4| Samstagsgespräch |5 Wirtschaftregional | 6. Juni 2015 Bilder: Elma Korac «Ich habe jetzt die Gewissheit, dass es weitergeht» Nachfolgeplanung Werner Marty, der Gründer der gleichnamigen Baufirma, hat vor gut einem Jahr Teile der Geschäftsführung an seinen Sohn Werner Marty jun. übergeben. Im Interview erzählen die beiden, warum dies gut geklappt hat und warum es ist wichtig ist, sich auch Fehler zu gestehen. Herr Marty jun., Herzliche Gratulation zu Ihrer Verlobung! Werner Marty jun.: Vielen Dank. Sie haben Ihrer zukünftigen Frau, der TVO-Fernsehmoderatorin Claudia Eggenberger, den Heiratsantrag via Zeitungsinserat gemacht. Wie hat sie es aufgenommen, dass Sie zeitgleich mit dem Antrag auch Werbung für Ihre Firma machten? Werner Marty jun.: Die Aktion ist bei ihr sehr gut angekommen. Sie heiratet ja nicht nur mich, sondern mit mir auch die Firma. Denn sie ist es auch, die wegen meiner Arbeit für die Firma auch viele Zeit auf mich verzichten muss. Doch sie steht voll und ganz hinter dem, was ich hier tue und hat den Antrag so eine hervorragende Idee gefunden. zuschauen. Und aufgrund der Kinder merkte ich auch, dass ich langsam älter wurde. Aber das war auch gut so und wenn man Freude an der Arbeit hatte, spielt die Zeit eine untergeordnete Rolle. Unter Ihrer Führung ist die Firma stetig gewachsen und zu einer festen Grösse in der Region geworden. Was war Ihr Rezept für den Erfolg? Werner Marty sen.: Ich hatte das Glück, dass mich sehr viele Leute von Anfang unterstützten, damit ich in die Aufgabe hineinwachsen konnte. So bekam ich viele schöne Aufträge, weil man mir vertraute und sicher sein konnte, dass es lief. Ich habe immer streng gearbeitet und das sehe ich auch als Rezept für den Erfolg. Mein Vater war schon ein «Chrampfer» und auch unsere Familie kennt man als arbeitsame Leute. Herr Marty sen., Sie müssen nun sehr glücklich sein? Ihr Sohn führt nicht nur Angefangen hat alles mit einem geden Hoch- und Tiefbau Ihrer Firma, brauchten Kamo-Bagger, den Ihnen Ihr sondern ist jetzt bald auch unter der Vater 1980 gekauft hatte. Haube und wird so sicher nicht mehr Werner Marty sen.: Genau, mein Vater machte mich auf das Entwässerungsauf dumme Gedanken kommen. Werner Marty sen.: Für mich ist das na- projekt Labria von der Gemeinde Wartürlich sehr schön. Ich tau aufmerksam. Er «Wenn einem die hatte schon lange zu meinte, ich solle dort ihm gesagt, dass er sie Arbeit Freude bereitet, einsteigen. Der daheiraten soll. Es ist die mals zuständige Bespielt die Zeit eine richtige Frau für ihn zirksförster hatte uns untergeordnete Rolle» und wenn’s passt, zwar abgeraten. Er dann passt’s. Auf was sollen sie also meinte, es hätte schon zu viele andere, noch warten. die das auch machen. Heute sieht das natürlich völlig anders auch, es gibt Sie feiern aktuell gerade das 35-jährige noch viel mehr. Trotzdem haben wir es Firmenjubiläum. Kamen Ihnen diese gewagt. Mein Vater nahm mich mit zur 35 Jahre kurz oder lang vor? Firma Kaiser in Schaanwald, wo er mir Werner Marty sen.: Es war eine lange für 30 000 Franken einen Occasionsund doch kurze Zeit. Das eine hat ir- Bagger kaufte. Das war mein Lohn für gendwie immer das andere ergeben. die sechs Jahre Arbeit auf dem elterliWeil man immer viel zu tun hatte, merk- chen Bauernhof. Gleichzeitig überte man gar nicht wie die Zeit verging. nahm ich von den Eltern das BergresErst so mit 55 Jahren fing ich an zurück- taurant Gonzen. «Solange wir offen miteinander reden und uns auch Fehler eingestehen, wird es funktionieren.» Werner Marty jun., Geschäftsführer Bau und Teilhaber Heute besitzt die Marty-Gruppe 31 Lieferwagen, 8 Lkw’s und 21 Bagger. Wie speziell ist es für Sie heute noch, einen neuen Bagger zu kaufen? Werner Marty sen.: Für mich ist das