“Die Rose von Jericho“

Dokumentation
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“Die Rose von Jericho“
Tanzen beflügelt
vom 22. November 2014 - 1. März 2015
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Eine Produktion von Schukula.de | Goldbekhaus Kinderkultur
in Kooperation mit der Stadtteilschule Winterhude und Rauhes Haus Hamburg
gefördert von CHANCEtanz, Bundesverband Tanzinschulen e.V. im Rahmen von
Kultur macht STARK, Bündnisse für Bildung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
Projektbeteiligte
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Projektorganisation und Fotodokumentation
Astrid Jawara | Goldbekhaus Kinderkultur
Künstlerische Leitung und Konzept
Nadja Frerichs | Tanzpädagogin und Tanztherapie
Mitarbeit
Susanne Holl Busse | Ausdruckstanz und Performance Künstlerin
Yin-Chun Fan | Film
Katharina Wagner | Assistenz
Ines Linn Gödecken | Klavier
Christoph J. Binöder | Fotokünstler
Fotodokumentation der Präsentation
Tänzerinnen und Tänzer bei der Präsentation:
Amelie Hercksen
Antonio Tödten
Elena Escalera
Helen Marie Stahl
Ida Rieckmann
Ilka Landsberg
Joana Orth
Lena Ziegann
Nina Poppe
Paulina Molteni
Sagar Soni
Sophie Paepcke
Ynys Münchow
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Goldbekhaus Winterhude | Moorfuhrtweg 9 | 22301 Hamburg | 278702-0 | www.goldbekhaus.de
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„DIE ROSE VON JERICHO“
Diese Dokumentation beschreibt das intensive und erfolgreiche integrative Tanzprojekt „Die Rose von Jericho“. Ein Projekt, das wir im Rahmen der Förderung von „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband tanzinschulen
im Rahmen der Projektausschreibung „Chance Tanz“ durchführen konnten. Teilgenommen haben Kinder und
Jugendliche mit unterschiedlichen Stärken aus Hamburg und Umgebung. Das vom Goldbekhaus initiierte
Projekt fand in Kooperation mit der Stadtteilschule Winterhude und Rauhes Haus Hamburg statt.
die kooperationspartner
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Das goldbekhaus
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Das Goldbekhaus entstand Anfang der 1970er Jahre, als eines der ersten Stadtteilkulturzentren in
Hamburg. Das Goldbekhaus ist ein gemeinnütziger Verein und anerkannt als freier Träger der Kinder- und
Jugendhilfe. Eines unserer Ziele ist es, vielen Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen
Hintergründen eine Teilhabe an Kunst und Kultur zu ermöglichen. Mit unserer Marke Schukula.de (Schule
und Kultur vernetzt) organisieren wir seit vielen Jahren kulturelle Bildungsprojekte unterschiedlicher
Ausprägung u.a. in Kooperation mit Schulen.
stadtteilschule Winterhude - Winterhuder Reformschule
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Die Stadtteilschule Winterhude ist eine Ganztagsschule in Hamburg und seit 2003 reformpädagogisch
ausgerichtet. Die Schule sagt von sich: Wir gehen neue Wege – und doch sind es »nur« die inzwischen
erziehungswissenschaftlich und psychologisch begründeten bewährten Elemente der Reformpädagogik,
die sicherstellen, dass »natürliches Lernen« in der Schule ermöglicht wird. Alle Abschlüsse sind erreichbar:
Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Abitur
Das Konzept basiert auf der Idee von jahrgangsübergreifenden Lerngruppen und die weitgehende Auflösung des Frontalunterrichts. Ein besonderer Anspruch besteht auch in der inklusiven Betreuung und
Begleitung von SchülerInnen mit Beeinträchtigungen.
das Rauhe haus
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Das Rauhe Haus wurde 1833 von Johann Hinrich Wichern gegründet. Seither fördert die kirchlich diakonische Einrichtung die Möglichkeiten jedes Individuums zu gesellschaftlicher Teilhabe und selbstbestimmten
Lebens. In kritischen Lebenslagen begleitet Das Rauhe Haus die Menschen mit Achtsamkeit und Wertschätzung. Das Rauhe Haus versteht seine Arbeit als Teil des sozialräumlichen Handelns vor Ort und wirkt an der
Gestaltung der individuellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten im Sozialraum aktiv mit. Besondere
Unterstützung erfahren auch Familien mit Kindern mit Beeinträchtigungen.
