Beilage - Kohleausstieg Berlin

SEITE 1 | HER MIT DEM AUSSTIEG! | MÄRZ 2016 Reuter (Steinkohle)
Stromkapazität: 160 MWel
Wärmekapazität: 268 MWth
Reuter West (Steinkohle)
Her mit dem
Ausstieg!
Stromkapazität: 564 MWel
Wärmekapazität: 774 MWth
Warum sich Berlin die Kohle
nicht mehr leisten kann
Moabit (Steinkohle)
Stromkapazität: 140 MWel
Wärmekapazität: 241 MWth
Klingenberg (Braunkohle)
Stromkapazität: 164 MWel
Wärmekapazität: 590 MWth
Jährlich werden in Berlin rund 1,2 Mio. Tonnen Braun- und 1,5 Mio. Tonnen Steinkohle
verbrannt (Stand 2013). In der Stadt blasen
vier Kohlekraftwerke kontinuierlich CO 2 ,
Feinstaub und Quecksilber in die Luft. Keine
besonders erfreuliche Bilanz für die Hauptstadt des Energiewendelandes Deutschland,
die so gerne Vorreiter beim Klimaschutz
wäre. Doch leider ist Berlin Schlusslicht unter den Bundesländern bei der Energiewende. Dabei ist ein geordneter und sozialverträglicher Kohleausstieg in Berlin bis 2030
möglich, wie u.a. der Bericht der EnqueteKommission „Neue Energie für Berlin“ zeigt.
Dennoch bleibt der Berliner Senat weitgehend untätig. Das schadet dem Klima und ist
schlecht für Umwelt und Gesundheit in Berlin, Brandenburg und weltweit.
Braune Spree und zerstörte Dörfer
Mit der braunen Spree schwappen die mit dem
Kohleabbau verbundenen ökologischen und
gesundheitlichen Probleme derzeit erstmals
ins Bewusstsein vieler Berliner*innen. Neben
der Belastung der Gewässer rund um die Lausitz mit Eisenhydroxid (auch als Eisenocker
bekannt), steigt in der Hauptstadt vor allem
durch die hohe Sulfatbelastung der Spree die
Sorge um die Qualität des Berliner Trinkwassers. Hinzu kommt die hohe Feinstaubbelastung durch die Lausitzer Kraftwerke, die auch
in Berlin schlechte Luft verursachen.
Noch unmittelbarer sind die Auswirkungen
des Kohleabbaus in den jeweiligen Abbaugebieten spürbar: Von der Lausitz über Polen
bis Kolumbien müssen ganze Ortschaften den
Kohlebaggern weichen. Das hat gerade in Ländern wie Russland oder Kolumbien, die nicht
für eine strenge Einhaltung von Umwelt- und
Menschenrechten bekannt sind, fatale Folgen.
Berliner Kohle heizt das Klima an
25 Prozent aller deutschen Treibhausgase stammen aus Kohlekraftwerken. Bereits heute sind
die ersten Folgen des Klimawandels spürbar. In
Berlin macht sich das etwa durch die Zunahme
von Starkregenereignissen oder einer steigenden Zahl besonders heißer Tage und Nächte bemerkbar. In anderen Teilen der Erde verursacht
der Klimawandel Dürren, Überschwemmungen
oder Stürme, die gerade für sozial schwache
Bevölkerungsgruppen zur existenziellen Bedrohung werden. Denn obwohl die ärmsten
Menschen der Erde am wenigsten zur Entstehung des Klimawandels beigetragen haben, leiden sie häufig am stärksten unter den Folgen.
Vattenfall verkauft Braunkohle
Auch wenn sich die großen Energiekonzerne
weltweit gegen ein Ende ihres Geschäftsmodells
wehren: Spätestens nach der Weltklimakonferenz in Paris ist klar, dass die fossilen Energieträger, allen voran die Kohle, keine Zukunft haben dürfen. In Berlin und Brandenburg befinden
sich Abbau und Nutzung der Kohle in der Hand
von Vattenfall – noch. Denn der schwedische
Staatskonzern will sein Image aufpolieren und
bietet die Braunkohlesparte zum Verkauf an.
Jänschwalde (Braunkohle)
Klares Ziel, mangelnde Umsetzung
Bis 2050 möchte Berlin klimaneutral werden.