immer speziell. Ich schaue mir neue Geräte jeweils schon genauer an. Weil das Geschäft stets gut lief, konnten wir unseren Fuhrpark stetig erweitern und so auch unsere Marktposition festigen. Herr Marty jun., als Sie zur Welt kamen, hatte Ihr Vater bereits die eigene Firma. Haben Sie ihn auch als «Chrampfer» wahrgenommen? Werner Marty jun.: Auf jeden Fall. Unser Papa war stets am arbeiten und wir haben ihn deshalb auch nicht so oft gesehen. Erzogen hat uns also vorwiegend unsere Mutter. Ausser wenn wir unartig waren, kam er zum Zug (lacht). Dadurch bin ich auch quasi auf der Baustelle gross geworden. Und als ich dann auch eine Schaufel halten konnte, half ich natürlich so gut es ging. Jeden Mittwochnachmittag, jeden Samstag und in den Ferien arbeitete ich mit. Mit etwa 15 Jahren bekam ich dann auch meinen ersten Lohn. Ich glaube, fünf Franken waren es damals. Entstand bei Ihnen in diesem Fall auch früh der Wunsch, dass Sie das elterliche Geschäft eines Tages übernehmen werden? Werner Marty jun.: Für mich war das eigentlich gar nie eine Frage. Es war für mich klar, dass ich diese Herausforderung annehmen werde. War das auch für Sie beruhigend, dass Ihr Sohn schon früh diese Ambitionen angezeigt hatte? Werner Marty sen.: Das war sehr wichtig für mich. Hätte keines meiner drei Kinder Interesse an der Firma gehabt, hätte ich wahrscheinlich schon früher gewisse Investitionen nicht mehr getätigt. Und sicher hätten wir hier in Azmoos keinen neuen Firmensitz mehr gebaut. Ihre Kinder sind seit 2013 Teilhaber und Werner Marty jun. führt die Bauunternehmung. Sie konzentrieren sich auf den grabenlosen Leitungsbau. Irgendwann wird aber der Tag kommen, an dem Sie sich ganz zurückziehen werden. Fürchtet es Sie vor diesem Tag? Werner Marty sen.: Nein, das sicher nicht. Ich habe jetzt ja die Gewissheit, dass es weitergeht. Mein Sohn koordiniert mittlerweile den ganzen Hoch- und Tiefbau. Ich weiss schon gar nicht mehr alles, was dort läuft. Früher lief alles über meinen Tisch und nun bin ich nicht mehr über alles auf dem Laufenden. Anfangs war dies sehr gewöhnungsbedürftig. Aber unterdessen habe ich mit dem STECKBRIEF Name: Werner Marty sen. Funktion: Inhaber und Geschäftsführer Jahrgang: 1955 Karriere: Werner Marty sen. arbeitete in seinen Jugendjahren bis 1976 auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb und dann vier Jahre bei der Ortsgemeinde Wartau, ehe er die Firma Werner Marty gründete. Von 1980 bis 1987 führte Marty auch das Restaurant Berghaus Gonzen. Privates: Marty ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Die Familie lebt in Azmoos. Name: Werner Marty jun. Funktion: Geschäftsführer Hochund Tiefbau Jahrgang: 1985 Karriere: Werner Marty jun. ist gelernter Kaufmann und Strassenbauer. Anschliessend absolvierte er die Baupolier-Schule in St. Gallen und die Bauführer-Schule in Sursee. Seit 2013 ist er zusammen mit seinen Geschwistern Adrian und Gabriela Teilhaber der elterlichen Baufirma. Privates: Marty ist seit kurzem verlobt und lebt in Azmoos. Das Unternehmen: Die MartyGruppe ist eine der grössten Hoch- und Tiefbau-Unternehmungen in der Region. An den Standorten Azmoos (Hauptsitz) und Sennwald arbeiten 88 Mitarbeiter, davon 10 Lehrlinge. Das Unternehmen ist ein Komplettanbieter für alle Bereiche des Bauhauptgewerbes und feiert aktuell ihr 35-jähriges Bestehen. keine Probleme mehr. Unsere Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Musste Ihr Sohn das Vertrauen von Ihnen zuerst erarbeiten? Werner Marty sen.: Nein, ich hatte von Anfang das volle Vertrauen in ihn. Werner Marty jun.: Wichtig ist, dass wir offen miteinander kommunizieren. Wir besprechen sehr viel am frühen Morgen, bevor alle anderen kommen. Ich schaue, dass ich meinem Vater dann ▲ Auf der