein älterer Herr will ein Foto und
schreibt ihr seine Postadresse auf.
Ein junger Mann kommt und fragt
nach einem Taschentuch. Blut
läuft ihm am Schienbein hinab.
Roth: „Oh scheiße! Nimm ein
Pflaster, ist besser!“
Ein paar Schritte, wieder ein Fotowunsch. „Der war besoffen“,
seufzt Roth. Einer wünscht: „Viel
Glückle!“ Ein anderer sagt: „Die
Oma des Fußballs.“ Roth, euphorisch: „Unglaublich, wie viele Leut
einen erkennen.“ Sehr wirksamer
Wahlkampf. Sie widerspricht:
„Wenn das als Wahlkampf daherkommt, dann hab ich schon verschissen. Das kommt gar nicht
gut.“ Es habe früher Spiele gegeben, erzählt sie, da hätten die Leute gebrüllt: Was will die denn hier?
An den Sitzplätzen angekommen, springt Roth gleich wieder
auf. „Sollen wir noch a Wurscht?“
Es zieht sie hinaus zu den Leuten.
„Grüß Gott“, „Alles Gute“, „Einen Punkt“. Sie könnte ewig so
weitermachen. Das Spiel beginnt.
„Hammerstimmung im Stadion“,
schreibt sie an einen Fußball-Fan
von der CSU. Ihr Kommentar zu
Mannschaftsaufstellung der Bayern: „Die spielen mit einer TopElf.“ Zum Trainer der Augsburger: „Ein ganz einfacher, supernetter Typ. Ein Schwabe.“ Zum Bayern-Spieler Lewandowski, der gerade mehrere Gesichtsbrüche erlitten hat: „Irre, dass der heute
spielt.“ Zum Augsburg-Spieler Al-
tintop: „Der ist wie der Vater. Hat
viel Erfahrung, bringt Ruhe in die
Mannschaft.“
Auf der anderen Stadionseite
hüpfen die Bayern-Fans auf und
ab. Ein pulsierender, viereckiger
Teppich, rot-weiß. Erste Torchance für Augsburg. Roth steht und
klatscht. „Der hat direkt geschossen, das war total toll.“ Sie stimmt
in die Fangesänge ein. „Auf geht’s
Augsburg schießt ein Tor!“ Rote
Karte für den Torwart der Bayern.
Roth dreht sich besorgt zu den
Augsburg-Fans um und sagt: „Jetzt
kommt Neuer, das ist nicht so
gut.“ Dann verschießt Augsburg
den Elfmeter. Roth setzt sich tief
in ihren Plastiksitz. Guckt geradeaus und sagt lange nichts. Nach einer Weile: „Scheiße.“
Jetzt kriegen die Augsburger einen Knacks, fürchtet sie. Sie fragt
den Mann hinter ihr: „Hat der gehalten, oder war es Pfosten?“ Pfosten. „Dann geht’s noch.“ Einen
Rang höher stehen die härteren
Augsburger. Sie haben die nackten
Arme nach oben gespreizt. Die
Arme klappen rhythmisch zusammen wie Scheren. Roth stöhnt: „Typisch Müller. Er wird am Bein getroffen und schlägt die Hände vor
das Gesicht!“ Sie schickt ein Foto
von sich an den Kollegen Nouripour, Eintracht-Fan. „ArroganzArena“, antwortet er.
Bayern spielt nicht so wie sonst,
urteilt Roth. Sie guckt Fußball, seit
sie sechs Jahre alt ist. Der Vater
nahm sie schon damals mit ins Stadion. Oder sie saßen zu zweit im
verrauchten Keller vor dem Fernseher, schrien, jubelten, weinten. Bei
einem besonders spannenden
Spiel, Deutschland gegen Argentinien, brach das Sofa unter ihnen
zusammen.
Am Himmel über dem Stadion
blitzt es. Regen. „Rutschiger
wird’s. Das müssen die schon aushalten.“ Selbst ist Roth aber mit
den Nerven am Ende. Jetzt bloß
kein Tor mehr vor der Pause.
Dann ertönt der Pfiff. Sie nimmt
ein Bad in der Menge und eine Apfelschorle. Dabei erholt sie sich
vom Elfmeter-Schreck. „Fußball
ist schon sehr viel Geschäft. Aber
die Gefühle sind ehrlich, die Freude, die Verzweiflung.“
Zurück auf den Sitzplätzen,
spricht sie mit dem Mann hinter
ihr. Er leitet ein Gymnasium in
Augsburg und möchte eine Fahrt
zum Bundestag organisieren. Roth
legt ihm die Hand auf den Unterarm. In der zweiten Halbzeit spielen die Bayern besser. Roth ist nervös. „Ich knuppel mir immer meine Finger auf“, sagt sie und zeigt
die aufgepulte Haut. Sie steht vor
der Brüstung und singt: „Steh auf,
wenn du für Augsburg bist.“
Die großen Fußballstars kennt
sie persönlich. Sie traf sie bei einem Europa-Qualifikationsspiel in
Istanbul. Im Morgengrauen musste sie zurück zum Flughafen. Da
kamen die Jungs gerade aus der
Disko. Schweinsteiger rief: „Claudi!“ Einer anderer: „Künast!“ Und
Neuer, wohlerzogen, gab ihr die
Hand: „Guten Morgen, Frau
Roth!“ Er kam ihr riesig vor. Özil
saß auf einer Bank, sie sah ihn und
wunderte sich, wie jung er war und
wie schüchtern. „Die sind schon
mit Anfang zwanzig Superstars.