Der Kohleausstieg ist ein wichtiger Schritt auf
diesem Weg.
Der Bericht der Enquete-Kommission „Neue
Energie für Berlin“ und der im Auftrag des Berliner Senats erstellte Entwurf für ein Berliner
Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK)
haben im vergangenen Jahr zum wiederholten
Mal gezeigt, dass ein rascher Kohleausstieg in
Berlin und Brandenburg klimapolitisch überfällig und machbar ist. Dennoch lässt der Senat
nicht die notwendige Handlungsbereitschaft
erkennen. So fehlt beispielsweise noch immer
ein Fahrplan mit verlässlichen Abschaltjahren
für alle Berliner Kohlekraftwerke.
Auch bei der Erschließung neuer Braunkohle-Tagebaue in der Lausitz schöpft der Senat
seine Möglichkeiten nicht aus. Dabei gäbe es
Mittel und Wege. Berlin kann im Rahmen der
„Gemeinsamen Landesplanung“ für Berlin und
Brandenburg auf einen Kohleausstieg in Brandenburg hinwirken. Darüber hinaus steht 2016
eine Überarbeitung des gemeinsamen Landesentwicklungsplans mit Brandenburg an.
Das Bündnis Kohleausstieg Berlin setzt sich
für einen konsequenten Kohleausstieg in
Berlin bis spätestens 2020 und gegen die Erschließung neuer Tagebaue in Brandenburg
ein. Pfingsten 2016 wird gemeinsam mit vielen
hundert Menschen auf dem Lausitzcamp gegen
den Kohleabbau demonstriert.
Wie gut die Chancen für den Kohleausstieg
in Berlin stehen, entscheidet sich auch bei den
Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September
2016 – Sie haben es als Wähler*in selbst in der
Hand.
3000 MW
Jänschwalde – Nord
Jänschwalde
Abgebaggerte Orte:135
Umgesiedelte Menschen:27.500
Bedrohte Orte:58
Von Umsiedlung bedrohte Menschen:14.552
Bagenz Ost
(Quelle: Kohlekarte von PowerShift und RLS)
Welzow Süd I
Welzow Süd II
Spremberg Ost
Nochten II
Nochten I
Schwarze Pumpe
(Braunkohle)
1600 MW
Boxberg (Braunkohle)
Reichenwalde
2575 MW
aktiver Tagebau
Steinkohlekraftwerk
Braunkohlekraftwerk
K HLE AUSSTIEG
BERL N
geplanter Tagebau
SEITE 2 | HER MIT DEM AUSSTIEG!
Rettet die Spree
Tagebaue belasten unsere Gewässer
In Spremberg, einer kleinen Stadt in der Lausitz,
interessieren sich Touristen seit geraumer Zeit
nicht mehr für den historischen Stadtkern, sondern für den rostfarbenen Fluss. Auch die naheliegende Talsperre Sprem­berg war einst ein beliebtes Ausflugsziel für Angler und Badefreunde.
Doch dann kam der braune Schlamm in die
Lausitzer Flüsse und Seen. Für den Abbau der
Braunkohle in den Tagebauen wurde das Grundwasser in der Lausitz jahrzehntelang abgesenkt.
Das führte dazu, dass das im Boden gelagerte
Pyrit – auch als Katzengold bekannt – mit Luft
in Berührung kam und verwitterte. Mit Wiederanstieg des Grundwasserspiegels wird das entstandene Eisenhydroxid, auch Eisenocker genannt, ausgewaschen und gelangt immer weiter
in Flüsse und Seen.
Sulfatgipfelchen
Kurz vor dem Sulfatgipfel von Berlin und Brandenburg im November 2015 haben mehr als
17.000 Berliner*innen eine vom Bündnis Kohleausstieg Berlin initiierte Petition zum Schutze
des Berliner Trinkwassers unterschrieben. Beim
Treffen auf Staatssekretärs-Ebene wurden jedoch erneut keine verbindlichen Maßnahmen
festgehalten. Man einigte sich nur wieder auf
die Erhebung weiterer Zahlen, um bessere Prognosen erstellen zu können. Später war zu erfahren, dass das braunkohlefreundliche Brandenburg die Federführung übernehmen wird. Doch
Berlin darf sich das Heft des Handelns nicht aus
der Hand nehmen lassen.