DEr hintergrund
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„Wann bietet ihr im Goldbekhaus endlich wieder ein Projekt an, bei dem auch mein Kind mitmachen kann.
Eure Projekte sind immer so einfühlsam und kreativ und mein Kind möchte sehr gerne wieder dabei sein …“
So oder ähnlich sind die Wünsche der Eltern und Kinder, die immer wieder an uns herangetragen werden.
Es geht vor allem um die Projekte, bei denen Kinder mit Behinderungen nicht nur mitmachen, sondern das
Projekt auch entscheidend mit beeinflussen können und bei dem sie so sein können, wie sie sind, denn diese
Art von Projekten scheint es noch zu selten zu geben. Und es sind die glücklichen Gesichter der Kinder, die
am Ende eines Projektes die Bühne verlassen, die uns motivieren, immer wieder neue Wege zu erschließen,
um dieses nicht nur finanziell auch ermöglichen zu können.
Drei Jahre nutzte das Rauhe Haus mit einer Tanzgruppe für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen bereits regelmäßig die Räumlichkeiten des Goldbekhauses für ihre 2 wöchentlichen Treffen. Der darüber entstandene Kontakt zwischen Goldbekhaus mit den motivierten und kompetenten Tanzpädagoginnen
der Gruppe, ließ auf beiden Seiten den Wunsch entstehen, diese Tanzgruppen-Kooperation für ein Projekt
zu nutzen und auszubauen. Dabei wollten wir den besonderen Potentialen einiger Kinder aus der Tanzgruppe zusammen mit anderen tanzbegeisterten Kindern und Jugendlichen Raum für Entwicklung bieten. Die
Ideen dazu sprudelten vor allem bei einer der Tanzpädagoginnen, die sich schnell für die Projektleitung
begeistern konnte. Auch die beiden anvisierten Kooperationspartner, Das Rauhe Haus und die Stadtteilschule Winterhude, waren von der Projektidee schnell begeistert und so konnten wir die Möglichkeiten und
Kompetenzen der drei nun beteiligten Einrichtungen nutzen.
Der rahmen
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Die hohe Auslastung der Räume des Goldbekhauses, die zum Tanzen geeignet sind, machte schnell deutlich,
dass ohne zusätzliche Proberäume das Projekt nicht funktionieren würde. Das Projekt sollte außerhalb der
Schulzeit stattfinden und die Schule eröffnete uns die Möglichkeit, an den Wochenenden die Mensa für das
Tanzen zu nutzen. Und auch wenn die Mensa nicht der optimale Tanzraum war und vor und nach der Gruppe
immer Stühle und Tische gerückt werden mussten und auch, wenn alles Equipment von Getränken über
Becher bis zur Musikanlage und dem Beamer alles mühevoll zwischen Schule und Goldbekhaus hin und her
transportiert werden musste, waren wir glücklich und dankbar, dass die Schule diese Option eröffnet hatte!
Das Vorhaben, SchülerInnen für ein Projekt außerhalb der verlässlichen Ganztagsschule zu begeistern, das
in der Freizeit, genauer gesagt an diversen Wochenenden geplant war, schien uns zwar ambitioniert, aber
nicht unmöglich zu sein. Wir hatten Glück und die Schule, für die das Goldbekhaus eine über lange Jahre
bekannte und kooperierende Institution ist, unterstützte die Anwerbung von TeilnehmerInnen durch die
gezielte Ansprache von SchülerInnen der Schule und die Verteilung der Projektflyer.
Das Rauhe Haus nutzte eigene Portale und Adressen für die virtuelle Verbreitung der Projektidee, was dazu
führte, dass wir auch einige Kinder und Jugendliche erreichen und für das Projekt gewinnen konnten, die
uns bisher nicht kannten. Auch Kinder und Jugendliche aus dem betreuten Wohnen fanden über Das Rauhe
Haus zu uns.
Um die finanzielle Deckung des Projektes zu ermöglichen, wandten wir uns an Tanz in Schulen e.V. und
bewarben uns über die Ausschreibung der Bundesministerium für Bildung und Forschung, mit dem Projekttitel „Kultur macht stark“, um die Projektmittel. Mit Erfolg, wie wir nun wissen, denn aus eigenen Anstrengungen, z.B. über Teilnahmebeiträge und Ähnliches wäre uns die Projektumsetzung nicht möglich gewesen!
