Vortrag von Henning Hansen im Rahmen der Tagung „HTG-Workshop „KORROSIONSSCHUTZ FÜR MEERWASSERBAUWERKE“ 2015 Hamburg Referatstitel: „Instandhaltung und Inspektion von Beschichtungen an OWEA und Stahlwasserbauten Anforderungen an das Personal im Rahmen der Qualitätssicherung“ Einleitung Ein guter Korrosionsschutz ist, eine einwandfreie stahlbauliche Fertigung vorausgesetzt, mit der wichtigste Faktor für die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Off-Shore Windenergieanlagen und Stahlwasserbauten. Leider sind beim Bau in der Vergangenheit viele Fehler beim Design, der Systemauswahl und der Produktion unterlaufen, die jetzt erhöhte Anforderungen an die Inspektion und Instandhaltung von Stahlwasserbauten und OWEA – Anlagen mit sich führen. Auch mechanische Schäden infolge laufenden Betriebes müssen fachgerecht aufgenommen, bewertet und instand gesetzt werden. Ähnlich wie beim Öl-Boom und dem damit verbundenen sprunghaften Anstieg von ÖlPlattformen in Norwegen in den 70- er Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Produktion von Windkraftanlagen in Deutschland in den letzten 10 Jahren enorm gestiegen. Infolge der hohen Schäden an den Off-Shore Anlagen wurde in Norwegen damals die Ausbildung von geeignetem Überwachungspersonal im Korrosionsschutz vorangetrieben. Die Gründung von FROSIO als zertifizierendes unabhängiges Organ für die Ausbildung und Zertifizierung qualifizierter Inspektoren im Jahre 1986 war die logische Konsequenz aus den erhöhten Anforderungen aus der Industrie. Genauso sprunghaft wie in Norwegen stieg in Deutschland der Bedarf an Inspektoren, als die Windkraftindustrie, oft auf Grundlage vorhandener norwegischer Normen und Regelwerke, händeringend kurzfristig zertifizierte und qualifizierte Inspektoren suchte. In mehr als 25 Lehrgängen wurden bis heute in Deutschland seit Beginn der Schulungen vor fast 10 Jahren über 600 FROSIO-Inspektoren mit Erfolg ausgebildet und haben nach erfolgreichem Abschluss ein Zertifikat erhalten. Die Schulung Prüfung wird in Deutschland von den Prüfern Helmut Müller aus Emden, Karin Scholz aus Salzatal, sowie dem Referenten in Zusammenarbeit mit der GSI SLV Duisburg durchgeführt. Trotz der Anwesenheit von Inspektoren auf der Baustelle ist es jedoch in der Vergangenheit zu vielen Schäden im Korrosionsschutzbereich gekommen. Neben mechanisch bedingten Schäden nach Abnahme durch den laufenden Betrieb, Systemfehler, Materialfehlern sind vor allem Verarbeitungsmängel häufiger Reklamationsgrund. In diesem Zusammenhang stellt sich im Hinblick auf die Qualifikation des Prüfpersonals im Rahmen der Wiederkehrenden Prüfung nach BSH Richtlinie und Bauwerksprüfung nach DIN 1076 oder VV – WSV 2101 die Frage ob die Qualifikation nur als Beschichtungsinspektor für eine qualifizierte Inspektion oder Planung von Instandhaltungsmaßnahmen von Stahlwasserbauten im Bereich des Korrosionsschutzes ausreichend ist oder nicht. S. 1 Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten Im Bereich des Korrosionsschutzes Fortbildungsveranstaltungen angeboten. U. a.: • • • • werden diverse Ausbildungen und Ein Studium mit dem Abschluss „Master of Engineering“ (Oberflächentechnik & Korrosionsschutz) bietet die Fachhochschule Südwestfalen bzw. diese auch in Kooperation mit der GSI SLV in Duisburg an. Das Studium umfasst 4 Semester, wobei als Zugangsvoraussetzung ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches Hochschulstudium (Bachelor- oder Dipl.