Verpflichtende Maßnahmen
Brauner Schlamm zerstört Lebensraum
Ab einer bestimmten Eisenkonzentration verfärbt sich das Wasser rostrot. Diese Verockerung gefährdet Tiere und Pflanzen im Wasser,
denn unter dem braunen Schlamm ersticken
Insektenlarven, Fische und Wasserpflanzen. Damit verschwindet auch die Nahrungsgrundlage
heimischer Tiere. Gleichzeitig sind durch die
unansehnliche Verockerung der Spree Tausende Arbeitsplätze in der Tourismusbranche bedroht, denn das braune Wasser hat bereits den
Spreewald erreicht.
Die Talsperre Spremberg dient mittlerweile
vor allem als Abfangbecken für den Schlamm.
Nach Untersuchungen aus dem Jahr 2012 kommen dort täglich 6,2 Tonnen Eisenocker an. So
wurde das Anglerparadies in eine leblose Flusskläranlage umgewandelt.
Sulfat bedroht Trink­wasser­versorgung
problematisch. Die Schwefelverbindung aus
dem Braunkohlebergbau kann ab einem bestimmten Wert zu gesundheitlichen Folgen, wie
Durchfall und Erbrechen, insbesondere bei Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern und
chronisch Kranken, führen. Sulfat ist aber nicht
nur ein Problem für die Trinkwasserqualität,
sondern greift auch die Leitungen an und fördert die Korrosion von Beton an Brücken.
Laut den Berliner Wasserbetrieben stieg der
Durchschnittswert im Wasserwerk Friedrichshagen im vergangenen Jahr von 150 auf 180 Milligramm. Am Müggelsee, wo eines der beiden
größten Berliner Wasserwerke betrieben wird,
wurden bereits mehrfach Werte von 300 Milligramm gemessen.
Berlin hat ein Problem
Eine weitere Folge des Tagebaus in der Lausitz
ist Sulfat, das ebenfalls durch Verwitterung Berlin gewinnt große Teile seines Trinkwassers
im Boden entsteht. Anders als das Eisenhy- aus dem sogenannten Uferfiltrat der Spree. Laut
droxid ist es unsichtbar, aber nicht weniger Trinkwasserverordnung darf dabei der geltende
Gefahren aus dem Kohle-Schlot
Quecksilber, Feinstaub und Co.
Aktuelle Studien sprechen davon, dass deutsche
Kohlekraftwerke mit bis zu 70 Prozent zum bundesweiten Quecksilber-Ausstoß beitragen. Kohlekraftwerke sind zudem Emittenten für Feinstaub.
Welche Folgen haben Queck­silber und Feinstaub
für Betroffene?
Julia Huscher: Quecksilber schädigt die Nervenbahnen und ist besonds für Frauen während
der Schwangerschaft und Stillzeit, für das Ungeborene und auch kleine Kinder ein Risiko. Es
gelangt über die Nahrung in den Körper. Bei
Feinstaub, der über die Atemluft aufgenommen
wird, ging man bisher vor allem von Schäden an
den Atemwegen aus. Diese reichen von chronischer Bronchitis oder Asthma-Attacken bis hin
zu Lungenkrebs. Inzwischen ist jedoch immer
besser belegt, dass auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich Schlaganfälle durch Feinstaub verursacht werden können. Darüber hinaus stoßen Kohlekraftwerke auch große Mengen
Stickoxide sowie weitere Schwermetalle aus.
Partikel über weite Flächen und sind noch im
Abstand von einhundert bis mehreren hundert
Kilometern messbar. Wenn in der vorherrschenden Windrichtung dann ein Ballungsgebiet liegt,
erhalten viele tausend Menschen eine kleine zusätzliche Dosis Schadstoffe, und das in der Regel
rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr.
meldeten für das Jahr 2013 zusammen etwa 48
Kilogramm Quecksilberfreisetzung. Die anderen beiden Kohlekraftwerke liegen unter der
Berichtsgrenze, die für Quecksilber bei zehn
Kilogramm pro Jahr liegt. Alles Quecksilber, das
einmal in die Umwelt gelangt ist, erhöht die Gesamtbelastung unserer Nahrungsmittel.
In Berlin gibt es vier Kohlekraftwerke. Ist Ihnen Wie können sich die Berliner*innen vor diesen Gebekannt, ob das Land Messungen zu Schadstoffen, fahren schützen?
wie Quecksilber und Feinstaub, durchführt?