Die idee
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Das Konzept für das Tanzprojekt basierte auf der Idee, Jugendlichen mit einer physichen oder geistigen
Einschränkung eine Chance zu geben, den Tanz und eine öffentliche Aufführung kreativ mit zu gestalten.
Weiterhin sollten die TeilnehmerInnen in erster Linie Tanzen als künstlerische Ausdrucksform kennenlernen,
ohne dass die Bewegung als therapeutisches oder pädagogisches Mittel im Vordergrund steht, was häufig
die Regel ist. Ebenso sollte mit dem Projekt das Selbstbewusstsein der TeilnehmerInnen gestärkt, neue
Zugänge geschaffen und Talente durch Bewegung und Kreativität gefördert werden. Die Gruppe war auch
offen für Kinder und Jugendliche ohne Beeinträchtigungen, aber das Tempo würden die TeilnehmerInnen
mit Einschränkung vorgeben. Maximal 15 Kinder und Jugendliche zwischen 10-17 Jahren sollten eine Tanzgruppe bilden, in der noch genug Raum für individuelle Zuwendung vorhanden wäre. In kleinen Workshops
sollten die TeilnehmerInnen verschiedene Bewegungsqualitäten nach „Laban“ (Rudolf von Laban, 1879-1958,
er führte Bewegungsstudien durch, entwickelte Theorien der Körperbewegung und etablierte den Ausdruckstanz) kennenlernen. Kleine Exkursionen in die Umgebung wurden geplant, um die TänzerInnen für
Bewegungen und unterschiedliche Bewegungsqualitäten in der Natur zu sensibilisieren. Dadurch würden
sie angeregt, auf Details zu achten und dabei verschiedene Formen, Wege, Antriebe und Ästhetiken zu
entdecken. Es sollte zur besonderen Aufgabe werden, die beobachteten Bewegungen aus der Natur zu
abstrahieren und in Tanzbewegungen umzusetzen. Die TänzerInnen würden im Laufe des Projektes ihr
eigenes Bewegungspotential durch das Probieren und Trainieren von zunächst ungewohnten Bewegungen
vergrößern. Damit würde ihnen ein erweitertes Bewegungsvokabular mit auf den Weg gegeben.
Aber auch soziale Kompetenzen wie Achtsamkeit und Rücksichtnahme spielen innerhalb einer Gruppe eine
große Rolle. Die TeilnehmerInnen würden lernen, dass Geduld und Ausdauer notwendig sind, um das gemeinsame Ziel einer Aufführung erreichen zu können. Gleichzeitig sollte dieses Ziel als Motor dienen fördert die
Motivation der TänzerInnen fördern, am Ball zu bleiben. Es würde notwendig sein, den TänzerInnen sowohl
für den individuellen, wie auch für den gemeinsamen Prozess ausreichend Raum und Zeit zu geben, denn die
Ideen und eigenen Bewegungen der TeilnehmerInnen sollten eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der
Präsentation spielen und das auch zum Ausdruck bringen.
Außerdem sollte der Prozess anhand von Videoaufnahmen dokumentiert werden und künstlerisch in die
Präsentation einfließen. Die Präsentation würde nicht nur ein Highlight für die TänzerInnen sein, sondern
auch den Familien und Interessierten Spaß machen und ihnen in schöner Erinnerung bleiben.
Für die individuelle Dokumentation würden die TeilnehmerInnen nach jedem Treffen die Gelegenheit haben,
ein eigenes Begleittagebuch mit Eindrücken aus der Projektzeit mit Farbstiften zu bebildern.
Die Umsetzung
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Es hat sich gezeigt, dass die angesetzten Termine vom Schnuppertermin bis hin zu einer festen Tanzgruppe
sehr knapp bemessen waren. Die erste Phase vom Kennenlernen bis zur Entscheidungsfindung ob man am
Projekt teilnehmen will war zeitintensiver als gedacht. Es entstand vor allem durch anfängliche Fluktuation
die Schwierigkeit, immer wieder neue TeilnehmerInnen in den Prozess zu integrieren. Die Leiterinnen konnten in der Zeit kaum auf bereits gelerntes aufbauen und mussten quasi immer wieder von vorne beginnen.
