Strafe – Aversive Erziehungsmassnahmen MERKE: „Beim Einsatz von Strafe lernt der Hund nicht, wie er sich erwünscht verhalten soll…“ „Nicht zu dürfen, heisst noch nicht zu wissen, was erlaubt ist…“ Grundsätzliches Aversive Methoden dürfen erst dann zum Einsatz kommen, wenn der Hund erwünschte Verhaltensweisen gut genug beherrscht, um diese dann wahlweise ausführen zu können. Aversive Massnahmen sind grundsätzlich nicht empfehlenswert. Sie sind, ganz besonders bei aggressivem Verhalten, meist kontraproduktiv. Bei fehlerhafter Durchführung haben aversive Methoden eine Vielzahl von zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen. Sie können grosse Unsicherheit, Angst und Frustration auslösen. Zudem kann das positive Strafen, bei unsachgemässem Einsatz, die Bindung zum Menschen negativ beeinträchtigen. Aversive Methoden sollten nur dann eingesetzt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind (Managementmassnahmen, positiv aufgebautes Training etc.) erwünschte Verhaltensweisen in ausreichendem Mass aufgebaut sind, um dem Hund als Wahlmöglichkeit zur Verfügung zu stellen der Anwender im korrekten Einsatz geübt ist eine Trainingssituation, die den fehlerfreien Einsatz einer Strafe gestattet, hergestellt werden kann Strafreize müssen auf die entsprechende Situation, das Verhalten und das Temperament des Hundes zugeschnitten sein. Direkte Strafen sind im allgemeinen wenig erfolgreich im Hinblick auf eine wirkliche und andauernde Änderung des Verhaltens. Zeitpunkt der Strafe Eine Strafe muss so schnell auf das unerwünschte Verhalten folgen, dass sie damit auch verknüpft werden kann. Optimale Wirkung hat eine Strafe, die beim ersten Auftreten des unerwünschten Verhaltens erfolgt zum frühest möglichen Zeitpunkt erfolgt, und zwar am besten schon bei der Absicht, ein unerwünschtes Verhalten zu zeigen die mit dem unerwünschten Verhalten überlappt wenn sie der Hund mit seinem Verhalten verknüpfen kann Richtige Stärke der Strafe Die Strafe muss schon beim ersten mal ausreichend intensiv sein (optimale Stärke = das Minimum, das ausreicht, um das Verhalten umgehend zu unterdrücken abhängig von Rasse, Typ, Charakter) Wenn innerhalb von 3 bis 5 Versuchen keine Wirkung zu beobachten ist, sollte man die Situation neu überdenken, den Strafreiz verändern oder ihn sogar ganz aufgeben. Konsequentes Strafen Damit Strafen die erwünschte Wirkung haben, muss ein bestimmtes unerwünschtes Verhalten IMMER eine Strafe nach sich ziehen. Mal strafen mal nicht bedeutet für den Hund Stress und Unsicherheit, er kann das unerwünschte Verhalten zu unterlassen, nicht lernen. Alpha-Wurf – Auf den Rücken legen Diesen sogenannten Alpha-Wurf findet man bei Kommentkämpfen unter erwachsenen Tieren während einer Auseinandersetzung. Keinesfalls aber als Bestrafung, so wie wir es uns vorstellen. Gegenüber Welpen wird so weder von der Mutterhündin noch vom Alpharüden vorgegangen. Und würde man sich das in der freien Natur mal genauer ansehen, so würde man erkennen, dass die Tiere nicht "heruntergedrückt" werden sondern eher auf der Seite liegen. Hunde, die sich "auf den Rücken legen", machen dies als Demutsgeste/Beschwichtigungsgeste, wohlwissend dass dadurch eine Beisshemmung bei dem Ranghöheren ausgelöst wird. Diese freiwillige und in freier Natur lebenswichtige Verhaltensweise wird aber von uns durch ein auf den Rücken drehen erzwungen und zeigt also nicht das eigentliche freiwillige Verhalten bzw. den Sinn der Sache. Viele Hunde reagieren in der Rang- und anschliessenden Rudelordnungsphase panisch, wenn Besitzer solche Dinge praktizieren und aus der Defensive heraus wird dann vom "unterworfenen" so richtig zugebissen. Der Alphawurf ist eine Erziehungsmethode aus alten Tagen. Heute weiß man, daß er wirkungslos, bzw. kontraproduktiv ist. Besonders dann, wenn man es hin und wieder ohne (vorallem für den Hund nicht) ersichtlichen Grund tut, um dem Hund zeigen zu wollen, wer der Herr im Haus ist. Argumente, die gegen den Alphawurf sprechen: Hunde sind keine Wölfe. Wölfe und Wildhunde gebrauchen selbst keine Alphawürfe, um andere zu disziplinieren. Der Alphawurf provoziert Verteidigungsbereitschaft und daraus resultierend auch Aggression. Der Alphawurf lehrt Ihrem Hund, Ihnen zu mißtrauen. Eine unterwürfige Haltung wird von einem Hund IMMER freiwillig ausgeführt / eingenommen. Kein Hund würde einen anderen an den Pfoten packen und auf den Rücken schmeißen. Unterwürfiges Verhalten wird durch Körpersprache eingefordert. Nackenschütteln Schütteln im Nackenfell ist ein absolutes NoGo. Hunde schütteln Beute, um sie zu töten. Als Erziehungsmaßnahme findet es selbst in Wolfsrudeln NICHT statt. Das Nackenschütteln gehört nicht in die Kategorie "Erziehung/Maßregelung"! Das Nackenschütteln