Leider kann man sich nur in begrenztem Maße
Das Land Berlin misst an 34 Punkten die Kon- vor einer hohen Feinstaubbelastung schützen.
zentration von Feinstaub. Die Grenzwerte wer- Wer zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist,
den seit Jahren insbesondere an den verkehrs- kann vielbefahrene Straßen meiden und Alternahen Stationen überschritten. Deshalb musste nativrouten wählen. Um die eigene Aufnahme
das Land auch schon den zweiten Luftreinhal- von Quecksilber zu verringern, sollte der Verteplan erstellen. Doch selbst die Stadtrandge- zehr von großen Raubfischen eingeschränkt
biete, wo die offiziellen Grenzwerte eingehalten werden. Das Bundesamt für Risikobewertung
werden, liegen noch immer deutlich über dem gibt hierzu weiterführende Informationen.
Feinstaub-Grenzwert. Quecksilber wird von den
Berliner Messstationen nicht erfasst.
Kann man sagen in welchem Radius um die Koh- Warum wird Quecksilber nicht gemessen?
lekraftwerke Menschen vom Schadstoffausstoß
Es gibt keinen gesetzlichen Grenzwert für die
betroffen sind?
Quecksilber-Konzentration in der UmgebungsAnders als erwartet ist es nicht die unmittelba- luft. Anders ist das am Schornstein des Kraftre Umgebung, die besonders von den Luftschad- werks selbst, da wird der Quecksilberausstoß
stoffen aus den Kohlekraftwerken betroffen ist. gemessen und die Einhaltung der gesetzlichen
Durch die hohen Schornsteine verteilen sich die Normen überwacht. Zwei Berliner Kraftwerke
K HLE AUSSTIEG
BERL N
Es gibt Mittel und Wege, wie Berlin auf die
Braunkohlepolitik Brandenburgs Einfluss nehmen kann. Die gemeinsame Landesplanung ist
Grenzwert von 250 Milligramm Sulfat pro Liter dabei ein wichtiges Instrument, das vom Berlinicht überschritten werden. Doch genau dies ner Senat bisher nicht konsequent genutzt wird.
droht. Während das Eisenhydroxid aus dem
Die Landesregierungen aus Berlin und BranWasser entfernt werden kann, lässt sich das Sul- denburg müssen unverzüglich verpflichtende
fat nur schwer herausfiltern. Die chemische Ent- Maßnahmen zur Eindämmung des Sulfatgehalfernung bzw. die Verdünnung des Wassers sind tes einführen. Für die Folgekosten muss eine
mit hohen Kosten verbunden.
verursacherbasierte Übernahme durch Vattenfall oder den neuen Tagebau-Besitzer erfolgen – sowohl beim Thema Sulfat als auch beim
Verursacherprinzip oder Wasser­kunde
Eisenhydroxid. Darüber hinaus ist es nicht hinnehmbar, dass weiterhin neue Tagebaue wie z.B.
Nach Aussagen des Berliner Senates könnte es Welzow Süd II und Jänschwalde Nord geplant
durch die verstärkte Wasseraufbereitung zu ei- werden.
ner Erhöhung der Wasserpreise von bis zu sechs
Cent je Kubikmeter kommen. Ungeklärt ist
aller­d ings noch, wer für diese Kosten aufkommen wird.
Geht es nach dem Verursacherprinzip müsste
Quecksilber – aus der Kohle in
Vattenfall den Großteil der Kosten tragen. Laut
die Nahrung
einer Studie der Lausitzer und Mitteldeutsche
Bergbau- Verwaltungsgesellschaft entstammt das
Sulfat zu über 50 Prozent aus den aktiven BraunBei der Kohleverfeuerung zur Energiegekohle-Tagebauen von Vattenfall in der Lausitz.
winnung entweicht giftiges Quecksilber.
Zum einen gelangt Quecksilber durch die
Emissionen aus den Schornsteinen oder
Kühltürmen in die Luft oder in gelöster
Form in Flüsse und Meere. Zum anderen
wird es im Rahmen der Rauchgaswäsche
in Kohlekraftwerken auch direkt in die
Gewässer geleitet.