-Ingenieur-Grad) erforderlich ist. Eine umfassende Ausbildung z. B. zum staatlich geprüften Techniker im Bereich des Metall- und Korrosionsschutzes bietet die Fachschule für Technik in Duisburg an. Diese berufsbegleitende Ausbildung dauert 4 Jahre mit jeweils 15 Unterrichtsstunden pro Woche. Eine dreijährige Handwerksausbildung mit Schwerpunkt „Korrosions- und Bautenschutz“ ist für Praktiker durch die Handwerkskammern bzw. denen in der Handwerksrolle eingetragenen Betrieben im Rahmen der Maler- und Lackierer/in ausbildung, gem. Handwerksordnung (HwO), möglich. Je nach Ausbildungsbetrieb und deren fachlicher Ausrichtung werden hierbei Grundlagen zum Schutz von Stahlund Betonbauwerken gelehrt. Weitere fachspezifische Fortbildungen, besonders für die Praxisausbildung, werden durch den Bundesverband Korrosionsschutz e.V. in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Dortmund in Form von Lehrgängen in Theorie und Praxis durchgeführt. • „KOR-Schein“ (Qualifikationsnachweis nach ZTV-ING Teil 4 Abschnitt 3 für Kolonnenführer etc.), Dauer des Lehrgangs ca. 3 Wochen. • „Grundlagenlehrgang Korrosionsschutz“, Dauer ca. 2 Wochen. • „Strahlerlehrgang“, Dauer ca. 1 Woche • „Beschichtungslehrgang“, Dauer ca. 1 Woche Das Programm an Ausbildungsmöglichkeiten und Fortbildungskursen etc. wird abgerundet durch eine Menge von fachspezifischen Workshops, Seminaren und Vortragsveranstaltungen diverser Institutionen und sonstiger Veranstalter. Der Korrosionsschutz ist sehr vielfältig und umfasst mehrere voneinander fachlich abweichende Spezialgebiete. Abgesehen von den unterschiedlichsten Oberflächen und Untergründen, wie z. B. Stahl in den einzelnen Legierungen, den diversen mineralischen Baustoffen z. B. Beton, Putze sowie Verbundwerkstoffe usw., gibt es die unterschiedlichsten Anwendungen, welche ein jeweiliges Spezialwissen und entsprechende Erfahrungen erfordern. Um nur einige zu nennen sind dieses z. B. Fassadenbeschichtungen, Brückensanierungen, Beschichtungen für Auffangräume gem. dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Industriebodenbeschichtungen, Sanierung- und Beschichtung von StahlbetonKläranlagen sowie die Bereiche Ingenieur- und Hochbau, Hochspannungsmasten, Stahlwasserbau, Schifffahrt, Offshore-Anlagen der Gas-, Öl- und Energieindustrie, Tank- und Behälterinnenbeschichtungen sowie diverse weitere Spezialanwendungen. Aufgrund der differenzierten und speziellen Kenntnisse und Erfahrungen auf den jeweiligen Gebieten des Korrosionsschutzes, können alle Ausbildungen nur einen Bruchteil dieses Gesamtkomplexes erfassen. Gerade im Korrosionsschutz ist für die Ausführung derartiger S. 2 Spartenleistungen und auch für derartige Qualitätssicherungskontrollen, eine fundierte Praxiserfahrung auf dem jeweiligen Sektor erforderlich. Korrosionsschutz- und Beschichtungsinspektoren Der in den letzten Jahrzehnten erhöhte Bedarf an fachlich kompetenten Inspektoren für den Korrosionsschutz resultiert aus den Vorgaben verschiedener Normen und Regelwerke, insbesondere der NORSOK M 501 sowie dem wachsenden Kundeninteresse nach einer spezifikationsgerechten und qualitativ hochwertigen Ausführung. Derartige Inspektoren sind in der Regel durch akkreditierte Gesellschaften und Einrichtungen zertifiziert, wobei der Zertifizierung zumeist ein 2- bis 3-wöchiger Lehrgang mit abschließender Prüfung vorausgeht. Je nach vorheriger Berufs- bzw. Branchenerfahrung durch eine Eigenauskunft, wird das Zertifikat nach bestandener Prüfung in unterschiedlichen Stufen bzw. Levels erteilt. Internationale und deutsche Gesellschaften für die Prüfung/Zertifizierung