gehört in die Funktionskreise des Jagd- und Aggressionsverhaltens. Der Hund greift seine Beute an einer empfindlichen Stelle und schüttelt, würgt oder beißt sie zu Tode. Schütteln bei Auseinandersetzungen zwischen Hunden, lassen eine wirkliche Beschädigungsabsicht erkennen. Wenn Sie also Ihren Hund im Nacken greifen und schütteln, empfindet/wertet er Ihren Übergriff als Tötungsabsicht durch ein Familienmitglied/Rudelmitglied! Sie erreichen mit dem Nackenschütteln nur, dass das Vertrauen Ihres Hundes zu Ihnen gestört wird. Der Hund wird verängstigt und verunsichert. Schlimmstenfalls verliert Ihr Hund das Vertrauen zu Ihnen völlig. Deshalb ist das Nackenschütteln absolut TABU!!! Der Schnauzengriff Abgeleitet wird der Schnauzengriff zumeist aus Beobachtungen des Umgangs einer Hündin mit ihren Welpen. Werden die Welpen älter, kann es - wie das im Leben so ist - vorkommen, daß sie ihre Mutter im Spiel gelegentlich einfach "nerven" (wobei man sagen muß, daß Hunde weitaus strapazierfähigere Nerven haben als Menschen!), oder sie beim Futtern an ihrer "Milchbar" zu heftig an die Zitzen gehen. In solchen Situationen greift die Hündin durchaus mit weit geöffnetem Fang über den Kopf/Nacken ihrer Welpen (weil sie noch so klein sind, sieht es für uns dann nach dem berühmten "Schnauzengriff" aus), und drückt sie blitzschnell im selben Augenblick für einen kurzen Moment nach unten auf dem Boden. Aus diesen Beobachtungen wurde dann geschlossen, daß die Hündin den Schnauzengriff wohl zur Erziehung ihrer Welpen anwenden würde. Diese Fehlbeobachtung wurde dann in die Hundeerziehung durch den Menschen übernommen. Die Hündin "erzieht" ihre Welpen mit diesem - wie oben beschriebenen "Schnauzengriff" allerdings nicht in dem Sinne, in dem wir Menschen diesen Griff mißbrauchen: Eigentlich ist sie in diesem Moment nur extrem genervt von ihren schon zu diesem Zeitpunkt ca. 7 Wochen (!) alten Welpen (die in diesem Alter teilweise wirklich schon sehr "lästig" sein können, und ziemlich spitze Zähne haben). Überdies haben die Welpen schon einige zuvor gezeigte Drohsignale ihrer Mutter, wie Zähne blecken, knurren usw. elegant "übersehen", und durch das wirklich sehr kurzzeitige - und trotz aller Schnelligkeit mit der dies ausgeführt wird, sehr sanft ausgeführte - "auf den Boden pinnen" der Welpen, zeigt ihnen ihre Mutter nur, daß jetzt wirklich "Schluß mit Lustig" ist, und sie ihre Ruhe haben will. Irgendwann im Verlaufe der Zeit werden die Schnauzgriffe immer seltener und es reichen zumeist die ganz normalen altbekannten innerartlichen Kommunikationsmittel ("einfrieren", Zähne blecken, knurren). Es ist albern und absurd, einen fast erwachsenen oder erwachsenen Hund mit einem Schnauzengriff zu maßregeln! In einigen Hundeschulen wird sogar propagiert, den Schnauzengriff - beim Welpen (!) - so lange durchzuführen, daß dieser schreit! Erst dann wäre er "richtig" verwendet! Keine Hündin der Welt würde dies bei ihren Welpen ohne Vorwarnungen tun...es ist daher absolut nicht "artgerecht" einen Welpen derart zu drangsalieren! Es ist lediglich völlig überflüssig! Wir Menschen machen aus dem artgerechten Verhalten der Mutterhündin allerdings etwas komplett anderes: Bei uns wird dieser Griff auf einmal zu einer "artgerechten Erziehungsmethode" - obwohl kein Canide der Welt diesen Griff als "Erziehungsmethode" anwendet, und schon gar nicht bei einem erwachsenen Artgenossen! Schnauzenspielereien, Schnauzenzärtlichkeiten sind übrigens etwas völlig anderes als der Schnauzengriff … Diese Art der Interaktion - insbesondere in Spielen z.B. zweier sich gut kennender Hunde ist etwas völlig anderes: Der Schnauzengriff ist vom Menschen gar nicht zu imitieren. Das, was wir machen, ist ein Schnauze-Zuhalten, was der Hund als Maßregelung gar nicht versteht. Der kurze, aber präzise Griff / Biß über die Schnauze eines anderen Hundes wird punktgenau und schnell ausgeführt. Das kriegen wir Menschen vom Timing und vom Handling her gar nicht hin. Schon gar nicht mit der Hand. Der Hund weiß genau, daß das eine Hand ist und kein anderes Hundemaul. Meist wird von "Experten" noch empfohlen, die Lefzen des Hundes gegen die Zähne zu drücken bis der Hund fiept...so ein Quatsch...! Hunde führen mit dem Fang derart verschiedene Handlungen aus, daß der Mensch nicht in der Lage ist, diese für den Hund verständlich nachzuahmen. Hunde bekunden durch das Umfassen des Fangs auch Zuneigung, das geschieht aber auf ganz andere Art und Weise wie die Maßregelung. Außerdem besteht beim Schnauzengriff die Gefahr, dass sich der Hund massiv dagegen wehrt. Je weniger ernst der Hund seinen Besitzer nimmt, je größer die Ablenkung, um so größer ist auch die Gefahr, vom eigenen Hund deshalb gebissen zu werden.
© Copyright 2024 ExpyDoc