Braune Spree bei Vetschau Foto: www.ideengrün.de | markus pichlmaier
Interview mit Julia Huscher,
Referentin für Energie und
Gesundheit bei HEAL
Foto: HEAL
Speisefische nehmen das giftige Queck­
silber im Wasser auf. Über die Nahrungskette gelangt es dann in seiner giftigsten
Form als Methylquecksilber in unseren
­Körper und reichert sich dort an. Besonders gefährdet sind dabei ungeborene
Kinder. Untersuchungen zeigen, dass es
besonders giftig für das sich entwickelnde
Zentralnervensystem ist.
Genaue Angaben zu den Emissionen von
Quecksilber aus Vattenfalls Kohlekraftwerken liegen dem Berliner Senat nach
eigener Auskunft nicht vor. Dabei wäre das
Land Berlin jedoch verpflichtet, bestehende Genehmigungen für die vier Berliner
Kohlekraftwerke im Hinblick auf die Einhaltung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu prüfen. Die Genehmigungen
müssten dann gegebenenfalls aktualisiert
werden, was zu einer Einschränkung oder
gar zu einem Widerruf führen könnte.
Neben Polen und Griechenland ist Deutsch­
land mit zehn Tonnen Spitzen­reiter bei der
Quecksilberfreisetzung in Europa. Davon
stammen rund 70 Prozent aus deutschen
Kohlekraftwerken. Es ist natürlich möglich,
Kohlekraftwerke mit geringeren Queck­
silberemissionen zu betreiben, wie aus den
USA und China bekannt ist.
HER MIT DEM AUSSTIEG! | SEITE 3 Vattenfalls Verkaufspläne sind keine Lösung
Neue Eigentümer würden einfach weiterbaggern
In der brandenburgischen und sächsischen
Lausitz warten 8000 Mitarbeiter*innen, drei
Kraftwerke und vier Tagebaue auf einen neuen
Besitzer. Die rot-grüne Regierung in Schweden
hatte dem Energiekonzern Vattenfall eine Reduzierung der klimaschädlichen CO 2 -Emissionen verordnet. Deshalb bereitet Vattenfall seit
Ende 2014 den Verkauf seiner Lausitzer Braunkohlesparte vor. Jetzt, Anfang 2016, hat das Verkaufsmonopoly um die Braunkohle so richtig
begonnen, denn bis Mitte diesen Jahres soll alles abgewickelt werden.
Kauf-Interessenten
Vattenfall möchte für den Verkauf der deutschen Braunkohlesparte zwei bis vier Milliarden Euro erzielen. Bisher haben drei tschechische Energieunternehmen ihr Interesse an der
Braunkohlesparte offiziell signalisiert: Die teilstaatliche CEZ, die EPH, die schon die Mibrag in
Sachsen-Anhalt besitzt, und das Unternehmen
Czech Coal. Für die Interessenten aus Tschechien hatte Vattenfall im Vorfeld die Option eröffnet, auch Wasserkraftwerke in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mitzukaufen.
Das Interesse aus Tschechien kommt nicht
von ungefähr: In Tschechien dürfen keine neuen
Braunkohletagebaue aufgeschlossen werden. Es
könnte also Braunkohle in der Lausitz abgebaggert werden, um sie zum Verfeuern nach Tschechien zu transportieren bzw. in Deutschland
Strom für den tschechischen Markt zu produzieren. Andererseits könnte das Interesse auch
daher rühren, weil man auf ein Scheitern der
Energiewende in Deutschland setzt.
Der vierte bisher bekannte Interessent ist der
Essener Konzern Steag. Dieser soll auf Wunsch
der Gewerkschaft IG BCE für eine deutsche Lösung in der Lausitz sorgen. Allerdings bietet die
Steag nur eine niedrige dreistellige Millionensumme. Die Steag-Eigner, sieben kommunale
Energieversorger, haben „wegen der Risiken bei
einem Einstieg in die Lausitz“ bereits Bedenken
angemeldet.