von Beschichtungsbzw. Paint-Inspektoren sind u.a.: • “FROSIO” in Oslo, Norwegen • NACE® International in Houston, Texas USA • “DIN CERTCO” in Berlin, Deutschland • “Icorr” Institute of Corrosion in Northampton, England Alle vorgenannten Institutionen zur Erlangung eines Zertifikates als Beschichtungs- bzw. Paint-Inspektor ähneln sich in Umfang und Qualität der Lehrgänge sowie dem Prüfungsinhalten. Berechtigung zur Prüfung ist neben dem Nachweis einer mehrjährigen Berufs- und Branchenerfahrung (Selbstauskunft) die Teilnahme an den vorhergehenden Lehrgängen: FROSIO lev. 2 80 Std. Lehrgangsteilnahme. Lehrgang wird durch eine von FROSIO autorisierte Lehranstalt durchgeführt und die Prüfung durch FROSIO-Prüfer von FROSIO selbst abgehalten (firewall). Einteilung der Level nach Berufs- bzw. Erfahrungsjahren. Nace® Level 2 6 Tage Basis-Lehrgang „Lev. 1” sowie 6 Tage intensives Training. Nace® Level 3 Peer Review Teilnahme am Kurs Lev. 1 und 2 sowie 60 Std. Kurs mit weitergehenden Inhalten wie Spezifikationen, Prozeduren, Standards usw. Icorr Lev. 3 Teilnahme am Kurs Level 1 und 2 (je 5 Tage) sowie Level 3 nochmals 4 Tage. DIN-CERTCO Stufe C Teilnahme an einem 2-wöchigen Lehrgang. Einteilung der Level nach Berufs- bzw. Erfahrungsjahren. S. 3 Die Ausbildung und Zertifizierung zum FROSIO Inspektor erfolgt nach der NS 476. Der dort enthaltene Lehrplan enthält und berücksichtigt die wichtigsten Normen wie die DIN EN ISO 12944, 8501, 8502, 4624, 4648, etc. und vermittelt somit ein gutes Grundwissen über den Korrosionsschutz. Alle die vorgenannten Zertifikate zum Beschichtungs- bzw. Paint-Inspektor setzen, wie bereits beschrieben, eine mehrjährige „Berufserfahrung“ voraus. Diese wird in der Regel durch Selbstauskünfte bescheinigt, was leider häufig dazu führt, dass die Teilnehmer keine bzw. nur eine geringe praktische Erfahrung mitbringen oder nur in bestimmten Sparten des Korrosionsschutzes tätig waren. Somit kommt es häufig bei der jeweiligen Einstufung in die Stufen I bis III und bei der Bewertung von Abweichungen und Toleranzen zu Diskussionen über deren Auswirkungen auf den Korrosionsschutz. Es ist einleuchtend, dass ein ca. 2-wöchiger Lehrgang (je nach Zertifikat) keine unzureichende Fortbildung und auch nicht eine fehlende praktische Berufserfahrung ausgleichen kann, auch wenn man die Prüfung zum „Beschichtungs- oder Paint-Inspektor“ bestanden hat. Somit ist das Ziel des Lehrgangs bzw. Zertifikates auch nur, dass der Inspektor fähig sein soll, die Qualität des Korrosionsschutzes bzw. der einzelnen Arbeitsgänge mit den Vorgaben der Spezifikation zu vergleichen (Soll-Ist-Vergleich) und mögliche Abweichungen seinem Auftraggeber zu melden. Es obliegt ihm grundsätzlich zunächst nicht weitergehende Expertisen oder Gutachten zu erstellen, Beschichtungssystem- und Materialanalysen vorzunehmen oder gar Schadensbewertungen durchzuführen. Dieses alles ist nicht die grundsätzliche Aufgabe eines üblichen Beschichtungsinspektors. Die Handlungsvollmacht eines Beschichtungsinspektors in einem Projekt oder in einem Betrieb kann sehr vielfältig und verschieden strukturiert sein. Der Beschichtungsinspektor kann im Projekt sowohl als Auftraggeber, Auftragnehmer als auch als unabhängiger Dritter unterwegs sein. Auch innerhalb des Betriebes selbst gibt naturgemäß unterschiedliche Hierarchien mit unterschiedlichen Verantwortungsbereichen und Entscheidungsmöglichkeiten. Mit der Einführung der DIN EN 1090 wurde jedoch zumindest in ausführenden Betrieben abschließend geregelt, dass eine