Was kommt danach?“, fragt sie.
Claudia Roth ist selbst irgendwie ein Star. „Dass man mich ausbuht oder vom Platz holen will,
das kenne ich. Früher war ich eine
Projektionsfläche: die Laute, die
Nette, die Doofe, die Schrille.“ Inzwischen werde sie, Bundestagsvizepräsidentin, anders wahrgenommen. Nicht mehr so polarisierend
wie als Parteichefin der Grünen.
Die Augsburger Ultras ziehen
ihre Shirts aus und legen Muskeln
und Tätowierungen frei. „Das ist
nicht wirklich feministisch“, kichert Roth. Sie zeigt auf die Frauen, die vereinzelt dazwischenstehen. Die Fußballwelt, sagt sie, sei
früher sehr verschlossen und konservativ gewesen. „Das war Theo
Zwanziger, der den DFB geöffnet
hat und mich da reingeholt hat.
Ich konnte da viel machen.“ Roth
hat die Bio-Currywurst während
der Frauen-WM im Frankfurter
Stadion eingeführt. Jetzt springt
sie auf und brüllt: „Tor!“ 1:0 für
den FC Augsburg in der 71. Minute. Roth hüpft, applaudiert und
singt. „Schalalalala.“ Wedelt mit ihrem Schal wie mit einem Lasso.
Abklatschen mit den AugsburgFans ringsherum. Hinsetzen. Seufzen. „Mir geht’s jetzt richtig gut.“
Ein Bayern-Fan im unteren
Rang dreht sich um und zeigt auf
sie: „Roth!“, schreit er. „Ich wähl
dich.“ Sie winkt mit dem Schal.
Verfolgt weiter das Spiel. Noch ist
es nicht vorbei. Ihr ist bange. Sie
legt die Arme auf die Brüstung
und vergräbt den Kopf darin.
„Noch drei Minuten. Ich kann’s
nicht mehr sehen.“ Nach dem
Schlusspfiff tauscht sie Schals mit
einem Bayern-Fan.
echt –, wenn sie nicht bei einem
der gut Cartórios in einer großen
Kladde hinterlegt ist. Die Cartórios werden allesamt von Privatpersonen betrieben, deren Familien
oft seit Generationen das Recht
haben, im Auftrag und mit Lizenz
des Staates alles Mögliche notariell zu beglaubigen und das notariell Beglaubigte bis in alle Ewigkeit zu archivieren. In jeder Gemeinde muss es laut Gesetz mindestens ein Cartório geben, in größeren Städten haben die meisten
Stadtteile gleich mehrere Cartórios. Keine Unterschrift, kein Dokument, keine Urkunde wird in
Brasilien als echt anerkannt, wenn
darauf nicht die Gebührenmarke
und die Unterschrift eines Cartórios prangten.
Statistiker wollen herausgefunden haben, dass jeder Brasilianer in
seiner Lebenszeit mindestens ein
Dutzend Mal zu einem Cartório
gehen muss. Und dort saftige Gebühren bezahlt. An denen verdienen nicht nur die alteingesessenen
Besitzerfamilien prächtig, sondern
auch der Staat, der einen Teil der
Gebühren für sich abzweigt – im
bevölkerungsreichsten Bundesstaat
São Paulo sind es zum Beispiel 37,5
Prozent.
Brasiliens byzantinisches System der Cartórios ist ein Erbe der
portugiesischen
Kolonialherrscher. Der König in Lissabon betraute einst reiche Privatleute in
der Übersee-Kolonie damit, dort
Verwaltungsdienste wie die Registrierung von Eheschließungen,
Geburten und Todesfällen sowie
von Grunderwerb, Geschäftsgründungen und allen möglichen Verträgen zu leisten.
Dass Brasilien seit 1822 von Portugal unabhängig und seit 1889 zudem keine Monarchie mehr ist,
sondern eine Republik, hat das Gedeihen der Cartórios bis heute
nicht beeinträchtigt. Schließlich
wächst im Tropenklima alles, und
am besten wuchert der Dschungel
der Bürokratie. Der berüchtigte
Custo Brasil, jene „brasilianischen
Kosten“, die Waren und Dienstleistungen in Brasilien so viel teurer
machen als anderswo, ist im Wesentlichen ein Ausfluss der brasilia-
nischen Bürokratie. Einen Austausch und Abgleich der Daten zwischen den Cartórios des Landes sowie verbindliche Richtlinien gibt es
allenfalls in Ansätzen. Jeder Brasilianer und auch jeder „Gringo“ weiß,
dass man nicht verzagen darf, sollte
ein Cartório wegen irgendwelcher
Bestimmungen eine Beglaubigung
verweigern. Dann geht man einfach zum nächsten Cartório und
notfalls zum übernächsten.