Tagebau Jänschwalde Foto: www.ideengrün.de | markus pichlmaier
Vattenfalls Verantwortung
Braunkohle ist inzwischen ein Geschäft voller Risiken, weil der Anteil der erneuerbaren
Energien im deutschen Strommix kontinuierlich steigt. Unflexible Braunkohlekraftwerke
passen immer weniger zu den Bedürfnissen
der Energiewende. Vor diesem energiepolitischen Hintergrund gibt es auch keine Rechtfertigung mehr für Umsiedlungen im Namen
des Gemeinwohls. So nutzt der Verkauf weder
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1.Tagebaubetreiber
2. Tagebau in der Lausitz
3. Regierender Bürgermeister
4. abgebaggertes Dorf
5. niedersorbisch für Jänschwalde
6.jährlich stattfindender Protest in der
Lausitz
7. Kohlekraftwerk in der Lausitz
8. schwarzes, festes Sedimentgestein
9. Katzengold
10.2014 Standort des Lausitzer
Klimacamps
11. Abk. f. Megawatt
12.Maschine
13. Gegenteil von Investition
14.regiert in Berlin und Brandenburg
15. Abk. Photovoltaik
16. trinkwassergefährdender Stoff
17. gefährdetes Ausflugsziel
18. brandenburgische Spezialität
19. Berliner Parlament
20. franz. f. Fleischbällchen
21. Herkunftsland von Importkohle
22. Abk. für Landesentwicklungsplan
23. Abk. für Ende Gelände
24.Braunkohlebefürworter
25. tschechischer Energieversorger
26. Meister der Klimaabgabe
27.Kohlegewerkschaft
28. engl. für Kohle
29. KFZ Zeichen für Cottbus
30.Sinnesorgan
31. Fluss in Berlin
32.lateinisch usw.
33.Kohleprodukt
34.Ausruf der Freude
35. Berliner Kohlekraftwerk
36.Berliner Wappentier
37. Kohle ist für'n …
38.Abk. Berliner Wasserbetriebe
39.Süßigkeit
40. chem. Element
den von der Umsiedlung bedrohten Menschen
noch dem Klima.
Deshalb muss Vattenfall das Braunkohlegeschäft in der Lausitz beenden, statt es zu verkaufen. Die Planungen für weitere Tagebaue
müssen gestoppt und die bestehenden Tagebaue
und Kraftwerke in den kommenden Jahren
schrittweise geschlossen werden. Ökologisch
ist dies dringend nötig, ökonomisch umsetzbar und strukturpolitisch aufzufangen. Inzwischen haben auch Bundesumweltministerin
Barbara Hendricks (SPD) und Brandenburgs
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ihre
Bereitschaft erklärt, den Strukturwandel in der
Lausitz zu unterstützen. Dafür sollen mehr Arbeitsplätze in der erneuerbaren Energienbranche geschaffen werden. Für die Umsetzung des
Strukturwandels sollen Finanzmittel aus dem
Bundeshaushalt beantragt werden.
So kann ein geordneter und sozialverträglicher Wandel in den Braunkohlerevieren erreicht werden.
Rendite auf Kosten des Klimas
Keine Kohle für Fossile
San Francisco, Seattle, Oxford, Oslo, Münster
machen es vor: Sie ziehen kommunale Kapitaleinlagen aus unökologischen und ethisch
fragwürdigen Aktien, Anleihen oder Investmentfonds und somit aus fossilen Unternehmen ab. Das Stichwort heißt Divestment und
bildet einen neuen, aber wichtigen Baustein
der Anti-Kohle-Bewegung. Das Land Berlin hat
Versorgungsrücklagen von 666 Mio. Euro in Aktienfondsanteile investiert. Darin verstecken
sich rund 10 Mio. Euro klimaschädlicher Papiere, z.B. von RWE, BASF und Total, die zu Europas größten CO2 -Produzenten zählen. Obwohl
sich Berlin dazu verpflichtet hat klimaneutral
zu werden, wird mit öffentlichen Geldern indirekt der Klimawandel weiter angeheizt.
auch die Versicherungskonzerne AXA und Allianz, das deutsche Presseversorgungswerk mit
seinen 120.000 Versicherten, die Landeskirche
Hessen-Nassau und viele Universitäten, v.a. in
den USA und Australien.
Wann platzt die Kohlen­stoff­blase?