Außerdem war zu Beginn des Projektes für einige TeilnehmerInnen und Bezugspersonen in enger Absprache
mit den Projektleiterinnen das Thema, wer mit welcher körperlichen und/ oder geistigen Einschränkung
am Projekt teilnehmen kann. Die wenigen Teilnehmerinnen ohne Behinderung, die zum Schnuppertermin
gekommen waren, fühlten sich offenbar ungewohnt unterrepräsentiert. Auch die Aussicht darauf, dass das
Unterrichtstempo voraussichtlich sehr langsam sein würde führte dazu, dass sich diese Mädchen bis auf
eine von der Gruppe verabschiedeten. Dieses eine Mädchen mit einer kaum wahrnehmbaren physischen Beeinträchtigung allerdings fühlte sich pudelwohl und genoss die besondere Dynamik und den Zusammenhalt
in der Tanzgruppe.
Es war ein gutes Gefühl, als sich schließlich eine Gruppe von 13 Kindern und Jugendlichen zwischen 10-20
Jahren als gemeinsame Tanzgruppe fand und im folgenden Prozess immer enger zusammenwuchs.
Schließlich hatte jeder und jede einen Platz in der Gruppe gefunden und brachte sich mit den eigenen
Fähigkeiten und Grenzen ein. Dass einige der Jugendlichen schon vorher Tanzerfahrungen gesammelt hatten, animierte die anderen und es entstand bei jedem Treffen ein angeregtes Übungsklima. Es zeigte sich
auch, dass einige starke und besonders motivierte TänzerInnen labilere und eigensinnigere in der Gruppe
mittragen und mitziehen konnten. Einzelne, die dem Tempo manchmal nicht gewachsen waren oder die
Konzentration nicht so lange halten konnten, nutzten die Gelegenheit, zwischendurch eine kleine Auszeit zu
nehmen um sich dann gerne wieder ins Tanzgeschehen zurückholen zu lassen.
Gewöhnlich bestimmte ein Warm up und verschiedene Rituale den Ablauf eines Trainingstages. Um Kontinuität zu gewährleisten wurde immer ein sich wiederholendes Warm up durchgeführt und mit dem Ritual
des Malens im Tagebuch wurde regelmäßig das Ende der Stunde eingeläutet. Dieses Vorgehen gab einem
Trainingstag eine Struktur und vermittelte den TeilnehmerInnen Sicherheit. In der Durchführung wurden
die tänzerischen Methoden an die TeilnehmerInnen angepasst und damit ganzheitliche Körperarbeit angewandt. Um die TeilnehmerInnen auf verschiedenen Ebenen zu erreichen und damit den Lernerfolg nachhaltiger gestalten zu können, wurde nicht nur verbal vermittelt, sondern auch besonders mit optischer
Wahrnehmung gearbeitet. Das Beobachten und das anschließende Wahrnehmen und übersetzen im eigenen
Körper war ein sehr zentraler Aspekt im Projekt. Es wurde nicht nur eingehend die Natur beobachtet und
nachgeahmt, sondern die TänzerInnen beobachteten sich auch gegenseitig, ahmten sich nach und konnten
auf diese Weise ihr eigenes Bewegungsrepertoire erweitern. Bewegungsqualitäten, die die Gruppe besonders schnell erlernte, waren beispielsweise: schnell, langsam, plötzlich.
Die Proben wurden nicht nur einige Male von einer Filmerin begleitet, die einige Szenen und Momente der
Proben festgehalten und daraus einen künstlerischen Filmschnitt für die Aufführung zusammenstellte,
sondern auch von einer Pianistin. Diese war unvorhergesehen und vom Projekt begeistert durch persönliche Kontakte dazu gestoßen und ermöglichte mit ihrem improvisierten Spiel einen außergewöhnlichen
Dialog zwischen der Musik und den TänzerInnen.
Die etwa zur Halbzeit geplante Exkursion mit der Gruppe eine öffentliche Probe von professionellen Künstlern auf Kampnagel zu besuchen war ein Highlight für die TeilnehmerInnen. Damit sollte die Möglichkeit
geschaffen werden, über den eigenen tänzerischen Tellerrand hinaus zu sehen und vor allem eine Tanzaufführung auf einer großen Bühne zu erleben. Sehr besonders war an diesem Nachmittag, dass die Künstler
am Ende der öffentlichen Probe nach dem Publikumsgespräch die Tanzfläche für das gemeinsame Tanzen
eröffneten. Es entstand ein wunderbarer Moment in dem alle Beteiligten die Freude am Tanzen und an
der Begegnung teilten. Dieser freudvolle Ausflug diente der eigenen Inspiration und hat der Gruppe einen
spürbaren Motivationsschub gegeben.