oder mehrere benannte Personen für die Qualitätssicherung im Korrosionsschutz namentlich benannt werden sollen. Damit geht die Qualitätssicherung einher mit der Qualitätssicherung in der Schweißtechnik. Entsprechend den jeweiligen Vollmachten und der damit zugehörigen Position des Inspektors im Projekt kann - auch aus juristischen Gründen (u.a. Haftung) – der Inspektor ggfs. Anweisungen an Verarbeitungsunternehmen bezüglich ihrer Arbeitsweise etc. geben bzw. die Baustelle leiten oder stilllegen. Auch hierzu reicht ein Fachwissen nur anhand eines ca. 2-wöchigen Lehrgangs nicht aus. Hierfür sind neben den fachlichen Kenntnisse auch vertragliche Kenntnisse erforderlich. Dieses ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass sich unter den Inspektoren nicht auch exzellente Fachleute befinden. Nur die Teilnahme an einem entsprechenden Kurs und die danach bestandene Prüfung alleine ist jedoch noch kein Indiz für ein überdurchschnittliches Fachwissen auf dem vielfältigen Gebiet des Korrosionsschutzes. S. 4 Empfehlenswert ist aus der langjährigen Erfahrung heraus betrachtend in jedem Fall die Einbindung eines zertifizierten Inspektors innerhalb des Fertigungsbetriebes in die eigene Qualitätskontrolle, welche zudem - z.B. durch die NORSOK- (Standard) M-501 - bezüglich den Qualifikationen von Bauleitern, Vorarbeitern und firmeninternen QM-Beauftragten vorgegeben wird. Die DIN EN 1090 gibt in diesem Zusammenhang konkrete Vorgaben wie die Qualitätskontrolle stattzufinden hat und die Werkseigene Produktionskontrolle durchzuführen ist. Grundsätzliche Leistungen des Beschichtungs- und Paint-Inspektors Aufgabe des Inspektors ist es, im Auftrag seines Kunden oder seines Arbeitgebers im Rahmen der Fremd- oder Eigenüberwachung, die Kontrolle und Prüfung der Ausführungsqualitäten in Übereinstimmung mit den Angaben der Spezifikationen, Normen, Regelwerke und Materialdatenblättern durchzuführen. Er soll frühzeitig Abweichungen erkennen, diese dokumentieren und seinem Auftraggeber bzw. Arbeitgeber, die von ihm erkannten „Mängel“ mitteilen. Gegenüber seinem Auftrag-/Arbeitgeber kann er ggfs. falls vertraglich vereinbart zudem beratende Funktionen ausüben, er sollte jedoch nicht ohne entsprechend vertragliche Grundlage und Auftrag bzw. Bevollmächtigung eigenmächtig in Arbeitsprozesse eingreifen. Für den Korrosionsschutz beziehen sich die Leistungen des Inspektors beispielhaft und chronologisch gesehen auf folgende Prüfungen: 1. Dokumentenprüfungen Prüfung der auf der Baustelle vorzuhaltenden Dokumente, wie u.a. Spezifikationen, Leistungsbeschreibungen, Korrosionsschutzpläne, Technische Datenblätter der zu applizierenden Materialien, Zulassungen und Qualifikationen bei zulassungspflichtigen Ausführungen. 2. Stahlbautechnisches Design und Ausgangszustand Prüfung der korrosionsschutzgerechten konstruktiven Gestaltung, Prüfung der Schweißnähte, Kanten und des Stahlsubstrats auf beschichtungsgerechtes Design sowie auf problematische Mischinstallationen zur Vermeidung von Bimetall-Korrosion. Kontrolle auf Verunreinigungen der zu bearbeitenden Oberflächen, wie Öle, Fette, Signierkreide und sonstige Kontaminationen. 