Geldverdienen auf Kosten des Klimas ist unmoralisch und inzwischen auch ein ökonomisches
Risiko. Die Börsenwerte fossiler Energiekonzerne, wie Vattenfall und RWE, richten sich nach
den fossilen Rohstoffreserven und der Annahme, diese auch nutzen zu können. Werden jedoch ernsthaft politische Maßnahmen für die
Einhaltung des 1,5°C-Ziels ergriffen, verlieren
die Unternehmen massiv an Wert. Denn 60 bis
Ja zu Divestment
80 Prozent der fossilen Reserven müssten im
Boden bleiben. Die Aktien werden zu verloreViele Städte haben bereits ihre Gelder aus Koh- nen Vermögenswerten. In der Finanzwelt ist
le-, Öl- und Gasprojekten abgezogen. Doch Ber- daher die Diskussion längst entbrannt, ob sich
lin ist mal wieder nicht so weit. Bei „nur“ ca. 10 Investitionen in Kohle nach wie vor lohnen. AnMio. Euro ist es umso fraglicher weshalb der legern, die an fossilen Investitionen festhalten,
Regierende Bürgermeister Michael Müller noch drohen massive Verluste.
nicht sein Ja zu Divestment gegeben hat. Berlin Mit kluger Finanzpolitik lässt sich der Crash
könnte so ein wichtiges Zeichen für den Klima- verhindern, die Glaubwürdigkeit zurückschutz setzen.
gewinnen und die lokale Energiewende
Über 500 Großinvestoren sind schon Teil der beschleunigen.
internationalen Bewegung. Ausgestiegen sind
neben Norwegens staatlichem Pensionsfonds
K HLE AUSSTIEG
BERL N
SEITE 4 | HER MIT DEM AUSSTIEG!
Bündnis Kohleausstieg Berlin
Unsere Forderungen
 Geordnetes Abschalten der bestehenden Kohlekraftwerke in Berlin bis 2020
und Brandenburg
 Neue Tagebaue in Brandenburg mithilfe der gemeinsamen Landesplanung
verhindern
 Das Land Berlin muss bis zum endgültigen Abschalten der Kraftwerke sicherstellen, dass keine Steinkohle verfeuert wird,
deren Abbau zu Menschenrechtsverletzungen oder massiver Umweltzerstörung beigetragen hat.
 Schnellstmögliche hundertprozentige
Versorgung Berlins und Brandenburgs mit
erneuerbaren Energien
 Bis 2020 muss die öffentliche Hand Ökostrom beziehen.
 Berlin darf ab spätestens 2020 kein
Geld mehr in fossile Unternehmen investieren, d.h. kein öffentliches Geld für die
Verbrennung oder Förderung von fossilen
Rohstoffen.
 Sozial gerechte Umsetzung der Energiewende in Berlin
Klimatag 2015 Foto: Nadine Pensold
Gurkentag am Maybachufer Foto: Kohleausstieg Berlin
Wer es ernst meint mit dem Klimaschutz und
einer hundertprozentigen Energieversorgung
mit Erneuerbaren, der muss schnellstmöglichst und geordnet aus der Kohle aussteigen.
Während diese These noch vor Jahren für Entsetzen gesorgt hätte, hat sich mittlerweile die
Erkenntnis durchgesetzt: Deutschland muss
den Kohleausstieg angehen. Mit dazu beigetragen haben nicht nur die Klimaverhandlungen
in Paris, sondern auch die vielen Anti-KohleProteste der vergangenen Jahre.
An der Menschenkette in der Lausitz im
Sommer 2014 nahmen beispielsweise nicht nur
hunderte Bürger*innen aus den verschiedensten europäischen Ländern teil, sondern auch
mehr als tausend Berliner*innen machten sich
auf den Weg dorthin. Diesen unglaublichen
Anti-Kohle-Protest nahm eine Gruppe von klimapolitisch aktiven Organisationen in Berlin
zum Anlass ein Bündnis auf die Beine zu stellen, welches gezielt den Kohlewiderstand in die
Hauptstadt tragen soll. Mit Aktionen, Veranstaltungen unterschiedlichster Art, wie z.B. Kinovorführungen oder Kneipentalks, wird deutlich gemacht, dass das Thema Kohle auch für
unsere Stadt relevant ist. Neben den vier Kohlekraftwerken in Berlin liegt vor unserer Haustür in der Lausitz Deutschlands zweitgrößtes
Tagebaugebiet. Dort fördert und verbrennt Vattenfall weiterhin Braunkohle, Dörfer werden
abgebaggert und Einheimische vertrieben.
Dies zu ändern haben sich die Kohle aussteiger*innen von Attac Berlin, BUND Berlin, BUNDjugend Berlin, BürgerBegehren
Klimaschutz, gegenstromberlin, Greenpeace
Berlin, GRÜNE LIGA Berlin, Fossil Free Berlin,
NaturFreunde Berlin und PowerShift zum Ziel
gesetzt.