Gerade gegen Ende der Probezeiten und kurz vor der Aufführung trainierte die Gruppe eifrig und konzentriert, trotz unterschiedlicher Aufmerksamkeitsspannen Einzelner und trotz der Anforderungen der
Tanzpädagoginnen. Die Gruppe war motiviert, eine schöne und gute Aufführung zu gestalten. Somit entstanden sehr intensive Proben und die Achtsamkeit untereinander wuchs. Die TeilnehmerInnen kümmerten
sich auffällig um einander, Schwächelnde wurden umsorgt und es entstand insgesamt eine außergewöhnlich
positive Energie. Besonders in diesem Teil des Prozesses war es unerlässlich und sehr hilfreich, eine pädagogische Unterstützung an der Seite zu haben.
Zum Ende der Probezeit wuchs sowohl bei den TänzerInnen als auch bei den Projektleiterinnen die Aufregung. Würde alles wie geplant ablaufen, wie würden die Kinder und Jugendlichen aufgelegt sein und würden
sie es schaffen, das Publikum bei der Aufführung ausblenden und sich ihrem Tanz ganz und gar hingeben zu
können?
Eine „Stresssituation“ im positiven Sinne war z.B. die Generalprobe. Die TeilnehmerInnen erlebten das erste
Mal ihren Auftritt in einer durchlaufenden Abfolge, das erste Mal wurde der Saal verdunkelt, Scheinwerferlicht wurde auf sie gerichtet und einige Filmsequenzen liefen im Hintergrund auf der Leinwand.
die präsentation
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Die Präsentation war so aufgebaut, dass die ZuschauerInnen auf verschiedenen Ebenen zu BeobachterInnen
werden und in den Projektprozess eintauchen konnten. So wurde die Aufführung u.a. von einer Fotoausstellung umrahmt, die Ausschnitte aus den Proben zeigte.
Der Saal am Sonntagnachmittag des 1. März füllte sich bis auf den letzten Platz mit ZuschauerInnen, die
zum Einlass mit leichten Windgeräuschen und tanzenden Füßen auf der Leinwand empfangen wurden.
Währenddessen kontrollierten die Tänzerinnen und Tänzer zusammen mit ihren Anleiterinnen im Backstagebereich ihre Aufregung mit Konzentrationsspielen. Die meisten Eltern hatten von ihren Kindern schon
einiges aus den Proben aufgeschnappt, aber wie nun die „Rose von Jericho“ bei der Aufführung eingebaut
sein würde, oder ob man tanzende Kraniche entdecken würde war ungewiss.
Dann fing die Vorstellung an. Nach der Begrüßung des Publikums durch das Goldbekhaus ertönte die
Musik und die TänzerInnen betraten nach und nach tanzend die ebenerdige Bühne und die langsame
Verzauberung der ZuschauerInnen auf der Tribüne begann. Ausschnitte aus dem künstlerisch bearbeiteten
Prozessvideo und Tänze wechselten sich ab oder verschwammen ineinander. Die TänzerInnen improvisierten
viele Teile nach bestimmten „Scores“ (festgelegte Regeln oder Aufgaben in der Improvisation) und zeigten
außerdem eine kleine, gemeinsam einstudierte Choreographie in begleitender Kommunikation mit dem
Piano.
Die Stimmungen änderten sich und neben Einheiten, bei denen die ganze Gruppe auf der Bühne war, gab es
außerdem mehrere Soloauftritte und Tänze im Duett. Und manch einer erkannte tanzende Kranichpaare
auf der Bühne, oder verfolgte, wie sich wahrscheinlich die eingerollte getrocknete Rose von Jericho entfaltet, sobald sie mit Wasser in Berührung kommt.
Dann ertönte Shakira und eine Tänzerin eroberte die Bühne für sich. Man konnte ihre Freude beim Tanzen
zu ihrem Lieblingsstück sehen, wie auch bei all den nachfolgenden Solotänzerinnen und Tänzern zu ihrer
Musik. Jede Darbietung war individuell und exclusiv!
Sehr intensiv war bei der Aufführung auch das Zusammenspiel mit der Pianistin, die, wie schon bei den
Proben, abgestimmt auf die Bewegungen der TänzerInnen einige Teile der Gruppenpräsentation am Klavier
begleitete.