Baustelle zuhause: Werner Marty sen. und sein Sohn und Nachfolger Werner Marty jun. auf dem Firmengelände in Azmoss. auch alle Informationen weitergeben, die für ihn wichtig sind. Solange das der Fall ist und wir uns gegenseitig auch Fehler eingestehen, wird es auch weiterhin funktionieren. Werner Marty sen.: Wir bringen uns so auch gegenseitig weiter. Er gehört zur jungen Generation und die betrachtet das Ganze mit anderen Augen als ich. Sie werden im Herbst 60 Jahre alt. Wäre es für Sie auch eine Option, bereits jetzt in die Pension zu gehen? Werner Marty sen.: Das geht leider noch nicht. Wir haben zuletzt eine neue Bohrmaschine für den grabenlosen Leitungsbau gekauft. Und ich kann jetzt nicht einfach gehen und ihm sagen: «Schau du wie es geht». Dieser Übergang muss gestaffelt organisiert werden. Im Moment ist dies klar mein Fachgebiet und er hat noch nicht die Erfahrung, um diese Aufgaben zu übernehmen. Werner Marty jun.: Die ganze Bohrgeschichte ist nicht so einfach, um dort reinzukommen. Und da können wir auch nicht einfach jemanden anstellen, der diese Aufgaben übernimmt. Ich habe erst vor gut einem Jahr den Hochund Tiefbau übernommen und habe dort noch Ideen, die ich zuerst umsetzen möchte. Und erst dann packen wir das nächste an. Wie haben Ihre Mitarbeiter es aufgenommen, dass nun auch Ihr Sohn das Sagen hat? Werner Marty sen.: Bei den meisten ist es wirklich sehr gut angekommen. Wir hatten wesentlich mehr Bedenken. Doch bis auf zwei Mitarbeiter hat dies reibungslos funktioniert. Diese Mitarbeiter haben in der Zwischenzeit auch gekündigt. Wir haben sehr viele langjährige Mitarbeiter und mit ihnen hatten wir nach drei Monaten ein Gespräch geführt und gefragt ob sie mit der Führung einverstanden sind. Wie stehen die Kunden zum neuen Chef? Werner Marty sen.: Auch sie nehmen das im Wesentlichen positiv auf. Ein paar haben aber noch Mühe zu akzeptieren, dass er jetzt in gewissen Bereichen die Ansprechperson ist. Sie telefonieren deshalb immer zuerst mir. Ich sage es dann meinem Sohn, er ruft sie zurück und das nächste Mal rufen sie wieder mich an. Aber das ist halb so wild, mit der Zeit wird sich dies auch ändern. In der Firmengeschichte haben Sie auch zwei Akquisitionen getätigt. Heute sind die zwei Standorte Azmoos und Sennwald innerhalb einer Gruppe zusammengefasst. Was hat dies für Vorteile? Werner Marty jun.: Seit wir die zwei Firmen zu einer Gruppe zusammengelegt haben, funktioniert die Zusammenarbeit viel besser. Insbesondere zwischen den Mitarbeitern in Azmoos und Sennwald herrschte wie eine Art Wettkampf. Das ist nun nicht mehr der Fall und wir können uns jetzt auch viel besser austauschen. Werner Marty sen.: Zudem war es nicht so gut, dass wir in Sennwald einen eigenen Geschäftsführer hatten. Wir schrieben mit diesem Standort rote Zahlen. Seit wir Sennwald nun selber führen, schreiben wir wieder schwarze Zahlen. Wie schwierig ist es für Sie, gute Mitarbeiter zu finden? Werner Marty sen.: Die meisten unserer Mitarbeiter sind schon viele Jahre mit dabei und sind uns sehr treu. Kündigungen haben wir glücklicherweise nur sehr wenige. Wenn aber einer dieser langjährigen und erfahrenen Mitarbeiter in die Pension geht, ist es schon nicht einfach für uns, einen geeigneten Ersatz zu finden. Aber es kommen auch gute junge Leute nach. Wir haben oft eigene Lehrlinge, die sehr gut sind. Muss man heute mehr investieren, um an gute Aufträge zu kommen? Werner Marty sen.: Heute muss man viel mehr rechnen als früher. Jedes Detail muss kalkuliert werden und jeder Auftrag muss vorher offeriert werden. Das war früher nicht der Fall. Die Kunden riefen mich an und ich führte die Aufträge aus. Mit früher ist das nicht mehr vergleichbar.
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