Ende Gelände für die Kohle
Der Protest wächst
Schon seit Jahrzehnten gibt es in Deutschland
Widerstand gegen Kohleförderung und -kraftwerke. Doch erst in den letzten Jahren nimmt
die Kohleausstiegs-Bewegung an Fahrt auf.
Während sich die Anwohner*innen in den Kohlerevieren in erster Linie gegen das Abbaggern
von Haus und Hof und die drohende Umsiedlung wehren, beklagen Umweltschützer*innen
steigende Luftschadstoffemissionen, eine
gefährliche Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität und die Zerstörung der Natur.
Klimaaktivist*innen sind wiederum vor allem
die hohen CO2 -Emissionen ein Dorn im Auge.
Auch in der Lausitz, dem zweitgrößten Kohlerevier in Deutschland unweit von Berlin,
nimmt der Widerstand zu.
Ein X für den Kohleausstieg Foto: www.ideengrün.de | markus pichlmaier
Höhepunkt der lokalen Proteste ist der alljährliche Sternmarsch, den Bürgerinitiativen
vor Ort immer am ersten Sonntag des neuen
Jahres organisieren. Hunderte Menschen ziehen dabei durch die Region.
Seit 2011 findet jährlich in der Lausitz ein
Klimacamp statt, bei dem sich Menschen aus
nah und fern austauschen, vernetzen und gegen den Abbau der Kohle protestieren.
Ein bisheriger Höhepunkt dieser Proteste war
die internationale Menschenkette im Sommer
2014 zwischen Kerkwitz und Grabice in Polen.
Aus ganz Europa waren Aktivist*innen angereist,
um ein unvergessliches Zeichen für den Kohleausstieg zu setzen. Von Polen bis nach Deutschland standen auf acht Kilometern Länge mehr
als 7.000 Menschen Hand in Hand und zeigten,
dass sie weder in Deutschland noch in Polen Tagebaue und Braunkohlekraftwerke wollen.
Auch für dieses Jahr ist wieder Protest geplant. Am Pfingstwochenende (13.–16. Mai 2016)
soll im Rahmen des Lausitzcamps eine Großdemonstration für den Ausstieg aus der
Kohle stattfinden. Zeitgleich wollen Klimaaktivist*innen von „Ende Gelände“ noch einen
Schritt weitergehen. Mit einer Aktion zivilen
Ungehorsams möchten sie den möglichen Vattenfall-Käufern verdeutlichen, dass eine Investition in den Klimakiller Kohle in Zeiten des
Klimawandels keine Zukunft haben darf. Alle
Anti-Kohle-Proteste deutschlandweit zeigt die
Kohle-Protest-Karte von PowerShift und RLS.
Impressum
Kohleausstieg Berlin
c/o BürgerBegehren Klimaschutz e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 24357803
[email protected]
www.kohleausstieg-berlin.de
www.facebook.com/kohleausstiegberlin
https://twitter.com/Kohleausstieg_B
Autorenteam:
Eva Rönspieß, Laura Weiß, Claudia Löhle,
Stefanie Groll, Jochen Mühlbauer, Stefan
Taschner
Satz und Layout:
Tilla Balzer | balzerundkoeniger.de
V.i.S.d.P.:
Stefan Taschner, Kohleausstieg Berlin,
c/o BürgerBegehren Klimaschutz e.V.,
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Gefördert durch:
Termine
24. April 2016
Berliner Klimatag
FORUM Factory, Besselstraße 13, 10969 Berlin
www.berliner-klimatag.de
13.–16. Mai 2016
Ende Gelände
Braunkohlerevier Lausitz
www.ende-gelaende.org
10. Juli 2016
Coal & boat – Bootstour gegen Kohle
Rummelsburger Bucht
www.kohleausstieg-berlin.de
9.–16. Mai 2016
6. Lausitzer Klima- & Energiecamp 2016
Proschim
www.lausitzcamp.info
14. Mai 2016
Anti-Kohle-Demo
Lausitz
www.lausitzcamp.info
19.– 29. August 2016
Klimacamp im Rheinland
Rheinland
www.klimacamp-im-rheinland.de
K HLE AUSSTIEG
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K HLE
AUSSTIEG
BERL N