Das Kriegsbeil begraben - Bürgervereinigung gegen die geplante

BÜRGERVEREINIGUNG GEGEN UMGEHUNGSSTRASSEN
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Das Kriegsbeil begraben
Das Mobilitätskonzept
der Marktgemeinde
sucht neue Wege, dem
Verkehrsinfarkt zu entkommen. Ein Impuls, der
die Bürgervereinigung
gegen Umgehungsstraßen angesteckt hat. Der
Verein will sich aktiv an
dem Konzept beteiligen
– und hofft, dass auch die
anderen Gruppen das
Kriegsbeil begraben.
VON ANDREAS HÖGER
Holzkirchen – Der Protestverein hat sich zu einem Mitmachverein gewandelt: Die
Bürgervereinigung gegen die
geplante Umgehungsstraße
hat im Vorjahr ihre Satzung
aufgebohrt (wir berichteten).
Statt wie bisher die ganze
Energie auf die Verhinderung
möglicher Südspangen zu
verwenden, bringt sich der
Verein nunmehr aktiv ein bei
der Entwicklung eines Mobilitätskonzepts für Holzkir-
chen. Eine richtige Entscheidung, wie der 2014 neu gewählte Vorsitzende Peter
Limmer jetzt nach der Jahreshauptversammlung 2015 feststellte: „Wir haben die einmalige Chance, zusammen mit
Experten Verkehrslösungen
zu finden, die zeitnah realisierbar sind.“
Das neue, konstruktive
„Geschäftsmodell“ der Bürgervereinigung setzt auf das
Integrierte
Mobilitätskonzept, das die Gemeinde in
Auftrag gegeben hat. Die ersten Ergebnisse seien vielversprechend, sagt Limmer.
„Endlich gibt es eine unabhängige Zahlen- und Datenbasis.“ Der renommierte Verkehrsexperte Ralf Kaulen hatte im Auftrag der Gemeinde
aktuelle Zählungen ausgewertet. Eine der wichtigsten
Botschaften: Fast 80 Prozent
des Verkehrs in Holzkirchen
sind hausgemacht, nur ein
Fünftel ist reiner Durchgangsverkehr. „Eine Umgehungsstraße brächte sehr viel weniger Wirkung als sich einige erhoffen“, schlussfolgert Lim-
Peter Limmer
ist seit 2014 Vorsitzender
der Bürgervereinigung.
mer aus den Zahlen, „wir hätten eine neue Straße mit mehr
Lärm, die Entlastung in Holzkirchen wäre aber marginal.“
Es sei an der Zeit, findet
der Kleinhartpenninger, die
festgefahrene Auseinandersetzung um eine mögliche
Südspange hintanzustellen.
Er hoffe, dass nun alle Gruppen an einem Strang ziehen,
um zeitnah Entlastungen zu
schaffen. „Damit könnten
doch alle Seiten gut leben.“
Einige Möglichkeiten habe
Kaulen angedeutet. Der Ortsbus könne optimiert werden,
ebenso die Bahnverbindungen. In Großhartpenning hält
es Kaulen für nötig, an den
Ortseingängen den Verkehr
durch bauliche Maßnahmen
abzubremsen. Grundsätzlich
lasse sich der motorisierte
Verkehr zugunsten von mehr
Rad- und Fußverkehr zurückdrängen. „Je mehr Radler,
desto besser“, findet Limmer,
„letztlich entscheidet der Gemeinderat, wie deutlich der
Rad- und Fußgängerverkehr
in Holzkirchen zulegen darf.“
Der 49-Jährige ist gespannt,
welche konkreten Vorschläge
Kaulen im Frühjahr 2016 präsentiert. „Wir unterstützen alles, was die verkehrliche Situation verbessert.“
Ein Ausnahme bildet nur
die Südspange. „Sie ist eine
Illusion“, findet Limmer,
„wenn überhaupt, wäre eine
solche Straße frühestens in
20 Jahren zu erwarten.“ Fred
Langer, Zweiter Vorsitzender
der Bürgervereinigung, glaubt
nicht, dass es die drei vom
Straßenbauamt Rosenheim
angemeldeten Umgehungsstraßen in der Marktgemeinde (Südspange, Großhartpenning, Kurzenberg) überhaupt
in den vordringlichen Bedarf
des
Bundesverkehrswege-
Verkehrspolitik in Holzkirchen: Fünf Bürgerinitiativen
Verkehrspolitik in Holzkirchen ist seit jeher
ein heißes Eisen. Bereits seit 1978 ist die
„Bürgervereinigung Holzkirchen gegen
die geplante Umgehungsstraße Holzkirchen e.V.“ aktiv. Genau gegensätzliche Interessen vertritt die „Schutzgemeinschaft
gegen Verkehrsbelästigung in Holzkirchen
e.V.“, die sich sehnlichst eine Südspange
wünscht und sich dabei auf einen Bürgerentscheid aus dem Jahr 2003 beruft. Als zuletzt die Planungen für eine ortsferne Süd-
spange aus naturschutzfachlichen Gründen
eingestellt wurden und ortsnahe Trassen
ins Spiel kamen, bildeten sich zwei weitere
Interessensgruppen: „Stopp Südumgehung“ und „Hartpenning muckt auf“; beide kämpfen gegen ortsnahe Umgehungsstraßen. Mit in dieser Allianz steht die IG
Lochham aus der Nachbargemeinde Warngau, die bereits seit 2002 gegen eine Südspange Front macht.
Alle Bürgerinitiativen wurden von der Ge-
meinde eingeladen, sich an der Entwicklung eines Integrierten Mobilitätskonzepts für die Marktgemeinde zu beteiligen.
Nach der Vorstellung der aktuellen Verkehrszählungen durch das Büro Kaulen
geht es im nächsten Schritt um Ansätze,
durch geschickte Ortsplanung die Verkehrsbelastung zu mindern. Dazu findet am
Montag, 23. November, um 18.30 Uhr ein
öffentlicher Infoabend mit dem Planungsavh
büro Skorka im Oberbräu-Saal statt.
plans (BVWP) schaffen: „Es
sind in Bayern so viele Projekte angemeldet.“ Wenn
demnächst das öffentliche
Anhörungsverfahren
des
BVWP startet, will die Bürgervereinigung auf jeden Fall
eine Stellungnahme abgeben,
kündigte Limmer an.
Der Strategiewechsel der
Bürgervereinigung vor einem
Jahr, als der kategorische Widerstand in den Hintergrund
rückte, war damals nicht unumstritten. Hans Pawlovsky,
streitbares
Gründungsmitglied des Vereins, hatte kriti-
siert, dass die Bürgervereinigung damit ihren Markenkern aufgebe.
Theoretisch würde die Bürgervereinigung mittlerweile
sogar mit einer Umgehungsstraße leben können, sagte
Limmer. Bedingung wäre eine großräumige Fußgängerzone in Holzkirchen, die den
Bahnhof und weite Teile des
Ortszentrums
einschließt.
„Wenn das denkbar wäre,
könnte man über eine Umgehung nachdenken. Aber das
halte ich für äußerst illusorisch.“
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