Die Mischung aus Live-Musik, ruhigen Musikstücken, persönlichen Lieblingsstücken aus der Popmusik
verbunden mit sinnlich erfassten Momentaufnahmen während der Probetermine künstlerisch bearbeitet
im Video festgehalten, machte den besonderen Charme der Präsentation aus, dem alle Zuschauerinnen und
Zuschauer erlegen waren.
Im Anschluss an dieses berauschende Erlebnis konnte jedeR im Saal die Wüstenblume „Unechte Rose von Jericho“ in verschiedenen Stadien auf einem Ausstellungstisch anschauen. Zusammen mit der Fotoausstellung
war es ein sehr feierliches Ambiente, das die Eltern begeisterte und die TänzerInnen glücklich machte.
Diese Lebhaftigkeit des Auftritts wurde ebenfalls im Video festgehalten und dient allen Beteiligten als
Erinnerung an einen berührenden Nachmittag. Ein tolles Geschenk machte uns auch der Fotokünstler
Christioph J. Binöder, der die Präsentation mit der Kamera verfolgte und der Gruppe die tollen Fotos im
Anschluss zur Verfügung stellte.
Auswertung Zusammenarbeit, Kommunikation, Atmosphäre, danke
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Wir haben das Projekt als Erfolg verbucht und das ist nicht nur als Ergebnis unserer eigenen Wahrnehmung,
sondern es basiert ebenso auf Äußerungen von Eltern während der Projektzeit und nach dem Auftritt.
Dass die TeilnehmerInnen Freude am Projekt hatten, verdeutlichten häufig die kleinen Bemerkungen wie:
ich freue mich schon auf den Auftritt, ich bin ganz aufgeregt, das Tanzen macht Spaß und wann malen wir
wieder?
Die Notizbücher, die immer am Ende der Stunde zum Einsatz kamen, haben ihren geplanten Zweck erfüllt
und sind gut bei den TeilnehmerInnen angekommen. Sie konnten sich beim Malen entspannen und reflektieren, was sie erlebt hatten oder einfach bei sich sein. Manchen Kindern mit Konzentrationsschwierigkeiten
diente es auch während der Stunde gelegentlich als Rückzugsmöglichkeit. Eine Mutter berichtete von den
Gedächtnisschwierigkeiten der Tochter. Doch nach dem Training sprach sie offenbar mehr und deutlicher
und erzählte viel vom Tanzen. In der Gruppe machte sich das dadurch bemerkbar, dass dieses Mädchen die
Bewegungsabläufe sehr gut behalten konnte.
Eine andere Mutter bemerkte, dass ihre Tochter ganz neue Bewegungen machte und viel freier war als gewöhnlich. Die Freude beim Tanzprojekt dabei sein zu können, hatten viele immer wieder zu Hause geäußert.
Anders als geplant, fanden die Beobachtungsexkursionen in die Natur weniger statt. Grund dafür war
einerseits das Winterwetter und zum anderen die knappe Zeit. Die Gruppe hat sich dann aber auf wenige
Naturbeobachtungen besonders konzentriert und diese tiefer ausgestaltet. Auch ein kleiner Film diente
zur Beobachtung der Natur während der Treffen und zeigte Kranichpaare bei ihren ganz besonderen Brauttänzen.
Viele Eltern bedankten sich bei allen Beteiligten für ein tolles Projekt, lobten den sensiblen Umgang mit
allen TeilnehmerInnen von Seiten der Anleiterinnen Nadja Frerichs und Susanne Holl Busse und empfanden
die Präsentation als sehr bis super schön. Positiv wurden von den ZuschauerInnen auch die Soloauftritte
der Kinder und Jugendlichen bemerkt, durch die die Individualität der Einzelnen sichtbar und spürbar geworden waren. Es war ein künstlerisches Projekt mit einer künstlerischen Präsentation, was im Vergleich zu
„nur“ pädagogischen Projekten als sehr positiv gesehen wurde. Die tollen Filme mit Ausschnitten aus dem
Prozess von Fan Yi-Chun, die bei der Aufführung begleitend gezeigt wurden, seien eine schöne Ergänzung
gewesen und auch die Live-Musik mit der Pianistin Ines Linn Gödecken wurde gelobt. Manche mussten vor
Rührung weinen.