3. Oberflächenvorbereitung Kontrolle der Klimabedingungen, des Oberflächenvorbereitungsverfahren und des Strahlmittels bei Anwendung des Druckluftstrahlverfahrens. Nach der Oberflächenvorbereitung Prüfung des Reinheitsgrades und des Oberflächenprofils (Rauheit) sowie Kontrolle des Bauteils auf Kontamination visuell nicht erkennbarer Substanzen (u.a. maximal zulässige Salzkonzentration) und auf sonstige Verunreinigungen z.B. durch Strahlmittel und Staub. Weiter ist nach der erfolgten Oberflächenvorbereitung nochmals das Schweißnahtdesign und die Metalloberfläche auf Ungänzen (Poren, Pickel, Laminate etc.) zu prüfen. S. 5 4. Vorbereitung und Applikation Prüfung der Klimabedingungen (u.a. den Taupunktabstand) sowie der Material- und Objekttemperaturen in Übereinstimmung mit den Angaben der Technischen Datenblätter des Materialherstellers. Kontrolle des Applikationsverfahren in Übereinstimmung mit der Spezifikation bzw. den Vorgaben des Materialherstellers. Kontrolle der Gebinde (Herstellungsjahr, Verfalldatum, Chargen-Nummern, Farbton etc.). Kontrolle des Mischvorganges bei Mehrkomponenten-Systemen (Mischungsverhältnis etc.) sowie das Einhalten der Topfzeiten (maximale Verarbeitungszeit). Kontrolle auf Einhaltung der maximal vom Hersteller erlaubten und systemgerechten Lösemittelzufuhr. Prüfung der Nassschichtdicken jeder einzelnen Beschichtungslage in Bezug auf die rechnerisch zu erwartende Trockenschichtdicke. 5. Prüfungen nach den Applikationen Kontrolle der Trockenschichtdicke jeder Lage nach deren Applikation und Aushärtung sowie später nach dem Auftragen aller Schichten des Gesamtsystems. Prüfung auf Fehlstellen, Poren und Fremdkörpereinschlüsse. Visuelle Kontrolle auf ein homogenes und farblich einheitliches Aussehen der Beschichtungsoberfläche. Zerstörungsfreie Kontrolle) auf komplette Aushärtung der Beschichtung. Im Zweifelsfall Durchführung von Haftzugsprüfungen. Möglicherweise Kontrolle auf Poren mittels Nieder- oder HochspannungsPorensuchgeräte. 6. Prüfung und Erstellung der Dokumentationen/Protokolle Kontrolle der baubegleitend vom Korrosionsschutzunternehmen bzw. dem Verarbeiter erstellten Protokollierung über die gesamte Ausführungszeit. Erstellen der eigenen Dokumentation während bzw. unmittelbar nach den Einzelprüfungen und Kontrollen sowie das zeitnahe Verfassen und Mitteilen von Abweichungen. Eventuell das Erstellen einer Enddokumentation. Auswahl von Fotos, die die Arbeit von Inspektoren auf Offshore-Windenergie-Anlagen zeigen. Vorgenannte Inspektionsvorgänge sind nur als ein Beispiel für eine baubegleitende Qualitätssicherung für einen qualifizierten Inspektor zu sehen. Je nach Vorgaben des Auftrags-/Arbeitgebers und entsprechend den Korrosionsschutzverfahren sowie den Systemanforderungen können diese stark modifiziert bzw. auf einzelne Inspektionspunkte reduziert werden. Letztlich hängt der Umfang und die Intensität der Prüfungen von der fachlichen Kompetenz und Ausführungsart des Korrosionsschutzunternehmens und dessen Mitarbeitern sowie von den möglichen Gefahren und Kosten die durch einen Korrosionsschutzschaden bzw. einem vorzeitigen Versagen der Beschichtung entstehen können ab. So ist die Notwendigkeit für eine permanente Anwesenheit eines kompetenten Inspektors durchaus differenziert zu sehen. Im Bereich einer Korrosionsschutzarbeit mit ausschließlich atmosphärischer Belastung des Systems und einer guten Zugänglichkeit (z.B. Stahlhallengerüst an Land) ist eine umfassende Kontrolle weniger erforderlich als z. B. bei der Bearbeitung von Stahlwasserbau- und Offshore-Projekten sowie Innenbeschichtungen von Tanks, Behältern und Pipelines. Bei diesen Objekten kann die Korrosivitätsbelastung derart hoch sein, dass jeder Fehler in der Kette der Verarbeitungsschritte zu einem S. 6 vorzeitigen Versagen bzw. zu einer Reduzierung der vorhergesagten Lebensdauer (Standzeit) führen kann. Beschichtungsreparaturen und -sanierungen sind aufgrund der Standorte und deren Zugänglichkeiten, um ein Vielfaches schwieriger auszuführen und wesentlich kostenintensiver als „normale“ Stahlbauanlagen an Land. Unterwasser sowie innerhalb von Behältern und Tanks etc. ist zudem eine regelmäßige Kontrolle der fertigen Beschichtung nach Inbetriebnahme kaum möglich, so dass Schäden sehr spät erkannt werden und dann bereits konstruktive Auswirkungen möglich sind. Noch kostenintensiver und unsere Umwelt schädigend, sind Gewässerschäden durch auslaufendes wassergefährdendes Produkt aufgrund von Tankwand- oder Rohrdurchbrüchen, die allein durch das Übersehen einer einzelnen Beschichtungspore entstehen können. Um jedoch das Verständnis über den grundsätzlichen Ausbildungsgrad und den Wissensstand bzw. für die Rolle des Inspektors aus Sicht der Zertifizierungsstelle darzustellen, wurde im Rahmen der vierten Internationalen FROSIO Konferenz in Mailand beschlossen eine entsprechende Richtlinie zu erstellen. Anforderungen an das Personal im Rahmen der Instandhaltung und Inspektion von Beschichtungen an OWEA und Stahlwasserbauten Offshore-Anlagen unterliegen aufgrund ihres See-Standortes einer außergewöhnlich hohen Belastung. Dieses gilt sowohl für den Überwasserbereich mit einer ausschließlich atmosphärischen Korrosivitätsbelastung sowie besonders für die Spritzwasser- und Unterwasserzonen. Unzureichende Beschichtungssysteme oder eine mangelhafte Verarbeitung bei der Herstellung des Korrosionsschutzes können bereits in kürzester Zeit Korrosionsschäden verursachen. Da die Reparatur derartiger Korrosions- und Beschichtungsschäden vor Ort auf der Nord- und Ostsee erhebliche logistische und verarbeitungstechnische Probleme bereitet, sind die Kosten von Reparaturarbeiten am Objekt exorbitant hoch. Hinzu kommt, dass die Qualität einer Reparaturausführung durch die teils schwierigen Zugänglichkeiten und den widrigen und wechselnden Wetterbedingungen in der Regel kaum an die der Erstbeschichtung herankommt. Ein weiterer Aspekt ist die hohe Standzeiterwartung von >20Jahren, welche die Betreiber derartiger Anlagen fordern. Diese Schutzdauer ist ebenfalls nur erreichbar, wenn alle Detailleistungen, welche mittelbar und unmittelbar mit dem Korrosionsschutz zusammenhängen, sensibel und fachgerecht ausgeführt werden. Aufgrund dieser vorgenannten Aspekte sehen sich die Betreiber gefordert, die Qualität des Korrosionsschutzes und somit auch dessen Ausführung bestmöglich sicherzustellen. Hierzu gehört in erster Linie die Auswahl eines kompetenten Fachunternehmens, welches neben der erforderlichen maschinellen und personellen Ausstattung auch über eine ausreichende Erfahrung auf diesem Gebiet bzw. im schweren Korrosionsschutz verfügt. Dennoch kann man aufgrund der Bearbeitung in unterschiedlichen Fertigungsstätten sowie des häufig wechselnden Personals (Subunternehmen, Leasing- und Leiharbeiter usw.) nicht davon ausgehen, dass alle Korrosionsschutztätigkeiten 100%ig Spezifikations- und Normengerecht ausgeführt werden. Um eine höchstmögliche Sicherheit in Bezug auf die Ausführungsqualität bei der Herstellung des Korrosionsschutzes zu gewährleisten, bedienen sich die Betreiber bzw. Auftraggeber Inspektoren für eine baubegleitende Qualitätskontrolle. Hierbei unterscheiden sich, abgesehen von deren fachspezifischen Qualifikation und Erfahrungswerten, diejenigen welche an Land derartige Inspektionsarbeiten durchführen, von denen welche auch Offshore, also auf den Anlagen auf See etc., tätig sein müssen. Hierfür sind dann