Oder besser noch, man beauftragt einen Despachante. Das ist
ein in Brasilien unverzichtbarer Berufsstand. Der Despachante erledigt alle Behördengänge, rasch und
zuverlässig. Dafür nimmt er eine
Gebühr. Der Despachante kennt
überall jemanden. Oder er hat sogar ein Familienmitglied, das beim
Gericht oder bei der Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge, beim
Führerscheinamt oder bei der
Fremdenpolizei arbeitet. Und natürlich kennt der Despachante jemandem bei einem Cartório.
Wenn nicht bei diesem, dann beim
nächsten oder ganz gewiss beim
übernächsten.
Neulich beim Notar in São Paulo
Ein Dokument wird in
Brasilien erst als echt
anerkannt, wenn darauf
die Unterschrift des
Cartório prangt. Die
Gebühren sind saftig,
und es gibt immer
einen Weg zum Ziel.
VO N M AT T H I A S R Ü B
Von Benjamin Franklin ist der
Aphorismus überliefert, wonach
uns auf Erden nur zwei Dinge ganz
sicher seien, der Tod und die Steuer. Für Brasilianer müsste es heißen: Drei Dinge sind uns hienieden ganz sicher, der Tod, die Steuer und das Cartório. Cartório?
Den Begriff ins Deutsche zu übersetzen – am besten mit Notariat
oder Registratur – ist allemal leichter, als zu erklären, worum es sich
dabei handelt. Aber wir versuchen
es mal, aus eigener Anschauung.
Neulich waren wir beim Cartório in São Paulo. Es ging um die
abermalige Beglaubigung der von
einer amtlich zertifizierten Dolmetscherin angefertigten Übersetzung
des deutschen und des internationalen Führerscheins zur Erlangung
der brasilianischen Fahrerlaubnis.
Als Ausländer kennt man das Cartório schon. Denn wer sein Umzugsgut ins Land bringt, sitzt dort Stunden, lässt Hunderte von Seiten kopieren, mit einer Gebührenmarke
sowie der Unterschrift des leitenden Angestellten versehen und blättert Tausende von Real an Gebühren hin. Sofort und in bar.
Neulich also beim Cartório in
São Paulo konnten wir folgende
Szene beobachten. Ein dunkelhäutiger Brasilianer, vielleicht dreißig
Jahre alt und von kräftiger Statur,
ersucht um die Ausstellung eines
Führungszeugnisses. Er hat von einem Job auf dem Bau gehört und
rechnet sich bessere Chancen aus,
wenn er den Nachweis eines einwandfreien Leumunds erbringen
kann. Mit seiner Wartenummer in
der Hand ist er seit Öffnung des
Cartório gut zwei Stunden herumgestanden. Denn die Sitzplätze im
Warteraum sind von Frauen mit
Kleinkindern, von Schwangeren,
Senioren und anderen Personen besetzt, welchen nach brasilianischem
Recht eine „bevorzugte Behandlung“ (Atendimento Preferencial)
zusteht. Man hält sich in Brasilien
viel zugute auf die vielen Gesetze
zum Atendimento Preferencial. Sie
gelten bei Behörden und bei Banken, in öffentlichen Verkehrsmitteln und Kinosälen, auch an der
Kasse im Supermarkt. Schließlich
ist Brasilien ein hochgradig zivilisiertes Land, das sich nicht umsonst den Leitspruch „Ordnung
und Fortschritt“ auf die Nationalfahne geschrieben hat. Im Ergebnis führt die ständige Ausweitung
des Personenkreises mit Anspruch
auf Atendimento Preferencial – die
Sonderregeln gelten inzwischen vielerorts auch für Übergewichtige –
freilich dazu, dass die bevorzugte
Behandlung sich kaum mehr von
der gewöhnlichen unterscheidet.
Jedenfalls wird dem geduldigen
Antragsteller für das Führungszeugnis vom Cartório beschieden,
dass für das Einholen der entspre-
chenden Informationen bei verschiedenen Behörden und für das
Ausstellen des erwünschten Dokuments Gebühren in Höhe von
etwa 300 Real (knapp 90 Euro) anfallen. Zu entrichten im Voraus
und in bar. Die Bearbeitung des Antrages werde mindestens fünf Werktage dauern. Gut möglich, dass die
Stelle längst vergeben ist, wenn der
Arbeitssuchende schließlich sein
vom Cartório beglaubigtes Leumundszeugnis beibringt. Sollte er
den Job dann doch noch bekommen, müsste er bei Entlohnung
nach dem gesetzlichen Mindestlohn, der auf dem Bau weithin üblich ist, die ersten zehn Tage alleine dafür schuften, um die beim
Cartório entrichteten Gebühren
zu erwirtschaften.
In Brasilien gibt es mehr als
21 000 Cartórios. Sie sind zugleich
Notariat und Standesamt, Grundbuchamt und Firmenregister und
schließlich Depot für Unterschriften. Die Unterschrift einer Privatperson oder des Prokuristen eines
Unternehmens gilt in Brasilien
nichts – oder jedenfalls nicht als