Da die Gruppe nach dieser intensiven Zeit so gut zusammen gewachsen war und viele Fortschritte in
Tanz- und Improvisationstechniken gemacht hatte, wurde das Ende des Projektes als sehr bedauerlich
empfunden. Im Grunde war gerade jetzt eine gute Basis geschaffen, auf der hervorragend weitergearbeitet
werden könnte. Dessen waren sich alle sicher! Mit dem Erfahrungsvorsprung der TeilnehmerInnen ließe sich
vielleicht bei einem Folgeprojekt etwas einfacher eine gemischte Gruppe im Sinne der Inklusion bilden.
Die kostenlose Teilnahme an dem Projekt war eine Vorgabe der Förderer. Und sicher war das für viele ein
Segen. Die meisten TeilnehmerInnen wussten das auch zu schätzen und sind dankbar für diese Möglichkeit.
Dem Projekt ist damit eine Schwelle genommen, die einige anders vielleicht nicht überwunden und sich
nicht angemeldet hätten. Allerdings ist der Grad schmal, der manche dazu verlocken mag, das Angebot nicht
so verbindlich zu nehmen. Es ist erfahrungsgemäß einfacher, Verbindlichkeit über einen Teilnahmebeitrag
zu erzielen. Diese gefühlte Unverbindlichkeit haben wir in der Planung und Durchführung des Projektes
häufig als Manko empfunden. Es dauerte, bis sich eine verbindliche Gruppe gefunden hatte, die dann aber
insgesamt engagiert und mit Begeisterung dabei war. Das war ein tolles Ergebnis und Erlebnis.
Die Zusammenarbeit der Künstlerinnen untereinander und mit der pädagogischen Unterstützung von
Katharina Wagner hat sehr toll geklappt, war sensibel und für alle bereichernd. In Susanne Holl Busse fand
Nadja Frerichs eine hervorragende Ko-Anleiterin, die durch ihre langjährige Erfahrung im Bereich Tanz und
Performance sie und die Gruppe mit ihren Ideen sehr bereichern und unterstützen konnte.
Auch die Absprachen und Rückkopplungen mit der Projektorganisation waren gut, wenn auch nicht immer
einfach aufgrund der zum Teil widrigen Umstände in der Raumplanung und Arbeitsdichte aller Beteiligten.
Wir bedanken uns im Namen aller TeilnehmerInnen, Eltern und Organisatorinnen sehr herzlich für die
finanzielle Unterstützung des Projektes durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und Tanz
in Schulen e.V.! Auch wenn der bürokratische Aufwand von der Antragstellung bis hin zur Projektabwicklung
sehr hoch war und manches Mal nur schwer in den Arbeitsalltag der Projektorganisation integrierbar war,
und auch, wenn die Projektleiterinnen viel mehr Engagement und Zeit investiert haben, als am Ende vergütet wurde, sind wir im Nachhinein froh und dankbar, dass wir das Projekt auf Grund der Förderung planen
und durchführen konnten. Es hat unsere Herzen berührt und hoffentlich auch nachhaltig die der Kinder
und jugendlichen TänzerInnen, was wir uns wünschen.
Und natürlich träumen wir davon, das Projekt mit der Gruppe fortführen zu können. Aber dafür braucht es
noch ein bisschen Zeit.
weitere Projektbeteiligte
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Danke an alle Beteiligten
Birgit Xylander | Wi´R-Schule
Andreas Benkhofer | Wi´R-Schule
Susanne Sailer | Das Rauhe Haus Hamburg
Marek Merla | Goldbekhaus - Technik
Sascha Hahnrath | Goldbekhaus - Technik
Eltern der TeilnehmerInnen
Dokumentation und Redaktion
Astrid Jawara | Goldbekhaus Kinderkultur
Mai 2015
An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei allen beteiligten Personen bedanken, die
uns bei dem Projekt unterstützt haben. Einen besonderen Dank an die ehrenamtlichen Helferinnen und
Helfer, mit denen manches so viel einfacher von der Hand ging! Und natürlich herzlichen Dank an die Hauptakteure/ Stars des Projektes, die Tänzerinnen und Tänzer, die uns allen viel Freude bereitet und uns einen
wunderbaren Auftritt geschenkt haben. Ihre Ausdauer, Begeisterungsfähigkeit und Lebensfreude hat dem
Projekt eine besondere Kraft und Energie gegeben.