neben den fachspezifischen Qualifikationen weitergehende Zertifikate, Lehrgänge und Prüfungen (Offshore-Zertifikate, Zulassungen für Höhenarbeiten/Seilzugangstechnikarbeiten gem. FISAT SPZ Lev. 1-3) erforderlich. S. 7 In Anlehnung an die DIN 1076, der VV WSV 2101 oder andere Regelwerke im Bereich der Bauwerksprüfung macht es durchaus Sinn nicht bei jeder Inspektions- oder Instandhaltungsmaßnahme das gesamte Fachpersonal mit einbeziehen. Vielmehr ist es technisch und wirtschaftlich sinnvoll unter Berücksichtigung einiger wichtiger Faktoren Aufgaben sinngemäß zu verteilen. Dabei gilt der Grundsatz, dass je höher - die Ausführungsklasse die Korrosivitätsbelastung, die Wichtigkeit des Bauteil für das Gesamttragverhalten des Bauwerks, das Risiko im Falle eines Versagens, die Kosten für die Maßnahme umso höher die Anforderung an die prüfende, planende und überwachende Person. Neben diesen Faktoren spielt selbstverständlich u.a. der Art des Mangels oder Schadens, das Alter des Bauwerks aber auch Lokation eine wichtige Rolle. In Verbindung mit eventuellen Schäden an der Stahlstruktur wird offensichtlich wie komplex die Inspektion im Rahmen einer planmäßiger oder außerplanmäßigen Bauwerksprüfung an bestehenden dynamisch beanspruchten Stahlbauten sein kann. Nicht umsonst ist es zur Erlangung eines Zertifikates als Bauwerksprüfers erforderlich, neben einem abgeschlossenes Universitäts- oder Fachhochschulstudium des Bauingenieurwesens eine 5-jährige Berufserfahrung im Konstruktiven Ingenieurbau vorzuweisen. Insbesondere der schwierige Wasserwechselbereich stellt für den planenden, prüfenden und ausführenden eine große Herausforderung dar. Hier kommen weitere Anforderungen auf die Inspektion zu, die technisch sinnvoll gelöst werden und trotzdem noch wirtschaftlich sein müssen. Dies erreicht man nur mit einer entsprechenden systematischen Vorgehensweise in allen Bereichen und allen Gewerken. Unter der Berücksichtigung, dass dies oft noch auch vertraglichen Auswirkungen hat (Gewährleistung), wird schnell deutlich, dass diese Leistung nur von erfahrenen Prüfpersonal mit langjähriger praktischer Projekterfahrung erbracht und erfüllt werden kann. Nur die Ausbildung zum Beschichtungsinspektor reicht hierzu in keinem Falle. Fazit & Empfehlung Eine Eigen- und Fremdüberwachung von Korrosionsschutzarbeiten, ist besonders für sensible und später schwer zugängliche Projekte sinnvoll. Gerade dann, wenn lange Standzeiten gewünscht werden, eine hohe Korrosivitätsbelastung vorliegt, die Beschichtung später nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand kontrolliert und saniert werden kann sowie erforderlich gewordene Reparatur- und Sanierungsarbeiten mit hohen Kosten verbunden sind. Sowohl die interne Qualitätssicherung, wie auch eine externe baubegleitende Qualitätsüberwachung können durch fachlich qualifizierte Beschichtungs-Inspektoren erfolgen. Diese sollten jedoch auch Erfahrungen auf dem jeweiligen Gebiet des Korrosionsschutzes (z.B. Stahlwasserbau, Offshore- Anlagen, Tankinnenbeschichtungen usw.) aufweisen. Für beratende Leistungen, das Erstellen von Spezifikationen und die Auswahl von Korrosionsschutzsystemen sowie für Schadensbegutachtungen und S. 8 Verarbeitungs- bzw. Materialanalysen sind in der Regel weiterqualifizierte Spezialisten und/oder entsprechende Unternehmen etc. heranzuziehen. Nach wie vor ist es sehr wichtig, dass die Lehrgänge zum Beschichtungsinspektor etc. durchgeführt und der Korrosionsschutz dadurch in der Akzeptanz steigt. Diese Zertifikate dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das praxisbezogene und theoretische Fachwissen dieser Inspektoren nicht grundsätzlich gleichzusetzen ist mit einer dreijährigen Ausbildung z.B. zum staatlich geprüften Korrosionsschutztechniker, staatlich geprüften Lack- und Farbtechniker, Korrosionsschutz-Ingenieur etc. oder vergleichbare praxisbezogene Erfahrungen durch Tätigkeiten in Korrosionsschutzunternehmen (Projektleiter und Bauleiter) sowie bei Beschichtungsstoffherstellern (Anwendungstechniker). Alleine FROSIO hat in Deutschland mittlerweile ca. 600 Paint-Inspektoren mit Zertifikaten ausgestattet. In den Anfangsjahren kamen die Teilnehmer genau aus den vorgenannten Berufsbereichen und verfügten bereits über ein überdurchschnittliches Fachwissen und einer entsprechenden langjährigen Inspektionstätigkeit. Mittlerweile werden Mitarbeiter aus allen Berufssparten, mit und ohne eine umfassende Praxiserfahrung im Korrosionsschutz, von ihren Arbeitgebern zu den relevanten Lehrgängen mit abschließender Prüfung entsendet. Dieses in erster Linie, um den Forderungen von Auftraggebern und den entsprechenden Normen- und Regelwerkempfehlungen zu entsprechen. Leider werden diese dann nicht nur in der Eigenüberwachung sondern teilweise noch auch in Fremdüberwachung eingesetzt. Diese Tendenz ist nicht nur inflationär sondern fachlich sehr gefährlich, denn wie anfangs schon erwähnt, ist eine bestandene Prüfung nach einem 10-tägigen Lehrgang noch lange keine Garantie für eine fachlich qualifizierte und durch entsprechende Erfahrungen hinterlegte Leistung. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass, auch durch den Korrosionsschutz an Offshore-Windenergie-Anlagen der Korrosionsschutz einen höheren Stellenwert erlangt hat und dadurch diesem mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Bei der Auswahl der Inspektoren für die Qualitätssicherung, sollte man jedoch mindestens genauso aufmerksam vorgehen wie bei der Auswahl des ausführenden Korrosionsschutzunternehmens. Je nach Größe und Umfang des anstehenden Projektes empfiehlt es sich, z.Bsp. in Anlehnung an die Anforderungen an die Schweißaufsicht nach der DIN EN IS0 14731 bzw. die Einteilung der Bauwerke nach der DIN EN 1090 erhöhte Anforderungen an das Prüfpersonal zu stellen. Der Markt mit wirklich qualifiziertem Prüfpersonal mit fundierten Kenntnissen in allen Bereich kombiniert und entsprechende praktischer Erfahrung ist jedoch begrenzt. Oft erhalten diese Büros, Einrichtungen und Personen aus Kostengründen nicht den Auftrag. Kurzfristig mag für technisch nicht versierte Dritte diese Entscheidung nachvollziehbar sein, langfristig lohnt sich jedoch in den meisten Fällen die Investition in entsprechendes Fachpersonal. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich in Zukunft Auftraggeber neben den entsprechenden formalen Nachweisen auch die Referenzen der Prüfenden zukommen lassen, diese überprüfen und sich in einem Kundengespräch von der Fachkunde und Erfahrung der jeweiligen Person überzeugen. Wichtig ist hierbei, dass die Person die Prüfungen in der Praxis ausführt in Vordergrund steht und nicht nur der Betrieb an sich. Dipl. Ing. EWE EWI Henning Hansen FROSIO Planungsgruppe Deutschland Voßbergweg 53 a D-26209 Hatterwüsting Telefon: +49 (0) 4481-936454 Mob. Nr: + 49 (0) 17661316430 geb. am 07.09.1970 in Caracas/Venezuela FROSIO-Paint-Inspector Level. III Sprecher des deutschen FROSIO Planungskomitees Mitglied FROSIO – Prüfungskommission S. 9
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